Große Fläche mit grauen Waben und einer silbernen Schraube in der Mitte.

Lastoptimierte, additiv gefertigte Wabenstruktur mit integrierten Verschraubungen. (Bild: NMB)

Generell befinden sich bei Sandwichbauteilen zwischen den beiden zumeist faserverstärkten Decklagen spezielle Kernstrukturen, die sowohl auf Druck als auch auf Schub beansprucht werden. Diese Kernstrukturen bestehen dabei heute vorwiegend entweder aus Polymerschäumen oder gefalteten Waben. Diese Waben entstehen häufig entweder aus Alumi-
nium, glasfaserverstärktem Duromer oder mit Phenolharz imprägniertem Aramidpapier (Nomex). Diese Strukturen werden beispielsweise in der Luftfahrt, bei Fahrzeugen, Schiffen und im Bauwesen eingesetzt, um das Strukturgewicht bei hoher Biegesteifigkeit zu minimieren. Daher sind nicht nur ihre mechanischen Eigenschaften wichtig, sondern auch ihr Raumgewicht.

Zwei Wabenstrukturen. Die linke Struktur ist hellgrau und die rechte dunkelgrau.
Wabe als Konstruktion im CAD-Programm (links) und gedruckt im HP MJF-Verfahren für den Schubtest mit eingezeichneter L- und W-Richtung (rechts). (Bild: NMB)

Sandwichstrukturen neu gedacht

Klassische Wabenstrukturen haben zwei Strukturrichtungen. Die L-Richtung entsteht bei Papierwaben durch das Zusammenfügen der einzelnen Schichten senkrecht zur Kleberichtung und ist die mechanisch bevorzugte Ausrichtung, während die W-Richtung quer zur L-Richtung liegt. Wabenkernstrukturen unterscheiden sich stark im Format, sind aber immer aus einer Aneinanderreihung von Einzelzellen aufgebaut. Neben der Grundgeometrie gibt es weitere Parameter wie Höhe, Zellgröße, Wandstärke und Winkel, die sowohl das Raumgewicht der Wabe als auch die mechanischen Eigenschaften beeinflussen.

Zitat

Lastoptimierte und funktionsintegrierte Wabenstrukturen lassen sich additiv Fertigen

Bei konventionellen Wabenstrukturen werden Halterungen und Schraubverbindungen zum Befestigen von Elementen an der Innen- oder Außenseite von Sandwichpaneelen durch sogenannte Inserts eingesetzt. Diese Metallhülsen werden verwendet, um die Kraft gleichmäßig über das Bauteil zu verteilen und lokale Schäden zu vermeiden. Dazu muss ein Teil der Wabe entfernt und die Einlage mit einem speziellen Klebstoff eingeklebt werden. Neben dem zusätzlichen Arbeitsschritt erhöhen der metallische Einsatz und die mit Klebstoff gefüllten Waben das Gewicht. Additive Fertigungsverfahren stellen Objekte schichtweise auf der Grundlage von CAD-Modellen in präzisen und komplexen geometrischen Formen her, ohne dass Werkzeuge zum Einsatz kommen. Additiv gefertigte Kerne ermöglichen daher eine Vielzahl von Vorteilen, wie beispielsweise maßgeschneiderte Strukturen mit eingearbeiteten Befestigungspunkten und lassen sich gegebenenfalls sogar direkt mit Gewinden und Kanälen für Kabel, Lüftung oder andere Medien kombinieren, was Arbeitsaufwand spart und das lokale Gewicht reduziert.

Zwei Diagramme.
Schubmodul und Schubfestigkeit der konventionellen Nomex (hellgrau in L- und dunkelgrau in W-Richtung), technische Schaumstoffe (gekennzeichneter Bereich) und der gedruckten Wabe aus PA12 (dunkelblau in L- und hellblau W-Richtung) über die Dichte. (Bild: NMB)

