Herr Dr. Stark, Buergofol stellt auf 15 Anlagen mehrlagige Blas- und Castfolien her. Warum eigentlich?
Kurt Stark: Ja, schon allein aus dieser Tatsache kann man entnehmen, wie vielfältig Folien aus Kunststoff sein können. Da stecken viel Erfahrung und enorme wissenschaftliche Leistungen dahinter, die man Folien gar nicht ansieht. So ist es absolut üblich, je nach der Art der Folie und je nach deren Anwendung, maßgeschneiderte Anlagen für die Folienherstellung zu installieren und auszuwählen. Wenn es zum Beispiel eine besonders dicke Folie sein soll, beispielsweise über 200 µm bis in den Millimeterbereich, so empfiehlt sich eine Flachfolien- oder Castanlage, da hier der Kunststoff von oben aus einer Flachdüse nach unten auf eine Kühlwalze gegossen wird, also mit der Schwerkraft.
Entgegen der Schwerkraft werden allerdings Blasfolien hergestellt, wodurch auf diesen Extrusionsanlagen eher geringere Foliendicken von circa 15 bis 200 µm produziert werden sollten. Hier tritt die Kunststoffschmelze aus einer Ringdüse aus, wird zu einer Blase aufgeblasen und nach oben abgezogen. Ein wunderbarer Anblick ist das! Ist die Folie zu dick, wird die Masse der Folie zu schwer und kann nicht mehr vernünftig nach oben abgezogen werden, ohne dass der Schlauch abreißen würde.
Bei der Auswahl von geeigneten Anlagen zur Herstellung von Folien ist neben der Dicke auch unter anderem noch wichtig, welche Farbe, welche Breite, wie viele Schichten die Folie hat, oder aus welchen Materialien sie bestehen oder auch wie diese bereits im Zuge der Herstellung präpariert beziehungsweise ausgerüstet werden soll. Wird die Folie nach dem Herstellen in einem weiteren Schritt zum Beispiel bedruckt oder kaschiert, so ist eine Oberflächenbehandlung schon im Herstellschritt zu empfehlen.
Darunter sind auch 7-Schicht-Schrumpffolienanlagen. Wie sind Folien dieser Type aufgebaut und welche Funktion übernehmen sie im Gebrauch?
Stark: In Schrumpffolien und in den Anlagen zu deren Herstellung steckt enorm viel Know-how und ich bin froh, dass Sie genau diese Art von Folien ansprechen, weil sie sehr ausgeklügelt sind. Schon für den Aufbau dieser Folien werden viele verschiedene Materialien verwendet. Das sind Polyolefine, modifizierte Polyolefine zum Beispiel als Haftvermittler und natürlich auch Barrierematerialien wie EVOH, Polyamid oder PVDC. Diese Kunststoffe müssen geschickt miteinander kombiniert werden, was natürlich die Expertise des Folienherstellers darstellt, um die Anforderungen und Spezifikationen des Anwenders bestmöglich zu erfüllen.
Gerade bei Schrumpffolien kommt es auf die Art der Herstellung an: So werden die Polymermoleküle zunächst in allen Schichten der Folie orientiert beziehungsweise gedehnt. Das kann in eine Richtung (monoaxial) oder in zwei Richtungen (biaxial) erfolgen. Die Orientierung wird umgehend „eingefroren“, damit sich die Molekülketten nicht mehr in ihre bevorzugte Form eines „Knäuels“ zurückorientieren können. Beim Schrumpfprozess wird der eingefrorene Zustand der Polymermoleküle beispielsweise durch die Zufuhr von thermischer Energie gelöst. Dann ziehen sich die vorher eingefrorenen Molekülketten wieder zusammen und die Folie schmiegt sich dadurch exakt an das zu verpackende Produkt. In der Fachsprache heißt dieser Vorgang übrigens „Entropieelastizität“. Polymere gehen nämlich nach einer Verformung oder nach dem Strecken wieder in den entropisch bevorzugten Knäuelzustand zurück. Wir alle kennen das bei einem Gummiband.
Die mit Schrumpffolien verpackten Güter, etwa Lebensmittel, kommen durch diese Art der Verpackung besonders zur Geltung, da das Produkt hervorragend präsentiert werden kann. So ist die Verpackung kaum zu sehen, da sich diese hauteng an das Packgut angelegt hat. Der Blick des Käufers liegt auf dem Produkt und er greift sehr gerne zu.
Folien werden in erster Linie als Verpackung für Lebensmittel in Verbindung gebracht. Doch die Einsatzgebiete sind vielfältig. Für welche Industriebereiche werden an den verschiedenen Standorten Folien hergestellt?
