
Alle 3 Varianten der Stromschiene werden mit nur einem Heißkanalsystem gefertigt. (Bild: Ewikon)
Die bei TB&C hergestellten Stromschienen (Busbars) verbinden Batteriemodule in den Elektroautos eines großen deutschen Automobilherstellers. Die Komponente besteht aus einem Kupferkörper mit Zinn- / Nickelbeschichtung, der mit Polyketon umspritzt wird. Der Werkstoff wurde aufgrund seiner herausragenden thermomechanischen Eigenschaften gewählt. Polyketon weist eine hohe Bruchdehnung und Zähigkeit auf und ist elektrisch gut isolierend. Für die Stromschiene kam eine verstärkte Variante mit 30 % Glasfaser und zusätzlichem Flammschutz zum Einsatz. Die Anforderungen an den Herstellungsprozess waren hoch. Gefordert war die Produktion in einer vollautomatisierten Fertigungszelle, die nicht nur eine effiziente und abfallfreie Verarbeitung des Werkstoffs ermöglicht, sondern auch eine vollständige Qualitätskontrolle und die automatische Verpackung der Teile sicherstellt. Besonders herausfordernd war die hochfachige Verarbeitung des Polyketons im Einlegeverfahren, die nur mit einem hochpräzisen Vollheißkanalsystem realisierbar war.
Warum Polyketon anspruchsvoll zu verarbeiten ist
Polyketon ist ein Werkstoff, der aufgrund seiner chemischen und thermischen Eigenschaften eine außerordentlich hohe Verarbeitungspräzision erfordert. Insbesondere neigt Polyketon bei zu hoher Verweildauer im System zur Vernetzung, der benötigte Spritzdruck steigt daraufhin stetig bis zu kritischen Werten an. Ist das Heißkanalsystem dadurch einmal blockiert, wird es in der Regel unbrauchbar oder kann nur mit extrem hohem Aufwand gereinigt werden. Aus diesem Grund wird die Verarbeitung von Polyketon oft auf niedrigfachige Heißkanalsysteme, meist 2-fach, beschränkt, um einen schnellen Materialdurchsatz mit ausreichender Scherung zu gewährleisten. In diesem Projekt waren jedoch aus Gründen der Produktivität und Effizienz acht Kavitäten gefordert – eine Herausforderung, die bislang von kaum einem Heißkanalhersteller gemeistert wurde. Ewikon war der einzige Anbieter, der dank seiner technischen Expertise ein 8-fach-Heißkanalsystem konzipieren konnte, das den besonderen Herausforderungen der Polyketon-Verarbeitung vollständig gerecht wurde.

Automatisierte Fertigung mit durchdachtem Heißkanal-Konzept
Seit Mitte 2024 produziert diese Fertigungszelle bei TB&C im Dreischichtbetrieb und hat sich als absolut prozesssicher erwiesen. Der Produktionsablauf beginnt mit der Zuführung der beschichteten Busbars aus Kupfer über ein Förderband. Dort werden die Teile auf einem Drehteller ausgerichtet und anschließend auf einer Vorwärmplatte temperiert. Mit einem Handlingsystem werden die temperierten Bauteile in das Spritzgießwerkzeug eingelegt.
Das vertikale Spritzaggregat umspritzt die Busbars mit der Polyketon-Komponente, wobei mit zwei stehenden Werkzeughälften gearbeitet wird, die auf einem Drehteller montiert sind. Nach der Umspritzung fährt der Drehteller in die Entnahmeposition. Hier werden die fertigen Teile entnommen, während in der zweiten Werkzeughälfte bereits neue Teile umspritzt werden. Die Bauteile durchlaufen nach der Entnahme eine Kühlstrecke, bevor sie mit einem Data Matrix Code (DMC) zur eindeutigen Identifikation lasergraviert werden. Die Qualität des Codes wird überprüft, bevor die Komponenten einer abschließenden visuellen Kontrolle durch KI-gestützte Kamerasysteme unterzogen und auf vom Automobilhersteller gestellten Transportpaletten verpackt werden. Das durchdachte Anlagenkonzept ermöglicht eine Bedienung durch nur einen Facharbeiter pro Schicht und minimiert somit den Personalaufwand erheblich.
Eine weitere Besonderheit dieser Anlage ist das Handling bei Produktionsunterbrechungen, zum Beispiel an Wochenenden. Da beim Herunterfahren der Anlage das Polyketon durch die Restwärme im System vernetzen und degenerieren würde, wird das Heißkanalsystem vor jedem Stillstand und beim Neustart der Anlage komplett mit einem speziellen Material gespült. Hier kommt eine von TB&C selbst entwickelte Schnellwechselvorrichtung zum Einsatz, die einen schnellen Austausch der Materialbehälter auf dem Spritzaggregat ermöglicht.

