Blick in eine Halle mit einigen Spritzgießmaschinen. Engel ist die vorherrschende Spritzgießmaschinenmarke in den Splast-Werken. Am Standort Krosno umfasst der Maschinenpark derzeit 23 Spritzgießmaschinen.

Bild 1: Engel ist die vorherrschende Spritzgießmaschinenmarke in den Splast-Werken. Am Standort Krosno umfasst der Maschinenpark derzeit 23 Spritzgießmaschinen. (Bild: Engel)

Grün ist die vorherrschende Farbe in der 150 m langen Produktionshalle am Stammsitz von Splast im südpolnischen Krosno (Bild 1). „Engel ist unser Hauptlieferant für Spritzgießmaschinen“, betont CEO Marek Sanocki. Das Unternehmen beschäftigt 700 Mitarbeiter an vier Produktionsstandorten: drei in Polen, einer in Ungarn. Mit einem Umsatz von 78 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2022 gehört es zu den größten Kunststoffverarbeitern in Polen. Allein das Werk Krosno verarbeitet auf 23 Spritzgießmaschinen täglich 32 t Rohmaterial zu Bauteilen und einsatzfertig montierten Baugruppen für Kunden in den Branchen Automobil, Elektronik, Haushalt, Kosmetik und Möbel. Stolz präsentiert der Chef die zuletzt gelieferte Produktionsanlage: Zwei Spritzgießmaschinen Duo in     Wide-Platen-Ausführung mit 500 und 600 t Schließkraft stehen benachbart und umschließen zwei Easix-Knickarmroboter, zwei Viper-Linearroboter, einen IR-Ofen und eine Polyurethan-Anlage. Beide Maschinen weisen mehrere Technologiepakete auf und darüber hinaus Inject-4.0-Assistenzsysteme, sodass die als Entwicklungsprojekt von der EU geförderte Anlage zahlreiche Möglichkeiten bietet. „Wir sind für unsere Kunden Entwicklungspartner und Co-Designer und bringen selbst viele Ideen für die Serienproduktion ein“, sagt Dr. Monika Stącel, Forschungs- und Entwicklungsleiterin von Splast. „Deshalb ist es für uns wichtig, unser eigenes Know-how weiterzuentwickeln und selbst zu forschen.“ Hierbei profitiert das Unternehmen von der engen Zusammenarbeit mit Universitäten. So ist Dr. Stącel nebenher tätig als Professorin an der Universität in Sanok, eine Autostunde südöstlich von Krosno. Darüber hinaus besteht in Deutschland eine Partnerschaft mit der TU Chemnitz.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Unterschiedliche Technologien kombinieren

Schwierige Umstände begleiteten die Produktionsanlage während der Projektierung, da eine Woche nach dem ersten Projektgespräch im Frühjahr 2020 in Österreich und Polen der erste Covid-Lockdown eintrat. Trotz ihrer hohen Komplexität konnte die Anlage aber zehn Monate nach Auftragserteilung geliefert werden. „Wir können viele verschiedene Technologien auf einer Spritzgießmaschine vereinen und in Kombination anwenden“, lobt Dr. Henryk Majcherczyk, Technischer Direktor von Splast. Außerdem profitiere man davon, dass alle Anlagenkomponenten aus einer Hand stammen, ergänzt Produktionsleiter Przemysław Dylewski. Dank des Mitarbeitertrainings lassen sich alle Möglichkeiten der integrierten Produktionszelle ausschöpfen. „Die größte Herausforderung für uns bestand darin, die Produktionszelle so auszulegen, dass sie unter Einhaltung aller Sicherheitsnormen sehr flexibel genutzt werden kann“, berichtet Thomas Auböck, Vertriebsleiter Automotive von Engel am Stammsitz in Österreich. „Anlagen dieser Komplexität sind meistens für ein bestimmtes Produkt maßgeschneidert. Hier aber haben wir den besonderen Fall, dass viele unterschiedliche Werkzeuge gerüstet werden und die beiden Duo-Maschinen sowohl in verketteten Anwendungen als auch unabhängig voneinander betrieben werden.“ Damit das sicher funktioniert, kommt ein besonderes Feature der Easix-Knickarmroboter zum Tragen: Die Sperrräume lassen sich frei definieren und die Roboterarbeitsräume überwachen. Die beiden Spritzgießmaschinen benötigen deshalb keine voneinander getrennten Schutzumwehrungen, auch wenn sie gleichzeitig mit voneinander unabhängigen Werkzeugen arbeiten. „Das Team bei Splast ist sehr kreativ, was das Kombinieren verschiedener Technologien betrifft“, unterstreicht Adam Marciniak, Vertriebsleiter von Engel Polska. Zum Beispiel wurden hier erstmals die Engel-Technologien Organomelt und Decoject erfolgreich in einer Anwendung vereint. Zielgruppe dafür ist vor allem die Automobilindustrie, die vor der Herausforderung steht, Leichtbau mit sowohl hochwertigen als auch funktionalen Oberflächen effizient zu verbinden.

