Wenn es keine Vorgaben zur eindeutigen Regelung der Qualität eines Rezyklats gibt, kann der Wert dafür nicht beziffert und das Rezyklat nicht gehandelt werden. Der Weg zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft führt über ein konsequentes Design for Recycling, umfassende Qualitätsstandards für die entstehenden Rezyklate und eine Produktdesign for Recyclates, um deren Wiedereinsatz zu ermöglichen.
Die deutsche Kunststoffindustrie nimmt technologisch eine führende Position ein und ist seit vielen Jahrzehnten mit ihren innovativen Produkten und Technologien sehr erfolgreich. Aber gerade vor diesem Hintergrund ist sie dabei, einen ähnlichen Fehler wie die Automobilindustrie zu begehen. Während man innerhalb der Branche regelmäßige Erfolge feiert und dabei die ökologischen Herausforderungen ignoriert oder zumindest nicht entschlossen und ehrlich angeht, sinkt außerhalb der Branche zunehmend das Image der Kunststoffe. Die Branche hat sich viel zu lange überwiegend nur auf die Optimierung der technischen Performance ihrer Produkte konzentriert und lineare, ausschließlich gewinnoptimierte Wirtschaftsmodelle betrieben.
Warum eine funktionierende Kreislaufwirtschaft allein nicht ausreicht
Es wird jedoch immer deutlicher, dass die vielfältigen, vorteilhaften Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften, die für das jahrzehntelange Wachstum gesorgt haben, gleichzeitig mit entsorgungstechnischen und ökologischen Herausforderungen verbunden sind. Während die Erfolgsgeschichte der Kunststoffe damit begann, dass es gelungen war, aus kurzlebigen Naturprodukten langlebige Werkstoffe zu machen, setzen wir heute vielfach diese langlebigen Werkstoffe für kurzzeitige und minderwertige Aufgaben ein, ohne dass es dabei schlüssige, gut funktionierende Kreislaufkonzepte gibt. Die Persistenz der Kunststoffe führt zu ihrer globalen Verbreitung in allen Bereichen der Umwelt, wie sich auch an der stetig wachsenden Marine-Litter-Problematik zeigt. Zukünftig ist im Kunststoffbereich daher die konsequente Einführung einer globalen, flächendeckenden Kreislaufwirtschaft zwingend erforderlich.
Daher werden auf politischer Ebene zunehmend Regelungen und Gesetze erlassen, die Kunststoff-Einwegprodukte limitieren und/oder erhöhte Recyclingquoten fordern, nach dem Vorbild von Papier, Glas oder Metall. Die hohe Variabilität der für jeden Einsatzzweck optimierten Werkstoffe und Produkte und der preiswerte petrochemische Feedstock für Neuware erschwert jedoch ein hochwertiges Kunststoffrecycling. Eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist daher ein viel stärker in den Vordergrund rückendes recyclinggerechtes Material- und Produktdesign (Design for Recycling). Die Recyclingfähigkeit muss ebenso zur Material- und Produktperformance gehören wie die Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften. Gleichzeitig ist aber auch eine gezielte Material- und Produktgestaltung notwendig, die die mehrfache Integration der erzeugten Rezyklate erlaubt, das heißt, ein hier so bezeichnetes „Design for Recyclates“.
Wo das Recycling funktioniert und wo nicht
Weitere wichtige Bausteine für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sind die entsprechende Sammel-, Sortier- und Aufbereitungslogistik und die nachgelagerte Recyclingtechnologie. Während beispielsweise das inzwischen logistisch sehr gut geregelte Recycling von PET-Flaschen zu hochwertigen, sortenreinen Rezyklaten führt, erzeugen die Ansätze der dualen Systeme selbst bei Recyclingquoten im unteren zweistelligen Prozentbereich minderwertige Rezyklate als Output. Wesentliche Ursachen hierfür sind der aus gemischten und kontaminierten Verpackungsabfällen bestehende, variable Inputstrom und eine bisher mehr auf Quantität als auf Qualität ausgelegte Recyclingtechnik. Dies führt dazu, dass es auf der einen Seite zunehmend Anwender gibt, die auf der Suche nach geeigneten Rezyklaten sind, und auf der anderen Seite gleichzeitig aber die Anbieter von Rezyklaten keine Abnehmer finden. Um diese etwas groteske Situation aufzulösen, wird eine verlässliche Rezyklatwirtschaft mit stabilen Lieferstrukturen, klar geregelten Verantwortlichkeiten und definierten Qualitätsstandards für die erzeugten Rezyklate benötigt.
Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die Qualitätsstandards für Kunststoff-Rezyklate und die Qualitätsangaben zu kommerziell erhältlichen Rezyklaten erstmalig in umfassender Form ausgewertet.
Im Bereich des Kunststoffrecyclings wurden insbesondere innerhalb der letzten zehn Jahre einige neue Normen entwickelt und veröffentlicht. Diese Normen können unterschieden werden nach Standards, die auf bestimmte Materialien, bestimmte Kunststoffprodukte oder auf allgemeine Aspekte wie Terminologie, Probennahme, Prüfverfahren oder Dokumentationspflicht abzielen (Abb. 1).
Kunststoffrecycling: Der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
Welche Standards für Terminologie, Probennahme und Prüfverfahren gibt es?
Die DIN EN 15347 stellt die geforderten Angaben zur recyclingspezifischen Charakterisierung von Kunststoffabfällen, wie eine einfache visuelle Farbbewertung, oder die Form (Chips, Folie, Flaschen, Fasern, …) sowie zur Herkunft des Abfalls und Angaben zur erwarteten groben Zusammensetzung (Hauptkomponenten und weitere Komponenten, einschließlich Massenanteile, falls bekannt) dar. Darüber hinaus kann der Lieferant des Rezyklates noch freiwillige Angaben zu verschiedenen Kennwerten und Merkmalen machen, wie dem Filtrationsgrad beim Einsatz eines Schmelzverfahrens, mechanische Kennwerte, Schmelzflussrate, flüchtige Bestandteile, Feuchte oder Aschegehalt. Dabei muss aber deutlich angegeben werden, ob es sich um die Eigenschaften des ursprünglichen Virgin- oder des resultierenden Recyclingmaterials handelt.
Die DIN EN 15343 beschreibt die Überwachung des Recyclingverfahrens (Prozessvariablen, Qualitätskontrolle, Chargenbezeichnung) und die Angaben zur Rückverfolgbarkeit bis zu den Sortierzentren und Wertstoffhöfen für Haushaltsabfälle oder dem Materialhersteller und Verarbeiter bei industriellen Abfällen. Außerdem macht diese Norm Angaben zur Bestimmung des Rezyklatanteils als prozentualer Massenanteil des Rezyklats im Produkt. Da es jedoch keine Methoden für eine direkte analytische Bestimmung des physikalischen Rezyklatgehalts in einem Material oder Produkt gibt, kann der Rezyklatanteil nur über dokumentarische Nachweise der Rezyklat-Inputströme und über eine zugehörige Konformitätskontrolle dargestellt werden.
Die DIN EN ISO 15270 macht Angaben zur Terminologie im Bereich des Recyclings. Es werden beispielsweise Begriffe wie Biologisches, Chemisches, Mechanisches, Pre- oder Post-Consumer Recycling, Energierückgewinnung oder Abfall definiert.
DIN CEN/TS 16011 (DIN SPEC 91011) regelt die manuelle oder maschinelle mechanische Homogenisierung und Teilung von Proben und macht Angaben zur Probennahme sowie Probenvorbereitung für eine nachfolgende Charakterisierung des Abfalls, Input- oder Output-Materials der verschiedenen Sortier-, Aufbereitungs- und Recyclingprozesse.
DIN CEN/TS 16010 (DIN SPEC 91010) enthält in der Mathematik bekannte statistische Zusammenhänge zur Beschreibung von Proben beziehungsweise Stichproben der Probenahmeverfahren mit Bezug auf die Prüfung von Kunststoffabfall und Rezyklaten.
