Waren bis in die jüngere Vergangenheit regenerative Energien eher ein Imageprojekt, hat sich die Technik in diesem Feld seit Jahren ganz erheblich weiterentwickelt. Parallel dazu haben die gesetzlichen Entscheidungen auf Bundesebene sowie in Teilen auf Landesebene dazu geführt, dass die Energiebereitstellung durch regenerative Medien komplett neu bewertet werden. In den letzten beiden Jahren sind die Stromkosten für Gewerbe und Industrie jeweils um rund 10 % gestiegen. Die Tendenz zeigt dabei weiter nach oben. Hinzu kommt, dass mit Blick auf die kommenden Änderungen im Handel der CO2-Zertifikate ab 2027 ein zusätzlicher preiserhöhender Faktor zu Buche schlagen kann.
Lastprofile prüfen und Bereitstellung Strom neu konfigurieren
Die jeweiligen Lastgänge der Produktion geben als Ausgangslage eine detaillierte Auskunft über die Verbrauchslage und somit die Grundlage für die Verbrauchssteuerung. Ausgehend davon, kann nun die Konzeption einer Eigenanlage angegangen werden. Hierzu steht eine ganze Reihe von Optionen zur Verfügung, die sich in der Regel kombinieren lassen. Photovoltaik, Wasserkraft, Windkraft, Biogas, Nahwärmelösungen sowie Erdwärme stehen unter anderem zur Verfügung. Im Besonderen ist der Aspekt Biogas von Bedeutung, da dieses Medium grundsätzlich dazu geeignet ist, Erdgas als Energieträger adäquat zu ersetzen. Im Bereich Stromerzeugung ist Photovoltaik (kurz: PV) sicher ein spannendes Medium. Die Steuerung von PV-Anlagen ermöglicht gerade im laufenden Produktionsprozess gut planbare Erzeugungsraten an Strommengen. Hinzu kommt, dass die nicht direkt zur Produktion genutzten Strommengen für die Versorgung der E-Mobilität eingesetzt werden können. Gleichfalls kann eine zentrale Erzeugungsanlage mehrere Standorte versorgen, hier ist Stromverteilung das Stichwort. Strom kann zudem – zumindest in Teilen – eingesetzt werden, um in gewissem Rahmen Wärme zu erzeugen. Der Einsatz von beispielsweise Infrarotheizungen ist als praktikable Ergänzung zu nennen.
CO2-Vermeidung als Gewinnfaktor
Die wirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass dauerhaft günstig Strommengen erzeugt werden, die einer Vielzahl von Nutzungen zugeführt werden können. Die Einstandspreise je kWh liegen hier massiv unter den herrschenden Marktpreisen und zeichnen sich dadurch aus, dass sie für lange Zeit fix sind und das Thema Klimaschutz automatisch mit bedienen. Ein geringes Maß an Betriebskosten ist selbstverständlich anzusetzen. Entsprechend der Einstufung können produzierende Unternehmen bereits direkt von der CO2-Abgabe erfasst sein, andernfalls indirekt via Strompreis. Die Vermeidung von CO2-Emissionen entlastet das Unternehmen dann in jedem Fall, was sich in Euro und Cent bemerkbar machen wird.
Autarkie stärkt Unternehmen
Mit der Zunahme des Autarkiegrades befreien sich Unternehmen nicht nur von der CO2-Abgabe, sondern von weiteren steuerlichen Aufschlägen, die regelmäßig im kWh-Preis enthalten sind. Im Rahmen der Eigenversorgung können überschüssige Strommengen durch das Unternehmen weiterverwertet werden.
Klimaschutzverträge mit handwerklichen Mängeln
Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zur Unterstützung der Industrie in der Umstellung auf regenerative Energieerzeugung ist uneingeschränkt zu begrüßen. Jedoch lassen die bisher vorliegenden Informationen schon jetzt sämtliche Alarmglocken schrillen. Die Liste der offenen Fragen ist dementsprechend lang und muss im Sinne aller Beteiligten intensiv bearbeitet werden, unter anderem:
1. Die Laufzeit der Verträge – 15 Jahre ist eine unnötige Abweichung von den EEG-üblichen 20 Jahresfristen. Hier entstehen ohne Not ungeklärte Zeiträume für den Umgang mit regenerativen Stromerzeugungsanlagen.
2. Förderfähigkeit setzt 100 % regenerativ erzeugten Strom voraus. Diese Einschränkung stellt gerade Unternehmen im Drei-Schicht-Betrieb vor eine nahezu unlösbare Aufgabe, da eine derartige vollumfassende Abdeckung regelmäßig unmöglich ist.
3. „Zuwendungsfähig ist die Herstellung von Produkten“ – diese Einschränkung ist wiederum sehr problematisch, weil Strombedarf für Hilfskosten nicht förderfähig ist, beispielsweise das Licht in der Werkshalle, oder der Stromverbrauch in der Verwaltung.
Allein diese drei Fragen zeigen, wie unscharf die Definitionen derzeit noch sind. Förderrichtlinien zeichnen sich immer sehr stark dadurch aus, dass die Vorgaben sehr eng gesetzt sind und Abweichungen immer mit sofortigen Sanktionen belegt werden. Zudem ist gerade der Bund als Vertragspartner stets sehr kritisch zu sehen, weil die Auszahlung von Fördergeldern in der Regel mit einem massiven Zeitverzug passieren und die Unternehmen auf enormen Finanzierungskosten sitzen bleiben. Gerade in Phasen der Rezession ist Liquidität für Unternehmen eine Überlebensfrage. Einen unsicheren Kantonisten, wie sich der Bund aktuell präsentiert, kann man sich eigentlich nicht leisten.
