Die eigentliche physikalische Messung besteht bei der Computertomographie (CT) aus der Aufnahme einer Serie von 2D-Röntgen-Projektionsbildern. Hierzu wird das Prüfobjekt auf einem sehr genauen Manipulations-System positioniert und mit Hilfe einer Präzisions-Drehachse während des Messens einmal um 360 Grad rotiert. Dabei wird in Winkelschritten eine Serie von 2D-Durchstrahlungsbildern aufgenommen. Die Schärfe der Röntgenbilder, sowie die Präzision und Stabilität der Manipulationseinrichtung bestimmen die Qualität der Rohdaten und somit die Genauigkeit aller nachfolgenden Auswertungen am numerisch rekonstruierten 3D-Volumen. Je besser das CT-Mess-System diesen Schritt beherrscht, desto genauer lässt sich die Messaufgabe durchführen.
3D-Messungen am virtuellen Bauteil
Neben einem stabilen, auf die jeweilige Anwendung angepassten Systemaufbau ist die Datenverarbeitung ein weiterer Schlüssel zu guten Messergebnissen. Mit einer CT-Software kann der gesamte Scan- und Rekonstruktionsprozess einschließlich Volumenoptimierung und Oberflächenextraktion voll automatisiert werden.Soll-/Ist Vergleiche können mit dem Verfahren der CT schnell visuell kontrolliert werden. So ist im Rahmen der Erstbemusterung eine Analyse wichtiger Funktionsmaße und das Überprüfen der Formtreue einfach und zeitsparend möglich. Durch die automatische Projektaktualisierung ist jede Messung nachzuvollziehen, parametrisierbar und kann im Zweifelsfall wiederholt werden.
Mit der 3D-Software sind Vergleiche zwischen Soll-und Ist-Geometrien und eine Vielzahl von Form-und Lagetoleranz-Untersuchungen möglich. Für eine flächenhafte Darstellung der Abweichung des Polygonmodells zur CAD-Referenz kann der Anwender zwischen Vergleichsmethoden und Farbskalen wählen. Oberflächenvergleiche lassen sich zum Beispiel als Falschfarbenbild direkt auf einem Polygonmodell und CAD ausgeben um Abweichungen auf einen Blick darzustellen. Für eine detaillierte Analyse ermöglichen Vergleichspunkte dem Nutzer eine exakte und wiederholbare Abweichungsanzeige zu definierten Soll-Punkten auf dem CAD. Die Auswertefunktionen werden durch Messwerkzeuge wie Schnitte, 2D- und 3D-Mess-Schieber, Profillehren und Spalt-und Bündigkeitsmessungen ergänzt.
In Verbindung mit CT-Systemen ist die Software sogar produktionsbegleitend einsetzbar. Automatisierte Abläufe werden durch eine parametrische Serienmessungsfunktion mit statistischer Auswertung sowie durch Makros stark vereinfacht.
Kostengünstige Bauteilqualifizierung
Der Kunststoffverarbeiter F. & G. Hachtel nutzt seit 2008 einen industriellen begehbaren Computertomographen vom Typ phoenix vtomex L unter anderem zum Überprüfen von Bauteilen für die Automobil-Industrie und zur Werkzeugkorrektur. Komplexe Kunststoffbauteile werden oft mittels Form- und Lagetoleranzen in Verbindung mit einer RPS-Ausrichtung beurteilt. Gerade bei Kunststoffbauteilen, deren Gestalt durch Verzugseffekte oft von der CAD-Vorgabe abweicht, führt diese Vorgehensweise aber häufig zu Fehlinterpretationen. Aus diesen werden häufig falsche Schlüsse für die Werkzeugkorrektur gezogen.
So konnte eine Halteleiste aus Kunststoff mittels CT untersucht und qualifiziert werden. Die daraus resultierende Werkzeugkorrektur dauerte nur vier Stunden zu einem Bruchteil der Kosten im Vergleich zur aufwändigen klassischen Qualifizierung und anschließenden Korrektur. Minimale Abweichungen an den laut Zeichnung vorgeschriebenen Ausrichtflächen führten in der Auswertung zu deutlich überschrittenen Form- und Lagetoleranzen. Dies legte den Schluss nahe, dass starke Formabweichungen die Funktion des Bauteils gefährden. Dem widersprach jedoch die gute Verbaubarkeit der vorgestellten Muster ebenso wie die positiv verlaufenen Funktionstests. Eine simulierte geänderte Ausrichtung zeigte auch, dass die Formtreue des Bauteils insgesamt sehr gut war. Die klassische Koordinaten-Messtechnik lieferte hier im Unterschied zur CT nur Messwerte in tabellarischer Form. Damit war eine richtige Interpretation der Formtreue des Bauteils allerdings kaum möglich.
Werkzeugkorrektur nach vier Stunden
Bei einem anderen Bauteil, einem Gewinde-Ring, verlief das Prozedere ähnlich. Der Soll-Ist-Vergleich des Gewinde-Ringes verdeutlichte zwar eine gute Übereinstimmung im Gewindebereich des Bauteils, aber es zeigten sich starke Abweichungen zur CAD-Geometrie am äußeren Rand. Dieser Verzug führte zu Problemen bei der Bauteil-Montage, daher war eine Werkzeugkorrektur unerlässlich. Anstatt schwierig zu interpretierende Einzel-Messwerte als Ergebnis der klassischen Koordinaten-Messtechnik, lieferte die CT-Analyse dem Konstrukteur unmittelbar die Hinweise und Vorhaltemaße, die zur Korrektur des Formeinsatzes benötigt wurden. Nach insgesamt vier Stunden lag die korrigierte Werkzeugkonstruktion bereits vor. Eine erneute CT-Untersuchung nach der Korrektur der Gießform bestätigte den Erfolg der Korrekturmaßnahme nach nur einer Rekursionsschleife.n