Oktober 2010

Der Spulenkörper mit einem äußeren Durchmesser von 208 Millimetern und einem inneren Durchmesser von 88 Millimetern wird aus zwei Einzelteilen zusammengefügt, die in einem Einfach-Spritzgießwerkzeug hergestellt werden. Das Schussvolumen beträgt zirka 113 Kubikzentimeter, die mittlere Wandstärke 3,5 Millimeter. Als Werkstoff für die Einzelteile wird ein PPS (Fortron) mit 65 Prozent Glasfasern und mineralischer Füllung eingesetzt; es sorgt für die nötige Formstabilität und Festigkeit, auch bei erhöhten Temperaturen.

Wegen der hohen Anforderungen an die Ebenheit und Parallelität der Seitenwände wurde im Vorfeld eine Füllsimulation mit Verzugsberechnung durchgeführt. Bei der Simulation wurde besonders der Einfluss unterschiedlicher Kühlkreisläufe auf den Verzug des Bauteiles beurteilt.

Geringer Verzug durch symmetrische Anordnung der Faserorientierung

Der hohe Glasfaseranteil und die damit verbundenen anisotropen Materialeigenschaften bezogen auf das Schwindungsverhalten machten es notwendig, das Formteil so anzuspritzen, dass möglichst eine symmetrische Anordnung der Faserorientierung erreicht wird, die beim Abkühlen zu geringem Verzug des Bauteiles neigt. Der Film- oder Schirmanguss bietet diese Möglichkeit, führt jedoch auch wieder dazu, dass eine Nacharbeit am Artikel notwendig wird. Die Füllsimulationen ergaben, dass eine Anbindung über sechs Anspritzpunkte auf dem inneren Durchmesser eine Orientierung der Fasern bewirkt, die zu einer gleichmäßigen Schwindung des Bauteils führt. Das Werkzeug wurde als Einfach-Werkzeug mit einer sehr intensiven und gleichmäßigen Kühlung ausgelegt.

Die Anbindung des Bauteils erfolgte mittels eines erstarrenden Verteilersystems, welches über eine zweite Trennebene entformt wurde. Die Ausführung als Dreiplattenwerkzeug hatte allerdings den gravierenden Nachteil, dass es nicht möglich war das Öffnungs- und Versiegelungsverhalten der Anschnitte zu beeinflussen. Ein ungleichmäßiges Öffnen der Anspritzpunkte führte zu einer nicht symmetrischen Füllung und Orientierung der Glasfasern, die wiederum das Schwindungsverhalten und somit den Verzug negativ beeinflussten. Auch in der Nachdruckphase war es nicht möglich den Druck gleichmäßig zu übertragen, da einige Anschnitte frühzeitig versiegelten. Aufgrund der Problematiken und der damit verbundenen hohen Ausschussrate entschloss sich der Spritzgießer dazu, das Formteil über ein Heißkanalsystem anzubinden. Neben der optimalen Füllung des Formteils und der besseren Nachdruckübertragung konnte auch ein erheblicher Materialanteil eingespart werden. Der Umbau von einem Dreiplattenwerkzeug auf nur eine Trennebene reduzierte die Nebenzeiten und den Öffnungshub. Aufgrund der langjährigen guten Zusammenarbeit und der großen Erfahrung mit der Verarbeitung von Hochleistungskunststoffen entschied sich der Spritzgießer für den Einsatz eines Heißkanalsystems von Hasco aus Lüdenscheid. Gebaut wurde das Werkzeug von CC Plast aus Dänemark.

Gleichmäßige Füllung durch gleichzeitiges Öffnen der Nadelventile

Die engen Toleranzen bezüglich Ebenheit und Rundlauf erfordern vom Heißkanal ein präzises Öffnungsverhalten, damit der Artikel gleichmäßig gefüllt werden kann. Wie schon im Werkzeug mit erstarrendem Verteilersystem festgestellt, hat eine ungleichmäßige Öffnung erheblichen Einfluss auf den Verzug, weshalb hier nur ein Nadelverschlusssystem in Frage kam. Die sechs Heißkanaldüsen sind auf einem Teilkreisdurchmesser angeordnet und werden von einem natürlich balancierten Verteilersystem gespeist. Ausgehend von der zentralen Angießbuchse führen Kanäle gleicher Länge und gleichen Durchmessers zu den Düsen. Die Nadeln sind in ein Plattenpaket eingehängt, welches über zwei Kurzhubzylinder in der Aufspannplatte betätigt wird. Die Platten werden über vier Kugelbuchsen geführt, die ein Verkanten sicher verhindern. Wichtig hierbei war auch die Führungsbolzen in der Aufspannplatte zu platzieren, da es sonst durch unterschiedliche Wärmeausdehnungen zwischen Nadelhalteplatten und Rahmen, zu einem Verspannen der Bauteile hätte kommen können. Durch die Zwangssteuerung der Nadeln über das Plattenpaket wird sichergestellt, dass alle Nadeln zum exakt gleichen Zeitpunkt öffnen.

