September 2010

Hasso von Pogrell, Geschäftsführer des Branchenverbandes European Bioplastics, der industrielle Hersteller, Verarbeiter und Anwender von Biokunststoffen und biologisch abbaubaren Werkstoffen sowie daraus hergestellter Produkte umfasst, findet eine zeitgemäße Formulierung: „Der Begriff Biokunststoffe umfasst nach der Definition von European Bioplastics alle Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, also biobasiert und/oder biologisch abbaubar sind.“

Biokunststoffe bieten bereits heute gegenüber petrobasierten Kunststoffen verschiedene, anwendungsspezifische Vorteile. Zwar verfügen petrochemische Polymere über lange Haltbarkeit, viel Gestaltungsspielraum und niedrige Preise, jedoch sind sie nicht kompostierbar, das Recycling ist vielfach unwirtschaftlich und der Rohstoff ist limitiert. Biopolymere sind dagegen meist besser kompostierbar und der Rohstoff ist nachwachsend, was das zunehmende Umweltbewusstsein von Industrie, Politik und Verbrauchern bedient. Auch das steigende Interesse der Hersteller und Verarbeiter an einer ausgeglichenen CO2-Bilanz stärkt die Bedeutung der Biokunststoffe.

Effizienzsteigerung und Kostenersparnis sind hier die Zugpferde der Entwicklung. „Biokunststoffe werden mit der Zeit in jedes Anwendungsfeld für Kunststoffe vordringen. Vor allem dort, wo ihre umweltrelevanten Eigenschaften wie Biobasiertheit und biologische Abbaubarkeit einen wichtigen Zusatznutzen darstellen, werden sie klassische Plastikprodukte teilweise ersetzen“, erläutert von Pogrell. Zu den wichtigsten Biopolymeren gehören heute Polylacticacid (PLA), Polyvinylalkohole (PVAL), Polyhydroxyalkanoate (PHB), Polycaprolacton (PCL), Celluloseprodukte, Thermoplastische Stärke sowie Bio-PE, -PP, -PA und -PUR. Sie haben jeweils spezifische Anforderungen, beispielsweise an Spritzguss- und Verpackungsanwendungen.

Zwar fehlen heute in Teilbereichen noch gesicherte Materialdaten und Eigenschaftsprofile der Biokunststoffe – vor allem aus Anwendersicht ein kritischer Punkt. Jedoch besteht in anderen Bereichen für die Kunststoffverarbeiter beim Einsatz von Biokunststoffen gar nicht die Notwendigkeit, ihre Maschinen spezifisch darauf einzustellen, denn in manchen Fällen unterscheiden sich die Bio-Varianten in ihren Eigenschaften und der Maschinengängigkeit nicht von den klassischen Kunststoffen.

Probleme können immer dann noch auftauchen, wenn Untersuchungen und Prüfmethoden mangelhaft sind und Produktions- und Verarbeitungsparameter sich nicht mit Sicherheit im Voraus bestimmen lassen. So gibt es nur wenige Erkenntnisse bezüglich Langzeiteigenschaften wie UV-Beständigkeit, Ermüdungsverhalten u.ä. Dies ist jedoch nicht für jede Art von Biokunststoff, etwa für kompostierbare, kurzlebige Produkte, notwendig. Gesicherte Erkenntnisse  bestehen inzwischen bezüglich Eigenschaften wie Wärmeformbeständigkeit, Barriereeigenschaften, Schrumpfungsverhalten und Dichte, bei denen die einzelnen Biopolymere ganz unterschiedliches Verhalten, teilweise vergleichbar mit herkömmlichen Kunststoffen, zeigen.

