Zwei Hände halten viele kleine grüne Kunststoffplättchen in der Hand. Auf den CX-Maschinen im Schließkraftbereich von 500 bis 1.300 kN entstehen unterschiedlichste Spiel- und Lehrmaterialien aus Re-Wood und Re-Plastic.

Auf den CX-Maschinen im Schließkraftbereich von 500 bis 1.300 kN entstehen unterschiedlichste Spiel- und Lehrmaterialien aus Re-Wood und Re-Plastic. (Bild: Wissner/Krauss Maffei)

Als Wissner vor rund zehn Jahren anfing, sein neues Material zu entwickeln, wollte man, dass es aus regionalen Rohstoffen besteht, umweltschonend hergestellt werden kann, keine Schadstoffe enthält und langlebig ist. Stabil und speichelecht sollte es zusätzlich sein – schließlich sind die Produkte auch für kleine Kinder gedacht. Das Ergebnis ist Re-Wood, bestehend aus 80 % Holzmehl und einem Bindemittel, entweder recyceltem Kunststoff oder einem Biopolymer.

Von den Anfängen bis zur Kunststofftechnik

Viele Schüler kennen zumindest zwei Produkte des Bensheimer Unternehmens: das imposante Ein-Meter-Lineal für die Tafel im Klassenzimmer und das dazugehörige transparente Geodreieck. Ersteres war ursprünglich aus Holz, denn Wissner begann seine Geschäftstätigkeit 1976 als Schreinerei. Die Kunststoffstoffverarbeitung kam später hinzu, und ab 2007 zogen die ersten CX-Maschinen von Krauss Maffei ein. Peter Meisel, der zuständige Vertriebsingenieur, konnte Seniorchef Jürgen Wißner damals von der Zwei-Platten-Maschine überzeugen. Besonders die freitragende Schließe, unter der sich Entnahmeeinrichtungen oder Temperiergeräte unterbringen lassen, sorgten angesichts der engen Platzverhältnisse für Pluspunkte. Simon Hagemann, seit 2016 im Vertrieb bei Wissner tätig, ist froh: „Inzwischen haben wir eine neue Halle, die unsere Fläche mehr als verdoppelt hat. Momentan laufen darin CX mit Schließkräften von 500 bis 1.300 kN. Durch die Kapazitätserweiterung können wir uns auch neue Produktbereiche erschließen.“ Holz und Kunststoff zu kombinieren, war angesichts der Firmengeschichte ein fast logischer Schritt. Zudem ist es im Laufe der Jahre immer schwieriger geworden, qualitativ hochwertiges Holz aus 100-prozentig nachhaltiger Herkunft zu beschaffen. Als Familienbetrieb legt man großen Wert auf eine ökologisch verantwortungsvolle Produktion.  

Blick ins offene Werkzeug: Schön zu sehen die Vorlagen für das Produkt Pentominos, ein Lern- und Rechenspiel aus Qua­dratfünflingen. Auch hier kommt Re-Wood zum Einsatz.
Blick ins Werkzeug: Schön zu sehen die Vorlagen für das Produkt Pentominos, ein Lern- und Rechenspiel aus Qua­dratfünflingen. Auch hier kommt Re-Wood zum Einsatz. (Bild: Wissner/Krauss Maffei)

