Maschine aus Metall - dazwischen ein weißer Roboterarm.

Komponenten bereit zum Abholen: Der Easix-Roboter beginnt mit dem Einfahren in den Werkzeugbereich, solange die Maschine noch am Öffnen ist. (Bild: Engel)

Dunkles Kunststoffrohr.
Im Spritzguss werden die Rohlinge produziert, die für die unterschiedlichen Fahrzeugmodelle auf die jeweilige Länge gesägt werden. (Bild: Alhorn)

Auf den ersten Blick unscheinbar, stellen die für die Heckklappe benötigten Kunststoffrohre hohe Anforderungen an den Herstellungsprozess. Die Komponenten werden in unterschiedlichen Größen, sowohl im einfachen Kleinwagen als auch in der Luxuslimousine, eingesetzt. Die Größenvielfalt ist jedoch nur einer von vielen Aspekten. „Die Rohre müssen die Kräfte, die auf das Antriebssystem wirken, sicher aufnehmen und auch unter hohen Belastungen, zum Beispiel wenn Schnee gefallen ist, stabil bleiben“, erklärt Achim Koordt, verantwortlicher Projektmanager bei Alhorn. Um die Sichtbauteile produzieren zu können, brauchte es daher eine wirtschaftliche Produktionslösung. Der zur internationalen OKE Unternehmensgruppe mit Stammsitz im nordrhein-westfälischen Hörstel gehörende Automobilzulieferer Alhorn hat sich auf komplexe Präzisionsbauteile und Baugruppen spezialisiert. Beliefert werden unter anderem große Tier-1-Supplier und OEMs, darunter Brose, der Auftraggeber der Bauteile für die Heckklappenantriebe.

Woraus sich die Komponenten zusammensetzen

Das Antriebsrohr ist im Durchmesser und in der Länge das größte der drei Rohre. Es sitzt außen und umschließt das Abtriebsrohr, das beim Öffnen des Kofferraums ausfährt. Ganz innen sitzt das kleinste der drei Rohre, das Torsionsrohr. Für jedes der drei Rohre gibt es eine eigene prozessintegrierte und automatisierte Produktionszelle. Herzstück ist jeweils eine Spritzgießmaschine vom Typ Engel Duo mit 6.500 kN Schließkraft für das Antriebs- und Abtriebsrohr und mit 5.000 kN Schließkraft für das Torsionsrohr. Die Downstream-Prozesseinheiten sind rund um die Spritzgießmaschinen platziert. An den Spritzgießprozess schließt sich jeweils eine Automatisierungszelle zum Ablängen und die weitere mechanische Bearbeitung der Kunststoffrohre an. Alle drei Rohre unterscheiden sich für die unterschiedlichen Fahrzeugmodelle in ihrer Länge.

Ein Roboter vor einem Gerät.
Im FIFO-Speicher kühlen die Spritzlinge vor der weiteren Bearbeitung vollständig aus. Der Easix-Roboter bedient sowohl die Spritzgießmaschine als auch den FIFO-Speicher. (Bild: Engel)

Was es braucht, das Projekt umzusetzen

Für das große Antriebsrohr wird glasfaserverstärktes Polyamid in einem 4-fach-Werkzeug verarbeitet. Ein Engel Easix-Knickarmroboter entnimmt die Rohlinge aus dem Werkzeug und platziert sie in einem Fifo-Speicher. Es folgt die mechanische Bearbeitung, bevor die i.O.-Teile die Produktionszelle zum Verpacken verlassen. Die Automatisierungszellen für die mechanische Bearbeitung kommen von Hans von der Heyde. Der Sonderanlagenbauer gehört ebenfalls zur OKE Gruppe und befindet sich in Hörstel direkt benachbart zu Alhorn. Die kurzen Wege vereinfachen die Zusammenarbeit. Schon in einem sehr frühen Projektstadium holten die Alhorn-Entscheider alle Projektpartner an einen Tisch. In mehreren Technologie-Workshops erarbeiteten sie gemeinsam mit Engel und Hans von der Heyde den optimalen Gesamtprozess. Im Fokus stand die Effizienz der drei Produktionsanlagen. „Wir können inline ohne eine lange Produktionsunterbrechung von einer Rohrlänge auf eine andere wechseln. Das geht mit dem Ablängen der Spritzgießteile deutlich schneller, als wenn wir für jede Länge einen neuen Werkzeugeinsatz rüsten müssten“, sagt Andre Veerkamp, Produktionsleiter von Alhorn in Hörstel.

