4 Männer durchschneiden ein lilanes Band bei der Eröffnung einer Produktionshallte

Gemeinsam mit Philip O. Krahn, CEO Holdinggesellschaft Otto Krahn Group (2. v.l.), und Norbert Nieder, Kreishandwerksmeister (2. v.r.), eröffneten Jens Kaatze, CEO Mocom (rechts), und Horst Raasch (links), Standortleiter in Gardelegen, symbolisch den Neubau. (Bild: Redaktion)

Update ++ Interview mit Jens Kaatze nach einem Monat Anlagenbetrieb

Jens Kaatze, CEO Mocom (Bild: Redaktion)

Herr Kaatze, das Werk in Gardelegen ist nun seit einem Monat in Betrieb. Lief der Start der Produktion der Compounds mit recycelten Kohlefasern wie geplant?

Jens Kaatze: Ja, der Start lief wie geplant. Aktuell können wir noch parallel in Neuburg an der Donau produzieren, was uns die Möglichkeit gibt, in Gardelegen verschiedene Tests zu fahren, die uns gute Einblicke in die Produktion verschaffen. Dadurch können wir unsere Produktion parallel weiter optimieren. Wir sind sehr zufrieden mit den technischen Ergebnissen des Produktionsstarts.

Wie hoch ist die tägliche produzierte Menge derzeit?

Kaatze: Aktuell fokussieren wir uns auf verschiedene Tests, inklusive Lasttests, sodass die momentane Produktionsmenge nicht aussagekräftig ist. Wir schaffen es aber, die Designkapazität zu erreichen und sogar zu überschreiten.

Welche Branchen beliefern Sie mit diesen Compounds?

Kaatze: Die Compounds werden in Sport- und Freizeitanwendungen verwendet, aber auch in der Automobilbranche, aus der die mengenmäßig größten Abnehmer kommen.

Aus welchen Quellen beziehen Sie die PIR-Kohlefasern?

Kaatze: Die Quellen für Kohlefasern sind vielfältig. Die meisten kommen aus Betrieben, die Gelege aus Carbonfasern herstellen. Wir arbeiten darüber hinaus bereits mit PIR- und PCR-Fasern aus pyrolisierten Abfällen.

Wie „einfach“ lassen sich die Carbonfaserabfälle zerkleinern?

Kaatze: Das ist tatsächlich nicht ganz einfach. Die heterogene Herkunft der Fasern stellt eine erhebliche technische Herausforderung dar, da die Fasern aus unterschiedlichen Rohstoffströmen nach der Zerkleinerung eine einheitliche Qualität aufweisen müssen. Zu diesem Zweck haben wir in Zusammenarbeit mit unseren Partnern ein robustes und durchsatzstarkes Zerkleinerungsaggregat entwickelt. Gleichzeitig tendieren die zerschnittenen Fasern dazu, sich zu verknäulen – für den weiteren Verarbeitungsprozess werden aber einzelne Fasern benötigt. Zusammen mit unseren Partnern haben wir auch hierfür eine Technologie entwickelt, die diese Herausforderung effizient löst. Der Betrieb dieser Technologie erfordert jedoch spezielle Schutzvorkehrungen aufgrund der Flüchtigkeit kleiner Kohlefaserpartikel.

Ist für den Faserschnitt ein spezielles Handling erforderlich?

Kaatze: Ja, wie oben erwähnt, müssen hier Vorkehrungen zum Schutz der Mitarbeiter getroffen werden, da die geschnittenen Fasern sehr klein und flüchtig sind. Zusätzlich haben wir spezielle Förder- und Dosieraggregate entwickelt, die ein nahezu staubfreies Handling und Extrudieren der Kohlefasern ermöglichen.

Carbonfasern verstärken zahlreiche Leichtbauteile. Beabsichtigen Sie diese an deren End-of-Life ebenfalls in Gardelegen zu recyceln?

Kaatze: Absolut. Selbstverständlich können wir die hier hergestellten thermoplastischen Kunststoffe auch wieder recyceln. Auch bei Laminaten arbeiten wir derzeit an einer Lösung. Hier arbeiten wir mit Partnern zusammen, die in einem Pyrolyseverfahren zunächst die Harze von den Verbünden trennen und uns dann die Fasern zur Verfügung stellen.

Ursprüngliche Meldung ++

Auf einem 39.000 m² großen Gelände entstand in den letzten 12 Monaten ein modernes Produktionsgebäude, in dem der Compoundeur nun carbonfaserverstärkte Kunststoffe herstellt. Die eingesetzten Carbonfasern reduzieren durch ihre Wiederverwendung erheblich die CO2-Bilanz der damit hergestellten sehr leichten und hochbelastbaren Kunststoffe. Insgesamt investierte die Otto Krahn Gruppe, zu der die Mocom gehört, 10 Mio. Euro am Standort Gardelegen.