Hier haben auch Rezyklate Zukunft

Deshalb gibt es neben Re-Wood auch Re-Plastic, das zu 100 % aus rezyklierten Post-Consumer-Abfällen besteht. Aus beiden Materialien fertigen die rund 25 Mitarbeiter Artikel wie geometrische Körper, Rechenstäbchen oder Steckwürfel. Der traditionelle Schwerpunkt liegt auf Lehrmitteln für Schulen und Kindergärten, doch mehr und mehr gewinnt der Spielebereich an Bedeutung – wobei die Branchen nur in Deutschland streng voneinander getrennt sind. In anderen Ländern ist man sich bewusster, dass spielen immer auch lernen ist.
Rund 80 % des Unternehmensumsatzes kommen aus dem Export, „von Kunden weltweit, bis auf die Antarktis“, wie Simon Hagemann schmunzelnd bemerkt. Das bedeutet: Die Preise müssen auch für weniger wohlhabende Regionen attraktiv sein. Der Einsatz von Recy­clingstoffen wird hier meist nicht extra honoriert und Re-Wood und Re-Plastic dürfen nicht mehr kosten als vergleichbares Material. Das Re-Wood-Granulat entsteht deshalb effizient und günstig direkt in der Bensheimer Fertigungsstätte mit Holzmehl aus der Region. Derzeit wird vor allem Fichte verarbeitet, in Kürze soll Kiefer hinzukommen, weil die durch einen höheren Harzanteil antibakteriell wirkt. Als Bindemittel dient meist rezyklierter Kunststoff, allerdings rein aus Kostengründen. Technisch genauso gut ginge es mit dem Biopolymer, nur liegt der Kilopreis dann rund dreimal so hoch. Eine Aufgabe für den Vertrieb – und Simon Hagemann ist sich sicher: „Wir werden bestimmt Kunden dafür finden, denen der ökologische Aspekt besonders wichtig ist.“ Anders als Echtholz überstehen Bausteine aus Re-Wood übrigens auch Reinigungsgänge in der Spülmaschine, sie sind sehr fest, nahezu unendlich haltbar und, wenn irgendwann doch einmal abgenutzt, immer wieder recycelbar. Beschichten lassen sie sich beispielsweise per Trommellackierung.

Vier Kinder halten die eingepackten Holzspielzeuge in der Hand. Davor steht ein Rechenschuber. Erfolgsprodukt Re-Wood: Die mathematikorientierten Lehrmittel und Spiele von Wissner bestehen aus 80 Prozent Holzmehl und einem Bindemittel oder einem Biopolymer.
Erfolgsprodukt Re-Wood: Die mathematikorientierten Lehrmittel und Spiele von Wissner bestehen aus 80 Prozent Holzmehl und einem Bindemittel oder einem Biopolymer. (Bild: Wissner/Krauss Maffei)

Holzmehl mit Standard-Plastifizierung verarbeiten

Die Entwicklung eines neuen Werkstoffs ist das Eine, die Verarbeitung das Andere. Obwohl es ebenfalls in Granulatform gebracht ist, verfügt Re-Wood durch seinen 80-prozentigen Holzanteil über ganz andere physikalische Eigenschaften als reine Kunststoffe. Vertriebsingenieur Peter Meisel: „Ich bin immer noch begeistert, dass wir es mit unserer Standard-Plastifizierung schaffen, Re-Wood in kontant hoher Qualität zu verarbeiten. Es waren keinerlei Anpassungen an Schneckengeometrie oder Rückstromsperre nötig.“ Das Know-how um Spritzparameter & Co. hütet Wissner sehr gewissenhaft, nur so viel darf verraten werden: Re-Wood schwindet nicht – beim Nachdruck sollte man also vorsichtig sein.
Derzeit drängt das Unternehmen immer stärker auf den Spielzeugmarkt, wobei Eigenprodukte stets einen mathematischen Charakter haben, wie das Spiel „Zahlenburg Hexagon“, bei dem es darum geht, schnell und sicher zu rechnen. Die sechseckigen Spielsteine aus Re-Wood wurden dafür bedruckt – ein zusätzlicher Fertigungsschritt, von dem auch renommierte Spielzeughersteller als Kunden profitieren. Die Branche ist derzeit insgesamt bestrebt, Produktionsprozesse aus Südostasien wieder nach Europa zurückzuverlagern. Dabei bietet der Hersteller aktiv seine Kompetenzen an. So entstehen in einem 46-fach-Werkzeug aus Re-Wood die bekannten Halma-Männchen – zusätzlich zu den Klassikerfarben auch in Lila und Natur. Die Ideen gehen dem findigen Team nicht aus und in Zukunft wird man Lehrmitteln und Spielsteinen aus Re-Wood sicher immer häufiger begegnen.

Quelle: Kraus Maffei, Wissner

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