Das muss beim Spritzgießen beachtet werden

Die ohnehin hohen Anforderungen an die Präzision des Spritzgießprozesses sind durch die Integration der mechanischen Bearbeitung noch ein Stück weiter gestiegen. Vor allem das große Antriebsrohr ist anspruchsvoll. Hier sind die Fließwege im Verhältnis zur Wanddicke besonders lang. Die Wanddicke der Rohre variiert in mehreren Sprüngen. Abgelängt wird am dicken Ende, aber der Anspritzpunkt befindet sich entgegengesetzt am dünneren Ende. „Die Schmelze muss einen Flaschenhals passieren“, so Veerkamp. Rund um den Anspritzpunkt befinden sich verschiedene Funktionselemente, die für die Montage, aber auch beispielsweise zum Ableiten des Regenwassers benötigt werden. Nachdem die Kunststoffschmelze diese Kavitätenbereiche gefüllt hat, muss sie bei zunehmender Wanddicke noch einen langen Fließweg zurücklegen. „Wir brauchen eine sehr hohe Einspritzdynamik bei hohen Spritzdrücken“, macht Veerkamp deutlich. „Wenn wir zu langsam füllen, beginnt die Schmelze noch während des Einspritzens einzufrieren und wir bekommen Glanzunterschiede auf der Oberfläche. Das ist bei Sichtteilen nicht akzeptabel.“ Eine hohe Einspritzdynamik und hohe Spritzdrücke sind typische Anforderungen in einer ganz anderen Branche: in der Verpackungsindustrie. Die ersten Überlegungen galten elektrischen Hochleistungsspritzgießmaschinen von Engel für anspruchsvolle Dünnwandverpackungen. „Damit sind wir in unsere Technologie-Workshops gestartet“, berichtet Veerkamp. „Wir haben das mit Engel diskutiert und verschiedene Maschinenbauarten evaluiert.“ Die Wahl fiel auf Duo Spritzgießmaschinen. „Wir haben uns gemeinsam für einen akkuunterstützten hydraulischen Spritzantrieb entschieden“, sagt Christoph Hölscher, Vertriebsingenieur bei Engel Deutschland am Standort Hannover. „Damit kann die Plastifizierschnecke in sehr kurzen Abständen beschleunigen und wieder abbremsen und einen sehr präzisen Zyklus fahren. Mit der 60er-Schnecke erreichen wir Einspritzdrücke bis 2.400 bar.“

Vier Männer in einer Maschinenhallte. Alle mit Jeans und Hemd, zwei mit Sakko.
Andre Veerkamp und Achim Koordt von Alhorn, Christoph Hölscher von Engel und André Stockmann von Alhorn, von links. (Bild: Engel)

Parallelbewegungen reduzieren die Zykluszeit

Der Takt für die mechanische Bearbeitung der Rohre wird von der Spritzgießmaschine vorgegeben. Die Zy-kluszeit hat einen großen Anteil an den wettbewerbsfähigen Stückkosten und wurde deshalb ebenfalls bereits in den Technologie-Workshops unter die Lupe genommen. Im Fokus: die Nebenbewegungen, wie das Teilehandling. Liefert Engel Spritzgießmaschine und Roboter aus einer Hand, bilden die Steuerungen beider Systeme eine Einheit mit einer gemeinsamen Datenbasis. So kann der Easix-Knickarmroboter seine Bewegungen auf die Bewegungen der Maschine abstimmen und schon währenddessen das Werkzeug noch öffnet mit dem Einfahren beginnen. „Mit den Parallelbewegungen konnten wir noch ein paar Zehntelsekunden rausholen“, sagt Veerkamp. Ein zusätzlicher Effizienzgewinn ist das kompakte Aufstellmaß der Duo Spritzgießmaschinen. Dank Zweiplattentechnologie bauen sie deutlich kürzer als andere Maschinentypen mit vergleichbarer Schließkraft. Auch die Easix-Roboter leisten einen Beitrag. Mit der Safe-Operation-Funktion von Kuka, auf deren Hardware die Knickarmroboter von Engel basieren, lassen sich Arbeits- und Schutzbereiche festlegen und überwachen. Die Schutzeinhausung kann so sehr nah an den Roboter heranrücken und muss nicht den gesamten theoretischen Aktionsradius des Roboters umschließen. „Wir mussten uns etwas einfallen lassen, drei Anlagen in der Halle unterzubringen“, sagt Koordt. „Engel hat wirklich alle Register gezogen. Mit den anderen Angeboten hätten wir das nicht so kompakt geschafft.“ Am Standort Hörstel sind die drei Engel Easix-Roboter die ersten Knickarmroboter in der Spritzgießfertigung. Die Knickarmkinematik ist erforderlich, um sowohl Spritzgießmaschine als auch Fifo-Speicher mit einem gemeinsamen Handling zu bedienen. Die Umstellung für die Mitarbeiter war dennoch nicht groß, denn die Integration von Maschinen- und Robotersteuerung bringt auch für die Programmierung und Bedienung Vorteile. Vor allem durch die einheitliche Bedienlogik. Außerdem werden Rotationsbewegungen in lineare Bewegungen umgerechnet. „Wer es gewohnt ist, mit einem Engel Viper-Linearroboter zu arbeiten, kann auch einen Engel Easix-Knickarmroboter bedienen“, sagt Hölscher. Das Produktionskonzept überzeugt. Brose hat den Auftragsumfang inzwischen erweitert. Alhorn produziert außer den Rohren nun auch die Kugelpfannen für die Heckklappenantriebe.

Quelle: Engel

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