Stark: Natürlich kennt jeder, der in Supermärkten einkauft, die Folien als schützende Verpackung für Lebensmittel. Da sind Kunststoffe aufgrund ihrer enorm vielen Vorteile auch nicht wegzudenken oder gar zu ersetzen. Mit den Folien werden natürlich auch Nicht-Lebensmittel, also Non-Food, verpackt. Aufgrund von maßgeschneiderten Barriereeigenschaften gegenüber Aromen behalten zum Beispiel Wasch- und Reinigungsmittel für sehr lange Zeit ihren Duft.
In der Automobilindustrie werden Folien entweder alleine, beispielsweise als Siegelfolien gegen bestimmte Bauteile, als Dichtfolien, als Schutz vor Korrosion oder zur Schalldämmung verwendet. Die Folien können aber auch mit Nonwovens, wie Vliesen, verbunden werden und sind dann für die Dekoration im Innenraum des Fahrzeugs vorbereitet. Halbzeuge, die optisch nicht besonders ansprechend sind, werden mit bedruckten Folien derart verbunden, sodass sie in Holz-, Metall- oder Steinoptik erscheinen. Wir haben auch Folien im Programm, die resistent gegen Benzin oder Diesel sind und sich damit sogar für das Herstellen von Tanks eignen. Folien, die für Automobile geeignet sind, können häufig auch im Flugzeugbau verwendet werden.
Für die Bauindustrie stellen wir unterschiedlichste Folien her, da geht es vor allem um Barrierewirkung gegen Feuchtigkeit beziehungsweise Wasserdampf. Bei den sogenannten „Dampfbremsfolien“ spielt der sd-Wert eine besondere Rolle. Dieser steht für die „wasserdampf-diffusionsäquivalente Luftschichtdicke“ und wird in der Einheit „Meter“ angegeben. Er ist damit das Maß für den Widerstand, den die Dampfbremsfolie dem Durchgang von Wasserdampf entgegensetzt. Je höher der Wert, desto besser ist die Barrierewirkung der Folie. Das zeigt, welche große Bedeutung Folien im Baubereich haben: Denn nur damit kann ein behagliches Wohnklima eingestellt und Feuchteschäden oder Schimmelbildung vermieden werden.
Mit Folien ist es zudem möglich, sehr viel Gewicht und Energie zu sparen. Hier spreche ich etwa von Hochbarrierefolien für die sogenannten „Vacuum Insulated Panels“ (VIP): Das sind Vakuumdämmplatten, die durch das Prinzip der Vakuumwärmedämmung eine hocheffiziente Wärmedämmung ermöglichen. Deren Aufbau besteht aus einem porösen Kernmaterial, das als Stützkörper für das in der Vakuumdämmplatte vorliegende Vakuum dient, und einer hochdichten Hülle in Form einer Hochbarrierefolie, die einen Gaseintrag in die Dämmplatte unter Verlust des Hochvakuums langfristig verhindert. Mit dieser modernen Art der Isolierung wird zudem sehr viel Platz gespart, da diese Dämmplatten mit einer Dicke von nur 2 cm beispielsweise die gleiche wärmeisolierende Wirkung entfalten wie eine 20 cm dicke Styroporplatte. Dadurch kann der Raum im Haus zum Wohnen und nicht für die Isolierung verwendet werden.
Wie unterscheidet sich der Aufbau einer Lebensmittelfolie grundsätzlich von dem für eine technische oder pharmazeutische Anwendung?
Stark: Grundsätzlich ist es möglich, für alle Anwendungen Folien jeglicher Art herzustellen, das heißt in beliebiger Dicke, Farbe, Breite, mit einer oder mit bis zu 14 Schichten. Bei Folien, die zur Verpackung von Lebensmitteln verwendet werden, kommt es vorwiegend auf deren Barriere gegen Gase, wie etwa Sauerstoff und Kohlendioxid an. Diese muss maßgeschneidert für jedes zu verpackende Produkt eingestellt werden. Das lässt sich am Beispiel Käse sehr gut veranschaulichen, denn es gibt gasenden Käse, der noch reift, und nicht gasenden, der den Reifeprozess größtenteils abgeschlossen hat. Das entstehende Gas bei der Käsereifung ist Kohlendioxid, das aus der geschlossenen Verpackung entweichen können muss, damit sich diese nicht aufbläht und platzt.
