Sie besitzen ein hohes Potenzial für den Leichtbau, elektrische Isolationseigenschaften und sind besonders korrosionsbeständig: Faserverbundkunststoffe werden in vielen Industrien eingesetzt. Oft handelt es sich um glasfaserverstärkte Duroplaste, aus denen zum Beispiel Windradflügel, Rümpfe für Sportboote, Antennen-, Laternen- und Oberleitungsmasten sowie Rohrsysteme hergestellt werden. Obwohl sie vielfältig einsetzbar sind, haben duroplastische Kunststoffe allerdings einige Nachteile bei der Verarbeitung.
Zusammen mit den Projektpartnern entwickelt das Aachener Fraunhofer IPT im Projekt C³ – ColdCureComposites eine Produktionsanlage und die dazugehörigen Fertigungsprozesse, um ein neues, kalthärtendes Faserverbundhalbzeug aus Glasfasern herzustellen und weiterzuverarbeiten. Sogenannte GFK-Towpregs, also vorimprägnierte Glasfaserbündel, können durch verschiedene Lege- oder Wickelverfahren zur Herstellung von Leichtbaustrukturen verwendet werden.
Das Konsortium von C³ – Cold Cure Composites bildet die gesamte Wertschöpfungskette für die Herstellung und Qualifizierung des neuen Materials ab. Das Fraunhofer IPT und die beteiligten Unternehmen bündeln ihre Expertise, um strahlenhärtende Kunststoffe herzustellen, individuelle Bestrahlungsmodule und Produktionsanlagen auszulegen und zu fertigen sowie FVK-Bauteile in unterschiedlichen Produktionsverfahren herzustellen. Darüber hinaus prüfen und qualifizieren sie die Prozesse, Materialien und Bauteile. Die Anlage, die im Projekt entstanden ist, ist einfach skalierbar und kostengünstig in Betrieb zu nehmen. Damit ermöglicht sie eine ressourcenschonende Produktion von GFK-Towpregs in größerem Maßstab.
Bauteile aus konventionellen duroplastischen FVK müssen in großen beheizten Druckkammern, sogenannten Autoklaven, ausgehärtet werden, um optimale mechanische Eigenschaften zu erzielen. In der Produktion von Leichtbaukomponenten ist dies zeitaufwendig und verursacht hohe Kosten. Als Alternative zu konventionellen FVK, die ihre Endfestigkeit mittels Wärmezufuhr erreichen, setzen die Projektpartner auf strahlenhärtende Harze, die bei Raumtemperatur aushärten.
Durch eine kurzzeitige Bestrahlung mit Licht im sichtbaren (VIS) oder UV-A-Spektrum mit hoher Energiedichte und geeigneter Wellenlänge härtet das Material aus – der Energieaufwand und die Kosten reduzieren sich erheblich, der Prozess ist einfach zu regeln. Bereits die einfache Integration von UV-LEDs kann die Effizienz bestehender Herstellungsprozesse deutlich verbessern und eignet sich auch für das Nachrüsten bereits vorhandener automatisierter Produktionsanlagen.
Einen weiteren entscheidenden Vorteil gegenüber konventionellen FVK-Halbzeugen mit Duroplastmatrix identifizierten die Forscherinnen und Forscher: Duroplastische Halbzeuge müssen bei bis zu -18 °C gekühlt gelagert werden, um ein vorzeitiges Vernetzen und Aushärten des Materials zu verhindern. Das Halbzeug aus dem neuen Material muss stattdessen lichtgeschützt lagern, erfordert aber keine ständige energieintensive Kühlung. Durch die Verwendung lichtundurchlässiger Trägerfolien bei der Herstellung der kalthärtenden GFK-Towpregs erreichen die Projektpartner von C³ – ColdCureComposites, dass die Halbzeuge vor Gebrauch weniger aufwendig gelagert werden können.
Die Forscherinnen und Forscher untersuchen die Materialeigenschaften des neuen Halbzeugs mithilfe mechanischer Prüfungen. Darüber hinaus erproben sie im Legeverfahren, wie gut sich das neue Material weiterverarbeiten lässt. Ein weiterer großer Schritt ist es, das entwickelte Material in industriellen Testanwendungen einzusetzen und zu validieren. Das hergestellte vorimprägnierte Faserverbundhalbzeug verwenden sie in verschiedenen Demo-Bauteilen wie Platten und Rohren. Das Aushärten der Towpregs geschieht, ähnlich wie bei Thermoplast-Tapes, direkt während der Verarbeitung. Die Zykluszeiten verkürzen sich damit deutlich und die Produktionskosten sinken.
Um zu gewährleisten, dass die strahlenhärtenden Towpregs und das Matrixmaterial nach Projektende industriell vielfältig eingesetzt werden können, evaluieren die Partner unterschiedliche Verarbeitungsmethoden, zum Beispiel das automatisierte Tapelegen und Tapewickeln sowie den manuellen Laminataufbau in offenen Werkzeugformen.
Quelle: Fraunhofer IPT