Wenn Kaffeebohnen, Hefeteig oder andere ausgasende Lebensmittel transportiert werden sollen, helfen sie: Aromaschutzventile, die Gas aus der Verpackung heraus, aber keinen Sauerstoff hineinlassen. Letzterer würde zur Oxidation und zum Verderb der Waren führen. Etwa zwei Zentimeter im Durchmesser groß, sind die Ventile optisch eher unscheinbar, und man würde nicht vermuten, wie anspruchsvoll ihre Fertigung ist. Es braucht dafür aber doch die berühmte Schweizer Präzision und zwei eng verflochtene Unternehmen. Die für den internationalen Markt bestimmten Aromaschutzventile liefern Michel Werkzeugbau und Wipf gemeinsam. Michel Werkzeugbau ist Teil der Wipf-Gruppe: Hier sind insgesamt 22 Spritzgießmaschinen in Betrieb. Als Reto Michel den Betrieb 2019 an Wipf verkaufte, geschah dies einerseits, um die Nachfolge zu sichern und andererseits um weiteres Wachstum zu ermöglichen. Beide Firmen sind familiengeprägt. Fast schon familiär ist auch das Verhältnis zwischen Timo Brugger, CEO bei Michel, Alexander Furrer, COO bei Michel Werkzeugbau und ihrem Ansprechpartner bei Krauss Maffei, Michael Furlan, der den Vertrieb in der Schweiz verantwortet. Das große Vertrauensverhältnis zeigt sich auch im Maschinenpark. Seit 2019 hat Michel in zwölf vollelektrische Spritzgießmaschinen der PX-Baureihe sowie eine hydraulische Spritzgießmaschine der CX-Baureihe von Krauss Maffei investiert.
Welche Mengen an Aromaschutzventilen die Produktion verlassen
Für die Aromaschutzventile entstehen bei Michel der Grundkörper und der Membranhalter aus PE oder PP mit Toleranzen von 6/100 Millimetern und Wipf übernimmt die Montage der Rohteile. Zunächst wird das Dichtmedium eingebracht, dann die Membran eingelegt und schließlich mit dem Membranhalter fixiert. Mehrere hundert Millionen Aromaschutzventile pro Jahr liefert Wipf auf diese Weise an internationale Kunden und ist damit die Nummer zwei auf dem Weltmarkt. Ein Beweis für die besonders hohe Qualität ist die Drei-Jahres-Dichtigkeits-Garantie, die es auf die Ventile gibt. Diese funktionieren auch bei Luftdruckänderungen, etwa wenn Ware im Frachtraum eines Flugzeugs transportiert wird. Die Pandemie wirkte durchaus befeuernd für den Absatz, vielleicht, weil im Homeoffice mehr kleine Kaffeepackungen als große, wie für die Gastronomie üblich, verbraucht wurden. Auch Backteige wurden viel häufiger nachgefragt.
Kompetenzzentrum für Aromaschutzventile
Das starke Wachstum im Maschinenpark von Michel spielte sich vor allem seit dem Umzug 2020 ab. Man hatte zunächst ein neues Gelände gesucht, auf dem es im Gegensatz zum alten Standort möglich sein würde zu expandieren, und mit sieben neuen Spritzgießmaschinen von Krauss Maffei startete die Produktion in Nänikon, unweit von Zürich. Die vorher bereits vorhandenen zehn Spritzgießmaschinen zogen ebenfalls in den Neubau ein und 2021 folgte der Werkzeugbau. Von Wipf wurde zusätzlich die Abteilung Aromaschutzventile nach Nänikon verlagert, sodass sich hier nun ein echtes Kompetenzzentrum befindet. Auch Timo Brugger (vormals Wipf) kam so zu Michel.
Gemeinsam betreut man die rund 20 verschiedenen Ventiltypen, die aus vier Grundkörperfamilien mit jeweils vier bis fünf Unterausführungen bestehen. 95 % der Artikel gehen an Endkunden, sprich Kaffeeröster oder Lebensmittelhersteller, die sie dann in ihre Folienverpackungen einsiegeln. Die kleinste Bestellmenge ist dabei 10.000 Stück, doch für Nischenprodukte liefert Wipf auch die komplette Verpackung aus Folienbeutel und integriertem Ventil in geringeren Auflagen. Michel Werkzeugbau fertigt alle Spritzgießteile, die Wipf benötigt und deckt damit etwa 60 % seines eigenen Umsatzes ab. Hinzu kommen hochpräzise technische Teile etwa für die Haustechnik- und Sanitärbranche. Bei kleinen Zahnrädern gilt es Toleranzen von 3/100 Millimetern einzuhalten. Auch dafür sind seit dem Umzug vier weitere PX-Maschinen in Betrieb gegangen – zwei weitere folgen 2023. Die vorhandenen Schließkräfte reichen nun von 300 bis 1.200 kN. Alle PX Maschinen verfügen über verbreiterte Holmabstände und größere Aufspannplatten, damit Werkzeuge mit bis zu 36 Kavitäten darauf Platz haben.
Was es braucht, in der Schweiz zu fertigen
Bei einer Fertigung in der lohnkostenintensiven Schweiz ist es unerlässlich, dass die Anlagen an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr laufen. Die Tagesschicht ist von 7 bis 17 Uhr anwesend, danach übernehmen die „Geister“. Die preissensible Verpackungsbranche braucht bekanntermaßen schnelle Zykluszeiten – und eben personaleffiziente Fertigung. Michel beschäftigt insgesamt 20 Mitarbeiter und betreibt 21, bald 23, Spritzgießmaschinen. COO Alexander Furrer erklärt: „Für uns ist die hohe Wiederholgenauigkeit, der Output und die Zuverlässigkeit der PX entscheidend, weil wir dadurch mit unserem Produkt konkurrenzfähig sind. Es haben andere Anbieter versucht, billiger zu fertigen, aber dann doch die Qualität nicht erreicht.“ Die Zusammenarbeit von Michel und Krauss Maffei reicht bis um den Jahrtausendwechsel zurück und manche der hydraulischen Maschinen von damals funktionieren nach wie vor zuverlässig. Inzwischen setzt Michel aber konsequent auf vollelektrische Maschinen, vor allem weil es sich eben um Anwendungen für die Lebensmittelbranche handelt. Zudem sind die PX geräuschärmer und verbrauchen weniger Energie und Öl. Aktuell ist das besonders wichtig, denn Timo Brugger rechnet hier mit Aufschlägen von bis zu 40 %. Michel bezieht seinen Strom vom freien Markt, hat aktuell einen laufenden Vertrag, aber wird irgendwann über den nächsten Zwei-Jahres-Kontrakt verhandeln müssen. Dann ist es gut, wenn die Maschinen so energiesparend wie möglich laufen.
Quelle: Krauss Maffei Technologies
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