Abb.1 WITTE Metall-Kunststoff-Hybrid-Tuerschlossgehaeuse

Metall/Kunststoff-Hybridbauteile, wie sie bei Witte Automotive in Nejdek hergestellt werden, sind Kernkomponenten der Türschloss-Module vieler Automobile. (Bild: alle Reinhard Bauer/Technokomm)

Ein Rundgang durch den Betrieb der Witte Automotive in Nejdek bei Karlsbad, im Nordwesten Tschechiens, ist ein eindrucksvolles Erlebnis, auch für Brancheninsider. Vor allem, wenn sich bei Schichtwechsel die Wege von Hunderten kommenden und gehenden Mitarbeitern kreuzen. Mehr als 2.000 sind es insgesamt. Ein Großteil davon ist mit der Montage unterschiedlichster Mechatronik-Baugruppen zum Schließen und Verriegeln von Automobilen beschäftigt. Dabei geht das Angebot der Witte Automotive-Gruppe weit über die Türgriffe hinaus, vielmehr umfasst es auch Schließbügel, Tür-Innenbetätigungen, Schlüssel und Schlösser, Zuziehhilfen, Türfeststeller, Türbremsen sowie motorisierte Türantriebe.

 Ähnlich umfangreich ist das Lieferprogramm für Front- und Heckklappen. Es umfasst zusätzlich zu den elektromechanischen Schlosseinheiten auch elektrische Antriebe und Griffleisten mit integrierten Lichtquellen und Sensorschaltern. Zur Erhöhung des Fußgängerschutzes werden Komponenten für das Konzept der „aktiven“ Motorhaube gebaut. Dabei sorgen Pyrotechnik-Komponenten dafür, dass die Motorhaube im Kollisionsfall angehoben und so eine weichere Frontknautschzone geschaffen wird.

Abb.2 WiBa-V-Maschinen bei Witte-Nejdek

In der Spritzgießfertigung von Witte in Nejdek produzieren 400 Personen im Vier-Schichtbetrieb auf aktuell 51 Spritzgießmaschinen kleine bis mittelgroße Komponenten für PKW-Schließsysteme, viele davon auf Vertikalmaschinen.

Aber bei Witte Nejdek wird nicht nur eine beeindruckende Vielfalt an sicherheitsrelevanten Fahrzeug-Baugruppen montiert, sondern auch ein Großteil der Bauteile dafür gefertigt. Insbesondere in der Spritzgießabteilung, in der rund 400 Personen im Vierschicht-Betrieb mit aktuell 51 Maschinen mit 50 bis 650 Tonnen Schließkraft produzieren. Tatkräftig unterstützt wird die Produktion dabei vom betriebseigenen 70-Mann-Werkzeugbau.

Vertikalmaschinen für den Montagespritzguss

Da bei den Schließ- und Verriegelungssystemen elektrische Antriebe und eine elektronische Ansteuerung Stand der Technik sind, besitzt nahezu jede der produzierten Tür-Schließ- und Verriegelungseinheiten einen Gehäuseteil mit darin eingebetteten Elektroleitern. Diese werden entweder manuell  (bei einfachen, zumeist planen und daher stabilen Strukturen) oder vollautomatisch direkt aus einer Folgeschnitt- und Stanzmaschine mittels Roboter in das Spritzgießwerkzeug der Umspritzmaschine eingelegt (bei vielbahnigen, mehrfach dreidimensional verformten und daher manuell schwierig zu manipulierenden Strukturen). Um ergonomisch günstige Voraussetzungen für diese Anwendungen zu schaffen, werden dafür überwiegend Spritzgießmaschinen mit vertikaler Schließeinheit eingesetzt. Sie nehmen rund ein Viertel des Maschinenparks ein, von der einfachen Ein-Stationen-Schließeinheit für die manuelle Bedienung bis zu Zwei-Stationen-Rundtischmaschinen in verschiedenen Größen und Automatisierungsstufen. Ein Großteil davon stammt von Wittmann Battenfeld und ist zum Teil auch mit Wittmann-Robotern und Materialfördertechnik kombiniert.

Bei Maschinenbedienern geschätzt

Abb.4 WiBa-VM-R_80 Autmatisierung

Je höher die Fachzahl und komplexer die Einlegeaufgabe, umso effizienter ist die Automatisierung der Einlege- und Entnahmeaufgaben mittels Roboter. Hier das Beispiel einer 80-Tonnen-Rundtischmaschine in Kombination mit zwei Linearrobotern.

Da Witte Automotive bei einer Reihe von Schlossmodulen Alleinlieferant ist, rangiert die Zuverlässigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste für Produktionsausrüstungen. Dazu Kamil Hušek, der Projektleiter für Spritzgießanlagen: „Acht unserer zwölf im Betrieb befindlichen Wittmann-Battenfeld-Maschinen besitzen eine vertikale Schließeinheit. Die älteste ist eine VM-50 R und stammt aus dem Jahr 2002. Sie produziert seit mehr als 15 Jahren in Kombination mit einem Bestückungs- und Entnahme-Roboter, ohne durch abnehmende Zuverlässigkeit oder einen erhöhten Wartungsaufwand aufzufallen.“ Bei den neueren Maschinen, die Witte überwiegend als vollautomatische Produktionszellen mit Zwei- bis Vierfach-Werkzeugen betreibt, schätzen die Produktionsmitarbeiter laut Hušek vor allem die serienmäßig gute Steuerungsintegration von Roboter und Maschine. So sei es beispielsweise bei einer Produktionsunterbrechung nicht notwendig, alle Roboterpositionen in eine definierte Startposition zu bringen, um den Automatikbetrieb wieder aufzunehmen. Ein einfaches Drücken der Zyklustaste genügt in den meisten Fällen. „Dies ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, vor allem im Schichtbetrieb, bei dem nicht immer gleich Fachpersonal zum ‚trouble-shooting‘ zur Stelle sein kann“, betont der Projektleiter.

