Poster mit Aufschrift: Circular Economy ist eine Selbstverständlichkeit!

(Bild: Redaktion)

Mann mit dunkelblauem Jackett,  weißem Hemd und kurzen braunen Haaren. Hält ein Mikrofon in der Hand.
Markus Lackner, Managing Director Lindner-Recyclingtech, merkte in der Pressekonferenz an, dass durch die Rohstoffkrise der Abfall zum Wertstoff und damit dessen Recycling interessant wurde. (Bild: Redaktion)

Gefühlter Dreh- und Angelpunkt der Kreislaufwirtschaft war das Circular Economy Forum auf dem Freigelände. Der VDMA Dome bildete die zentrale Anlaufstelle für die fachlichen Informationen zur Kreislaufwirtschaft. In den angrenzenden Pavillons konnten die Besucherinnen und Besucher das Recycling von Plastikabfall bei den mehrmals täglich stattfindenden Livevorführungen verfolgen. So wurden dreimal täglich im Außenstand von Lindner unterschiedlichste Post-Consumer-Hartkunststoffe zerkleinert und gewaschen. Mit dem neuen Schredder Micromat HP, dem Friktionswäscher Twister und dem mechanischen Trockner Loop-Dryer wurden die Prozessstufen Zerkleinern, Waschen, Trocknen mit integrierter Wasseraufbereitung anhand von Post-Consumer-Hartkunststoffen demonstriert. Täglich wurden auch Post-Consumer-Kunststoffe, sogenannte Dolly-Palletten, die von der Firma Engel zur Verfügung gestellt wurden, geschreddert. Die von Lindner hergestellten Flakes wurden im Pavillon von Engel wieder zu Paletten verarbeitet. Die Unternehmen zeigten gemeinsam, wie mit einer Restfeuchte von < 1 % und einer gleichmäßigen Korngröße von 8 mm sortenreine und saubere Kunststoffflakes im Rahmen eines zweistufigen Spritzgussverfahrens direkt weiterverarbeitet werden können.

Weißer großer Staubsauger.
Vorwerk setzt bei seinen Produkten auf Nachhaltigkeit und setzt ein PIR-Rezyklat für eine signalweiße, kratzbeständige Abdeckung ein. (Bild: Redaktion)

Waren auf der K vor drei Jahren erste zarte Anfänge von Produkten aus Rezyklaten ausgestellt, so konnten die Besucherinnen und Besucher in diesem Jahr geradezu aus dem Vollen schöpfen. Eine Vielzahl von Anwendungen waren auf dem gesamten Messegelände und im Circular Economy Forum zu sehen. Im Pavillon von Coperion war das neue Kobold VK7 Modular Reinigungssystem von Vorwerk ausgestellt. Der Hausgerätehersteller setzt nicht nur auf Qualität und Langlebigkeit bei seinen Produkten, sondern immer stärker auch auf Nachhaltigkeit. Der Akku-Staubsauger mit Saugwischer ist ein gutes Beispiel dafür, denn er enthält eine Abdeckung aus signalweiß eingefärbtem, kratzbeständigen PIR-PP-Compound von Südpack. Das Rezyklat stammt von transparenten Restmengen aus der Produktion des Folienherstellers und sein Anteil im Compound liegt bei über 40 %. Im Vergleich zu einer Abdeckung aus PP-Neuware werden mit dem Compound aus Ochsenhausen mehr als 35 % CO2-Equivalenten eingespart.

So wird beim Recycling Energie gespart

Auch das Thema Energieeffizienz ist in der Kreislaufwirtschaft wichtig, denn das Zerkleinern, Mahlen, Waschen und Extrudieren benötigt erhebliche Mengen Strom, sodass die Hersteller Weiterentwicklungen vorgenommen haben. So erzielt beispielsweise Lindner Washtech durch den Einsatz von Wärmetauschern sowie die Isolierung der materialfördernden Komponenten beim thermischen Trockner Ecodry Energieeinsparungen von bis zu 30 %.

