Mann mit kurzen braunen Haaren und weißem Hemd.

Willibald Windhager, Entwicklungsleiter und Sustainability Manager des Werkzeugbauers. (Bild: Haidlmair)

Herr Windhager, was gehört für Sie zu einem nachhaltigen Werkzeugbau?

Willibald Windhager: Das Bewusstsein, dass jedes Unternehmen seinen Beitrag zur Reduktion der klimaschädlichen Gase beitragen kann. Das beginnt bei der Analyse der Ist-Situation und danach der konsequenten Umsetzung daraus abgeleiteten Maßnahmen und Potenziale.

Haidlmair ist seit August 2021 klimaneutral. Mit welchen Maßnahmen haben Sie dies erreicht und wie wirkt sich dies auf den CO2-Fußabdruck der in Nußbach gefertigten Werkzeuge aus?

Windhager: Beginnend mit der Analyse der Energieträger und Mengen sowie deren CO2-Eintrag konnten die größten Potenziale im Bereich des Stromanbieters und der Emissionen durch den Fuhrpark sowie der Mitarbeiterfahrten im Scope 3 ermittelt werden. Der Wechsel bei der elektrischen Energie auf nachhaltigen grünen Strom aus Wasserkraft hatte den größten Hebel, die Emissionen zu senken. Der Fuhrpark wird laufend auf Elektrofahrzeuge und Hybridfahrzeuge umgestellt und die Mitarbeiter werden beim Umstieg auf Elektrofahrzeuge unterstützt.
Um den Stromverbrauch zu senken, wurde der Ausbau von Photovoltaikanlagen forciert und viele kleinere Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs umgesetzt. Als Beispiel ist eine Wärmekopplung der Drucklufterzeugungsanlage zu erwähnen, welche sich auch wirtschaftlich in kürzester Zeit amortisiert. Jede Maßnahme zur Reduktion des Energiebedarfs geht einher mit dem CO2-Fußabdruck eines Werkzeuges, weil die Fertigung Teil des Product-Carbon-Footprint (PCF) ist.

Können Sie Stand heute den CO2-Fußabdruck eines hergestellten Werkzeugs angeben und wie berechnen Sie diesen?

Windhager: Der CO2-Fußabdruck basiert auf dem Lebenszyklus „Cradle-to-customer plus End-of-life“ und wird mit unserem Partner Climatepartner erstellt. Basis dafür ist die Materialbeschaffung mit Rohmaterial, Normteilen, Fremdfertigung und der zugehörigen Eingangslogistik, der Fertigungsanteil bei Haidlmair, die Logistik und das End of Life Management sowie Gemeinemissionen, die einen erhebliche Teil einnehmen. Zum Berechnen des PCF wird das Vorjahr analysiert und dann auf eine Tonne Werkzeug normiert. Dies hat den Vorteil, dass dadurch auf das tatsächliche Werkzeuggewicht skaliert werden kann. Durch die Klimaneutralität unseres Unternehmens wird unser Fertigungsanteil aus dem PCF herausgerechnet, weil bereits neutral.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

In den CO2-Fußabdruck fließen viele Faktoren ein, die für ein Unternehmen mehr oder weniger beeinflussbar sind. Wie kompensieren Sie das CO2, das Sie aus eigener Kraft nicht auf null reduzieren können?

Windhager: Leider ist es Tatsache, dass eine vollkommene CO2-Freiheit derzeit Illusion ist. Daher ist es umso wichtiger, durch eine Kompensation Nachhaltigkeitsprojekte zu unterstützen, welche eine große Nachhaltigkeitswirkung besitzen. Haidlmair unterstützt über Climatepartner ein Projekt in Tirol.

Sehen Sie Potenzial, dass die Werkzeuge aus Ihrem Haus „noch grüner“ werden?

Windhager: Potenziale gibt es viele größere und kleinere, aber der für uns größte CO2-Treiber für den PCF ist der Anteil in den verwendeten Werkstoffen.

Zitat

Das Werkzeuggewicht wirkt sich auf den Energieverbrauch der Maschine aus.