Bei all diesen Standards zum Wording fehlt nach Meinung der Autoren unbedingt noch eine klare Regelung zur eindeutigen und einheitlichen Verwendung des Begriffs Rezyklat selbst. In den unterschiedlichen Standards werden zwar Formulierungen für Rezyklate verwendet, wie „Material von gebrauchten thermoplastischen Produkten, die gereinigt und zerkleinert oder zermahlen wurden“ oder „verwertbare Kunststoffmaterialien, die durch Recycling von Kunststoffabfällen erzeugt werden“. Aber es werden auch Mischungen aus rezyklierten Materialkomponenten mit Neuware als Rezyklat bezeichnet. Zudem werden dabei keine Angaben zum Recyclingverfahren (mechanisch, chemisch) oder zum Inputmaterial selbst gemacht. Das bedeutet, dass der Begriff Rezyklat derzeit für alle Materialien mit einem bzgl. der Art nicht näher definierten Rezyklatanteil größer 0 % verwendet werden kann. Diese noch unklare Regelung zum Wording wird dazu führen, dass zukünftig der Begriff Rezyklat, wesentlich getrieben durch Marketingaktivitäten, sehr großzügig verwendet und damit eine Angriffsfläche für entsprechende Green-Washing Diskussionen bieten wird.
Die DIN SPEC 91446 ermöglicht es, Kunststoffrezyklate nach vier unterschiedlich umfangreichen Datenqualitätsstufen zu klassifizieren. Der Standard soll den Akteuren entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine konsistente Kommunikation erleichtern.
Welche produktspezifischen Recycling-Standards existieren?
Bei den produktspezifischen Normen handelt es sich meist um Standards, die durch bestimmte Branchen der Industrie mit vorangetrieben wurden und sich auf spezielle Fragestellungen einzelner Materialien und Produkten fokussieren.
So legt die DIN CEN/TS 16861 (DIN SPEC 91009) Analysenverfahren für die Prüfung von Polyethylenterephthalat (PET)-Rezyklat für die Lebensmittelindustrie fest. Dort wird der Prüfablauf, das heißt das kryogene Zermahlen, das Ansetzen von Stammlösungen, die Prüfbedingungen für Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) und selektive Ionenregistrierung (SIM) sowie gleichzeitig die maximale Konzentration von 6 kritischen chemischen Verbindungen (Acetaldehyd, 2-Methyl- 1,3-dioxolan, Ethanol, Ethylacetat, Hexanal und Limonen) vorgegeben, die eine typische, in lebensmittelechtem PET nach Gebrauch enthaltene Verunreinigung darstellen.
Die ISO 12418-1 und -2 gibt konkrete Hinweise zur Charakterisierung von Post-Consumer-PET-Flaschen-Rezyklaten. Angefangen beim mechanischen Recyclingprozess einschließlich möglicher chemischer Vorbehandlungen über die Bewertung der Geometrie der Flakes, Pellets oder Pulver bis hin zur vorgesehenen Anwendung (Spritzblasen oder Spritzguss, Extrusion, Faserherstelleng, Nahrungsmittelkontakt) und den technischen Eigenschaften (Kontaminationen mit Fremdsubstanzen wie Labels, Fremdpolymeren, Intrinsische Viskosität oder Feuchtegehalt).
Bei der DIN EN 17410 handelt es sich um einen recht neuen Normentwurf aus dem Jahre 2019 für Hart-PVC Fenster und Türen. Umfassend werden dort die Kriterien und Prüfverfahren für das PVC-Eingangsmaterial, das Recycling-Output-Material (= Konverter Eingangsmaterial) und der wieder gebrauchsfertigen PVC-Formmasse als Extrusionseingangsmaterial festgelegt.
Die Technische Spezifikation DIN CEN/TS 14541 (DIN SPEC 16498) legt in kurzer Form Begriffe und wenige empfohlene Materialeigenschaften sowie zugehörige Prüfverfahren für die Verwendung von Rezyklat aus Hart-Polyvinylchlorid (PVC-U), Polypropylen- (PP) und Polyethylen- (PE) Materialien für Rohrleitungen und ähnliche Formstücke fest.