Eine große graue Anlage von Lindner.
Schreddern, Waschen, Trocknen waren die Aufgaben der von Lindner gezeigten Anlagen. (Bild: Redaktion)

Doch auch die Kunststoffverarbeiter, die in ihren Produktionen Mahlgut verarbeiten, wollen den Stromverbrauch verringern. So war bei Hellweg zu erfahren, dass das Programm der Smartcontrol Steuerung der angebotenen Mühlen dahingehend optimiert werden konnte, dass beispielsweise beim Mahlen von Angüssen, Blasformen und Profilen 50 % weniger Energie benötigt wird. Am Messestand wurde dies an einer Zentralmühle gezeigt, deren Energieverbrauch gemessen, aufgezeichnet und ausgewertet wurde.

Mann mit dunkelblauem Jackett und Krawatte, weißem Hemd und kurzen graumelierten Haaren zeigt mit dem Finger auf einen Monitor.
Mark Hellweg, Geschäftsführer Hellweg Maschinenbau, stellte Schneidmühlen vor, die im Betrieb 50 % weniger Energie benötigen. (Bild: Redaktion)
Zwei Männer stehen vor einer blauen Maschine. Der linke Mann mit Jeans, weißem Hemd und dunkelblauem Jackett. Der Mann recht in Jeans und weißem Polohemd.
Heinz Schnettler, Geschäftsführer Pla.to (li.), und Oliver Stöcker, Leiter Verfahrensentwicklung Saperatec, präsentieren die getrennten Schichten von Papiermehrschichtverbundverpackungen. (Bild: Redaktion)

Verbundmaterialien sind beim Recycling nach wie vor herausfordernd. Daher wurden auf der Messe mehrere Ansätze vorgestellt. Eine Technologie zum Delaminieren von Verbundverpackungen ist die von Saperatec. Das Unternehmen zerlegt Flakes aus Mehrschichtverbundmaterial in einem Heißwaschprozess mit einer wasserbasierten, lösemittelfreien Trennflüssigkeit in seine unterschiedlichen Bestandteile – ohne Verluste, ohne Umwandlung. Sind die Schichten voneinander gelöst, getrocknet und liegen lose vor, so werden diese mit der Trockenreinigungstechnik vom Partner Pla.to getrennt, sodass am Ende des Prozesses Aluminium, Folie und Papier in unterschiedlichen Fraktionen voneinander getrennt vorliegen. Im Gespräch am Messestand wies Oliver Stöcker, Leiter Verfahrenstechnik des Unternehmens, ausdrücklich darauf hin, dass das Verfahren nicht für coextrudierte Folien geeignet ist, da in diesen Verbunden keine Klebstoffschicht vorhanden ist. Saperatec, Wentus und Henkel präsentierten auf der K den Prototyp einer Beutelverpackung, die zu 35 % aus PCR-Rezyklat aus Getränkekartonabfällen hergestellt ist.

Eins, zwei oder drei oder doch alle?

Drei Gläser gefüllt mit braunen geschredderten Kunststoffresten.
Fraunhofer CCPE: KI könnte künftig das Recyclingverfahren für Schredderleichtfraktionen bestimmen. (Bild: Redaktion)

Das Fraunhofer CCPE zeigte auf der K das Konzept für eine Recyclingkaskade für Kunststoffabfälle, die mit konventionellen, mechanischen Verfahren nicht mehr rezyklierbar sind. Hierzu gehören beispielsweise gemischte Verpackungsabfälle, Schredderreste oder Verbundmaterialien. Die Einsatzstoffe werden per KI vorsortiert und über eine Kombination aus drei innovativen Recyclingtechnologien behandelt. Die Technologien – lösemittelbasiertes Recycling zum Generieren von Rezyklat, Solvolyse zum Rückgewinnen der Monomere sowie die Pyrolyse zum Erlangen der Grundchemikalien – werden einzeln oder in Kombination eingesetzt. Mit diesem Konzept kann nach Angaben der Forscher die Qualität der Kunststoffrezyklate deutlich verbessert und die Produktausbeute erhöht werden.

