April 2012

Mit Technologien wie der 3D-MID (Molded Interconnect Devices) lassen sich neue Produkte mit höherer Integrationsdichte erzeugen. MIDs sind Kunststoffbauteile, die mit Leiterstrukturen versehen sind und so zusätzlich zu den mechanischen Aufgaben elektrische oder elektronische Funktionen übernehmen. Mit Hilfe der Laser-Direkt-Strukturierung (LDS) können diese 3D-Bauteile zuverlässig umgesetzt werden. Das Unternehmen LPKF Laser & Electronics, Garbsen, bietet mit dieser Technologie Herstellern die Möglichkeit, neue Produktdesigns effizient umzusetzen.

3D-MIDs mit höherer Funktionsdichte

Die aktuelle Hauptanwendung ist das Herstellen von komplexen Smartphone-Antennen. Aktuell findet sich in der Hälfte dieser Kommunikationsgeräte mindestens ein LDS-Bauteil. Derzeit werden mehr als 200 Millionen Smartphone-Antennen pro Jahr durch LDS hergestellt. Auch andere Märkte setzen zunehmend auf räumliche Schaltungsträger. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft 3D-MID erwartet in Zukunft ein signifikantes Wachstum bei Tablet- oder Laptop-Antennen sowie weitere Anwendungen in der Automobilindustrie, der LED-Technologie und im medizinischen Bereich.

Die Integration von Leiterstrukturen und Elektronikkomponenten direkt auf Kunststoff-Bauteilen bietet neue Layoutoptionen. So verschwinden Schaltkreise direkt in Bauteilträgern, oder Antennen entstehen auf der Rückseite bereits vorhandener Gehäuseteile. Die Integrationsdichte reduziert die Zahl der benötigten Einzelkomponenten und die Produktionsschritte. Durch diese Eigenschaften lassen sich hochwertige Bauteile bei geringeren Kosten herstellen.

Präzise LDS-Technologie

Die Laser-Direkt-Strukturierung verzeichnet in den letzten zwei Jahren ein starkes Wachstum: Sie bedarf keiner speziellen Werkzeuge, kann feinere Strukturen als die Konkurrenzverfahren anlegen und ist durch spezielle Lasersysteme wirtschaftlich. Das computergestützte Laserverfahren kommt ohne spezielle Masken aus und geänderte Strukturen werden in den Layoutdaten angepasst und abgebildet. Damit lässt sich die Time-To-Market verkürzen, während gleichzeitig die Varianz für die Produktionsplanung steigt.

Das wirkt sich beispielsweise bei Smartphones aus. Sie sind einerseits kompakt, und unterliegen andererseits einem schnellen Versionswechsel. Manche Modelle nutzen mehr als zehn Antennen für unterschiedliche Netze und Übertragungsverfahren. Durch den Einsatz mehrerer Hochleistungs-Systeme des Typs Fusion3D 6000 des Herstellers LPKF werden einige Antennentypen in Großserie produziert, während gleichzeitig die Ramp-Up-Phase für deren Nachfolger stattfindet. Als Ramp-Up beschreibt man die Phase im Lebenszyklus eines neuen Produkts zwischen Entwicklungsende und Voll-Last-Produktion.

Das LDS-Verfahren ist durch die zugrundeliegende Lasertechnologie sehr genau. Das Unternehmen in Garbsen setzt Bearbeitungseinheiten mit einer Laserwellenlänge von 1.064 nm (IR) und einer Pulsfrequenz zwischen 10 und 200 kHz ein. Der minimale Pitch von 75 µm/75 µm (Leiterbahn/Abstand) wird durch einen speziellen Laserspot von 40 µm erreicht. Schon die Standard-Bearbeitungseinheit erzielt einen Pitch von 150µm/200µm. Der Laserstrahl wird durch ein Scanner-Spiegelsystem auf das Bauteil gelenkt. Damit erreichen die Lasersysteme eine Strukturierungsgeschwindigkeit von etwa 4.000 mm/s in einem maximalen Scanfeld von 160 x 160 x 80 mm. Die aktuellen Laser-Strukturierer lassen sich mit drei beziehungsweise vier Bearbeitungseinheiten ausstatten um den Produktionszyklus zu verkürzen.

Die mit den Systemen ausgelieferte Software übernimmt Daten direkt aus Layoutprogrammen und bereitet sie nach dem so genannten Stitching-Verfahren für den Strukturierungsprozess auf: Durch präzises Aneinanderlegen von Scanfeldern lassen sich Bauteile mit bis zu etwa 400 mm Länge bearbeiten – damit rücken zukünftig auch Notebook- oder Tablet-Antennen in den Fokus.

Ausreichende Additiv-Konzentration

Die Materialanforderungen an die verwendeten Kunststoffe hängen eng mit dem Einsatzgebiet zusammen. Wichtigste Voraussetzung ist, dass das Additiv im Thermoplast in einer ausreichenden Konzentration vorliegt und gleichmäßig verteilt ist. Mittlerweile bieten viele Anbieter von Kunststoffgranulaten LDS-Varianten ihrer Thermoplaste an. Das Spektrum umfasst amorphe und teilkristalline Kunststoffe, deren thermische Stabilität vom Standard- bis zum Hochtemperatur-Thermoplast reicht. Darunter finden sich zahlreiche wärmeformbeständige Materialtypen, die sich für bleifreies Löten eignen.