DIN EN 13430 legt allgemein die Anforderungen für Verpackungen fest, die als stofflich verwertbar eingestuft werden und schließt verschiedene Aspekte, von der Entwicklung der Verpackung, der Herstellung, den Gebrauch sowie der Sammlung ein. So sollen Angaben zu den Massenprozenten den recyclebaren und nicht recyclebaren Verpackungskomponenten gemacht werden und es werden auch Kriterien zur (Rest)entleerbarkeit und Sortierung beschrieben.
Welche materialspezifischen Standards sind vorhanden?
Für die mengenmäßig wichtigsten Massenkunststoffe existieren auch materialspezifische Standards. Im Einzelnen sind dies DIN EN 15342 für PS, DIN EN 15344 für PE, 15345 für PP, DIN EN 15346 für PVC und DIN EN 15348 für PET. Auf diese spezifischen Standards wird häufig in den zuvor beschriebenen Standards verwiesen. Aus Sicht der Autoren machen diese Standards jedoch nur einen ersten Anfang zur Qualitätskontrolle von Rezyklaten, da sie für die einzelnen Materialien nur wenige Kennwerte und Prüfverfahren angeben. Gemäß diesen Standards müssen für die Rezyklate nur lediglich 5–7 Merkmale verpflichtend angegeben werden. Etwa die gleiche Anzahl an Merkmalen kann dann noch freiwillig ergänzt werden (Abb. 2).
Diese wenigen Vorgaben sind bei weitem nicht ausreichend, um die Qualität eines Rezyklates zufriedenstellend zu beschreiben. Neben der geringen Anzahl an verpflichtenden Angaben sind auch die teilweise unverbindlichen oder „weichen“ Prüfmethoden zur Charakterisierung der Rezyklate kritisch zu bewerten. So fordert nur der Standard von PE in seiner aktuellsten Ausgabe Angaben zu Fremdpolymeren, und nur der von PVC fordert spezielle Prüfmethoden zur Erfassung weiterer möglicher Verunreinigungen. Oder es erfolgt beispielsweise bei der Farbprüfung nur eine Sichtprüfung, die eine subjektive Einschätzung statt objektiver Farbwerte als prüfbare und etablierte Angabe ergibt.
Zusammengefasst sind die Vorgaben in den Standards sind noch sehr lückenhaft, und es besteht eine hohe Notwendigkeit, diese Standards sowohl hinsichtlich der erforderlichen Qualitätsangaben zu den einzelnen rezyklierten Materialien als auch den zugehörigen Prüfverfahren deutlich weiter auszuarbeiten. Zudem wäre für den Ausbau der Kreislaufwirtschaft die Entwicklung weiterer spezifischer Standards auch für andere Kunststoffe, wie etwa Polyamide (PA), Polycarbonat (PC) oder Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer (ABS) sehr hilfreich und notwendig.
Eine Übersicht über die technischen Eigenschaften kommerziell verfügbarer Rezyklate
Ergänzend zur Übersicht über Standards im Bereich des Kunststoffrecyclings werden im Folgenden die technischen Eigenschaften von Kunststoff-Rezyklaten betrachtet. Dazu wurden von diversen, kommerziell erhältlichen, thermoplastisch (gefüllten) Regranulaten und rezyklierten Compounds insgesamt 174 technische Datenblätter (TDB) – 51 TDB für PP, 50 für LDPE, 35 für HDPE, 18 für PA, 17 für PC und 3 für PS – von 23 Anbietern, ausgewertet.