Zu guter Letzt muss festgestellt werden, dass im Bundeswirtschaftsministerium kleine und mittelständische Betriebe wieder nicht beachtet werden. Es darf an dieser Stelle vollkommen zurecht von Diskriminierung gesprochen werden.
Ladeinfrastruktur für E-Mobilität planen
Die Versorgung von E-Mobilen benötigt die dazugehörige Infrastruktur. Die Beladung der Batterien der Fahrzeuge kann durch eigen erzeugten Strom optimiert werden. So können Betreiber die Nutzung ihrer Stromerzeugungsanlage in der Effizienz maximieren. Ergänzend können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit eigenen Ladekarten ausgestattet werden, sodass sie im Bedarfsfall bundesweit beziehungsweise europaweit Ladepunkte nutzen können. Die Umstellung der Fahrzeugflotte auf „elektrisch“ wird in vielen Unternehmen diskutiert. Gerade deswegen ist die dazugehörende Ladeinfrastruktur so wichtig.
Energieformen kombinieren
Die passgenaue Abstimmung der einzelnen Energieträger zum erfolgreichen Gesamtkonzept ist der zentrale Erfolgsfaktor. Die Erfahrung des Verfassers zeigt, dass es regelmäßig zu Erstaunen führt, wenn die Kombination einzelner Energieformen aktiv angesprochen wird. Dies ist aber die Voraussetzung für dauerhaften Erfolg, weil nur so die Durchgängigkeit der Versorgung sichergestellt ist – schließlich muss die Produktion ununterbrochen laufen können.
Planungsbeispiel mit Photovoltaik
Photovoltaik als Stromerzeugungsform ist seit vielen Jahren bewährt und hat sich stetig weiterentwickelt. Als Praxisbeispiel für die Anwendung von Photovoltaik dient hier ein großer Maler- und Lackiererbetrieb mit einem Strombedarf von 400.000 kWh/a. Die Arbeitszeiten sind Montag bis Freitag. Der begrenzende Faktor ist im konkreten Fall die verfügbare Dachfläche. Die Planung lief bei 162 kWp aus; von der erzeugten Leistung werden 71 % direkt verbraucht. Ein Speicher ist nicht vorgesehen, da eine wirtschaftlich sinnvolle Größe nicht gegeben ist. Beachtlich ist eben die Amortisationsdauer von weniger als sechs Jahren. Diese Rechnung geht davon aus, dass der Strompreis jährlich um 2 % linear steigt – wohlwissend, dass im Zeitraum 2000 bis 2022 der Strompreis durchschnittlich um 6 % pro Jahr gestiegen ist. Für Industriebetriebe ist neben den direkt erkennbaren wirtschaftlichen Konsequenzen ein Faktor von Bedeutung, der seine Wirkung gerade erst zu entfalten beginnt. Die Rede ist von der CO2-Abgabe.
CO2-Abgabe: das unterschätzte Kostenrisiko
Die Planungen der EU sehen vor, dass ab 2026 beziehungsweise 2027 CO2-Zertifikate ausschließlich über die Börse gehandelt werden sollen. Der von der Bundesregierung im Jahr 2020 definierte Preiskorridor je Tonne CO2 ist damit hinfällig geworden. Waren im Jahr 2021 noch 25 Euro pro Tonne fällig, sind es 2022 30 Euro pro Tonne CO2. Vor der Energiekrise war von Seiten der Bundesregierung sogar in der Diskussion, die Preise je Tonne CO2 im Jahr 2022 gleich auf 45 Euro pro Tonne zu erhöhen. Pikant ist, dass wir im Jahr 2022 an der Börse Preise für die Tonne CO2 von über 90 Euro pro Tonne bereits gesehen haben. Der Mittelwert an der Börse lag 2022 bei rund 70 Euro pro Tonne CO2. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich die Mehrkosten durch den Zertifikatehandel über die Börse für alle Verbraucher deutlich auswirken werden. Die CO2-Abgabe ist netto, sodass die derzeit gültige Umsatzsteuer von 19 % hinzukommt.
Anlagenqualität von entscheidender Bedeutung
Besonders im gewerblichen Einsatz ist die Qualität der eingesetzten Komponenten entscheidend. Hochwertige Solarmodule überzeugen durch ihre Leistungsfähigkeit und ihre sehr geringen Wartungsaufwände. Leistungsgarantien von 25 Jahren und mehr ist hier keine Seltenheit. Die Beschaffungskosten sind dabei nicht signifikant höher im Vergleich zu einfachen Projektmodulen. Eine hochwertige PV-Anlage lässt sich zudem stets in ein Gesamtkonzept integrieren, sodass für das einzelne Unternehmen der passgenaue Energiemix gestaltet werden kann.
Das Gesamtkonzept muss stimmen
Die Ergebnisse einer Photovoltaikanlage lassen sich erst dann optimal gestalten, wenn das Gesamtkonzept klar ist. Schnittstellen mit anderen Energieträgern gilt es zu definieren. Die einzusetzenden Komponenten werden gezielt definiert und fügen sich dann zu einem Ganzen zusammen. Zu den Themen, die ebenfalls beachtet werden sollten, zählen neben der Produktion unter anderem Wärmekonzepte sowie E-Mobilität. Diese beiden Bereiche sind in ihren Möglichkeiten in keinem Fall zu unterschätzen, da auch hier erhebliche Einsparungspotenziale liegen.
Quelle: ESS Kempfle