Eine Frau und ein Mann in der Circular Lab der BMW Welt in München.

Workshops im Circular Lab der BMW Welt in München. (Bild: Plasticpreneur/Dennis Diatel)

Die Kunststoffverarbeitung und insbesondere das Recycling von Kunststoffen ist im Vergleich zu anderen traditionellen Bereichen wie der Holz-, Metall-, Glas- und Stoffverarbeitung ein eher junges Gewerbe. Da das Material historisch gesehen ein Gamechanger war und dessen Verarbeitung schnell den industriellen Maßstab annahm, konnte sich aber im Gegenzug zu den über Jahrhunderte hinweg gewachsenen Gewerben weder ein klassisches Handwerk noch lokale Infrastrukturen entwickeln. Durch das Fehlen traditioneller Arbeitsweisen, Schnittstellen und Wertschöpfungsketten mangelt es auch an entsprechenden Berührungs- und Anknüpfungspunkten in der Gesellschaft. Ein niederschwelliger Zugang zu Kunststoffverarbeitung- und -recycling könnte dazu beitragen, die Hemmschwelle zu senken, sich mit diesem Material zu beschäftigen und eine berufliche Zukunft im Kunststoffsektor für sich zu entdecken. Dass es nicht immer noch schneller, mehr und automatisierter sein muss, zeigte sich in den Versuchen der Kreativbranche und NGOs rund um den Globus, Kunststoff eigenständig und dezentral zu verarbeiten und zu recyceln. Da die konstruierten Maschinen jedoch der „Marke Eigenbau“ angehörten, konnten nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt werden und die Verletzungsgefahr war hoch.

Ein „fehlendes Handwerk“ entwickelt sich

Durch den mittlerweile etablierten und bekannten Zugang zu 3D-Druck verbreiten sich auch die Möglichkeiten, mit Kunst-stoffen zu arbeiten, und ein Handwerk in diesem Bereich nimmt Einzug. Aufgrund der Verarbeitungsverfahren und der dabei eingesetzten Materialien entspricht dies  aber nur (bedingt) der „klassischen“ Kunststoffverarbeitung – fehlende Recycling- möglichkeiten/-verfahren werden hierbei kaum aufgegriffen. Hier setzt das Team von Plasticpreneur an: Es erkannte den Bedarf an professionellen, modularen Maschinen und Werkzeugen im Kunststoffsektor und produziert aufgrund dessen in Österreich seit Mitte 2019 Maschinen für diese Einsatzzwecke. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden von dem Start-up eine Spritzgussmaschine, ein Extruder, ein motorisierter und ein manueller Schredder, ein Luftfilter sowie hunderte Spitzguss- und Extrusionswerkzeuge auf den Markt gebracht.

Zwei Hände, die einen roten Kamm über einem Tisch halten. Auf dem Tisch liegen noch Zange, Schrauben etc.. Kunststoffrecycling hands-on erleben, Kreativität fördern und Bewusstsein  bilden – das sollen die Maschinen und Werkzeuge von Plasticpreneur ermöglichen.
Kunststoffrecycling hands-on erleben, Kreativität fördern und Bewusstsein bilden – das sollen die Maschinen und Werkzeuge von Plasticpreneur ermöglichen. (Bild: Plasticpreneur/Dennis Diatel)

In über 80 Ländern im Einsatz

Die Anwendungsgebiete sind breit gefächert: Unter den Kunden befinden sich unter anderem Unternehmen, die die Maschinen im Bereich Forschung & Entwicklung und meist gleichzeitig auch in deren Ausbildungsstätten, in Workshops für Mitarbeiter und Besucher, aber auch im Rahmen von CSR-Projekten einsetzen. Zu den Kunden von Plasticpreneur zählen Universitäten, Bildungseinrichtungen, Makerspaces, gemeinnützige Werkstätten, Ocean Cleanups, Waste Picking Organisationen, NGOs sowie multinationale Unternehmen und Organisationen wie die BMW Group, VW, Nike, Adidas, The North Face und SOS-Kinderdorf. Das Unternehmen wurde für sein internationales Engagement bereits mehrfach ausgezeichnet und in vielen Ausstellungen präsentiert wie der Expo 2020 in Dubai und dem Vitra Design Museum.

