Plastverarbeiter: Herr Wellenhofer, wie richten Sie Brückner und Kiefel in Freilassing nach dem Verkauf der Kiefel Extrusion neu aus?
Wellenhofer: Eine Neuausrichtung nach dem Verkauf von Kiefel Extrusion findet nicht statt. Das Führungsunternehmen Brückner Technology Holding GmbH wird sein Tochterunternehmen, Kiefel GmbH, Freilassing, bei dem verstärkten Vorantreiben von technischen Innovationen und dem Erschließen des Weltmarktes nach Kräften unterstützen. Auf das „Schwergewicht“ der Gruppe, der Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG, Hersteller von Anlagen zur Produktion von mono- und biaxial verstreckten Folien und Flachfolien, hat der Verkauf von Kiefel Extrusion keine Wirkung. Die Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG verzeichnet im Übrigen einen unerwartet erfreulichen Auftragseingang und sieht für 2010 einem der besten Umsatzjahre entgegen. Die Brückner Technology Holding GmbH setzt ihre Bemühungen fort, ihr Portfolio über den Zukauf von Unternehmen, möglichst aus der Branche, strategisch zu erweitern und damit auch die starke Volatilität des Marktes für Folien-Streckanlagen zu dämpfen.
Plastverarbeiter: Welche Gründe führten zum Verkauf der Kiefel Extrusion an Reifenhäuser?
Wellenhofer: Die Unternehmen der Reifenhäuser- und der Brückner-Gruppe sind sich seit Jahrzehnten freundschaftlich-professionell verbunden, was trotz der auch nach dem Verkauf von Kiefel Extrusion immer noch verbliebenen Konkurrenz bei Flachfolienanlagen über die Jahre möglich war. Beide Unternehmen waren sich bereits seit einiger Zeit einig, dass ein Zusammenschluss von Reifenhäuser und Kiefel Extrusion im Sinne einer Konzentration der Kräfte eine sinnvolle Maßnahme darstellen würde. Verschiedene Varianten eines Zusammenschlusses wurden durchgespielt, mit dem bekannten Ergebnis der Verkaufsentscheidung von Brückner an Reifenhäuser.
Plastverarbeiter: Inwiefern trägt die Wirtschaftskrise zu dieser Entscheidung bei?
Wellenhofer: Die Wirtschaftskrise hatte bei Brückner keinerlei Einfluss auf den Verkauf von Kiefel Extrusion an Reifenhäuser. Die Überlegungen einer Fusion wurden bereits während der Zeit des hinter uns liegenden Allzeit-Hochs des Maschinenbaus begonnen. Die Sinnhaftigkeit des Zusammenschlusses wurde während der gesamten Laufzeit der diesbezüglichen Kontakte stets konjunkturunabhängig und auf lange Sicht beurteilt.
Plastverarbeiter: Auch in der Kunststoffindustrie hellt sich die Stimmung in einigen Bereichen wieder auf. Wie lautet Ihre Konjunkturprognose für die Extrusionsbranche?
Wellenhofer: Nach dem Verkauf von Kiefel Extrusion ist die Brückner Gruppe noch Extruder-Hersteller in Form des gemeinsam mit der Firma Barmag betriebenen Joint Ventures in Remscheid. Dieses Unternehmen dient im Wesentlichen als Extruderhersteller für die beiden Joint-Venture-Partner und für die Produktion von Monofil-Linien aus dem Programm der Firma Barmag. Die Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG liefert in Form der Anlagen für die Produktion von verstreckten Folien und Flachfolie im weitesten Sinne Extrusionsanlagen, wobei die Extruder unter Verwendung von eigenem Know-how zugekauft werden. Die Konjunktur- bzw. Investitionszyklen für die Streckanlagen bewegen sich atypisch und erleben andere Schwankungen als der übrige Extruder-Markt.
Plastverarbeiter: Welche weiteren Veränderungen bzw. Konsolidierungen erwarten Sie in der Branche?
Wellenhofer: Brückner erwartet, dass weitere Fusionen und Konsolidierungen, wie von den beiden Unternehmen vollzogen, im deutschen Kunststoff-Maschinenbau stattfinden werden und stattfinden müssen.
Plastverarbeiter: Welche technologischen Schwerpunkte setzen Sie für die Zukunft? Mit welchen Technologien wollen Sie sich langfristig Wettbewerbsvorteile sichern?
Wellenhofer: Abgesehen von laufenden Akquisitionsbemühungen in der Branche konzentriert sich Brückner gemeinsam mit Kiefel, Freilassing, auf das Vorantreiben der Thermoform- und Schweißtechnologie für die Einsatzgebiete der Automobil-Innenauskleidung, der Verpackung, der weißen Ware und der medizinischen Beutel und Behältnisse. Die Folien-Strecktechnologie der Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG hat sich über nahezu fünf Jahrzehnte als technologisches und wirtschaftliches Highlight erwiesen. Der Veredelungsprozess der molekularen Orientierung führte nicht nur zur weltweiten explosionsartigen Verbreitung der BOPP- und teilweise BOPET-Verpackungsfolien, sondern auch zur hochqualifizierten Anwendung in der Elektronik, bei Flachbildschirmen, Solarzellen, etc. Die unbestreitbare Weltmarktführerschaft von Brückner auf diesem Gebiet besitzt ihr technisches Rückgrat in Form eines aufwendigen Technologiezentrums. Die dafür notwendigen F+E-Aufwendungen haben dazu geführt, dass die Zahl der weltweiten Anbieter entsprechender Anlagen in den letzten 20 Jahren von ursprünglich elf auf vier geschrumpft ist. Der große Vorsprung von Brückner sowohl in der speziellen Technologie als auch in der Folge der Marktdurchdringung ist Grund genug für den Optimismus von Geschäftsführung und Mitarbeitern im zur Zeit noch verbliebenen Wettbewerbsumfeld. Weitere diesbezügliche Bewegungen werden erwartet. Brückner Maschinenbau setzt auf die Zukunft dieser exklusiven Technologie und steckt einen relativ großen Teil der Erträge in die Entwicklung. Das Unternehmen wird auch weiterhin das Flaggschiff der Brückner-Gruppe darstellen.