Um den Herausforderungen und noch bestehenden Widrigkeiten entgegen zu treten, haben inzwischen etliche Firmen Methoden, Verfahren und Anlagen für die Verarbeitung von Biokunststoffen konstruiert. „Seit längerem beobachten wir eine deutliche Zunahme von Spritzgießanwendungen, insbesondere wenn biobasierte Kunststoffe zu längerlebigen Produkten verarbeitet werden. Die Zykluszeiten beim Spritzguss sind jedoch sehr hoch und der Einsatz von Biokunststoffen kann hier noch nicht problemlos erfolgen. Hier ist definitiv noch Optimierungspotenzial vorhanden“, erklärt von Pogrell.

Die Statements der K-Aussteller zu den Trends bei Biokunststoffen:

„Bisher lag der Fokus der Branche auf biologisch abbaubaren Kunststoffen. Mittlerweile lassen sich jedoch auch technische Polymere mit allen charakteristischen Funktionalitäten auf Biobasis umsetzen – ein Gewinn für unsere Umwelt.“ – Leander Bergmann, Leitung Marketing, Akro-Plastic

 

„Ein starker Trend geht zur umweltfreundlichen Verpackung. Dabei sind bioabbaubare Kunststoffbeutel eine Möglichkeit, Bio-Abfälle hygienisch und energetisch sinnvoll über industrielle Kompostieranlagen in wertvollen Kompost zu verwandeln.“ – Dr. Tobias Haber, Innovationsmanagement Specialty Plastics, BASF

 

„Quality up – costs down! Hochqualitative Produkte bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung in der Produktion, das sind die Trends in der Verarbeitung von Wood Plastic Composites.“ – Mathias Daniel, Product Manager, Division Construction, Battenfeld-Cincinnati

 

„Biokunststoffe bedeuten oft nur eine geringe Anpassung der Verfahrenstechnik. In der Zukunft bedeutsam sind die Standardisierung der Chargen, sowie die mengentechnische Verfügbarkeit zu akzeptablen Preisen.“ – Jörg Wittgrebe, Geschäftsführer, Billion Kunststofftechnik

 

„Der Einsatz von Polymeren auf Basis nachwachsender Rohstoffe wird die starke Abhängigkeit vom Erdöl reduzieren und auch die Abfallentsorgung verändern. Neue Märkte werden entstehen und wachsen. Vorteile in der CO2-Bilanz sind zu erwarten.“ – Michael Kleinebrahm, Leiter Anwendungstechnik, Dr. Boy

 

„In Ländern mit etabliertem Recycling Kreislauf bestimmen Bio-Polymere für den medizinischen Einsatz die Entwicklung. Bio-Polymere für Verpackungsanwendungen scheinen nicht mehr von Interesse. In Süd-Ost Asien laufen intensive Entwicklungen, Bio-Polymere aus lokal ver-fügbaren Grundstoffen wie Stärke und Ölen zu synthetisieren.“ – Hilmar Heithorst, Leitung Marketing, Vertrieb & Service, Dr. Collin

 

„Die Verbraucher machen sich die Problematik des Kunststoffmülls zunehmend bewusst. Ob zu Hause oder bei der Arbeit: Wer Kunststoffprodukte einsetzt, will damit nicht die Umwelt belasten. Biologisch abbaubare Kunststoffe sind dafür die beste Lösung.“ – Ean Jackson, Marketing Manager, EPI

 

„Der Bedarf an Biokunststoffen für langlebige Güter wächst ständig und wird mittelfristig den für kurzlebige Güter übertreffen. Die Forschung und Entwicklung unseres Unternehmens konzentriert sich daher zunehmend auf den ausschließlichen Einsatz nachwachsender Rohstoffe.“ – Denise Winkelmann, Market Development, FKuR Kunststoff

 

„Bei der Entwicklung neuer Biowerkstoffe liegt der Schwerpunkt nicht allein auf der Bioabbaubarkeit. Vielmehr geht es darum, nachwachsende Rohstoffe aus heute noch nicht verwerteten Restströmen zu verwenden, die nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehen.“ – Dr. Klaus Noller, Leiter Materialentwicklung, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV

 

