
Warum ist die Kornverteilung bei Polymerpulvern wichtig? (Bild: Dalle3/OpenAI)
Bauteile aus Polymeren, denen wir tagtäglich im Alltag begegnen, wie die Kappe der Zahnpasta-tube, werden häufig durch Spritzguss hergestellt. Bei räumlich komplizierten Formen, bei Prototypen und bei geringer Stückzahl hat sich die additive Fertigung, auch 3D-Druck genannt, etabliert. Der größte Mengenanteil für 3D-Druck entfällt auf PA, TPU, PE und PP. Die Polymerpulver mit einer jeweils speziellen Spezifikation und Kornverteilung werden in vielen verschiedenen Prozessen benötigt: SLS-Verfahren (Selektives Lasersintern), MJF-Verfahren (Multi-Jet Fusion), Color Jet Printing (CJP), Digital Light Processing (DLP) oder Furan Direct Blend (FDB). Gängige Polymerpulver werden im 3D-Druck in Korngrößen 50 % < 80 µm eingesetzt. Prozessoptimierung im Herstellverfahren führt zu feinerem Pulver mit einem Oberkorn von 150 µm. Bessere Druckqualität beispielsweise durch Vermeidung von Lufteinschlüssen kann durch Entstauben der Pulver im Bereich von 10 bis 20 µm erreicht werden. Es entsteht eine Kornverteilung ohne Feinstanteil, die schüttguttechnisch bessere Fließeigenschaften aufweist und beim Aufschmelzen mit Laser, Lufteinschlüsse verhindert [1].
Polymere und Copolymere werden durch Extrusion und nachfolgender Abkühlung in Granulaten hergestellt. Aus diesen Granulaten erhält man durch mechanische Zerkleinerung Kunststoffpulver in verschiedenen Kornverteilungen. Polymerpulveranwendungen sind in Tabelle 1 zu finden. In der Pulverbeschichtungsbranche werden duroplastische Pulverlacke seit Jahren verwendet. Allerdings sind thermoplastische Kunststoffe den Duroplasten in einigen Bereichen überlegen, so dass diese für die Beschichtung interessant werden.

Was macht Kunststoffe leichter oder schwerer mahlbar?
Kunststoffe haben sehr unterschiedliche mechanische Eigenschaften. Für die Festigkeit der Bauteile sind mehrere Kennwerte wichtig, dazu gehören beispielsweise das Zug-Elastizitätsmodul oder die Zugfestigkeit. Exakt diese beiden Eigenschaften sind auch bei der Zerkleinerung wichtige Kennwerte. Ein PEEK hat exzellente Festigkeitswerte und ist daher tatsächlich leichter mahlbar als PTFE oder LDPE. Die spezifische Zerkleinerungsenergie ist zudem noch korngrößenabhängig. Bei sehr feinen Pulvern desselben Kunststoffes sind daher höhere Energiewerte zu erwarten als bei gröberen Pulvern. Um Kornverteilungen im Bereich 300 bis 1000 µm herzustellen, kommt in der Regel eine Feinprallmühle mit Riffelscheibe zum Einsatz. Bei diesem Mühlentyp bilden eine statische und eine rotierende Riffelscheibe einen konischen Spalt, der an der engsten Stelle 0,5 mm oder weniger aufweist. Durch die Zentrifugalkraft wird das Polymergranulat im konischen Spalt zum engsten Querschnitt beschleunigt und dabei bis zur Spaltgröße zerkleinert. Typische Kunststoffe für diesen Mühlentyp sind alle PE-Sorten (HDPE, MDPE, LDPE oder LLDPE).

Wie werden extrem feine Polymerpulver realisiert?
Mittels Prallsichtermühle können Feinheiten mit < 75 µm für einige Polymersorten erreicht werden. Die Prallsichtermühle weist eine horizontale Mahlscheibe mit am Umfang applizierten Schlägern auf. Die Mahlscheibe rotiert koaxial in der Mahlbahn. Die Mahlbahn ist in der Regel profiliert, so dass die Partikel durch Mehrfachprallbeanspruchung der Schläger und Aufprall an der Mahlbahn und Rückprall zerkleinert werden. Zentrisch oberhalb der Mahlzone mit Mahlscheibe und Mahlbahn ist ein rotierendes Sichtrad angeordnet. Unterhalb der Mahlscheibe wird Umgebungsluft in die Prallsichtermühle eingesaugt. Dieser Luftstrom strömt durch den Spalt zwischen Mahlscheibe und Mahlbahn und nimmt das zerkleinerte Mahlgut pneumatisch mit. Der Luftstrom durchströmt das rotierende Sichtrad. Dabei bilden die Schleppkraft der Luft und die Zentrifugalkraft des rotierenden Sichtrades ein Kräftegleichgewicht – die sogenannte Trenngrenze. Über Luftstrom und/oder Sichtraddrehzahl wird die Trenngrenze stufenlos eingestellt. Mit dieser Mahltechnik lassen sich PMMA, PVA, PES, POM aber auch Novolack oder Epoxydharze sehr gut zerkleinern.

