In puncto Verfahrenstechnik formulieren die Firmen sehr unterschiedliche Trends, die aber zu mindestens teilweise einen gemeinsamen Nenner haben: „Grüne“ Materialen prägen die Entwicklung des Spritzgießprozesses. So betont Arburg, Loßburg, etwa, dass naturfaserverstärkte, biobasierte Kunststoffe, die bisher vor allem im Extrusionsbereich verwendet wurden, auch für das Spritzgießen „zunehmend interessanter“ werden. Als Beispiel nennt das Unternehmen Anwendungen im Automotive-Sektor. Die Materialien kombinieren laut Arburg Vorteile wie allgemeine Verfügbarkeit und CO2-Neutralität mit einem hohen ökologischen Anspruch und einer guten Preisstabilität im Vergleich zu Erdölprodukten. „Über einen unterschiedlichen Kunststoffanteil lassen sich Materialeigenschaften wie Festigkeit, Wasseraufnahme oder Schlagzähigkeit gezielt beeinflussen“, schreibt das Unternehmen. Dabei ließen sich naturfaserverstärkte, biobasierte Kunststoffe fast wie herkömmliche Kunststoffe verarbeiten – unter besonderer Berücksichtigung des Füllstoffanteils. “Dementsprechend müssen Geometrie, Kompressionsverhältnis und der Durchlass der Rückstromsperre an den eingesetzten Plastifizierungen abgestimmt sowie entsprechend optimiert sein“, führt Arburg dazu aus. In Abhängigkeit von Bauteilgeometrie und den daraus resultierenden Wandstärken müssten zudem Wärmehaushalt und Restkühlzeit an die Anforderungen des Produkts angepasst werden.
Innovationstreiber Kreislaufwirtschaft
„Der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für die Kunststoffindustrie ist ein wichtiger Innovationstreiber“, betont Engel Austria, Schwertberg, Österreich. Dabei ermöglichten es neue Verfahren, Rezyklate breiter einzusetzen. Als Beispiel nennt das Unternehmen sein Spritzgießsystem zur Herstellung von Sandwichprodukten, bei denen Neuware einen Kern aus rezyklierten Kunststoffen umschließt. Damit lassen sich laut Engel auch komplexe Bauteilgeometrien mit hohen Rezyklatanteilen realisieren. „Wichtig beim Sandwichspritzgießen ist, dass Neuware und Rezyklat derselbe Kunststoff sind“, heben die Schwertberger hervor. „Dies stellt sicher, dass sich auch die Sandwichprodukte am Ende ihrer Nutzungsdauer wieder leicht recyceln lassen.“
Wittmann Battenfeld, Kottingbrunn, Österreich registriert „vermehrt Anfragen zur Auslegung von Maschinen für die Verarbeitung von Post-Consumer Recycling Grades und in diesem Zusammenhang Forderungen nach verstärktem Verschleißschutz bei gleichzeitig niedrigerem Invest“. Auch Dr. Boy, Neustadt-Fernthal, sieht einen wachsenden Einsatz von biobasierten und recycelten Materialien. „Den Forderungen nach verstärktem Materialeinsatz in einer Kreislaufwirtschaft wird durch die Anpassung des Spritzgießprozesses an „neue“ ökologische Materialien Rechnung getragen“, stellt das Unternehmen fest.
Innovationstreiber Brennstoffzellen
Für REP, Wald-Michelbach, ist die Brennstoffzellentechnik ein aktueller Trendsetter. Um die Leistungsfähigkeit der Brennstoffzellen bei kleiner Baugröße zu steigern, müssen die einzelnen Layer des Stacks so dünn wie möglich ausgeführt werden. „Bei der Herstellung bedeutet dies, dass die zu verarbeitenden Materialien höheren Drücken ausgesetzt sind und/oder ein verbessertes Fließverhalten aufweisen müssen, da die Dichtungshöhe direkten Einfluss auf die Baugröße hat“, schreibt die Firma. Der Spritzprozess müsse daher in engen Toleranzen beherrscht und zudem die Teile gratfrei produziert werden. REP bietet darauf abgestimmt Maschinen in „Flashless“-Ausführung an. „Hierbei werden verschiedene Anpassungen durchgeführt, um die Planparallelität und Steifigkeit weiter zur optimieren“, präzisiert das Unternehmen, das in seinem Technikum eine Fertigungszelle für Entwicklungsprojekte und Werkzeugbemusterungen speziell zum Thema Brennstoffzelle zur Verfügung stellt.