Willibald Windhager
Grüne Wertstofftonne
Der 1.100 l fassende Wertstoffbehälter bot erhebliches Potenzial für die Verbesserung der Energie- und CO2-Bilanz über den gesamten Produktzyklus. (Bild: Haidlmair)

Inwieweit können Konstruktion sowie Werkstoffauswahl und -kombination dazu beitragen, dass der Kunststoffverarbeiter Energie einsparen kann?

Windhager: Bei einem Großwerkzeug gibt es beispielsweise große Potenziale zur Energieeinsparung in unterschiedlichen Größenordnungen und wirtschaftlicher Relevanz.
Einen Ansatz findet man beim Produkt: In Zusammenarbeit mit dem Kunden wurde das Produkt hinsichtlich Werkzeug- und Spritzprozess optimiert, ohne dass das Produkt in seinen ursprünglichen Eigenschaften Einschränkungen erfahren musste und dennoch eine Materialeinsparung erzielt werden konnte. Diese Einsparung am Kunststoffmaterial bildet sich direkt in der Energie- und CO2-Bilanz über die gesamte Lebenszeit ab. Das Spritzgießwerkzeug als Mittel zum Herstellen des Produktes nimmt an sich beim Fertigen nur einen kleinen Anteil in der CO2-Bilanz ein, aber hält durch seine Performance im Spritzprozess einen wichtigen Anteil. In der Werkzeugkonstruktion hat man sich für eine besondere gewichtsoptimierte Ausführung entschieden. So konnte beispielsweise das Gewicht des Werkzeugs für die Produktion eines großen Wertstoffbehälters um 23 t gegenüber der Standardausführung reduziert werden. Diese Einsparung an Werkzeugstahl bildet sich in der CO2-Bilanz ab, aber ebenso über die gesamte Lebenszeit, da im Prozess wesentlich weniger Massen durch die Spritzgießmaschine bewegt werden müssen. Damit aber ein Werkzeug zu einem High-Performance-Werkzeug wird, ist die Werkstoffauswahl und Kühlungsauslegung essenziell und eine durch Simulationen gestützte Heißkanalauslegung maßgeblich für die Schließkraftoptimierung. All die Maßnahmen fließen dann in den Spritzprozess ein und können am Ende durch den spezifischen Energieverbrauch pro kg produziertem Kunststoffprodukt [kWh/kg] dargestellt werden (Euromap 60). In Abhängigkeit der verwendeten Energiequellen und eingesetzten Kunststoffe ist die Bildung einer CO2-Bilanz der Abschluss.

Lufaufnahme von der Firma Haidlmair. Größeres Gebäude mit Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Im Hof eine Reihe von schwarzen Autos, die nebeneinander stehen.
Luftaufnahme des Firmenstandorts in Nußbach mit Blick auf die Elektro- und Hybridfahrzeuge sowie die Photovoltaikanlage. (Bild: Haidlmair)

Zu Ihrer Firmengruppe gehören auch FDU-Hotrunner und Digital Moulds. Bis zu welchem Grad können die Heißkanal- und Monitoringsysteme ebenfalls den CO2-Fußabdruck des hergestellten Kunststoffbauteils positiv beeinflussen?

Windhager: Das Heißkanalsystem von FDU zeichnet sich durch sehr hohe Schussvolumina und Reduzierung von Druckverlusten aus. Dies wirkt sich auf den Spritzprozess aus und in Summe kann zusätzlich durch eine Reduzierung von Anspritzpunkten (geringere beheizte Massen) im Prozess eine deutliche Energieeinsparung erzielt werden. Außerdem begünstigt die FDU den Einsatz von Rezyklaten. Das Monitoring System von Digital Moulds unterstützt die Kunststoffverarbeiter im Bereich der Informationsverfügbarkeit über ihre Werkzeuge. Der Status der Werkzeuge ist jederzeit online und auch Werkzeug- und Servicedaten sind sofort verfügbar. Dies unterstützt die Verarbeiter hinsichtlich Sustainability-Maßnahmen ganz klar in der Reduzierung ihrer Scope 3-Emissionen im Bereich Dienstreisen.

Quelle: Haidlmair

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Haidlmair GmbH

Haidlmairstraße 1
4542 Nussbach
Austria