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Leichter, sicherer und besonders flexibel in den Ausstattungsmöglichkeiten ist der Hightech-Feuerwehrhelm von Dräger. (Bild: Dräger Safety)

Ein moderner Feuerwehrhelm hat nicht mehr viel mit der einstigen Lederkappe zu tun, mit der sich Feuerwehrleute in früheren Zeiten vor Stößen, Wärme und Flammen zu schützen versuchten. Ein Feuerwehrhelm ist heute ein echtes Hightechprodukt, das nicht nur bestmögliche Sicherheit bietet, sondern auch durch Funktionalität, Tragekomfort und Optik überzeugen will. Immer wieder wird nach Möglichkeiten der Optimierung gesucht, welche die Produkte aus zeitgemäßen Materialien noch sicherer, angenehmer zu tragen und flexibel nutzbar machen sollen.

Auch der global börsennotierte Lübecker Dräger-Konzern, international führend auf den Gebieten der Medizin- und Sicherheitstechnik, stellte sich dieser Herausforderung. Das Unternehmen entwickelt unter anderem moderne Feuerwehrhelme. Für die Neuentwicklung des Produktes Dräger HPS 7000 wünschte es sich eine innovative Lösung zur Funktionsintegration: Der Helm sollte Feuerwehrleuten nicht nur verlässlichen Schutz und besten Tragekomfort durch perfekte Anpassung an den Kopfumfang und ein möglichst geringes Gewicht gewähren. Zusätzlich sollte er die Möglichkeit bieten, Extras wie Lampen, Nackenschutz, Sprechfunkgeräte und mehr, flexibel und nach Bedarf zu integrieren. Gefragt war außerdem eine moderne Optik. Insgesamt sollte das Projekt ein Produkt hervorbringen, das langlebig und dauerhaft am Markt beständig ist, sich kostengünstig und wirtschaftlich in Serie produzieren lässt und international seine Abnehmer findet. Hierzu wandte sich das Unternehmen an Pöppelmann K-Tech, einer Division der Pöppelmann Gruppe aus dem niedersächsischen Lohne. Zu den Kernkompetenzen des Kunststoff verarbeitenden Unternehmens zählen die Entwicklung und Serienproduktion hochpräziser, technischer Kunststofflösungen.

Entwicklung hochpräziser Kunststoffprodukte

„Als echter Spezialist auf diesem Gebiet fühlten wir uns gut gewappnet für die Aufgabenstellung von Dräger“, erklärt Sascha Arkenau, Key Account Manager bei Pöppelmann K-Tech. Das Unternehmen verfügt über Know-how und Erfahrung im Kunststoffbereich und vereint alle Schritte der Prozesskette unter einem Dach: Vom Design über Entwicklungstools und den hauseigenen Werkzeugbau bis hin zur effizienten Serienproduktion. Sascha Arkenau ergänzt: „In diesem Fall kamen Design und Grundlage der Geometrie von Dräger. Die Helmschale, größte und wichtigste Komponente der Baugruppe, sowie weitere außenliegende Helmkomponenten haben Dräger und Pöppelmann K-Tech in enger Zusammenarbeit kunststoff- und fertigungsgerecht konstruiert.“

Machbarkeit prüfen, Verbesserungspotenziale aufdecken

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Mit dem Quick Check auf der sicheren Seite: Jedes Projekt wird gleich zu Beginn unter Begutachtung der Parameter Material, Konstruktion, Werkzeug und Prozess auf Machbarkeit überprüft. (Bildquelle: Pöppelmann)

Als Entwicklungspartner für den Feuerwehrhelm von Dräger ging der Kunststoffverarbeiter nach einem Konzept vor, das sich bereits in einer Vielzahl von Projekten bewährt hat: Der Pöppelmann K-Tech Quick Check. Dabei wird jede Anfrage gleich zu Beginn eines Projekts auf die Parameter Material, Konstruktion, Werkzeug und Prozess überprüft. Beim Materialcheck spielen beispielsweise erforderliche Festigkeit und notwendige Temperaturbeständigkeit eine wichtige Rolle. Die Frage nach der Konstruktion stellt frühzeitig die Weichen in der Funktionalität. Das Ermitteln des optimalen Werkzeuges schließt Produktions- und Zykluszeiten mit ein. Bei der Fertigung nimmt die Automatisierung eine zentrale Stellung ein, damit entschieden werden kann, mit welcher Technologie und unter welchen Vorgaben am besten produziert wird und was die Werkzeuge leisten müssen. Schließlich werden nachgeschaltete Prozesse, wie die Montage sowie Sauberkeitsanforderungen und Qualitätsaspekte, ebenfalls miteinbezogen. „Die Botschaft von Pöppelmann ‚Geht nicht – gibt’s nicht‘ hört Dräger immer sehr gerne“, meint Markus Lamm, Produktmanager Kopfschutzsysteme/Produktmanagement Emergency & Rescue Services bei Dräger, hierzu.