Brennstoffzellen sind auch ein Stichwort in den Ausführungen von Sumitomo (SHI) Demag Plastics Machinery, Schwaig. “Im Bereich Verfahrenstechnik erleben wir gerade die Renaissance von guten alt-bekannten Technologien mit neuen Schwerpunkten“, schreibt das Unternehmen. Grund dafür sei die Neuausrichtung wichtiger Branchen. „Die Elektromobilität sucht nach hochwertigen Lösungen für Dichtungen (Beispiel LSR-Verarbeitung im Bereich Brennstoffzellen) oder Materialien mit guten elektrischen Isolationseigenschaften (Beispiel BMC Verarbeitung)“, präzisiert Sumitomo. Im Bereich Verpackung wiederum seien nachhaltige Lösungen gefragt, die zu Materialeinsparungen, zum Beispiel durch physikalisches Schäumen, führen oder die Verarbeitung von Rezyklaten, die im Wesentlichen Auswirkungen auf die Ausrüstung der Plastifiziereinheit und auf die Auswahl von Peripheriegeräten hat.
Wittmann Battenfeld beobachtet zudem einen generellen Trend hin zu höheren Ausstoßleistungen und führt dies unter anderem auf Fortschritte in der Prozesssimulation sowie bei den Kühlkanalgeometrien – Stichworte sind hier endkonturnahe Kühlung und 3D Druck von Formeinsätzen – zurück.
Weiter Weg zum autonomen System
Ein beherrschendes Thema im Spritzgießen ist und bleibt die Digitalisierung der Prozesse. „Der Trend der Vernetzung und Digitalisierung im Sinne von Industrie 4.0 ist in der Maschinentechnik hält weiter an“, betont etwa Wittmann Battenfeld. Die daraus gewonnenen Informationen werden durch KI-Unterstützung zur Optimierung der Prozesse und zur Fehlervermeidung in Assistenz- oder Expert-Systemen verarbeitet. „Die ersten Schritte sind gesetzt“, stellt das Unternehmen fest und betont gleichzeitig: „Die Anforderungen sind jedoch branchenabhängig und sehr hoch. Bis zu einem vollständig autonomen System ist der Weg noch weit.“ Gemäß Sumitomo erweitert die fortschreitende Standardisierung der Datenschnittstellen über den OPC-UA Standard die Flexibilität in der Integration und Auswahl der einzelnen Komponenten. „Die Möglichkeiten auf diesem Gebiet erweitern sich stetig“, schreibt das Unternehmen. „Derzeit stehen hier noch lokale, dezentrale Lösungen im Fokus. Diese werden sich aber sicher im Laufe der Zeit in zentrale, cloud-basierte Lösungen entwickeln, um diese Lösungen auch standortübergreifend austauschen beziehungsweise zusammenführen zu können.“ In die gleiche Richtung geht Dr. Boy: „Über moderne Schnittstellen wie OPC UA werden die Spritzgießmaschinen mehr und mehr in betriebliche Netzwerke integriert. Das Internet of Things hält Einzug in die Kunststoffbranche und ebnet den Weg zum kommenden Industriestandard 4.0.“
Engel geht näher auf die Bedeutung von intelligenten Assistenzsystemen ein, die „in immer mehr Spritzgießbetrieben Alltag“ werden. Dabei werden sich gemäß Engel in Zukunft nicht mehr länger nur einzelne Arbeitsschritte des Spritzgießprozesses optimieren lassen, sondern auch der Gesamtprozess. So analysiert zum Beispiel ein von dem Unternehmen neu entwickeltes System kontinuierlich mehrere hundert Parameter über alle Phasen des Spritzgießprozesses – Plastifizieren, Einspritzen, Kühlen und Entformen. Einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Smart Factory sehen die Schwertberger zudem in Künstlicher Intelligenz und Data Analytics, die zunehmend die Basis für die intelligenten Algorithmen zur Prozessüberwachung bilden.