Verschleissfestigkeit durch spezielle Konstruktion und harte Werkstoffe

Eine besondere Herausforderung bei der Auslegung des Heißkanals bestand in dem sehr hohen Glasfaser- und Mineralstoffanteil bei den gleichzeitig sehr hohen Verarbeitungs- und Werkzeugtemperaturen von PPS. Der hohe Anteil an Mineralstoffen führt zu einer starken abrasiven Belastung der Bauteile und erhöht die Wärmeleitfähigkeit des Kunststoffes. Der Anschnitt ist bezogen auf den Verschleiß besonders gefährdet, da hier die höchsten Schergeschwindigkeiten auftreten. Beim Schließen der Nadel taucht dies in den Anschnitt ein und schert das Material ab, wodurch diese Region einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt ist. Aus diesem Grund wurden separate Vorkammerbuchsen aus dem Werkstoff 1.2379 mit einer Härte von 58 HRC eingesetzt, die eine hohe Verschleißfestigkeit haben. Damit zusätzliche Belastungen durch ungenaues Eintauchen der Nadel vermieden werden, wurde die Düse mit einer permanenten Nadelführung aus Molybdän ausgestattet, die eine gute Wärmeleitung mit hoher Verschleißfestigkeit kombiniert und dadurch zu einem sicheren Öffnungsverhalten beiträgt. Durch den Titankopf der TechniShot-Düse wird die Wärmeabfuhr in das Werkzeug gering gehalten und es stellt sich ein gleichmäßiges Temperaturprofil über die Länge der Düse ein, was diese besonders geeignet für die Verarbeitung von High-Performance-Polymeren macht.

Desweiteren wurden speziell für Hochtemperaturanwendungen entwickelte Heizungen eingesetzt, welche die nötige Leistungsdichte liefern und eine keramische Abdichtung besitzen. So werden Verarbeitungstemperaturen von 400° Celsius ermöglicht. Aufgrund der durchdachten Problemlösungen läuft das Werkzeug seit dem ersten Tag ohne Probleme.

Erhöhte Marktchancen
Heißkanalsystem für hochgefüllte Hochtemperatur-Kunststoffe

Nicht nur Hochgeschwindigkeitsanwendungen stellen die Heißkanaltechnik vor diffizile Aufgaben. So mussten beim Bau eines Spitzgießwerkzeugs für eine Aufwickelspule mehrere Anforderungen erfüllt werden, die Fachwissen und speziellere Erfahrung erfordern. Besondere Anforderungen stellten die Seitenwände der Spulen, die so parallel wie möglich sein mussten sowie der erhöhte Werkzeugverschleiß durch den glasfaserverstärkten Kunststoff und die weiteren stofflichen Eigenschaften des Kunststoffs (hoher Schmelzpunkt, Anisotropie und hohe Wärmeleitfähigkeit). Um die gestellten Anforderungen zu erfüllen, wurde das Heißkanalsystem so gebaut:

  • sechs symmetrische Anspritzpunkte und ein natürlich balanciertes Verteilersystem minimieren den Verzug
  • Heißkanalsystem mit Nadelverschlusssystem (Verzugsminimierung)
  • Nadelventile öffnen genau gleichzeitig (Verzugsminimierung)
  • Spezielle Vorkammern aus verschleißfestem Material vermindern die Scherung am Anschnitt
  • permanente Nadelführung aus verschleissfestem Molybdän
  • Düsen mit Titankopf für ein gleichmäßiges Temperaturprofil der Düsen

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Unternehmen

HASCO Hasenclever GmbH + Co KG

Römerweg 4
58513 Lüdenscheid
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