Ein namhafter Konsumgüterhersteller produziert einen Getränkebehälter mit Schraubverschluss aus Polypropylen (PP). Dieser Artikel wird in großen Stückzahlen und in verschiedenen Farben hergestellt. Da der Getränkebehälter für die Aufnahme von Lebensmitteln konzipiert ist, muss er besondere Eigenschaften erfüllen. Es dürfen beispielsweise keine Fettanlagerungen und Ölreste zu finden sein. Fehler am Gewinde, wie Polymerfussel und Gratbildung, sind ebenfalls unerwünscht.
Bei der Produktion des Artikels traten jedoch mehrere Probleme auf. Um das Fressen der Kerne beim Ein- und Ausschrauben zu vermeiden, wird traditionell Fett verwendet. Es bestand die Gefahr, dass Schmierstoff auf das Gewinde des Artikels übergeht. Weiterhin war trotz hoher Oberflächengüte des Werkzeugs bei der Fertigung Kunststoffabrieb im Gewinde festzustellen. Bereits nach kurzer Zeit bildeten sich dort Fussel und das Gewinde wurde beim Ausschraubvorgang unrund, verursacht durch die zu hohe Anhaftung des Kunststoffs an der Stahloberfläche. Häufige Wartungszyklen waren die Folge, bei denen das Gewinde stets nachpoliert und die Gewindekerne gereinigt werden mussten. Der zeitliche Aufwand war sehr hoch, da die Werkzeughälfte mit der Ausschraubeinheit komplett demontiert werden musste. Aufgrund der Qualitätsprobleme gab es häufige Produktionsunterbrechungen, sodass ein kontinuierliches Herstellen des Teiles nicht möglich war.
Wege zur optimalen Produktion
Um letztlich den Getränkebehälter wirtschaftlich produzieren zu können, wurde der Werkzeuglieferant, die Firma Bekla Werkzeugbau aus Henstedt-Ulzburg, um Hilfe gebeten. Zur Lösung des Problems kontaktierte Christian Baasch, Leiter des Werkzeugbaus, Klaus Thode, Key Account Manager Germany bei Cemecon Scandinavia aus Dänemark. Cemecon entwickelt spezielle Schichten für Metalloberflächen, die im Vakuum über Physical Vapor Deposition (PVD) abgeschieden werden und die Entformung von Bauteilen vereinfachen sowie einen schmiermittelfreien Betrieb des Werkzeugs ermöglichen.
Im vorliegenden Fall ist es einerseits notwendig, eine bessere Entformung des Gewindes sicherzustellen, um das Anhaften des Kunststoffs zu vermeiden. Bei der Verarbeitung von Polypropylen ist dies mit der speziellen Entformungsbeschichtung Hyperslip CrN möglich. Dadurch wird in der Kavität der direkte Kontakt zwischen Kunststoff und Stahl vermieden und das Polymer kontaktiert eine keramische Antihaftschicht. Mit dieser Chromnitridschicht (CrN) können auch maßliche Korrekturen von bis zu 40 µm durchgeführt werden.
Andererseits müssen die Führungen fettarm beziehungsweise fettfrei laufen können, was mit Hilfe einer diamantähnlichen Gleitschicht (Diamond Like Carbon – DLC) erreicht wird. Sie ist sehr hart und weist eine sehr niedrige Reibung gegenüber Stahl auf. Die Schicht wirkt wie ein Isolator zwischen zwei ähnlichen metallischen Oberflächen und ersetzt das Fett. So schützt sie die Kontaktflächen gegen Fressen.
Zwei auf einen Streich
Als Antwort auf beide Anforderungen, gute Entformung und fettfreie Produktion, hat Cemecon eine Sonderbeschichtung entwickelt. Die Gewindekerne besitzen einen Durchmesser von 80 mm bei einer Länge von 190 mm und sind aus dem Stahl W 360 mit einer Härte von 55 hergestellt. Die 4 Kavitäten erhielten im ersten Prozessschritt eine CrN Entformungsbeschichtung, deren Schichtdicke bei rund 1 bis 2 µm liegt. Diese wurde kaschiert, bevor im zweiten Prozessschritt die Gleitflächen die DLC Trockenlaufbeschichtung mit einer Stärke von 2,5 bis 3 µm erhielten. Die PVD-Beschichtungen wurden innerhalb von fünf Arbeitstagen im Werk von Cemecon in Dänemark aufgebracht.
„Diese Kombibeschichtung konnte zu moderaten Kosten aufgebracht werden und hat für den Kunststoffverarbeiter bedeutende ökonomische Vorteile, denn das Produkt kann jetzt in der gewünschten Qualität und kalkulierten Taktzeit gefertigt werden. Außerdem sorgt die Beschichtung dafür, dass die Losbrechkraft um 20 Prozent geringer und die Rundheit des Gewindes sichergestellt ist“, berichtet Klaus Thode.
Diese Kombibeschichtung ist, aufgrund ihrer geringen Schichtdicke, im Konturbereich von 1–2 µm und in der Führung bis maximal 4 µm auch bei anderen Werkzeugteilen, wie Schieber, Schrägschieber, Schrägkerne, Faltkerne, schon im Einsatz. Im Bereich der Entformung richtet sich die Wahl für die Schicht nach dem zu verarbeitenden Kunststoff und ist unter anderem für ABS, PE, PA, POM, PPS, TPU und TPE bei Verarbeitern im Einsatz. Positiver und durchaus erwünschter Nebeneffekt: Die Beschichtung schützt die Werkzeugoberfläche auch gegen abrasiven Verschleiß, beispielsweise durch Glasfasern, und gegen Korrosion aufgrund des Verarbeitens von Polymeren mit Flammschutzmittel.