Zum Beispiel ist Pocan ein thermoplastischer Polyester auf Basis von Polybutylenterephthalat (PBT) und Polyethylenterephthalat (PET) und wurde von Lanxess, Leverkusen entwickelt. Er verfügt eine hohe Festigkeit, Härte und Abriebfestigkeit. Dazu kommen Chemikalienbeständigkeit, elektrische Isolations- und dielektrische Eigenschaften, Kriechstrom-Festigkeit und geringe Feuchtigkeitsaufnahme. Je nach den Temperaturanforderungen gibt es verschiedene Varianten des Werkstoffs. Das Material ist gut lötbar, und liefert auch beim Laserschweißen gute Ergebnisse.
Ein weiterer Werkstoff ist PA6/6T, ein teilaromatisches Polyamid auf Basis von Ultramid der BASF, Ludwigshafen, mit guten mechanischen Eigenschaften.

Degussa, Essen, bietet ein vernetzbares PBT (Polybutylenterephthalat) auf Basis von Vestodur mit den Eigenschaften eines Standard PBTs an.
LCP (Liquid Crystal Polymer) auf Basis von Vectra kommt von Ticona, Sulzbach. Das Material verfügt über eine niedrige Schmelzviskosität. Und das PC/ABS (Polycarbonat/Acrylnitril/Butadien/Styrol) von Mitsubishi Engineering Plastics, Düsseldorf, zeigt ebenfalls sehr gute Oberflächen- und mechanische Eigenschaften.

Optimales LDS-Design auch in Farbe

Bisher waren LDS-Kunststoffe ausschließlich schwarz. Diese Einschränkung gilt nicht mehr: Die Entwicklungsabteilungen von Sabic, Düsseldorf, und Mitsubishi Engineering Plastics haben 2011 farbige Materialien präsentiert, die eine sichere Metallisierung zulassen. Derzeit befinden sich wärmeleitfähige Kunststoffe in der Erprobung. Sie liefern die Basis für LED-Träger, die mit LDS strukturiert werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine Übertragung herkömmlicher Layouts nur selten die vollen Effizienzvorteile bringt. Wenn bestehende Anwendungen ohne spezifische Anpassung an die LDS-Technologie umgesetzt werden, fällt der wirtschaftliche und technologische Nutzen der 3D-Komponenten deutlich geringer aus als bei Produkten, die gezielt räumlich geplant wurden. Einige Regeln reichen aus, um eine hohe Qualität bei der LDS-Strukturierung zu gewährleisten. So sind bestimmte Winkel einzuhalten, und es ist nicht sinnvoll, Leiterbahnen über Nähte oder Auswurfmarken zu platzieren. Eine detaillierte Zusammenfassung der Designregeln bietet LPKF zum Download an.

Von der Idee bis zur Serienproduktion

Bis zur Massenproduktion komplexer Anwendungen durchläuft ein Bauteil verschiedene Zwischenschritte: Entwurf, Prototyping, Serienproduktion. Für den Entwurf der MID-Komponenten eignen sich die meisten 3D-CAD-Systeme. Der 3D-Körper wird in den zu metallisierenden Bereichen mit dem dreidimensionalen Schaltungslayout versehen. Die für die LDS-Systeme entwickelte CAM-Software übernimmt diese Daten und erzeugt daraus optimierte Laserprozesse zur Strukturierung.
Nach dem Layout wird das Bauteil in der Praxis für Design- oder Zusammenbaustudien getestet. Mit dem 2K-Lacksystem (ProtoPaint LDS) lassen sich beliebige Kunststoffbauteile zunächst beschichten und dann metallisieren. Die Grundkörper entstehen auf einem 3D-Drucker direkt aus den Entwurfsdaten. Der so erzeugte Körper wird lackiert und lässt sich anschließend wie das spätere Serienbauteil strukturieren und metallisieren. Nach zwei- oder dreimaligem Lackieren und Trocknen ist eine ausreichende Schichtdicke von 30 bis 40 µm erreicht, und das Bauteil lässt sich strukturieren.

Neue Technologien

Aktuelle Verfahren im Vergleich

  • Beim Heißprägen werden Metallfolien mit einem heißen Stempel auf das Kunststoffbauteil appliziert. Die geometrische Auflösung dieses Verfahrens ist gering und der dreidimensionale Aufbau ist begrenzt. Jeder Layoutwechsel erfordert einen neuen Stempel.
  • Beim Zweikomponenten-Spritzguss bildet ein metallisierbarer Kunststoff die Leiterstruktur ab und wird von einem nicht-metallisierbaren Kunststoff partiell umspritzt. Die Leiterstruktur baut sich auf den metallisierbaren Partien auf. Diese Methode ermöglicht volle Dreidimensionalität, ist aber auf wenige Kunststoffkombinationen limitiert. Die Herstellung der Gusswerkzeuge aufwändig. Der Zweikomponentenspritzguss kommt aus wirtschaftlichen Gründen nur für die Großserienfertigung in Frage.
  • Die Laser-Direkt-Strukturierung (LDS) ist das fortschrittlichste Verfahren. Beliebige 3D-Körper werden aus einem Kunststoff hergestellt, der mit einem LDS-Additiv versehen ist. Der Laserstrahl schreibt die Leiterbahnstruktur direkt auf die Oberfläche und aktiviert das Additiv. In einem nachfolgenden, stromlosen Metallisierungsbad baut sich auf den strukturierten Bereichen eine Leiterschicht auf, gefolgt von optionalen Nickel-/Goldschichten.

 

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