Kunststoffe machen etwa ein Viertel des Materials in Elektroschrott aus. Der Großteil dieser Kunststoffe wird jedoch nicht wiederverwertet, sondern verbrannt. Dies stellt eine Verschwendung wertvoller Ressourcen dar und belastet gleichzeitig die Umwelt. Ein wesentliches Problem beim Kunststoffrecycling besteht darin, die verschiedenen Polymertypen genau zu identifizieren, um sie selektiv sortieren und hochwertig aufbereiten zu können. Forschenden des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), das zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gehört, ist es nun gelungen, durch eine Kombination spezieller Sensoren die Kunststoffe präzise zu charakterisieren. Dies könnte in Zukunft zu einer höheren Recyclingquote führen.
Was sind die Herausforderungen beim Recycling von Kunststoffen?
Elektroaltgeräte enthalten in der Regel Kunststoffe, die für spezielle Funktionen ausgelegt sind. Um diese Kunststoffe wiederverwerten zu können, müssen sie zunächst identifiziert und sortenrein getrennt werden. Dies ist besonders bei schwarzen Polymeren problematisch, da diese von herkömmlichen Infrarotsensoren nicht erkannt werden. Schwarze Kunststoffe absorbieren die vom Infrarotsensor ausgesendeten Wellenlängen und werden deshalb nicht erfasst. Als Folge dessen werden sie oft verbrannt, anstatt recycelt zu werden. Ein weiteres Problem ist das sogenannte Downcycling, bei dem die Qualität des recycelten Materials gegenüber dem Originalmaterial abnimmt. Um ein hochwertiges Recycling zu gewährleisten, müssen die funktionalen Eigenschaften der Polymere erhalten bleiben.
Kunststoffrecycling: Der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
Wie helfen neue Sensortechnologien beim Kunststoffrecycling?
Um das Problem der Kunststoffidentifizierung zu lösen, haben Wissenschaftler*innen des HIF eine Kombination aus verschiedenen Sensortechnologien entwickelt. Insgesamt wurden 23 Polymere mit bildgebenden und punktuell messenden Spektralsensoren untersucht, um die entscheidenden Parameter für eine sichere Unterscheidung der Kunststofftypen zu ermitteln. Besonders die hohe Geschwindigkeit der Förderbänder in Recyclinganlagen stellt eine Herausforderung dar. Die Sensoren müssen die Kunststoffe schnell und präzise erfassen, um sie für die Weiterverarbeitung richtig zu sortieren. Am HIF wurde eine spezielle Teststrecke entwickelt, auf der sich die Materialien mit bis zu einem Meter pro Sekunde bewegen, um realistische Bedingungen zu simulieren.
Welche Sensoren werden eingesetzt?
Für die Analyse wurden hyperspektrale Bildsensoren (HSI) eingesetzt, die Bilddaten mit mehreren hundert Farbkanälen erfassen. Zusätzlich wurde Raman-Spektroskopie verwendet, bei der das Material mit einem Laser bestrahlt wird, um eine materialspezifische Lichtstreuung zu erzeugen. Diese Methode ermöglicht eine präzise Identifizierung der Polymere. Darüber hinaus kam ein Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer (FTIR) zum Einsatz, das durch seine hohe spektrale Auflösung und seinen weiten Detektionsbereich überzeugt. Dieses Spektrometer wurde durch ein hochauflösendes Spektroradiometer ergänzt, das im sichtbaren bis kurzwellen-Infrarotbereich misst. Diese Kombination von Sensoren erwies sich als besonders effektiv, da sie sowohl helle und transparente als auch schwarze Kunststoffe zuverlässig identifizieren konnte.
Welche Ergebnisse wurden erzielt?
Die Untersuchungen zeigten, dass keiner der eingesetzten Sensoren alleine in der Lage war, alle Kunststoffverbindungen zuverlässig zu erkennen. Erst die Kombination der verschiedenen Technologien führte zu den gewünschten Ergebnissen. Hyperspektrale Bildsensoren eigneten sich besonders für die Identifizierung von hellen und transparenten Kunststoffen, während die Raman-Spektroskopie alle Polymertypen und repräsentativen Messpunkte erfasste, unabhängig von der Farbe des Materials. Zudem konnte die Charakterisierung auch bei sehr kurzen Integrationszeiten von 500 Millisekunden erfolgreich durchgeführt werden. Die optimale Erkennung der Kunststoffe wurde durch die Kombination aus Bildsensorik und punktuellen Messungen erreicht.
Wie wird die Technologie in der Praxis angewendet?
Die am HIF entwickelte Sensortechnologie findet bereits Anwendung im Projekt Car2Car, das sich mit der Wiederverwertung von Materialien aus Altfahrzeugen beschäftigt. Ziel des Projekts ist es, automatisierte Materialerfassungskonzepte für Stahl, Aluminium, Glas, Kunststoff und Kupfer zu entwickeln, um diese Rohstoffe sortenrein zu trennen und wiederaufzubereiten. Eine besondere Herausforderung besteht darin, Metalle und Kunststoffe, die in Altprodukten häufig eng miteinander verbunden sind, effizient zu unterscheiden. Die neue Sensortechnologie ermöglicht nicht nur die Trennung von Metallen und Kunststoffen, sondern auch die prozessrelevante Differenzierung zwischen verschiedenen Kunststofftypen. Dies ist entscheidend für die hochwertige Wiederverwendung der in Altfahrzeugen enthaltenen Rohstoffe.
Welche weiteren Forschungen unterstützen die Technologie?
Die Anwendung der neuen Sensortechnologie basiert auf Ergebnissen aus dem Forschungsprojekt Ramses-4-CE, in dem Multisensorsysteme für die schnelle Identifizierung kritischer Materialien untersucht wurden. Ziel war es, Sensoren zu entwickeln, die nicht nur schnell und präzise arbeiten, sondern auch unter den schwierigen Bedingungen in Recyclinganlagen zuverlässig funktionieren. Diese Erkenntnisse haben zur Entwicklung der Sensoren beigetragen, die heute im industriellen Maßstab für die Kunststoffcharakterisierung eingesetzt werden.
Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden
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