Kommerziell werden dabei sowohl additivierte, beispielsweise mit Flammschutz und Wärmestabilisatoren modifizierte, als auch nicht additivierte Kunststoff-Rezyklate angeboten. Die Rezyklate werden seitens der Hersteller für diverse Anwendungen, wie etwa Folien, Verschlüsse, Haushaltswaren, Sport und Freizeit, Behälter, Profile, Lüftungskanäle, Rohre oder Möbelteile empfohlen. Die Auswahl an verfügbaren rezyklierten Materialien ist dabei im Bereich der Polyolefine am höchsten. Bei anderen betrachteten Kunststoffen, wie zum Beispiel PA, PC oder ABS, gibt es aktuell deutlich weniger Anbieter (Abb. 3). Grundsätzlich fällt dabei auf, dass die meisten Hersteller sich entweder auf Polyolefine oder mehr auf technische Kunststoffe fokussieren. Es gibt wenige Anbieter, die in beiden Bereichen aktiv sind.
Ein weiterer grundsätzlicher Punkt, der bei der Auswertung der Datenblätter auffällt, ist die große Spannweite hinsichtlich der Quantität und Qualität der Angaben in den TDB. Einige der angebotenen Regranulate und Compounds setzten sich laut den Angaben zu 100 % aus einem Rezyklat zusammen. In anderen Datenblättern werden dagegen nicht einmal Angaben zum Rezyklatanteil oder gar ob es sich überhaupt um ein Rezyklat handelt, gemacht. (Die TDB, bei denen diese Angaben fehlen, wurden in der Auswertung nur berücksichtigt, wenn das entsprechende Unternehmen auf seiner Homepage aussagt, dass die Firma Kunststoffrecycling anbietet und keine Informationen zu materialgleicher Neuware ausgewiesen sind oder die TDB auf eine explizite Anfrage nach Rezyklat-Werkstoffen von den entsprechenden Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden). Außerdem gibt es Rezyklate, deren TDB nur ganz wenige Angaben und Kennwerte zum Werkstoff enthalten, und es wird zudem teilweise auch nicht angegeben, wie die Werte bestimmt wurden. Darüber hinaus gibt es recht häufig zu den angegebenen Werten noch relativierende Anmerkungen, wie zum Beispiel, dass es sich um Durchschnittswerte oder repräsentative Werte handelt, welche nicht für die Festlegung von Spezifikationen bestimmt sind und keine verbindliche Zusicherung für diese Eigenschaften abgeleitet werden kann. Auf der anderen Seite existieren bereits TDB von einzelnen Rezyklaten, die durchaus hinsichtlich des technischen Informationsgehalts mit denen von Virgin-Materialien vergleichbar sind. Vermutlich wird sich die Qualität der TDB von Rezyklaten zukünftig mit der Übernahme verschiedener Recycler durch große Materialhersteller weiter verbessern, da diese die Anforderungen an TDB und definierten Materialqualitäten aus ihrem Geschäft mit Virgin-Materialien bestens kennen.
Im Idealfall sollten die Angaben zu den verschiedenen technischen Eigenschaften möglichst umfassend und in Anlehnung an die entsprechenden Prüfstandards erfolgen. Die Abbildungen 4, 5, 6, 7, 8 und 9 fassen die Angaben zur Charakterisierung der jeweiligen Eigenschaften in den ausgewerteten TDB zu den einzelnen Rezyklat-Kunststoffen rPE, rPP, rPS, rPC und rPA nochmals in einer Art Ampelsystem entsprechend der Wertigkeit und Qualität der jeweiligen Angaben zusammen.
Auch wenn die Angabe aller Eigenschaften nicht für alle Materialtypen gleichbedeutend oder von beschränkter Aussagekraft ist – beispielsweise ist eine Angabe zur Wasseraufnahme von PE, der LLDPE-Anteil außerhalb vom LDPE-Rezyklaten oder die Brandeigenschaften bei den Polyolefinen nur bedingt sinnvoll – so fallen jedoch auch hier nochmals die teilweise großen Lücken und unvollständigen Angaben in den Datenblättern zu den einzelnen Rezyklat-Werkstoffen auf. Lediglich die grünen Balken stellen eine zufriedenstellende Angabe zur Charakterisierung der entsprechenden Materialeigenschaft des Rezyklats dar. Die roten Balken zeigen dagegen die Eigenschaften auf, zu denen keine Angaben für die Rezyklate gemacht werden.
