48+48-fach-Nadelverschluss-Etagenwerkzeug für die Fertigung des 10-ml-Spritzenkolbens.

48+48-fach-Nadelverschluss-Etagenwerkzeug für die Fertigung des 10-ml-Spritzenkolbens. (Bild: Hack)

Die Firma Almo im nordhessischen Bad Arolsen, eine Tochtergesellschaft von B. Braun Melsungen, ist mit einem jährlichen Produktionsvolumen von 2 Mrd. Stück einer der weltweit führenden Hersteller von Einwegspritzen. Abgestimmt auf den jeweiligen Produktionsprozess kommen bei der Fertigung zweier Versionen von Spritzenkolben unterschiedliche Konzepte des Werkzeugbauer Hack zum Einsatz, die mit Heißkanalsystemen von Ewikon bestückt sind.  

Nadelverschluss-Etagenwerkzeug für 10-ml-Spritze

96-fach-Werkzeug für direkte Seitenanspritzung zur Fertigung des 1-ml-Spritzenkolbens aus PS.
96-fach-Werkzeug für direkte Seitenanspritzung zur Fertigung des 1-ml-Spritzenkolbens aus PS. (Bild: Ewikon)

Für die Fertigung eines Spritzenkolbens aus Polypropylen (PP) für eine 10-ml-Spritze Omnifix von B. Braun wurde ein 48+48-fach-Nadelverschluss-Etagenwerkzeug mit Vollheißkanal gebaut, das bei Almo gleich zwei ältere Teilheißkanalwerkzeuge ersetzt. Die Entscheidung für eine Anspritzung mit Nadelverschluss fiel beim Kunststoffverarbeiter aus Gründen der Prozessstabilität. Ausschlaggebend war dabei die Minimierung der Ausschussquote, denn bei dem eingesetzten schwerfließenden PP befürchtete man bei offener Anspritzung Dekompres- sionsprobleme bei der Etagenform, die zu Formteilfehlern führen können. „Da die Teile vor der Weiterverarbeitung zwischengelagert werden, würden Ausschussteile erst spät bei der Qualitätskontrolle am Montageautomaten erkannt“, erläutert Alexander Ernst, Projektingenieur bei Almo. „Die Nadelverschlussanspritzung bietet hier durch die Versiegelung des Anschnitts nach jedem Schuss eine deutlich höhere Prozesssicherheit.“ Aufgrund der begrenzt verfügbaren Stellfläche entschied sich Almo für die Fertigung auf einer hybrid angetriebenen Midsize-Spritzgießmaschine von Sumitomo-Demag. An der vorgegebenen Maschinengröße musste sich Hack bezüglich der maximal möglichen Werkzeugmaße und -gewichte bei der Konzeption der Produktions-Etagenform orientieren. Mit Werkzeugmaßen von 1.146 x 910 mm und einer Einbauhöhe von 1.080 mm ließen sich alle Vorgaben erfüllen. Der Mittelblock des Werkzeugs wurde von Ewikon als komplette Heiße Seite mit bereits integriertem und elektrisch getestetem Heißkanalsystem, anschlussfertiger elektrischer Verdrahtung sowie den Pneumatikanschlüssen für die Nadelverschluss-Antriebseinheiten geliefert. Dies erleichterte Hack die Arbeit erheblich, da man sich hier auf die Fertigung der Auswerferseiten, aller konturgebenden Formteile sowie der Öffnungsmechanik konzentrieren konnte. Für einen leichten Austausch im Wartungsfall sind die Formeinsätze mit jeweils zwölf Kavitäten wechselbar ausgelegt. Zum Öffnen des Werkzeugs kommen Steilgewindespindeln zum Einsatz, die im Vergleich zu Zahnstangenmechanismen schnellere Fahrbewegungen und eine einfachere Demontage bei Wartungsarbeiten ermöglichen.