Das allerwichtigste Kriterium ist für eine Folie, die zur Verpackung von Lebensmittel verwendet wird allerdings, dass keine schädlichen, migrierenden Stoffe vom Kunststoff in das Produkt übergehen, denn diese könnten die Gesundheit des Menschen schädigen. Daher werden zum Beurteilen der Eignung einer lebensmitteltauglichen Folie intensive Migrationstests durchgeführt, wobei strenge Kriterien für spezifische Migration und die Gesamtmigration gelten. Diese Tests werden von akkreditierten Instituten vorgenommen, wobei die Lebensmittel mit sogenannten „Simulanzien“ simuliert werden. Da gibt es beispielsweise 3 %ige Essigsäure oder Ethanol in den Konzentrationen 10, 20 oder 50 Vol-%. In keinem Fall dürfen hiermit für den Menschen schädliche Bestandteile aus dem Kunststoff herausgelöst werden.
Diese sehr strengen Anforderungen sind übrigens auch der Grund, warum man Rezyklate derzeit nur in äußersten Ausnahmefällen in Folien für Lebensmittelverpackungen einsetzen darf, denn da könnten schädliche Bestandteile enthalten sein. Die Behörde, die sich damit beschäftigt und das genau kontrolliert, ist die European Food Safety Authority (EFSA). Ja, die Gesundheit des Menschen geht vor, und das ist auch gut so.
Bei Folien für technische Anwendungen wird ebenfalls eine Barrierewirkung benötigt. Hier kommt es meist auf eine Sperrwirkung gegen Wasserdampf oder auch Barriere gegen Öle, Monomere, Chemikalien oder Lösemitteln an.
An Standort Siegenburg werden mehr als 15.000 Jahrestonnen mehrlagige Blasfolien gefertigt. Gehen diese ausschließlich in den Verpackungssektor?
Stark: Die mehrlagigen Blasfolien gehen zu circa 70 % in den Bereich Verpackung, insbesondere Lebensmittelverpackung. Rund 20 % der Folien werden für technische Anwendungen und für die chemische Industrie benötigt. Die restlichen 10 % gehen in innovative High-Tech-Anwendungen, zu denen dieser Artikel etwas Einblick geben soll.
Ich habe mich kürzlich gefragt, aus welchem Polymer die Fenster in Briefkuverts gefertigt werden. Können Sie mir diese Frage beantworten?
Stark: Ja, das ist in der Tat eine interessante Frage. Die Fenster für Briefkuverts werden aus Polystyrol hergestellt, das auf speziellen, in Eigenbau maßgeschneiderten Anlagen zu einer biaxial orientierten, dünnen Folie verarbeitet wird, also zu einer BOPS-Folie. Das geschieht bei Norflex in Nordenham, nähe Bremerhaven. Aufgrund der stetigen Zunahme der elektronischen Post und der E-Mails ging der Bedarf an Folie für Briefkuvertfenster Jahr für Jahr zurück. Von den einst mehr als 10 europäischen Herstellern gibt es jetzt noch die zwei bis drei, die die qualitativ hochwertigen Produkte herstellen. Doch warum ist das Herstellen dieser Folien kompliziert beziehungsweise die Anforderungen daran hoch? Auf modernen Anlagen werden rund 1.600 Umschläge pro Minute hergestellt, das muss die Folie möglich machen. Aus einer Rolle mit 5.000 Laufmetern können über 100.000 Fenster für Briefumschläge hergestellt werden. Die Folie muss eine besondere Kratzfestigkeit besitzen, sehr transparent sein und eine hohe Oberflächenbrillanz aufweisen. Vor allem aber muss die Folie mattiert, also entspiegelt sein, damit die hinter dem Fenster des Briefkuverts befindliche Adresse maschinenlesbar ist.
Für welche Produkte wird BOPS noch eingesetzt?
Stark: Biaxial orientierte Polystyrol-Folien oder auch Folien aus Styrol-Acrylnitril-Copolymeren (SAN) werden in bedruckter Form häufig für In-Mould-Labelling (IML) verwendet. Bei diesem modernen Verfahren wird die bedruckte Folie in ein Thermoform- oder Spritzgießwerkzeug eingelegt und anschließend mit einem geeigneten Kunststoff hinterspritzt. Das wird zum Beispiel beim Herstellen von Bierkästen so gemacht. Der Druck auf den Bierkasten wird von der Folie „mitgebracht“, denn das Druckbild würde niemals so brillant, ansprechend und beständig sein, wenn der Bierkasten direkt bedruckt würde. BOPS-Folien werden wegen ihrer hervorragenden elektrischen Eigenschaften (hoher Oberflächenwiderstand, sehr hohe Durchschlagsfestigkeit, hoch isolierende Wirkung) besonders vorteilhaft in HF-Kabeln, das heißt Telekommunikationskabeln oder auch in Kondensatoren verwendet. Weiterhin werden die Polystyrolfolien als sogenannte Interleaver, also Zwischenfolien, verwendet, um etwa geschnittene Wurst- oder Käsescheiben leichter voneinander trennen zu können. Zur besseren Trennwirkung werden die Folien hier zusätzlich geprägt.
