Die großflächigen Motorabdeckungen sind das Erste, was beim Öffnen einer Motorhaube von Oberklasse-Limousinen ins Auge sticht. Neben diesem nicht zu unterschätzenden Imageeffekt haben die Abdeckungen aber konkrete Aufgaben, denn sie sollen die Motorgeräusche dämpfen und gleichzeitig den Kühlluftstrom gezielt zum Motor und seinen Nebenaggregaten führen. Dazu dienen eine Reihe von Luftleitplatten sowie eine schalldämmende Schaumstoffeinlage auf der Innenseite. Da die Bauteile den Vibrationen des Motors und gleichzeitig hohen Dauertemperaturen ausgesetzt sind, kommt für die dauerhafte Verbindung nur das Ultraschallschweißen infrage. Solche Schweißverbindungen weisen praktisch die gleiche Festigkeit und Temperaturbeständigkeit wie das Ausgangsmaterial auf. Sie kommen aber ohne investitionsträchtige Handhabungssysteme für das Auftragen von Klebern aus. Und anders als Klebeverbindungen ziehen sie keine unerwünschten Ausgasungen nach sich.
Bohnert Systemtechnik, Rödermark, sammelte mit Sondermaschinen für diese speziellen Schweißaufgaben in den vergangenen Jahren umfangreiche Erfahrungen. Das Unternehmen hat sich auf das Entwickeln und Bauen von Montagesystemen und robotergestützten Handhabungs-Einheiten sowie auf Mehrkopf-Ultraschall-Schweißmaschinen für die Automobilindustrie spezialisiert. Sein wichtigster Zulieferer ist Weber Ultrasonics Weld & Cut, Karlsbad-Ittersbach, der sämtliche Ultraschallkomponenten bei-
steuert.
32 Schweißpunkte pro Werkzeug
Während der Dämmschaum an einer Reihe von Schweißpunkten aufgeschweißt wird, eignet sich zum Aufbringen der Luftleitplatten das Durchstechverfahren. Die dabei eingesetzten Sonotroden, also die Werkzeuge, die die Ultraschall-Schwingungen auf das Bauteil übertragen, weisen zinnenartige Verlängerungen auf, die sich punktuell durch die aufzuschweißenden Kunststoffplatten hindurchschmelzen. Dabei verdrängen sie das Material, sodass eine feste Verbindung mit dem Grundkörper entsteht. Durch das Einstechen bleiben aber keine Spuren des Schweißvorgangs auf der Oberseite der etwa 2 mm starken Motorabdeckung zurück. Damit genügen die Werkstücke allen optischen Ansprüchen.
Die Ultraschall-Schweißmaschinen sind in diesem Fall als Brückenpressen konzipiert, bei denen ein hängend angebrachtes Oberwerkzeug je nach Werkstück bis zu 24 pneumatisch angetriebene Vorschubeinheiten trägt. Auf jeder Vorschubeinheit ist jeweils ein Konverter mit einer Sonotrode montiert. Diese Konverter trägt ebenfalls das Unternehmen Weber bei. In diesem Fall sind es Ultraschallkonverter der Baureihe HCC 35/1000 S IP 4 Multi Purpose. Sie wandeln die Hochfrequenzströme der Generatoren in mechanische Schwingungen um. Bei Bedarf übertragen sie Leistungen bis 5 kW. Auch die Sonotroden stammen von Weber. Das Unternehmen fertigt und entwickelt die Werkzeuge, die je nach Anforderung aus Titan, CPM, Aluminium oder Edelstahl bestehen, auf Basis von CAD/CAM-Konstruktionsdaten, die sich auf FEM-Berechnungen stützen.
Damit der Schweißprozess beginnen kann, wird das Oberwerkzeug der Ultraschall-Schweißmaschine pneumatisch abgesenkt, bis seine Niederhalter auf der Motorabdeckung aufliegen und sie fest im Unterwerkzeug fixieren. Gruppenweise fahren nun die Vorschubeinheiten aus und pressen die Sonotroden mit definierter Kraft auf die zu verschweißenden Stellen. Die Konverter werden dabei mit hochfrequentem Wechselstrom aus den Generatoren gespeist. Die so erzeugten UIltraschall-Vibrationen werden in das Werkstück eingeleitet. Das thermoplastische Material beginnt im Bereich der Aufsetzpunkte zu schmelzen und geht so eine feste Verbindung mit seinem Gegenstück ein.
Nach dem Schweißvorgang bleiben die Sonotroden noch für eine Haltezeit von etwa einer Sekunde unter Druck auf dem Werkstück stehen, bis das Material an den Schweiß- oder Durchstichstellen ausreichend abgekühlt ist und die Schweißpunkte ihre volle Festigkeit erreichen. Damit sich die Sonotroden nicht aufheizen, werden sie permanent durch einen Luftstrom gekühlt, der über Kupferleitungen herangeführt wird.
Da sich im Schaltschrank der Maschine aus Kostengründen lediglich acht HF-Generatoren des Typs Sonic Full Digital HS mit einer Dauerleistung von bis zu 4.000 W befinden, aber 32 Sonotroden eingesetzt werden sollen, erfolgt nach jedem Schweißvorgang die Umschaltung der Generatoren auf die nächste Gruppe an Vorschubeinheiten. Auf diese Weise lassen sich bis zu vier Gruppen sukzessive ansteuern, die in einem Werkzeug insgesamt bis zu 32 Sonotroden enthalten.
Steuerung entscheidet über Qualität
Den eigentlichen Schweißprozess überwacht eine von Bohnert entwickelte Schweißprozess-Steuerung: Beim Einlegen des Werkstücks erfassen Sensoren, ob die richtigen Teile eingelegt sind. Dann wählt die Steuerung das passende Programm und überwacht während der Schweißprozesse zahlreiche Parameter wie Leistung, Druck und Weg. Außerdem zeichnet sie die Hochfrequenz-Ströme auf, die die Konverter beim Schweißvorgang aufnehmen, denn sie sind charakteristisch für die übertragene Leistung und die von den Bauteilen aufgenommene Energie.
Zum anderen überwacht ein Wegmess-System die beim Aufschmelzen des Materials auftretende Setzbewegung, indem es den von den Sonotroden während des Schweißvorgangs zurückgelegten Weg und die dafür benötigte Zeit erfasst. Auch den pneumatischen Haltedruck kontrolliert sie, ebenso die Haltezeit. Nur wenn diese Parameter innerhalb der vorgegeben Toleranzen liegen, erhält das Bauteil eine IO-Freigabe. Diese beim Schweißprozess anfallenden Daten verarbeitet eine maschineneigene CPU, die sie bei Bedarf über ein LAN-Modul für die Fernwartung bereitstellt.
Autor
Horst Stegmüller
ist freier Journalist aus St. Leon-Rot.