Die Ziele von intelligentem Preismanagement und strategischem Verkaufen sind, die Preise zu stabilisieren, Bestandskunden trotz rückläufiger Konjunktur zu halten und ein Mehrgeschäft zu erzielen.

Die Ziele von intelligentem Preismanagement und strategischem Verkaufen sind, die Preise zu stabilisieren, Bestandskunden trotz rückläufiger Konjunktur zu halten und ein Mehrgeschäft zu erzielen. (Bild: Surrender – Fotolia.de)

Seit Ende 2014 befindet sich der Rohölpreis im freien Fall. Auch die Preise für die kunststoffverarbeitende Industrie zentralen Materialgruppen der Primär- und Sekundärkunststoffe sind zum Teil drastisch gesunken. Was den eigenen Einkauf freut, ist für den Vertrieb eine Herausforderung. Setzt sich bei Kunden doch die Erkenntnis durch, der Lieferant möge die Ersparnis umgehend weitergeben. Den Satz „Wir verstehen überhaupt nicht, warum Sie in diesem Umfeld Ihre Preise nicht senken…“ hören Verarbeiter im Moment öfter als ihnen lieb ist.

Nicht unüberlegt handeln

Wenn Kunden begründete Forderungen nach Preissenkungen stellen, muss man diese ernst nehmen und sich ihnen stellen. Deflation tut dauerhaft jedoch keinem Unternehmen und keiner Volkswirtschaft gut. Unternehmen sollten auch unter schwierigen Rahmenbedingungen ihre Preise pflegen und nicht unüberlegt handeln. Denn zahlreiche Kosten wie Löhne oder die Preise für Sachwerte (Immobilien, Unternehmen, Lizenzen) steigen weiter und überkompensieren nicht selten die Ersparnisse aus sinkenden Kunst- und Rohstoffkosten.

Intelligentes Preismanagement und strategisches Verkaufen sind jetzt essentiell. Die Ziele: Preise stabilisieren, Bestandskunden trotz rückläufiger Konjunktur halten, sie besser durchdringen und Mehrgeschäft erzielen.

Pauschale Aussagen entkräften

Die Aussage „Die Kunststoff- und Rohstoffpreise sinken, also kaufen auch Sie doch jetzt deutlich günstiger ein“ lässt sich durchaus entkräften. Beispiele aus echten Verhandlungen ( in den letzten Wochen), die Kunden überzeugt haben, sind unter anderem:

  1. Unser Unternehmen tätigt weiterhin laufende Investitionen, um den steigenden globalen Kundenanforderungen gerecht zu werden (Beispiele nennen, die Kunden den direkten Nutzen aufzeigen).
  2. Ja, das stimmt, Preise für Roh- und Kunststoffe sind insgesamt gesunken, gleichzeitig kaufen wir Dollar-notierte Materialien beim Import in die EU heute jedoch um bis zu 25 Prozent teurer ein.
  3. In diesem speziellen Produkt sind X Prozent Materialien enthalten, deren Preise gestiegen sind und Einsparungen an anderer Stelle überkompensieren.
  4. Wir haben in den Produkten eine hohe Fertigungstiefe, die Materialkosten sind nur ein Teil des Ganzen (Vorsicht: Keine Kostenoffenlegung betreiben, die spielt nur dem Einkäufer in die Hände!)
  5. Die Allgemeinkosten steigen weiterhin (Löhne, Verpackung, Transport).
Seit Ende 2014 befindet sich der Rohölpreis im freien Fall. Auch andere Industrierohstoffpreise sind zum Teil drastisch gesunken, ebenso wie die für die kunststoffverarbeitende Industrie zentralen Materialgruppen der Primär- und Sekundärkunststoffe. (Bildquelle: Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut)