Kompaktes Heißkanaldesign

Aufgrund der vorgegebenen Formgröße war auch beim Heißkanalsystem eine kompakte Lösung gefordert. Bei den Verteilern setzt Ewikon die Technologie HPS III-T ein, die eine natürliche Vollbalancierung auf kleinem Bauraum ermöglicht. Pro Trennebene sind vier Verteiler verbaut, die jeweils zwölf Heißkanaldüsen speisen. Ein zentral platzierter Überverteiler mit Schmelzeauslässen nach beiden Seiten versorgt alle acht Verteiler mit Schmelze. Er ist in ein kompaktes Plattenpaket integriert, das auch die back-to-back angeordneten pneumatischen Einzelantriebe zum Antrieb der Verschlussnadeln enthält. Die leckagefreie Schmelzeübergabe von der Maschinendüse wird über ein speziell ausgelegtes Schnorchelsystem realisiert. Die verwendeten Heißkanaldüsen haben einen Schmelzekanaldurchmesser von  6 mm, die Nadelführung erfolgt permanent im vorderen Bereich der Heißkanaldüse, um den Anschnittverschleiß zu minimieren. Angespritzt wird auf einem der Stege des Spritzenkolbens mit einem Anschnittdurchmesser von 1,2 mm.

Von der Vorserie zur Massenfertigung

Im Laufe des Projekts wurde zu Testzwecken vorab ein 12-fach-Vorserienwerkzeug gebaut. „Ohne Kompromisse bei der Ausführung zu machen“, betont Michael Halbhuber, Technical Sales Manager bei Hack. „Unsere Pilotformen stellen immer vollwertige Produktionswerkzeuge dar.“ Dementsprechend wird das Werkzeug nach erfolgreichem Abschluss der Testphase von Almo weiterhin zum Fertigen von Spritzenkolben genutzt. Das finale Produktionswerkzeug fertigt seit März 2022. Neben einer Erhöhung der Produktqualität erreichte Almo mit dem neuen Konzept eine Einsparung von Material im Vergleich zu den bisher verwendeten Teilheißkanalwerkzeugen. Gleichzeitig konnte die Zykluszeit reduziert und damit die Produktivität gesteigert werden. Daher wird nur noch eine Maschine benötigt, um die benötigte Menge an Spritzenkolben zu fertigen. Mit bisher circa 3 Mio. Schuss läuft die Etagenform stabil.

Werkzeug in dem die Heißkanaldüsen in Reihe angeordnet sind.
Für die Fertigung des 1-ml-Spritzenkolbens sind die Heißkanaldüsen im Werkzeug in Reihe angeordnet; angespritzt wird auf der Druckplatte des Spritzenkolbens. (Bild: Ewikon)