Buergofol stellt APET-Flachfolien im Dickenbereich von 200 bis 900 µm her. Diese werden aus petrochemischen Rohstoffen hergestellt und gelten als nachhaltig. Ist das nicht ein Widerspruch in sich?
Stark: Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Das neue Verpackungsgesetz, das am 01.01.2019 in Kraft trat, behandelt im § 21 die „Ökologische Gestaltung der Beteiligungsentgelte“. Es besteht hier für die Dualen Systeme die Verpflichtung, finanzielle Anreize zu schaffen, wenn die Verpackungen recycelbar sind oder aus Rezyklaten beziehungsweise nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Damit beabsichtigt die Bundesregierung einen schonenderen und nachhaltigeren Umgang mit den (begrenzten) Ressourcen, es ist also ein Gesetz zum Schutz der Umwelt. Nun ist es Buergofol möglich, mit modernen Anlagen eine APET-Folie mit über 99 % Anteil an Post-Consumer-Rezyklat zur Verfügung zu stellen. Bestätigt wurde dies durch ein Zertifikat vom Institut Cyclos-HTP, Aachen. Folgerichtig kann also eine APET-Folie, eine Folie aus amorphem Polyethylenterephthalat, durchaus als besonders nachhaltig bezeichnet werden, wenn diese praktisch nur noch aus Rezyklaten besteht. Die angesprochene Folie ist darüber hinaus auch geeignet zum Verpacken von Lebensmitteln, wie es von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgestellt und zugelassen wurde.
Für welche Anwendungen wurde diese Folie entwickelt?
Stark: Diese Folie wurde insbesondere zur nachhaltigen Verpackung für Lebensmittel entwickelt. Sie dient mit ihrer relativ hohen Dicke von über 200 µm als thermoformbare Mulden-, Boden- oder Unterfolie. In diese Mulde wird das zu verpackende Produkt zum Beispiel auf einer sogenannten FFS-Verpackungsanlage (Form-Fill-Seal-Anlage) gelegt und anschließend mit einer deutlich dünneren (40 bis 60 µm) Ober- oder Deckelfolie fest versiegelt. Natürlich gibt es auch völlig andere Anwendungen für solche stabilen und robusten Folien auf Basis von APET. Hier ist der Einsatz als Displayfolie oder Folie mit Werbeaufdrucken zu nennen, aber auch als Schutzfolie für Bildschirme oder zum Schutz des Displays bei Handys wird sie eingesetzt. Darüber hinaus gibt es noch eine aktuelle und sehr wichtige Anwendung von transparenten, glasklaren APET-Flachfolien: Sie dienen als Gesichtsschilde zum Schutz gegen das Corona-Virus.
Lebensmittel sind zum Teil in Biomaterialien aus nachwachsenden oder aus bioabbaubaren Rohstoffen verpackt. Ist deren Einsatz auch für Hightech-Folien denkbar?
Stark: Ja, selbstverständlich. Bei den Biomaterialien muss grundsätzlich unterschieden werden, ob diese aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurden oder biologisch abbaubar sind. Bei nachwachsenden Rohstoffen handelt es sich exakt um die gleichen Kunststoffe mit den identischen Eigenschaften wie Kunststoffe, die auf Erdöl basieren. Hier rede ich beispielsweise von Bio-PE, das von einem herkömmlichen, auf Erdöl basierten PE nicht unterscheidbar ist. Das Bio-PE wurde eben aus nachwachsenden Ressourcen gewonnen und ist damit „bio“. Zum anderen gibt es aber auch Biomaterialien, die biologisch abbaubar sind. Diese können entweder nachwachsend sein, oder sogar auch aus Erdöl hergestellt werden. Die Biopolymere dieser Gruppe können aber ebenfalls ohne Weiteres als Folie für Hightech-Anwendungen verwendet werden, wenn sich das mit Vorteil anbietet. Ich denke da etwa an PLA (Polymilchsäure), ein kompostierbares Biomaterial, das aus nachwachsenden Ressourcen erhalten wird und hervorragende Eigenschaften besitzt.
Wie steht es um die Rezyklierbarkeit von Biofolien?