Der Quick Check bietet Kunden wie Dräger eine wichtige Entscheidungshilfe. Die angegebenen Parameter werden vorab geprüft und Lösungsvorschläge erarbeitet. Gemeinsam wird beurteilt, welche Lösung sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht die beste ist. Damit stellt der Verarbeiter als Entwicklungspartner von Anfang an sicher, dass Kosten und Qualität während des gesamten Entwicklungsprozesses im Griff gehalten werden. Im Falle des Feuerwehrhelms gab es zu einigen Parametern wie Material und Konstruktion bereits Vorgaben. Bei der Frage nach der Automatisierung der Prozesse und der Werkzeugtechnik verließ sich die Entwicklungsabteilung von Dräger ganz auf die Expertise des Kunststoffspezialisten.

Start mit optimaler Materialauswahl

Das Material muss 100-prozentig zur Konstruktion passen, damit eine wirtschaftliche Lösung entstehen kann. Jedes Bauteil muss von Anfang an kunststoffgerecht in Relation zum Material ausgelegt werden. Mithilfe der CAD-Daten lässt sich dies beurteilen. Wichtige Faktoren bei der Materialauswahl des Feuerwehrhelms waren eine hohe Festigkeit, gute Flammschutzeigenschaften, wirtschaftliche Herstellung, Recyclingfähigkeit und ein möglichst geringes Gewicht. Da Auftraggeber Dräger seit 2008 eigenständig und unabhängig Feuerwehrhelme konzipiert und an der Entwicklung des speziellen Modells Dräger HPS 7000 seit dem Jahr 2009 arbeitete, war das Material in diesem Fall vorgegeben. Dennoch gab es eine Extraaufgabe für Pöppelmann: Für die Helmschale wurde ein passender Werkstoff gesucht, der einen echten Härtetest besteht.

 

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Blick ins Innere der Helmschale. Der Aramideinleger stellt die Durchstoßfestigkeit des Helms sicher. (Bildquelle: Pöppelmann)

Pöppelmann verarbeitet auch sogenannte Organobleche – Materialien, die durch besondere Festigkeit bei gleichzeitig geringem Bauteilgewicht überzeugen. Hierbei wird aus vorgefertigten Halbzeugen, in Polymer getränkte Endlosglasfasergewebe, ein Rohling gefertigt. Dazu werden die glasfaserverstärkten Thermoplaste zugeschnitten und später direkt im Spritzgusswerkzeug umgeformt. „Die Steifigkeit und Festigkeit dieser Bauteile ist mit solchen aus Metall vergleichbar, nur sind sie eben deutlich leichter“, erklärt Thomas Dennhardt aus der Prozessumsetzung. Sie erfüllen damit optimal die zur Konstruktion eines Feuerwehrhelms geforderten Eigenschaften. Für den Dräger Feuerwehrhelm wurde schließlich ein Aramideinleger gewählt, ein Material, das unter anderem auch für schusssichere Westen eingesetzt wird. Dieser Aramideinleger wird mit Kunststoff umspritzt. Dank des innovativen Werkstoffs bestand das Produkt den geforderten Härtetest. Hierbei wird eine Metallspitze schnell wie ein Fallbeil auf den Helm geschossen und durfte diesen nicht durchschlagen.

Die Konstruktion muss stimmen

Der zweite Schritt des Quick Checks befasst sich mit der Frage der Konstruktion. Grundsätzlich berücksichtigt diese Frage im Entwicklungsprozess von Kunststoffartikeln beispielsweise Entformungsschrägen, Umweltaspekte, Wandstärken und Fließwege, Trenngrat oder die Lage der Anspritzpunkte. Im Falle des Feuerwehrhelms wurde der Fokus ganz besonders auf die Vorgaben zur Funktionsintegration gerichtet. Denn gewünscht war ein Helm, der sich ganz nach den Bedürfnissen seines Nutzers durch unterschiedlichste Funktionsteile ergänzen lässt, sodass Feuerwehrleute auf einfache Weise genau die Ergänzung integrieren können, die sie benötigen. Ob Helmlampe, Nackenschutz oder Atemschutzmaske – die Herausforderung bestand also darin, die Anforderungen der verschiedenen bestehenden Bauteile und Applikationen der Feuerwehrausrüstung zu verstehen und diese kunststoffgerecht zu konstruieren.