Reaktionsschneller Kernzug

Abb.5 Steckverbinder 4-fach

Ein Produktionsbeispiel ist die Herstellung von Steckadaptern mit einem 4-fach Spritzgießwerkzeug.

Das Einbetten und Umspritzen der Leiterbahnen ist nicht auf das Einlegen und Fixieren der Metallteile und anschließendes Einspritzen von Kunststoff beschränkt. Um die Leiterbahnen bis zu den Steckkontakten zu isolieren und gegen Feuchtigkeit zu schützen, müssen sie durchgehend ummantelt sein. „Zur Zentrierung der Metallleiter verwenden wir im Spritzgießwerkzeug beidseits bewegliche Gruppen von Fixierstiften, die − ähnlich Auswerferstiften − vor und zurück bewegt werden können“, erklärt Hušek. Die Stifte klemmen die Metallteile beim Schließen des Werkzeugs beidseits ein. Gegen Ende des Einspritzvorgangs werden die Stifte beim Umschalten von Spritz- auf Nachdruck über die Kernzugfunktion gezogen und die verbliebenen Stiftlöcher gefüllt. „Dies muss reaktionsschnell und konstant simultan erfolgen. Beides gewährleistet die Battenfeld-Maschinensteuerung“, stellt Hušek fest.

Effizienzziele erreicht

Abb.7 WITTE-Schlossgehaeuse

Im Spritzgießwerkzeug werden die Metallinserts beidseits von Gruppen gegenüberliegender zylindrischer Formeinsätze in Position gehalten. Die Lage der Positionierstifte, die während des Einspritzvorgangs zur vollständigen Einbettung der Leiterbahnen zurückgezogen werden, ist an deren Abdrücken an den beiden Fertigteilseiten erkennbar.

Im Gespräch mit Wittmann Battenfeld CZ Geschäftsführer Michal Slaba und Spritzgießmaschinen-Verkaufsleiter Miroslav Tureček zieht Kamil Hušek Bilanz: „Die hohe Zuverlässigkeit der Battenfeld Spritzgießmaschinen in Kombination mit der Automatisierungskompetenz von Wittmann ermöglichen eine konstant gute Teilequalität bei niedrigen Stückkosten. Die hohe Schuss-zu-Schuss-Konstanz erlaubt eine kontinuierliche Produktion innerhalb enger Toleranzen und minimiert einen allfälligen Ausschuss.“

Abb.8 WiBa_Michal_Slaba WITTE_Kamil_Husek WiBa_Miroslav Turecek

Wittmann Battenfeld CZ Geschäftsführer Michal Slaba, Kamil Hušek, Projektleiter für Spritzgießanlagen bei Witte Nejdek und Miroslav Tureček blicken auf eine langjährig erfolgreiche Zusammenarbeit zurück.

Die guten Erfahrungen mit den Vertikalmaschinen konnten die Verantwortlichen bei Witte Automotive auch für die Beschaffung von Standardmaschinen des österreichischen Maschinenbauers überzeugen. So kommt es nicht von ungefähr, dass sowohl im Werk Nejdek, als auch im rund 25 km entfernten Schwesterwerk Ostrov auch MacroPower-Hybrid-Maschinen mit Zwei-Platten-Schließeinheit angeschafft wurden.

 

Kontakt

Wittmann Battenfeld, Kottingbrunn, Österreich

 

 

Unternehmen im Detail

Witte Automotive

In allen bekannten Automarken befinden sich heute Witte-Produkte. Neben Schließ- und Betätigungssystemen entwickelt und produziert das Unternehmen auch Antriebe für Klappen und Türen sowie Sitzverriegelungen und Kameramodule. Spezialisierte Kompetenzzentren für Kunststoff-, Stanz- und Druckgusstechnik gewährleisten hohe Qualität und Wirtschaftlichkeit. Die Witte-Automotive-Gruppe mit Sitz in Velbert zählt aktuell über 5.000 Beschäftigte an vier Standorten innerhalb Deutschlands und europaweit in Tschechien, Bulgarien und in Schweden. Die 1992 gegründete Tochtergesellschaft Witte Nejdek ist heute der größte Standort der Gruppe. Von den rund 2.000 Beschäftigten in Nejdek wird zusätzlich zur Teileherstellung ein großer Anteil der Pkw-Schließsysteme aus eigenen und von anderen Witte-Werken angelieferten Ersatzteilen montiert. Globale Präsenz zeigt die Gruppe in den USA, Mexiko, Brasilien, Indien, China, Japan und Korea als Teil von VAST, der Vehicle Access Systems Technology Allianz.

 

 

 

Technokomm, ist freier Redakteur für kunststofftechnische Berichte.  

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Unternehmen

Wittmann Battenfeld GmbH

Wiener Neustädter Str. 81
2542 Kottingbrunn
Austria