Herstellung von Zaunpfählen mit dem Extruder von Plasticpreneur in Uganda.
Herstellung von Zaunpfählen mit dem Extruder von Plasticpreneur in Uganda. (Bild: Plasticpreneur)

Einfacher und günstiger Recycling-Prozess

Der Kunststoffmüll wird gesammelt, manuell gereinigt und sortiert. Der sortenreine Kunststoffmüll wird im Schredder zu Kunststoffflakes zerkleinert. Die Flakes werden im nächsten Schritt in die Spritzgussmaschine und/oder den Extruder eingefüllt. Binnen weniger Minuten werden die Kunststoffflakes unter Hitze und Druck in ein Werkzeug gespritzt beziehungsweise extrudiert. Für Produkte bis zu einem Volumen von  150 cm³ kommt die Spritzgussmaschine zum Einsatz, für Pflastersteine, Zaunpfähle und Halbzeuge – aus denen beispielsweise wiederum Bänke, Tische, Boote und vieles mehr hergestellt werden können – wird der Extruder verwendet. Anstelle der Flakes können auch Granulate, Regranulate und neue Materialien – beispielsweise aus dem Bereich der biobasierten Thermoplaste – verarbeitet und getestet werden. Die Maschinen arbeiten mit Netzstrom von 230 V (kein Dreiphasenstrom notwendig) und lassen sich aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts leicht weltweit verschicken; die Inbetriebnahme erfolgt binnen weniger Minuten.
Da sie im Frugal und Circular Design- Ansatz entwickelt wurden, lassen sich die Maschinen einfach bedienen und instandhalten. Diese schnelle Form der qualitativ hochwertigen Kunststoffverarbeitung macht die Maschinen für Unternehmen sehr interessant. Im Rapid Prototyping-Verfahren können innerhalb kürzester Zeit Prototypen erstellt und Materialtests durchgeführt werden – was zuvor Monate gedauert hat, geschieht nun mithilfe der Maschinen innerhalb kürzester Zeit und dazu noch zu einem Bruchteil der Kosten.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Lokal Kreislaufwirtschaft realisieren

Recycling ist ein Teilbereich der Circular Economy. Das Team von Plasticpreneur möchte aber nicht nur den Zugang zu Kunststoffrecycling ermöglichen, sondern auch zu dem entsprechenden Know-how und dabei gleichzeitig das Bewusstsein der Menschen bilden, um verantwortungsbewusst und nachhaltig mit dem Material im Sinne einer Kreislaufwirtschaft umzugehen. „Ob ein Produkt jedoch am Ende seiner Produktlebenszeit im Mülleimer, der thermischen Verwertungsanlage oder im schlimmsten Fall in der Natur oder in unseren Gewässern und Ozeanen landet, hängt bereits maßgeblich vom Design des Produktes ab“, erklärt Sören Lex, CEO und einer der vier Mitgründer von Plasticpreneur. Das Unternehmen arbeitet deshalb auch mit Unternehmen, Universitäten und Organisationen zusammen, da Kreislaufwirtschaft aus ihrer Sicht ein gemeinsames Handeln erfordert. Seit Mitte 2022 hält die Erema Group eine Minderheitsbeteiligung an der Plasticpreneur GmbH – eine Partnerschaft mit der geteilten Mission: „2030 ist die Circular Economy für Kunststoff Wirklichkeit.“

Gemeinsam Zugang schaffen

Bis Auszubildende in Unternehmen und Ausbildungsstätten sowie SchülerInnen und Studierende in Bildungseinrichtungen den Zugang zu den industriellen Maschinen erhalten, dauert es meist einige Zeit. Dies liegt unter anderem daran, dass entsprechendes Know-how erst aufgebaut werden muss und zugleich an dem kostenintensiven Betrieb. Darum werden hierbei gerne die CE-zertifizierten small-scale Maschinen von Plasticpreneur eingesetzt und direkt in die Lehrpläne und Curricula integriert. In der BMW Welt in München werden mit den Maschinen und Werkzeugen im „RE:BMW Circular Lab“ Workshops zum Thema Kreislaufwirtschaft durchgeführt. Den Teilnehmern wird es ermöglicht, eigenständig Kunststoffmüll in neue Produkte zu transformieren. Dadurch wird der Recyclingprozess begreifbar gemacht und ein bewusster Umgang mit dem wertvollen sekundären Rohstoff gebildet. Das Follow-up-Projekt „Circular Heroes Challenge“ an Schulen wurde gemeinsam mit dem BMW Group Werk Landshut konzipiert, pilotiert und 2022 mit dem deutschen „Schulewirtschaft-Preis“ ausgezeichnet. Die Maschinen kommen auch in vielen strukturschwachen Ländern dezentral zur Produktion von nachhaltigen, lokal benötigten Produkten zum Einsatz. So ist es möglich, die Wertschöpfung im Land zu behalten, zugleich Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen und das selbstständige Lösen von lokalen Herausforderungen zu fördern. Ein Beispiel hierfür ist „Eco Brixs“ – ein Sozialunternehmen in Uganda. Lokal werden die Recyclingmaschinen und Werkzeuge von Plasticpreneur dazu genutzt, Plastikabfälle in langlebige Pflastersteine, Zaunpfähle und Halbzeuge umzuwandeln. Durch Bildung und Umweltbewusstsein fördert Eco Brixs verantwortliche Abfallbewirtschaftung für eine saubere, nachhaltigere Zukunft.

Quelle: Plasticpreneur

Fakuma 2023: Halle A6, Stand 6314

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