Hierfür setzt der Kunststoffverarbeiter hochmoderne, computergesteuerte Tools ein, die besonders rasche Entwicklungsprozesse ermöglichen. Bei der virtuellen Produktentwicklung und -optimierung kommen unter anderem CATIA V5/Solid Works, Strukturberechnungen (FEM), Füllanalysen, 3D-Simulationen und DMU-Visualisierungen zum Einsatz. Der schnelle Datenaustausch im CAD/CAM-Verbund ermöglicht die problemlose Übernahme von bestehenden 3D-Kundendaten. In der Regel steht nicht nur das jeweilige Bauteil im Vorder­grund, sondern die Funktion der gesamten Baugruppe. System­integriertes Denken macht hier den Unterschied und führt zu perfekt funktionierenden Lösungen.

Den richtigen Prozess wählen

Bei der Entscheidung, mit welcher Technologie und nach welchen Vorgaben das Produkt am besten realisiert werden kann, steht die Wirtschaftlichkeit bei der Serienproduktion im Mittelpunkt. Dazu wird mit Versuchs- und Serienwerkzeugen ermittelt, wie sich ein hoher Automatisierungsgrad für die Serienproduktion realisieren lässt, damit am Ende ein wirtschaftlicher und gleichzeitig absolut zuverlässiger Prozess erreicht werden kann. Beim Dräger Feuerwehrhelm wurden die komplexen Geometrien durch optische Verfahren exakt vermessen, um absolute Prozesssicherheit zu gewährleisten. Beim Herstellen werden besondere Handlingsysteme eingesetzt, die dafür sorgen, dass der Aramideinleger und die Gewindebuchsen sicher im Werkzeug positioniert und gehalten werden – damit sich beim fertigen Helm am Ende alles an der richtigen Stelle befindet und dieser die Qualitätskontrollen jederzeit besteht.

Präzision aus dem Werkzeugbau

Passend zu Material, Konstruktion und Prozess müssen die Werkzeuganforderungen bestimmt werden. Die Ermittlung des optimalen Werkzeugs schließt Produktions- und Zykluszeiten mit ein. Bei der Fertigung nimmt die Automatisierung eine zentrale Stellung ein. Im Quick Check wird vorab geprüft, was das Werkzeug leisten muss und wie es am effektivsten ausgelastet wird. Bei der späteren Umsetzung profitieren Kunden wie Dräger vom hauseigenen Werkzeugbau. Präzision ist hier Pflicht, denn nur so kann später eine störungsfreie Hochleistungsproduktion der anspruchsvollen Kunststoffteile gewährleistet werden. Der Werkzeugbau stellt kurze Reaktionszeiten und eine hohe Flexibilität bei den Neuanfertigungen und -änderungen von Werkzeugen sicher. Mit einem modernen Maschinenpark werden die Produkte dann in Serie gefertigt. „In diesem Fall musste das Werkzeug für die Helmschale auf die runde, ergonomische Passform des Endprodukts und die Einbringung des Aramids abgestimmt werden. Das haben wir mit hydraulischen und mechanischen Schiebern gelöst“, erläutert Sascha Arkenau.

Ergebnis des Projekts ist ein Hightech-Feuerwehrhelm, der sich durch Sicherheit, besonderen Bedien- und Tragekomfort sowie ein ergonomisches Design auszeichnet. Die Serienproduktion des Feuerwehrhelms Dräger HPS 7000 inklusive Lackierung der Helmschale sowie weitere Prozessschritte bis hin zur Endmontage findet bei Dräger statt. Als Partner liefert das Lohner Unternehmen die gemeinsam entwickelten Komponenten.

Sabrina Zerhusen ist Marketingbeauftragte K-Tech bei Pöppelmann in Lohne.

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Unternehmen

Pöppelmann Kunststoff-Technik GmbH & Co. KG

Hermann-Staudinger-Straße 1
49393 Lohne
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