Leichtbau im integrierten Prozess

Im Organomelt-Verfahren werden in einem einzigen integrierten Prozessschritt thermoplastische Faserverbundhalbzeuge – zum Beispiel Organobleche – umgeformt und funktionalisiert. Versteifungsrippen oder Montageelemente werden unmittelbar nach dem Umformen im selben Werkzeug mit einem Thermoplast aus der Gruppe des Organoblech-Matrixmaterials angespritzt. Dies ermöglicht nicht nur einen effizienten, integrierten und vollständig automatisierten Produktionsprozess, sondern leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, weil die Beschränkung auf thermoplastisches Monomaterial das spätere Recycling der Bauteile vereinfacht. Auf diese Weise produzierte Bauteile sind seit kurzem auch in den Reinigungswagen Aquasplast, Comfortsplast und Assepticosplast des polnischen Herstellers zu finden. Je nach Einsatzort (beispielsweise Bürogebäude, Hotel oder Krankenhaus) sind die Wagen mit Wischwasserbehältern, Wäschecontainern, Abfallsortiersystemen und weiteren Modulen bestückt und erreichen damit eine gewisse Größe. Leichtbautechnologien tragen erheblich dazu bei, dass sich die Wagen trotz ihrer sehr robusten Ausführung auf unterschiedlichen Böden leicht schieben und lenken lassen: Dank der Organomelt-Technologie konnte das Gewicht der Bodenplatten von 4,5 auf 1,3 kg reduziert werden. Die neuen Platten sind statt bislang 4 mm nur noch 0,5 mm dick und haben dabei sogar an Stabilität gewonnen. Ein weiterer Vorteil, der vor allem Nutzer in der Automobilindustrie überzeugt: Als Basismaterial eignet sich Polypropylen, das kostengünstiger ist als bisher für diese Anwendungen eingesetzte Hochleistungsthermoplaste. Zur Herstellung der Bodenplatten werden Organobleche mit PP-Matrix auf der Duo-500-Spritzgießmaschine im Werkzeug umgeformt und mit glasfaserverstärktem PP umspritzt. Um die Organobleche formbar zu machen, werden sie unmittelbar vor dem Einlegen ins Spritzgießwerkzeug im Infrarotofen erwärmt (Bild 2). Hierfür wird der IR-Ofen sehr nah an der Schließeinheit der Spritzgießmaschine positioniert, sodass der Easix-Roboter die Werkzeugkavität auf kurzem Weg erreichen kann. „Das schnelle Hothandling ist wichtig, damit die Organobleche ihre Formbarkeit auf dem Weg nicht wieder verlieren“, betont Dylewski. Deshalb wurde von Anfang an mit einem beweglichen IR-Ofen geplant, der sich zwischen beiden Spritzgießmaschinen hin- und herbewegen lässt.

Im beweglichen IR-Ofen werden die Organobleche für die Organomelt-Technologie erwärmt.
Bild 2: Im beweglichen IR-Ofen werden die Organobleche für die Organomelt-Technologie erwärmt (Bild: Splast)

Kosteneffizienz für hochwertige Sichtbauteile

Decoject ist ein In-Mould-Decoration-Verfahren (IMD), mit dem sich die gewünschten Oberflächeneigenschaften über eine Folie erzielen lassen, die dem Werkzeug von Rolle zu Rolle zugeführt wird. Es sind besondere Oberflächenstrukturen oder auch eine Softtouch-Haptik möglich. Bei der Herstellung der Handgriffe für die Reinigungswagen lässt sich mit dieser Technologie eine gute Griffigkeit erreichen. Das Grundmaterial ist wieder PP, hier mit einem Rezyklatanteil von 20 %. „Decoject bietet uns die Möglichkeit, auch für hochwertige Sichtbauteile immer mehr Rezyklat einzusetzen, bis hin zu 100 Prozent“, erklärt Stącel und hat hierfür auch Anwendungen im Fahrzeuginnenraum im Blick.