Um PA auf eine Feinheit von < 80 µm zu bringen, kann dies mit kryogener Mahlung mittels gegenläufiger Stiftmühle erfolgen. Zwei gegensinnig rotierende Scheiben sind so mit Stiften bestückt, dass diese Reihen inein-anderlaufen. Durch die gegensinnige Drehrichtung der beiden angetriebenen Mahlscheiben kommt es, wie bei der Zahnscheibenmühle, zu Mehrfachprallbeanspruchungen. Allerdings verdoppelt sich durch die Gegensinnigkeit die Fliehkraft und damit die Zerkleinerungswirkung. Die kryogene Zerkleinerung mittels flüssigem Stickstoff kühlt das Polymer auf Temperaturen bis zu -150 °C ab. Jedes Polymer weist einen mehr oder weniger ausgeprägten Glaspunkt auf, bei dem das Elastizitätsmodul sprunghaft ansteigt – das Polymer „versprödet“ und kann somit leichter zerkleinert werden.
![Übersicht der einsetzbaren Mahltechnologie über die Zielfeinheit d99 in [µm].](assets/images/4/netzsch-bild3-feinheitsbereiche-cbe184fa.jpg)
Feinste Körnung: Wie wird sie erreicht?
Neben den typischen Pulverlackfeinheiten sind für Beschichtungen von Oberflächen Feinheiten deutlich unterhalb von 97 % < 70 µm, wie zum Beispiel 97 % < 25 µm, erforderlich. Die Zerkleinerung kann zur Erreichung der Qualität mit einer Gegenstrahlmühle erfolgen. Typische Polymere für diese Anforderung sind PLGA, Polyacrylat, PVDF, PTFE oder PS. In der Gegenstrahlmühle sind in der Regel drei Mahldüsen in einem Winkel von 120° so angeordnet, dass diese in einem Brennpunkt im Zentrum des Mühlengehäuses fokussiert sind. Die Mahldüsen sind als Lavaldüsen ausgebildet. Komprimierte Druckluft wird durch die Mahldüsen in den Mahlraum entspannt. Dabei werden Strömungsgeschwindigkeiten von bis 600 m/s erreicht.

Der Freistrahl nach dem Verlassen der Düse erzeugt einen Unterdruck, durch den die Partikel vom Strahl angesaugt und beschleunigt werden. Dabei prallen Partikel auf Partikel und zerkleinern sich auf dem Weg zum Brennpunkt, dort treffen sie auf die anderen beiden Strahlen. Der Luftstrom durchströmt nach der Mahlzone das oberhalb integrierte Sichtrad. Die Trennwirkung ist dabei exakt die gleiche, wie oben bereits beschrieben. Es gibt zum Teil deutliche Unterschiede in der Mahlbarkeit zwischen den einzelnen Polymeren. In Bild 4 sind PVC, PTFE, PE und PEEK zusammen mit PE-Wachs dargestellt.
Möglichkeiten bei Netzsch Lohnmahltechnik
Netzsch Lohnmahltechnik deckt das gesamte Spektrum der Zerkleinerungstechnologien ab, von der Zahnscheibenmühle (Feinprallmühle mit Riffelmahlscheibe) bis zur Gegenstrahlmühle. Für Kunststoffe, die zündfähige Gemische bilden können, wird eine sichere Verarbeitung entweder unter Stickstoffatmosphäre oder in druckstoßfesten Anlagen angeboten – beides ist bei Netzsch Lohnmahltechnik verfügbar. Eine präzise Abtrennung des Feinanteils zur Optimierung der Fließeigenschaften und Erhöhung des Schüttgewichts kann mittels druckstoßfester Sichtanlagen realisiert werden. Darüber hinaus stehen drei Kryogenmahlanlagen zur Verfügung, die eine effiziente Zerkleinerung im gewünschten Feinheitsbereich sicherstellen, bei gleichzeitig optimaler Energieausnutzung. Netzsch Lohnmahltechnik setzt dabei zu 100 % auf grünen Strom mit einem CO2-Fußabdruck von 0 g/kWh. Die Partikelgrößenverteilung wird mittels Analysen-Luftstrahlsiebung, Laserbeugung mit Trocken- oder Nassdispergierung und anderen Methoden präzise ermittelt. Zusätzlich können das Schüttgewicht, die Stampfdichte und die spezifische Oberfläche bestimmt werden. Eine umfassende Dokumentation in der Produktionsmappe gewährleistet die Rückverfolgbarkeit jeder Charge mit relevanten Prozess- und Qualitätsdaten.
Energieoptimierung in der Zerkleinerung
Der spezifische Energieverbrauch spielt bei allen Prozessschritten eine bedeutende Rolle. Einerseits ist der Energieverbrauch bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und andererseits beim CO2-Fussabdruck ein zu beachtender Wert. Einstellungen und vorgewählte Parameter können bei der Zerkleinerung so optimiert werden, dass der spezifische Energieverbrauch im optimalen Bereich liegt. Durch die lange Erfahrung und vielfältige Versuchsreihen hat Netzsch und im speziellen Netzsch Lohnmahltechnik hier Referenzdaten zur Verfügung. In Bild 5 ist der optimale Betriebspunkt bei circa 4,5 bar Mahldruck zu erkennen.
Quelle: Netzsch

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