Dieses Konzept wurde entwickelt

Zunächst wurden die Schubeigenschaften von homogenen Waben untersucht, um das Potenzial von additiv gefertigten Kernstrukturen zu ermitteln. Um die große Anzahl von Variationen von Zellgrößen und Wandstärken abdecken zu können, wurden die mechanischen Eigenschaften der Strukturen mittels der 3D-CAD-Software Autodesk Inventor und dem auf der Finite-Elemente-Methode (FEM) basierendem Solver Autodesk Nastran simuliert. Im Hinblick auf die anschließenden realen Prüfungen und das HP Multi Jet Fusion additive Fertigungsverfahren wurde ein Materialprofil für das PA12-Pulver erstellt, und die simulierten Schubprüfungen basierten auf der ASTM-Norm C 273-00. Als Kriterium für die Simulation wurde die Maximierung der Schubeigenschaften verwendet. Die Struktur mit einer Wandstärke von 0,8 mm und einer Zellgröße von 20 mm lieferte die besten Ergebnisse in der Simulation, mit einer Schubspannung von 1,3 MPa und einem Schubmodul von etwa 33 MPa. Die resultierende optimierte Wabenstruktur wurde dann mit der pulverbasierten Multi-Jet-Fusion-Technologie von HP hergestellt, die im NMB-Democenter für additive Fertigung mit Kunststoffen verfügbar ist. Die Waben wurden im Drucker so ausgerichtet, dass sie in Z-Richtung gebaut werden. Die so entstandene Wabenstruktur hat ein Raumgewicht von etwa 58 kg/m³. Anschließend wurden Schubversuche nach ASTM C 273-00 mit den gedruckten Strukturen durchgeführt, um die Simulation zu validieren. Der Schubmodul und die Schubfestigkeit in Abhängigkeit des Raumgewichts für die gedruckten homogenen Wabenstrukturen (in L- und W-Richtung) wurden im Vergleich zu dem technischen Datenblatt der speziellen Nomex-Waben in beiden Strukturrichtungen und technischen Schaumkernstrukturen ermittelt. Für die kommerziellen Nomex-Waben ist eine nahezu lineare Abhängigkeit zwischen den Datenblattwerten und der Dichte zu erkennen. Da das Ziel hinter der Verwendung von Kernsystemen in Sandwichstrukturen die Gewichtsreduzierung der Struktur ist, ist in dieser Darstellung die dichtebezogene Leistung umso besser, je größer die Steigung der Gerade ist. Wie hier zu sehen ist, werden die Schubeigenschaften der hochspezialisierten konventionell hergestellten Waben von den additiv gefertigten PA12-Homogenkernen trotz Optimierung nicht erreicht. Allerdings bestehen die Nomex-Waben, wie bereits erwähnt, aus mit Phenolharz imprägniertem Aramidpapier, einem wesentlich steiferen Material als PA12. Die Leistung ist jedoch vergleichbar mit technischen Schaumkernstrukturen (Schubfestigkeit 1,3 MPa und Schubmodul 29 MPa bei einer Dichte von 75 kg/m³, laut Materialdatenblatt), was als gute Leistung für das PA12-Material angesehen werden kann. Die Leistung könnte durch das Drucken der homogenen Wabenkernstrukturen mit Materialien mit höherer Festigkeit und Steifigkeit, wie kohlenstofffaserverstärktem PEKK, das als SLS-Pulver erhältlich ist, verbessert werden.

Zeichnung: Oben ein Diagramm. Darunter zwei Rechtecke (eines ist blau, das andere grau). Beide zeigen mit einem gemeinsamen Pfeil auf eine graue Wabenstruktur.
Ablauf zur Herstellung einer lastoptimierten Wabenstruktur. (Bild: NMB)

Wie die Simulation helfen kann

Um das volle Potenzial der additiven Fertigung auszunutzen, müssen andererseits die Möglichkeiten der Individualisierung genutzt werden. Innerhalb einer Wabenstruktur kann das durch eine lokale Verstärkung der Struktur entlang lasttragender und einer Schwächung nicht belasteter Bereiche erfolgen. Dadurch wird die Gesamtdichte der Struktur niedrig gehalten, da keine weiteren Inserts erforderlich sind und die Dichte nur dort erhöht werden muss, wo es unbedingt notwendig ist. Dafür wurde die Softwareplattform Ntopology des gleichnamigen Herstellers verwendet, um die Struktur entsprechend des Lastkollektivs topologisch zu optimieren, wobei ein Spannungs- in ein Punktfeld überführen und mit diesem lokal die Wandstärke der Struktur zu steuern. Um es einfach zu beschreiben, funktioniert dieser Arbeitsablauf wie folgt. Zunächst wird eine Startgeometrie erstellt, und die Randbedingungen werden definiert, anschließend wird eine mechanische Simulation durchgeführt. Dieses Ergebnis wird mit einer homogenen Wabenstruktur kombiniert, mit der Randbedingung, dass die Wandstärke proportional zur Spannung zunehmen soll. Mit diesen beiden Informationen generiert die Software interaktiv die optimierte Struktur.

Diese Erkenntnisse wurden erzielt

Gefördert durch Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt HYBSH (Entwicklung einer Fertigungsprozesstechnologie für Hybride Hubschrauberzellenstrukturen durch Kombination neuartiger Fügemethoden mit additiven Fertigungsverfahren, FKZ: 20W1715D), das in Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters Deutschland durchgeführt wurde, wurden relevante Anwendungsfälle identifiziert, bei denen die Substitution von konventionellen durch gedruckte Kernstrukturen sinnvoll ist.
Beispiele sind kleinere Sandwichbauteile wie zum Beispiel in den Leitwerken. Für solche Bereiche mit komplexer Geometrie, vielen Funktionselementen und stark inhomogen verteilten Lasten kann der Kern komplett gedruckt werden, und darin die vorher aufgezeigten Vorteile direkt eingearbeitet werden. Belastungsoptimierte Kernstrukturen mit integrierten Halterungen und Schraubverbindungen können hier Arbeitszeit und Fertigungsschritte einsparen und haben ein Gewichtsreduktionspotenzial von bis zu 20 %, bezogen auf die lokale Dichtereduktion durch Substitution der Metallkomponenten. Damit konnte gezeigt werden, dass hochfunktionalisierte gedruckte Kernstrukturen ein hohes Potenzial haben, sowohl das Gewicht der Luft- und Raumfahrtstrukturen als auch den Arbeitsaufwand für deren Herstellung zu reduzieren. Was diese Branche in der Nachhaltigkeit und Prozessautomatisierung einen Schritt weiterbringt.

Quelle: Neue Materialien Bayreuth

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