Am meisten Wert wird auf die Angabe von Schmelzfließrate und Dichte gelegt: Die Bestimmung der Schmelzfließrate erfolgt bei PP in 88 %, bei HDPE in 91 %, bei LDPE in 68 % und bei PA in 50 % aller Fälle nach DIN EN ISO 1133. In den seltenen Fällen wird dafür stattdessen die eigentlich bereits zurückgezogene DIN 53735 angewendet. Ein anderer, häufig angegebener Wert ist die Dichte nach DIN EN ISO 1183. Oft werden außerdem noch die mechanischen Eigenschaften angegeben, beispielsweise die Bestimmung von Zugeigenschaften nach DIN EN ISO 527, von Biegeeigenschaften (DIN EN ISO 178) oder Schlagzähigkeit (DIN EN ISO 179). Bei den technischen Kunststoffen werden sogar in allen der knapp 40 ausgewerteten TDB die mechanischen Kennwerte für Zug und Charpy normkonform angegeben.
Dagegen fehlen in etwa der Hälfte der Fälle Angaben zur Wärmeformbeständigkeitstemperatur oder auch zum Glührückstand.
Die Angaben für optische Eigenschaften, wie etwa Farbe, werden bei allen Kunststoff-Rezyklaten angegeben, allerdings werden diese nicht nachvollziehbar ermittelt und klar beschrieben. Es werden in den TDB Angaben gemacht wie „visuelle Prüfung“, „ca. RAL-7016“ oder „Material ist in verschiedenen Farben wie schwarz, tiefschwarz und ul-traschwarz erhältlich“. Bei manchen TDB wird die Bestimmung der Farbe zwar nach DIN EN 15344 angegeben. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass in der aktuellen Fassung dieser Norm die Bestimmung der Farbe als „Sichtprüfung“ erfolgt. Insbesondere Angaben zur Farbe, zum Glührückstand oder auch zur Filtrationsfeinheit bei der extrusionstechnischen Aufbereitung sind bei den Rezyklaten jedoch besonders wichtig, da sie unter anderem Rückschlüsse auf mögliche Verunreinigungen zulassen. Im negativen Sinne ist zudem erneut bemerkenswert, dass in nur wenigen TDB-Angaben zum jeweiligen Rezyklatgehalt gemacht werden.
Warum das PET-Recycling als Vorbild dienen kann
Da PET eine Sondersituation darstellt, wurden die Datenblätter für PET-Rezyklate im Rahmen dieses Beitrags nicht ausgewertet. Die Sondersituation entsteht dadurch, dass es sich im Bereich des PET-Recyclings überwiegend um PET-Getränkelaschen handelt. Durch das inzwischen nicht nur in Deutschland, sondern auch in einigen anderen europäischen Ländern etablierte Pfandsystem ergibt sich hier im Vergleich zu den anderen Kunststoff-Rezyklaten ein materialtechnisch sehr sortenreiner Inputstrom mit gut bekannten Additiven und am Ende ein hochwertiges PET-Rezyklat.
Die Recyclingquoten für PET- Getränkeflaschen liegen in Deutschland bei über 80 %. Gleichzeitig ist PET auch der einzige Kunststoff, bei derm die Ausgangslage im Hinblick auf die verfügbaren Standards zufriedenstellend ist. Das PET-Recycling hat in der heutigen Form eine rund dreißigjährige Entwicklungs-, Auf- und Ausbau- sowie Optimierungsphase hinter sich und begann mit der Einführung des Einwegpfands im Jahre 1990. Nach Auffassung der Autoren können und sollten die positiven Auswirkungen des PET-Recyclingsystem sowohl bezüglich Pfandregelungen, aufgebauter Logistik, Recyclingtechnik, Standardisierung als auch des PET-Rezyklat-Marktes als Inspiration zum Ausbau einer höherwertigen Kreislaufwirtschaft auch für andere Kunststoffe und Kunststoffprodukte genutzt werden.