„Biowerkstoffe erobern Applikationen von langlebigen Wirtschaftsgütern, wie Kunststoffe mit tiefziehfähigen, kalandrierten Platten auf Polymilchsäurebasis PLA-L (Poly Lactide Acid) oder Cellulosebasis C-L für Displays am PoS.“ – Dr. Bernd Brandl, Produktmanager, Gehr Kunststoffwerk Vertriebsgesellschaft

 

Biokunststoffe müssen in den nächsten Jahren den Eintritt in den Massenmarkt schaffen. Die Grundlagen sind mit der breiten Ressourcendiskussion rund um die weltweiten Erdölvorkommen gelegt.“ – Roland Huber, Öffentlichkeitsarbeit, HB-Therm Temperiertechnik

 

„Der Trend geht hin zu nachwachsenden Rohstoffen. Außerdem geht er weg von Lebensmitteln als Ausgangsbasis für Biowerkstoffe und schließlich müssen Biowerkstoffe günstiger werden.“ – Wolfgang Konrad, Leiter Unternehmenskommunikation, Illig Maschinenbau

 

„Wir sehen eine deutliche Erhöhung der Entwicklungsgeschwindigkeit unserer Kunden, um neue Produkte und Anwendungen auf den Markt zu bringen. Nicht nur Aspekte der Nachhaltigkeit oder Kompostierung fördern Biopolymere, sondern auch neue Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichsten Branchen.“ – Ralf J. Dahl, Bereichsleiter Zweischneckenextruder, KraussMaffei Berstorff

 

„Kunststoffprodukte aus Biowerkstoffen werden zunehmend in der Verpackungsindustrie und in der Medizinindustrie zum Einsatz kommen. Gegenüber den traditionellen Kunststoffprodukten aus Erdöl wird der Druck der Verbraucher zunehmen – das Umweltbewusstsein der Konsumenten wird sich zukünftig stärker auf den Markt auswirken.“ – Rüdiger Sonntag, Key Technology Manager für den Bereich Kunststoff, Kuka Roboter

 

„Biokunststoffe sind die Zukunft. In den kommenden Jahren ist noch sehr viel Forschungsarbeit zu tätigen um gute und effiziente Produktion- und Verarbeitungsverfahren zu entwickeln.“ – Roland Mörker, Product Manager Extrusion, Maag Pump Systems

 

„Der Trend geht dahin, neue Materialien, wie biologisch abbaubare Kunststoffe in die heutigen Techniken integrieren, weiterentwickeln und gleichermaßen beherrschen.“ – Andreas Kißler, Vice President Geschäftsleitung, PSG Plastic Service

 

„Für eine Zukunft ohne Erdöl sind Biopolymere Teil der Lösung: Je schneller wir lernen, die Vorteile von Biopolymeren zu erkennen, desto schneller wird die Verfügbarkeit an nachwachsenden Rohstoffen wachsen.“ – Daniel Ganz, Business Development Manager, Sukano

 

„Das wachsenden Interesse an Biokunststoffen in den kommenden Jahren wird die Rohstoffpreise dieser neuen Materialien auf das Niveau der Preise traditioneller Kunststoffe bringen.“ – Peter Matthijssen, Commercial Manager, Synbra Technology

 

„Die größte Herausforderung besteht darin, die Eigenschaften heutiger Kunststoffe zu erreichen. Das ist sicher nicht einfach, wenn man die die Vielfalt der Eigenschaften und die hochflexible Einsatzfähigkeit fossiler Kunststoffe berücksichtigt.“ – Dr. Alex Berg Gebert, Executive Director, Unidad de Desarrollo Tecnológico

 

„Produkte, hergestellt auf Basis von Biowerkstoffen, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Weniger freigesetzte Treibhausgase bei der Herstellung von Biokunststoffen selbst und die Produktion auf ressourcenschonenden Maschinen tragen dabei zu einer umweltfreundlicheren Produktion der Formteile bei.“ – Wolfgang Roth, Leitung Anwendungs- und Verfahrenstechnik, Wittmann Battenfeld

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