Direkte Seitenanspritzung für 1-ml-Spritze

Ein anderes Werkzeugkonzept wurde für die Fertigung eines Spritzenkolbens aus Polystyrol (PS) für eine Omnifix-Spritze von B. Braun mit 1 ml Füllvolumen realisiert. Ein 96-fach-Vollheißkanal-Werkzeug für die direkte Seitenanspritzung des Bauteils ist auf einer vollelektrischen Sumitomo-Demag Spritzgießmaschine direkt in eine neue Produktionslinie integriert, die hochautomatisiert fertigt, montiert und verpackt. Die Produktionskapazität wurde dadurch gesteigert und gleichzeitig die benötigte Stellfläche innerhalb der Spritzerei reduziert. Waren vorher noch mehrere Spritzgießmaschinen mit Teilheißkanalwerkzeugen am Produktionsprozess beteiligt, werden in der neuen Linie nur noch zwei Maschinen benötigt. Im kompakten Werkzeug mit den Abmessungen von 1.046 x 796 mm und einer Einbauhöhe von 623 mm sind 24 HPS-III-MH-Heißkanaldüsen zur direkten Seitenanspritzung in zwei vertikalen Reihen zu zwölf Düsen angeordnet und werden von einem vollbalancierten Verteiler gespeist. Auch dieses System wurde als komplette Heiße Seite geliefert. Da ein Teil der Schmelzekanalführung schon in der Mehrfachdüse integriert ist, konnten im Gesamtsystem trotz sehr hochfachiger Auslegung kurze Fließwege realisiert werden. Dies ist vorteilhaft, da das temperatursensible PS mit möglichst kurzen Verweilzeiten und hoher Scherung verarbeitet werden sollte. Um zusätzlich möglichst kurze Zykluszeiten zu erreichen, wurde für diese Anwendung die lineare 4-fach-Ausführung der MH-Düse mit zwei Spitzen pro Seite gewählt. „Bei dieser Version konnten wir den Kavitätenabstand so wählen, dass eine optimale Kühlung für das Bauteil integriert werden konnte“, erklärt Uli Schäfer, Projektmanager bei Hack. „Damit sind minimale Zykluszeiten möglich.“ Angespritzt wird auf der Druckplatte des Spritzenkolbens, der Anschnittdurchmesser beträgt 0,7 mm. Ein Abriss ohne Angussüberstand wird durch den Einsatz einer vom Heißkanalhersteller entwickelten Spezialspitze erreicht.

Zwei PP-Spritzenkolben für 10-ml-Spritze.
PP-Spritzenkolben für 10-ml-Spritze. Die Anspritzung erfolgt mit Nadelverschluss auf einem der Stege. (Bild: Almo)

Wechselbare Formeinsätze

Auch bei diesem Werkzeug hat der Werkzeugbauer im Hinblick auf die Wartungsfreundlichkeit die Formeinsätze wechselbar ausgelegt. Dabei sind vier Kavitäten in einen Einsatz integriert. Der Austausch gestaltet sich einfach und kann direkt auf der Maschine erfolgen, nachdem die Spitzeneinsätze der betreffenden Düsen demontiert wurden. Hier kommen die Vorteile des HPS-III-MH-Konzepts zum Tragen: Die Spitzeneinsätze werden erst nach Montage des Düsenkörpers und des Formeinsatzes von der Trennebene aus installiert und lassen sich genauso einfach wieder demontieren oder tauschen. Das vereinfacht den Werkzeugaufbau, erleichtert die Integration einer leistungsfähigen Kavitätenkühlung in den Einsätzen und erhöht gleichzeitig die Werkzeugstabilität. Nach der Abmusterung bei Hack wurde das Werkzeug in die Fertigungslinie bei Almo integriert. Wenn die finalen Abstimmungsarbeiten für die Übergabe von den Produktionsmaschinen an die Montage- und Verpackungsautomaten abgeschlossen sind, wird die Serienfertigung in Kürze anlaufen.

Kompetenzen gebündelt

Je nach Anwendungsfall und Produktionsgegebenheiten können bei der Herstellung von medizintechnischen Massenartikeln völlig unterschiedliche Konzepte gefordert sein, um effiziente und sichere Prozesse zu garantieren. Bei beiden Projekten bündelten Werkzeugbauer Hack und Heißkanalhersteller Ewikon ihre Kompetenzen, um maßgeschneiderte Lösungen bereitzustellen. Die hohe Präzision, Funktionssicherheit und Wartungsfreundlichkeit der von Hack konzipierten Werkzeuge wurde nicht zuletzt durch die seitens Ewikon bereitgestellten Heißkanalsysteme aus dem breiten Produktportfolio für medizintechnische Anwendungen erreicht, die flexibel an die werkzeugtechnischen Anforderungen angepasst werden konnten.

Quelle: Almo-Erzeugnisse, Ewikon, Hack Formenbau

Ewikon auf der Fakuma 2023:
Halle A2, Stand 2203

Hack Formenbau auf der Fakuma 2023:
Halle A5, Stand 5117

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