Warum der Werkstoff PS eine Sondersituation einnimmt
Auch beim PS ergibt sich eine besondere, jedoch umgekehrte Situation, obwohl aus technischer Sicht das PS-Recycling sehr gut funktioniert. Der große Kostendruck und die bisher niedrigen Quotenvorgaben in der Vergangenheit haben dazu geführt, dass nur vereinzelt eine Separation des PS aus dem Abfallstrom und ein nachgelagertes PS-Recycling erfolgt. Die physikalische Abtrennung von PS etwas aufwändiger als die von PE und PP, da man eine zweite Dichte-trennstufe und statt reinem Wasser ein Trennmedium von erhöhter Dichte (> 1.100 kg/m3) benötigt. Bei Standard- und HI-Polystyrol in Deutschland liegt in den gesammelten aber noch nicht konsequent sortierten und verwerteten Leichtverpackungen ein großes und bisher nur gering ausgeschöpftes Recyclingpotenzial. Beim expandierten PS (EPS) ist die Verwertung dagegen aus mehreren Gründen mit noch größeren Herausforderungen verbunden. Hauptprobleme beim Recycling von EPS-Abfällen sind hohe spezifische Transportkosten aufgrund der sehr niedrigen Dichte, starke Verschmutzungen und die Verwendung von (bromhaltigen) Flammschutzadditiven, insbesondere im Baubereich. Daher gibt es derzeit noch wenige PS-Rezyklate auf dem Markt.
Viele weitere technische Kunststoffe, wie zum Beispiel PA oder PC/ABS, stehen noch weiter am Anfang einer Kreislaufwirtschaft. Es fehlen gänzlich die Standards und auch entsprechende Marktstrukturen für die zugehörigen Rezyklate sind noch nicht entwickelt.
Weshalb die Rezyklatqualität nachvollziehbar steigen muss
Im Bereich des Kunststoffrecyclings wurden insbesondere innerhalb der letzten zehn Jahre einige neue Normen entwickelt. Diese Normen sind jedoch noch recht lückenhaft und werden von den Rezyklat-Anbietern nicht konsequent genug angewendet. Hierin liegt ein wesentliches Problem im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit und damit dem Einsatz sowie der Marktdurchdringung von Rezyklaten. Wenn es keine Vorgaben zur eindeutigen Regelung der Qualität eines Produktes gibt, kann auch der Wert dafür nicht beziffert und das Produkt damit letzten Endes nicht gehandelt werden. Der geringen Quantität und Qualität an Kennwerten bei Rezyklaten stehen vollständig ausentwickelte, umfänglich charakterisierte und preiswerte Virgin-Materialien gegenüber.
Designer, Konstrukteure oder Converter können bei den verschiedenen Rezyklaten noch zu wenig auf verlässliche Materialien zugreifen, und Anbieter von Rezyklaten finden umgekehrt daher keine Abnehmer. Bei den umgesetzten Kreislaufkonzepten handelt es sich daher bisher überwiegend um Insellösungen, das heißt direkte bilaterale Vereinbarungen zwischen Lieferanten und Abnehmern bezüglich der Qualität und Lieferbedingungen des Rezyklates. Oder es werden Post-Industrial-Rezyklate mit bekanntem Inputstrom und besser definierter Qualität eingesetzt. In der Breite beschränkt sich der Einsatz von Post-Consumer-Rezyklaten derzeit noch oft auf minderwertige Anwendungen, beispielsweise für Abfalltonnen, Abstandshalter oder Stützen im Baubereich, Zubehör für Tierboxen und Ähnliches. Für den zukünftigen Ausbau einer verlässlichen, höherwertigen und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ist die Weiterentwicklung, Etablierung und Anwendung umfassender Standards zur klaren Regelung der Qualitäten und Verantwortlichkeiten von Rezyklat-Werkstoffen unerlässlich. Des Weiteren muss auch die Verwendung des Begriffs Rezyklat klar geregelt werden, zum Beispiel durch die zwingende Angabe eines nachvollziehbaren Rezyklatanteils, um einem Missbrauch vorzubeugen.