Polyester im Kreislauf halten

Das Recycling von Polyester ist am Markt ein vielschichtiges Thema und war auf der Messe mit verschiedenen Ansätzen und für verschiedene Ausgangsstoffe thematisiert. Die Liquid State Polycondensation (LSP) von Next Generation Recyclingmaschinen (NGR) ermöglicht, PET-Abfälle wieder zu lebensmitteltauglichem Material zu verarbeiten. Der Prozess ist schonend, sodass die Materialeigenschaften des PET unverändert bleiben. Das Verfahren entzieht innerhalb von wenigen Minuten der Schmelze sämtliche Verunreinigungen, wodurch ein Wiederverwenden des PET-Rezyklats im Lebensmittelbereich möglich ist. Das Recycling von Polyester wird zumeist mit Getränkeflaschen in Verbindung gebracht. Doch über 60 % aller hergestellten Textilien enthalten oder bestehen aus Polyester, für die es derzeit noch wenig Recyclingoptionen gibt. Im Rahmen des Green Deal hat die EU-Kommission die EU-Textilstrategie veröffentlicht. Diese fordert unter anderem mehr Recycling und überträgt auf die Hersteller das Entsorgen sowie das Recycling. Rittec hat auf der Messe vorgestellt, dass mit der Revol-PET-Technologie Mischgewebe in seine Grundchemikalien zerlegt werden kann. Das PET wird nach Unternehmensangaben in zu über 95 % bei unter 160 °C selektiv in seine Grundbausteine zerlegt. Aus diesen können wieder Polyesterfasern hergestellt und neue Textilien produziert werden. Stammen die Grundchemikalien für die PET-Erzeugung aus Textilabfällen, so sind deren CO2-Emissionen um 60 % geringer als die fossiler Rohstoffe. „Aktuell arbeiten wir mit Partnern aus der Textilwirtschaft und der Recyclingindustrie daran, unsere Technologie im industriellen Maßstab einzusetzen“, sagt Carsten Eichert, geschäftsführender Gesellschafter von Rittec.

Fahhrad mit großem gelben Kunststoffrahmen und mintfarbenen Kunststofffelgen.
Healix hatte ein Fahrrad mit nach Düsseldorf gebracht, dessen Felgen mit Rezyklat aus Meeresmüll hergestellt wurden. (Bild: Redaktion)

Viel Aktivität in der Start-up Zone

Und in der Start-up Zone der K Messe war das Thema Kreislaufwirtschaft ebenfalls präsent. Das niederländische Clean-Tech-Start-up Healix hat es sich zum Ziel gesetzt, Kunststofffaserabfälle wie Fischernetze, Blumenzwiebelnetze, Bigbags sowie Ballenpressengarne im Kreislauf zu halten. Ein eigenentwickeltes, patentiertes Verfahren zum Depolymerisieren von PET stellte das Spin-off Ioniqa, das ebenfalls aus den Niederlanden kommt, vor. Unter Zuhilfenahme von Ethylenglykol und weiteren „Magnetic Fluids“ erfolgt die Depolymerisation in hochreine, farblose Monomere, die als Ausgangsstoff für neues PET dienen. Die beiden Hamburger Start-ups Traceless und Cirplus waren auch Teil dieses Bereichs. Traceless stellte Produkte aus Biopolymeren vor, die aus Reststoffen der Agrarindustrie hergestellt werden. Die Granulate können zu bioabbaubaren extrudierten oder auch spritzgegossenen Produkten verarbeitet werden. Den digitalen Rezyklathandel brachte das Team von Cirplus dem interessierten Publikum näher. Auf der Plattform werden weltweit neben Rezyklaten auch Compounds aus Off-Spec Materialien gehandelt. Ein digitaler Handel von Rezyklaten ist Vertrauenssache. Deshalb wurde die DIN SPEC 91446 vom Mitgründer und CEO Christian Schiller initiiert, um die Qualität der angebotenen Werkstoffe sicherzustellen. Der VDMA vermeldet zum Messeende, dass die K 2022 der Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe einen enormen Schub gegeben hat. Das Interesse des in- und vor allem auch ausländischen Fachpublikums überstieg deutlich die Erwartungen der Maschinenbaufirmen, die neben ihren Messeständen ihre Innovationen speziell für die Kreislaufwirtschaft im Circular Economy Forum des VDMA präsentierten. Bleibt zu hoffen, dass die eindrückliche Botschaft der Branche Plastikabfall als Wertstoff statt als Müll zu sehen von den Besucherinnen und Besuchern mit in ihre Heimatländer genommen wurde und auf fruchtbaren Boden fällt.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

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