Stark: Auch hier gilt die oben genannte Differenzierung: Sind die Biomaterialien und daraus hergestellten Folien biobasiert, das heißt auf Basis nachwachsender Rohstoffe, sonst aber nicht von den erdölbasierten Polymeren zu unterscheiden, sind Biofolien ebenso gut (oder ebenso schlecht) recycelfähig wie die nicht biobasierten Kunststoffe und die daraus hergestellten Folien und Verpackungen.
Biofolien, die aus Biopolymeren hergestellt wurden, die noch nicht im etablierten Recycling-Strom vorhanden sind, dürften sehr viel schwerer zu recyceln sein, da hierfür schlicht und ergreifend die Infrastruktur noch nicht geschaffen ist. So gibt es dafür beispielsweise noch keine Möglichkeit zum Trennen und Sortieren, da diese neuen Biomaterialien noch nicht gut detektiert werden können. Weiterhin reicht deren Gesamtmenge noch nicht aus, um eine eigene Trennung mit Recycling wirtschaftlich zu ermöglichen. All das sind Kriterien, die ein Recycling von etwa kompostierbaren Biofolien erschweren.
Ganz besonders kritisch wird es, wenn die bioabbaubaren Materialien bereits etablierte und eingespielte Stoffströme erdölbasierter Kunststoffe stören, weil beispielsweise diese Materialien nicht gut voneinander zu trennen sind: In diesem Fall besteht sogar die Gefahr, mit den Biomaterialien diese Stoffströme zu verunreinigen, sodass die daraus resultierenden Rezyklate nicht mehr verwendet werden können. So wies Petcore (PET Container Recycling Europe), ein in Brüssel ansässiger, gemeinnütziger europäischer Handelsverband, schon vor einiger Zeit darauf hin, vor allem beim Einsatz von PLA, ein biobasierter, kompostierbarer Polyester, der noch in geringen Mengen eingesetzt wird, darauf zu achten, dass der Recyclingprozess von Polyethylenterephthalat (PET), ein meist erdölbasierter, nicht kompostierbarer Polyester, der allerdings in sehr großen Mengen verwendet wird, durch PLA nicht gestört beziehungsweise gefährdet wird. Denn dadurch würde deutlich mehr kaputt gemacht, als dass der Einsatz von Biopolymeren an Vorteilen bringen könnte.
Wie gehen Sie mit den verschiedenen Produktionsabfällen um? Führen Sie diese als PIR-Rezyklat in den Prozess zurück?
Stark: Ja, auf jeden Fall, sofern dies möglich ist und die Eigenschaften der Folie nicht beeinträchtigt. Das bedarf unbedingt auch der Anpassung der Rezepturen. Oft müssen PIR (Post Industrial Rezyklate) nicht nur gereinigt, sondern auch getrocknet werden. Denn Wasser beziehungsweise Feuchtigkeit führte bei Polyestern im Extrusionsprozess zum Abbau des Polymers, wodurch sich die Eigenschaften der Folien sehr verschlechtern. Ist ein Rezyklat generell nicht trocken genug, läuft die Folienherstellung Gefahr, dass das Wasser entweicht und die Struktur nachteilig in Form von Schaumblasen verändert, da die Folie dadurch geschäumt wird.
Wie bedeutend sind Folien in Zeiten von Corona?
Stark: Folien sind wie ausgeführt zu allen Zeiten bedeutend. Sie verbessern unseren Lebensstandard und unsere Lebensqualität. Hierüber sind wir uns wohl alle einig. Folien haben in Zeiten von Corona allerdings nochmals größere Bedeutung erlangt. Es ist unbestritten, dass aus Folien hergestellte Kunststoffverpackungen die Haltbarkeit von Lebensmitteln deutlich erhöhen. Während des Lockdowns, wo viele Menschen ja zu Hause bleiben mussten, wurde viel mehr selbst gekocht, und es wurde auf sicher verpackte Lebensmittel zurückgegriffen. In Zeiten der Pandemie hat sich also das Konsumverhalten der Menschen verändert. Sicherheit spielt die größte Rolle, erst viel später kommen Themen wie Nachhaltigkeit.
Außerdem gewährleisten Kunststoffverpackungen Hygiene, womit die Ausbreitung des Virus eingedämmt wird. So werden Medikamente ausschließlich in Folien(blister) eingepackt. Seit der Corona-Pandemie hat sich also die Nachfrage nach Verpackungsfolien generell deutlich erhöht. Man kann also sagen, dass die Corona-Pandemie sehr viel schwieriger zu bekämpfen ist, wenn es keine Folien oder keine Kunststoffe geben würde.