In China kein Problem“, müssen sich deutsche Werkzeugbauer oft von Einkäufern anhören, die sich über niedrigste Preise und kurze Lieferzeiten bei der Beschaffung freuen, dabei jedoch sehr oft nicht die Gesamtkosten der Werkzeuge im Blick haben, die bis zum Ablauf der Produktionsdauer des Kunststoffartikels anfallen. Dazu zählen, angefangen von Reise- und Betreuungskosten über Nacharbeiten im eigenen Haus oder bei lokalen Formenbauern (Werkzeuge werden in der Regel nicht zur kostenlosen Nachbesserung nach China zurückgeschickt) nebst Reparaturen und Änderungen, sämtliche Aufwendungen innerhalb der Einsatzdauer der Spritzgießform. Gerade Änderungen, aber auch die Ersatzteilherstellung, können bei einem Werkzeug aus China wesentlich aufwänd iger sein, weil häufig die Daten oder Zeichnungen der Werkzeugkonstruktion nicht dem tatsächlichen Stand des Werkzeugs entsprechen. So wird aus einem vermeintlich günstig eingekauften Werkzeug am Ende oftmals doch ein sehr teures Betriebsmittel. Und auch die kurzen Lieferzeiten bis zur Erstmusterung relativieren sich schnell wieder, wenn sich die nachfolgende Optimierungsphase in die Länge zieht, besonders wenn viele Nacharbeiten erforderlich werden. Diese Erfahrung machten in jüngster Vergangenheit zahlreiche Kunststoffverarbeiter, weshalb heute viele von ihnen wieder bevorzugt mit lokalen oder europäischen Formenbauern zusammenarbeiten.
Globale Werkzeugbeschaffung
Dennoch zwingt der hohe Kostendruck viele Verarbeiter dazu, Werkzeuge aus Low-Cost-Regionen zu beschaffen, um überhaupt eine Chance auf einen Auftrag für die Spritzgießfertigung zu haben. Um den Kosten- und Zeitvorteil in Asien zu nutzen und dabei aber gleichzeitig möglichst geringe Risiken in Kauf nehmen zu müssen, werden zunehmend Spritzgießwerkzeuge bei Lieferanten geordert, die einen Standort mit Werkzeugbau und Bemusterungskapazitäten sowohl in Deutschland als auch in China haben. Hierbei erfolgen der Vertragsabschluss sowie die gesamte Kommunikation mit einem deutschen Werkzeuglieferanten; hergestellt werden die Formen jedoch in China. Somit lassen sich technische Risiken, aber auch Gewährleistungsfragen für den Verarbeiter absichern. Er spart Reisekosten sowie personelle Ressourcen für das Projektmanagement und die Lieferantenbetreuung ein. Durchaus positive Erfahrungen mit einer solchen Vorgehensweise machte kürzlich Elero. Der Projektumfang bestand aus 18 Spritzwerkzeugen für ein spezielles Endschaltersystem. Die Vorgabe: Alle Spritzwerkzeuge mussten innerhalb von nur sieben Wochen fertig gestellt werden, um werkzeugfallende Erstmusterteile für erste Funktionstests herstellen zu können. Hier zu Lande ist es kaum denkbar, ein solches Auftragsvolumen mit paralleler Durchlaufzeit so schnell zu realisieren. Die Werkzeugkonstruktionen, selbstverständlich in 3D und 2D, wurden innerhalb von nur einer Woche komplett hergestellt. „Unsere Konstrukteure in China haben übergreifend und im 3-Schicht-Betrieb gearbeitet“, so Simon Zügel, Geschäftsführer von Asmoplast, die von Elero mit der Lieferung des gesamten Werkzeugpakets beauftragt wurde. „Bei globalen Auftragsabwicklungen ist es sehr wichtig, ständig mit den Geschäftspartnern in Kontakt zu bleiben und den Informationsfluss immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Unsere Kunden müssen sich deshalb mit Fragen nicht nach China wenden, sondern können auf die deutsche Asmoplast zugreifen.“ Sie ist die Schnittstelle zwischen europäischen Kunden und dem Unternehmensteil in Hong Kong, das vor Ort die Werkzeugherstellung betreut. Mögliche Sprachprobleme und Verluste durch die Zeitverschiebung nach Asien werden so vermieden. „Das ist für unsere europäischen Kunden ein ganz wichtiger Punkt. Während des Projektverlaufs wird im wöchentlichen Rhythmus anhand des Projektplans der Soll-/Ist-Stand der Spritzwerkzeuge abgeglichen. Dies wird zudem durch Bilder dokumentiert. Die Termine bleiben somit permanent unter Kontrolle“, sagt Zügel weiter. Ein entsprechend positives Resümee zieht daher auch Dieter Walddörfer, Prokurist und Leiter Technik bei Elero: „Mit dem Projektmanagement und dem Informationsfluss während der Herstellung waren wir voll und ganz zufrieden. Über den aktuellen Status der einzelnen Werkzeuge wurde stetig berichtet und bei Anfragen unsererseits war immer ein kompetenter Ansprechpartner vorhanden.“
Erstmusterteile mit hoher Qualität
Zu den Erstbemusterungen der Spritzwerkzeuge sind die beiden Asmoplast-Geschäftsführer Joachim Köbelin und Simon Zügel stets vor Ort in China dabei. „Gerade bei Abmusterungen und der Inbetriebnahme von Spritzwerkzeugen gibt es teilweise noch erhebliche Qualifikationsdefizite in China. Oft sind die Spritzparameter bei Erstmusterteilen nicht für die Serienproduktion mit entsprechend hohen Anforderungen an Reproduzierbarkeit und Spritzteilqualität geeignet, berichtet Köbelin, Spezialist für Anwendungstechnik. Bei dieser Gelegenheit werden dann auch die Mitarbeiter in China intensiv weiter qualifiziert.
Positiv überrascht war man bei Elero, als sämtliche Erstmusterteile aus 18 Werkzeugen termingerecht angeliefert wurden. „Erstaunlich auch“, so Walddörfer, „mit welch überdurchschnittlicher Qualität die Erstmusterteile angeliefert wurden. So konnten bereits mit der Erstbemusterung elf von 18 Werkzeugen frei gegeben werden. Und das obwohl die technischen Anforderungen und die Materialien – bis zu 60 Prozent Glasfaseranteil – nicht gerade einfach waren. Die Reaktionszeiten für Anpassungen und Änderungen sind sehr kurz. Somit erhalten wir in kürzester Zeit neue Musterteile.“
Mit der Erstbemusterung wurden 11 von 18 Werkzeugen frei gegeben.
Die insgesamt 18 Werkzeuge für die Bauteile eines sehr speziellen Endschaltersystems wurden wie geplant in nur sieben Wochen fertig gestellt.