Seit Ende 2014 befindet sich der Rohölpreis im freien Fall. Auch andere Industrierohstoffpreise sind zum Teil drastisch gesunken, ebenso wie die für die kunststoffverarbeitende Industrie zentralen Materialgruppen der Primär- und Sekundärkunststoffe. (Bildquelle: Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut)

Zeit gewinnen

Die Forderung nach Preissenkung verlangt eine unmittelbare Antwort, die Kunden zufriedenstellt und dem Verkauf Zeit verschafft. Denn: Preise zu senken ist leicht und geht schnell, sie wieder hochzuziehen – auch bei steigenden Roh- und Kunststoffpreisen, anziehender Konjunktur oder Verknappung – verlangt deutlich mehr Anstrengung. Auch in Asien ist das Thema hochaktuell, da Überkapazitäten derzeit einen regelrechten Preiskrieg unter Anbietern befeuern. Wer sich auf dieses Spiel einlässt, verliert Margen, die er für Investitionen für den nächsten Nachfrageschub dringend braucht.

Agieren statt reagieren

Zunächst: Stellen Sie sich auf die Forderung nach einem Preisnachlass ein und handeln Sie proaktiv. Preise erfolgreich verteidigen, heißt, nicht mit dem Rücken an der Wand zu stehen. Das bedeutet:

  • Die Details kennen: Welche Roh- und Kunststoffarten gingen im Preis in den letzten Monaten konkret um welche Beträge/Prozentsätze runter, welche sind stabil beziehungsweise nach wie vor knapp? Welche Produkte sind hiervon inwiefern betroffen? Diese Fakten müssen Sie im Detail kennen und die Preisentwicklung aktuell verfolgen.
  • Nachfragen: Auf die Aussage „Die niedrigen Einkaufspreise müssen Sie doch an uns weiter geben…“ erwidern Sie: „Auf welche Kunst- beziehungsweise Rohstoffe beziehen Sie sich konkret…“ (und fahren wie unten dargestellt mit Ihrer Argumentation fort).
  • Zeit gewinnen: Vereinbaren Sie, wenn überhaupt, ein in der Zukunft liegendes Datum für den Preisnachlass. Alternativ implementieren Sie Preisreduk­tionen schrittweise. Paralleles Ziel: ein Mengenplus beziehungsweise Zusatzgeschäft in anderen Segmenten (siehe nächster Punkt).
  • Zugeständnis nur mit Gegenleistung: Lässt sich eine Preisreduktion nicht vermeiden, lassen Sie sich auf den Deal nur gegen größere Bestellmengen oder ein Umsatzwachstum an anderer Stelle ein. Akzeptieren Sie keinen Margenverlust und machen Sie dies deutlich.
  • Preiserhöhung ankündigen: und von der Forderung etwas nachgeben – zum Beispiel auf eine moderate Preiserhöhung, eine Nullrunde oder sogar eine Senkung, wenn Sie im Gegenzug mehr Menge aushandeln und die Kosten tatsächlich in diesem Segment/für diese Produktgruppe gesunken sind.
  • Preise selektiv erhöhen: Preisverteidigung erfolgt differenziert, nach Produktgruppe und Kostenentwicklung. Lassen Sie sich nicht auf einen pauschalen Handel ein. Für ihre Kunden gibt es Segmente, in denen sehr gut auch Preiserhöhungen möglich sind. Wenn intelligent differenzierte Preiserhöhungen professionell vorbereitet sind, im Markt offiziell ankündigt werden und mit Fakten in Verhandlungen mit Einkäufern plausibel begründet werden können, lässt sich auch hier der Umsatz weiter steigern.
Die Details zu kennen, ist essentiell für ein erfolgreiches Preismanagement. Welche Roh- und Kunststoffarten gingen im Preis in den letzten Monaten konkret um welche Beträge/Prozentsätze runter, welche sind stabil beziehungsweise nach wie vor knapp? (Bildquelle: BVSE – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung) http://plasticker.de/preise/marktbericht2.php?j