„Beim Bau dieser neuen Produktionshalle haben wir großen Wert daraufgelegt, dass das Gebäude fit für die Zukunft ist. So ist beispielsweise eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert, die unsere Produktion autark mit Strom versorgt. Außerdem werden wir unsere Prozessabwärme für das Heizen nutzen", erklärt Jens Kaatze. „Wir starten zu Beginn mit einer Extruderlinie und den Anlagen zur Aufbereitung der Carbonfasern für das Compounding, also die Herstellung von Kunststoffen für die Weiterverarbeitung. Die Halle ist so dimensioniert, dass noch weitere Extruderlinien Platz finden", so Kaatze weiter. Sein Dank galt den ausführenden Baufirmen, die größtenteils aus der Region stammen und ein lokales Umsetzen des Projektes ermöglichten.

Hier können Sie die Entstehung des Werkes im Zeitraffer sehen

Deshalb ist die Standorterweiterung für alle ein Gewinn

Philip O. Krahn betonte in seiner Rede, dass es wichtig sei, dass schonend mit den Ressourcen der Erde umgegangen wird, dass die Wertstoffkreisläufe geschlossen und weniger Primärmaterialien eingesetzt werden. Deshalb beschäftige sich die Unternehmensgruppe seit vielen Jahren mit dem Thema Kunststoffrecycling.

Norbert Nieder bezeichnete es als kluge Entscheidung, dass der Hamburger Compounder in Gardelegen investiert hat, denn dadurch werde die Industrialisierung in der strukturschwachen Region etwas vorangebracht. Nur wenn Handwerk und Industrie das gleiche Ziel verfolgen, kann der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt und Arbeitsplätze geschaffen werden beziehungsweise erhalten bleiben.

„Wir freuen uns sehr auf die Erweiterung unseres Standortes in Gardelegen. Besonders hervorheben möchte ich auch die gute Unterstützung durch die Stadt Gardelegen sowie die Wirtschaftsförderung und die zuständigen Behörden des Altmarkkreises Salzwedel", so Horst Raasch.

Statement von Philip O. Krahn zur Investition am Produktionsstandort Deutschland

Mann im blauen Anzug
Philip O. Krahn, CEO Otto Krahn Gruppe (Bild: Redaktion)

„In Deutschland gibt es bekanntermaßen Standortfaktoren, die es uns als mittelständisches Unternehmen nicht leicht machen zu investieren: Fachkräftemangel, hohe Energiepreise und überbordende Bürokratie sind die wichtigsten.

Dennoch gibt es viele gute Gründe, an Deutschland als Standort festzuhalten.

Deutschland ist unser Heimatmarkt, wir kommen von hier und fühlen uns dem Standort verpflichtet. Nach wie vor ist Deutschland für unsere Unternehmungen einer der bedeutendsten Absatzmärkte weltweit. Indem wir hier produzieren, können wir kurze Wege sicherstellen und damit ressourcenschonend agieren. Auch in Bezug auf Qualität und Verfügbarkeit ermöglicht uns dies, unseren hohen Ansprüchen für den hiesigen Markt gerecht zu werden.

Dennoch bedarf es eines positiven Umfelds, das die erschwerenden Faktoren für uns Produzenten perspektivisch abfängt oder so gestaltet, dass wir auch in Zukunft hier wirtschaftlich handeln können. Wir sind weltoffen und wollen und müssen das auch sein. Politik und Gesellschaft müssen sich im Klaren darüber sein, dass „Made in Germany“ kein Selbstgänger ist.“

Warum Carbon-Compounds wichtiger werden

Der Probebetrieb im Vorfeld der Einweihung war erfolgreich, sodass am 21. Mai 2024 die Produktion aufgenommen wurde und nun jährlich mehr als 3.000 t Carbonfaser-Compounds am Standort hergestellt werden können. Carbonfaserverstärkte Kunststoffe sind noch eine relativ neue Produktklasse. Diese zu recyceln wird künftig zunehmen. Aktuell werden in Gardelegen Fasern, Gelege und Gewirke als PIR-Abfälle aus der Industrie verarbeitet. Zum Aufbereiten von carbonfaserverstärkten Kunststoffteilen, da künftig als „Wertstoff aus dem Feld“ zur Verfügung stehen werden, führt das Unternehmen bereits Untersuchungen durch. Denn carbonfaserverstärkte Compounds nehmen im Produktportfolio von Mocom eine strategische Rolle ein.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

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