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Heißkanalsystem für konstante Qualität
Im Zentrum der Produktionszelle arbeitet die Spritzgießeinheit mit dem von Ewikon gelieferten Heißkanalsystem. Das 8-fach-Werkzeug kann dabei mit nur einer heißen Seite alle drei Varianten der Stromschiene fertigen. Die Anpassung an unterschiedliche Schussgewichte erfolgt über den Anspritzpunktdurchmesser, die Einspritzdauer und den Einspritzdruck. Durch den einfachen Austausch der Konturplatten in der heißkanalseitigen beweglichen Werkzeughälfte sowie in beiden stehenden Werkzeughälften können die verschiedenen Varianten ohne aufwändige Umrüstarbeiten hergestellt werden.
Die Anforderungen an das Heißkanalsystem waren aufgrund des gleichermaßen verweilzeitkritischen wie temperatursensiblen Materials außergewöhnlich hoch. Im gesamten System musste eine Mindestscherung sichergestellt sein, um ein zu langes Verweilen des Polyketons an den Kanalwänden zu vermeiden. Hierzu verwendete Ewikon ein selbstentwickeltes Softwaretool, mit dem die Scherung in den verschiedenen Sektionen des Heißkanalsystems von der Angießbuchse bis zum Einspritzpunkt präzise kalkuliert werden kann. Aufgrund des engen Verarbeitungsfensters ist zudem eine äußerst homogene Temperaturführung im Heißkanal nötig. Die Verarbeitungstemperatur von 240 °C muss sehr stabil eingehalten werden, da schon geringe Temperaturspitzen bei Polyketon schnell zur Degeneration führen. Eine präzise Steuerung ist daher essenziell.


Die Pro Shot Düsenreihe mit Titankörper ist modular aufgebaut und individuell auslegbar.
Automatisierte Fertigung mit durchdachtem Heißkanal-Konzept
Zum Einsatz kommt die neuentwickelte Pro Shot Düsenreihe mit Titankörper und nochmals verbesserter Heizungsauslegung. Sie zeichnet sich durch minimalen Wärmeabzug und höchste Energieeffizienz bei sehr gleichmäßigem Temperaturprofil aus und kann durch ihren modularen Aufbau optimal auf individuelle Anwendungsanforderungen hin ausgelegt werden. Für die Verarbeitung des flammgeschützten und verstärkten Polyketons wurde für das schmelzeführende Druckrohr ein Spezialstahl verwendet. Der Durchmesser des Schmelzekanals wurde so weit angepasst, dass die benötigten Scherwerte zu jedem Zeitpunkt des Prozesses sicher erreicht werden können. Um zudem eine Schmelzeteilung im System zu vermeiden, verzichtete man bewusst auf den Einsatz von Nadelverschlusstechnik und entschied sich für eine offene Anspritzung in Verbindung mit einer speziellen Wärmeleitspitze. Auch das Verteilersystem wurde optimal auf die besonderen Anforderungen von Polyketon abgestimmt. Durch den Einsatz eines eckenfreien, natürlich balancierten Layouts wird verhindert, dass sich Material in toten Ecken ablagert. Die thermische Stabilität wurde durch eine KI-gestützte Simulation perfektioniert. Dies gewährleistet eine gleichbleibend hohe Produktqualität und vermeidet kostenintensive Produktionsausfälle.
Die vollautomatisierte Fertigungszelle erreicht durch die angusslose Verarbeitung mit dem Heißkanalsystem eine erhebliche Materialeinsparung und sorgt für einen stabilen und wirtschaftlichen Produktionsprozess. Neben der beschriebenen Anwendung wurden noch zwei weitere Werkzeuge mit mehreren Anspritzpunkten für abgewinkelte Busbars realisiert.
Quelle: Ewikon