Die Details zu kennen, ist essentiell für ein erfolgreiches Preismanagement. Welche Roh- und Kunststoffarten gingen im Preis in den letzten Monaten konkret um welche Beträge/Prozentsätze runter, welche sind stabil beziehungsweise nach wie vor knapp?(Bildquelle: BVSE – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung/plasticker.de)

Strategisch Verkaufen stabilisiert und erhöht Umsätze

Wenn Preise und Mengen unter Druck geraten, entfalten auch die klassischen Regeln des strategischen Kundenmanagements sehr gute Effekte. Die Grundlagen:

Rückendeckung bei Top-Entscheidern: In vielen Fällen spricht der Verkauf mit den Ansprechpartnern, mit denen er sich wohl fühlt. Sehr oft erfolgt der Einstieg über Entwickler, Applikateure, Anwendungstechniker oder operative Einkäufer. Diese sind wichtig für den Erfolg, selten aber die maßgeblichen Entscheider. Überlegen Sie deshalb. Mit wem lassen sich Roadmaps definieren, Investitionen abstimmen, Innovationen diskutieren? Genießen Sie auch auf dieser Ebene Rückendeckung? Erfolgreiche strategische Verkäufer kommen schneller zum Entscheider.

Wandel verkaufen: Nach wie vor bieten Verkäufer zu früh ihre Produkte und Standardlösungen an und nehmen sich zu wenig Zeit für die Diagnose des konkreten Kundenproblems. Auf diesem Weg bleiben sie vergleichbar – auch im Preis. Finden Sie heraus, welchen Leidensdruck Kunden wirklich haben. Wo sitzt der latente Schmerz? Wo sind Sie als Spezialist gefragt? Entwickeln Sie gemeinsam Innovationen. Oftmals sind sich Kunden ihres Bedarfs nicht bewusst. Gute Verkäufer erkennen das und führen Kunden mit geschulter Gesprächsführung zur Vision einer Lösung. Erfolgreich verkaufen bedeutet Veränderungen managen.

Nutzenrechner einsetzen: Erfolgreiche Anbieter berechnen bei jedem Projekt die positive Nettobilanz aus dem Investment oder dem Produktpreis für die Lösung und den Nutzen (Value-Based-Pricing). Wenn Innovationen Produktionsverfahren, Abläufe und Lieferketten optimieren, fasst der Nutzenrechner die Einsparpotenziale eindrucksvoll zusammen. Argumentieren Sie mit diesen Ersparnissen. Liefern Sie die Zahlen, die der Einkauf für seine Entscheidung braucht.

Nein sagen: Lehnen Sie Anfragen, bei denen Sie spät in den Kaufprozess involviert werden und sich wenig Chancen ausrechnen, konsequent ab. Wer geringe Hitrates hat (manches Vertriebsteam kommt auf nicht mal zehn Prozent), nimmt an zu vielen und den falschen Ausschreibungen teil und konzentriert sich nicht auf erfolgversprechende Projekte.

Wirksame Therapie für Verkaufspreise

Preisverteidigung ist anspruchsvoll. A und O ist eine systematische Verhandlungsvorbereitung. Pricing Clinic ist eine Methode, die Verkäufer auf schwierige Preisgespräche bei Top-Kunden vorbereitet. Dazu gehören:

  • Die Perspektive des Einkaufs einnehmen und in seinen Mustern denken.
  • Die Machtstrukturen im Buying-Center analysieren und die eigenen Einflussmöglichkeiten prüfen.
  • Verhandlungsziele genau definieren und den Dialog konkret trainieren.

 

Unternehmen, die so vorgehen, erzielen in Preisverhandlungen durchschnittlich zwei bis vier Prozentpunkte bessere Preise und somit deutlich bessere Umsätze und Deckungsbeiträge

 

ist Managing Director bei Schuppar Consulting in Düsseldorf. bjoern.schuppar@schuppar-consulting.com

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