Bauteil: Der hohe Glanz kommt von Polyurethan, mit dem die Bauteile im Clearmelt-Verfahren überspritzt werden.
Bild 3: Der hohe Glanz kommt von Polyurethan, mit dem die Bauteile im Clearmelt-Verfahren überspritzt werden. (Bild: Splast)

Die Handgriffe befinden sich an einem Rahmenbauteil, das die größeren Reinigungswagen nach oben hin sauber abschließt. Für diese auf der Duo-Combi-M-Spritzgießmaschine produzierten Zwei-Komponenten-Bauteile kommt das Clearmelt-Verfahren zum Einsatz (hier auch „In Mould Painting“ genannt). Im integrierten Prozess wird zunächst ein thermoplastischer Grundträger spritzgegossen, dessen Oberfläche unmittelbar danach im selben Werkzeug mit einer Schicht aus Polyurethan veredelt wird, das sowohl für einen hohen Glanzgrad als auch eine sehr gute Kratzfestigkeit sorgt (Bild 3). Auf der Spritzgießmaschine mit 500 t Schließkraft finden dank der Ausführung mit horizontal drehender Wendeplatte beide Prozessschritte parallel zueinander statt (Bild 4). Früher wurden die Bauteile bei einem externen Dienstleister lackiert. „Mit dem integrierten Prozess sind wir jetzt deutlich effizienter, zumal wir auch den logistischen Aufwand einsparen“, berichtet Majcherczyk. „Spannend wird es, wenn wir Clearmelt mit einem IMD-Prozess kombinieren“, gibt Monika Stącel einen Ausblick auf Projektideen für Kunden aus der Automobilindustrie und anderen Branchen – zum Beispiel Weiße Ware. Über eine Folie lassen sich effizient elektronische Funktionen und Sensoren integrieren, die im fertigen Bauteil unter der Polyurethan-Schicht auch in rauer Umgebung geschützt sind.

Die Spritzgießmaschine Duo Combi M mit Wendeplatte macht Mehrkomponentenprozesse besonders effizient
Bild 4: Die Spritzgießmaschine Duo Combi M mit Wendeplatte macht Mehrkomponentenprozesse besonders effizient (Bild: Splast)

Rezyklat aus eigener Produktion

Mit 12.550 t/a macht Polypropylen in den Produktionswerken der Splast Gruppe den Löwenanteil an verarbeitetem Rohmaterial aus. ABS, Polyamid und Polycarbonat bringen es jeweils auf rund 6.000 t. Hinzu kommen in kleineren Mengen weitere Materialien wie TPE. Einzelne Produkte werden bereits heute aus 100 % Rezyklat hergestellt, bei anderen Produkten liegt der Anteil derzeit bei 20 %. Ziel ist, den Rezyklatanteil über das gesamte Produktspek-trum sukzessive zu steigern. Neben Verarbeitungstechnologien wie Decoject ist ein weiterer Ansatz, Rezyklat in einen Mantel aus Neuware einzubetten, was Technologien wie Co-Injection und Skinmelt möglich machen. „Hierzu gab es bereits Versuche im Technikum von Engel in Österreich“, berichtet Sanocki. Auch der von Engel auf der K 2022 vorgestellte Zwei-Stufen-Prozess für die besonders energieeffiziente Direktverarbeitung von Kunststoff-Flakes ist eine Option. Eine Besonderheit für einen Kunststoffverarbeiter ist, dass das eingesetzte Regranulat zum Teil aus eigener Aufbereitung stammt. Direkt neben der Spritzgießerei befindet sich eine Recyclinglinie, die vom Schreddern der Kunststoffabfälle über das Compoundieren und Extrudieren bis zum Regranulieren alle Aufbereitungsschritte umfasst. „Nur mit einer eigenen Aufbereitung haben wir wirklich Kontrolle über die Eigenschaften der Recyclingmaterialien“, sagt Monika Stącel, die für den Aufbau der Recyclingkapazitäten am Standort verantwortlich ist. Meistens sei der MFI (Melt Flow Index) von zugekauftem Rezyklat höher als der entsprechender Neuware. „Wir aber können den Wert für unsere Produktion selbst sehr genau einstellen.“

Quelle: Engel

Fakuma: Halle A5, Stand 5203

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