Auch Arburg legt einen Fokus auf Assistenzfunktionen, mit denen sich Arbeitsschritte vereinfachen und damit Arbeitsaufwände reduzieren lassen. Als Beispiel nennen die Loßburger einen Plastifizierassistenten, der die Daten eines Speicherchips im Zylindermodul nutzt, um Parameter wie die Auslastung der Plastifizierung und Verweilzeiten automatisch zu berechnen. „Die Materialaufbereitung lässt sich so schnell bewerten und optimieren“, schreibt Arburg. Darüber hinaus gehe es bei Assistenzfunktionen auch darum, die Konstanz von Spritzgießprozessen weiter zu optimieren, zum Beispiel indem Qualitätsschwankungen im Material ausgeglichen und so etwa auch die Verarbeitungsfähigkeit von Post-Consumer-Rezyklaten (PCR) verbessert werde.
Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt betrifft laut Arburg die „Connectivity“ der Maschine und die Bereitstellung von Prozessinformationen der Maschinensteuerung an übergeordnete Software-Tools und Plattformen, wie etwa MES oder Remote Service, aber auch moderne Kundenportale. Für entsprechende Datensicherheit sorgen demzufolge in die Spritzgießmaschinen integrierte IIoT-Gateways. Engel berichtet zudem von einer verstärkten Nachfrage nach Condition Monitoring von kritischen Maschinenkomponenten. „Die zustandsbasierte, vorausschauende Instandhaltung trägt dazu bei, ungeplante Anlagenstillstände zu vermeiden und die Instandhaltungskosten zu senken“, schreibt das Schwertberger Unternehmen. In diesem Zusammenhang hat Engel die Performance seines Monitoringsystems erweitert, indem jetzt auch der Zustand von Barriereschnecken analysiert und zuverlässige Aussagen über den Zustand der Schnecken getroffen werden können.
Ein weiteres digitales Zukunftsthema ist die vorausschauende Wartung der Maschinen. Als Beispiel hierfür nennt Arburg die leistungsabhängige Schmierung. Dabei werden Schmierintervalle werden nicht mehr einfach aufgrund der Anzahl der Zyklen definiert, sondern abhängig von eingestellten Kräften, Geschwindigkeiten, Wegen und Zeiten für jede Anwendung individuell berechnet. „Das reduziert den Wartungsaufwand und spart Schmierstoffe. Predictive Maintenance führt damit auch immer zu mehr Ressourceneffizienz, schreibt das Loßburger Unternehmen.
Kompaktheit ist Trumpf
In der Maschinentechnik selbst geht der Trend laut Engel weiter zu immer kompakteren Maschinen. Dazu passend stellte das Unternehmen m Oktober 2020 als erstes Modell der neuen Generation seiner vollelektischen Spritzgießmaschinen eine 180-Tonnen-Maschine vor, die um 450 mm kürzer als die bisherige 180-Tonnen-Ausführung ist, ohne dass der Öffnungshub verkleinert wurde. Auch die komplette Fertigung wird kompakter. So rüstet Engel die neue vollelektrische Maschine zur Markteinführung mit einer neuen Automatisierungszelle aus, die alle Automatisierungskomponenten und Downstream-Prozesseinheiten, wie etwa Qualitätskontrolle, Trayserver oder Boxenwechsler, umfasst und dabei deutlich schmaler als eine übliche Schutzumwehrung ist.
Elektrifizierung schreitet voran
In Bezug auf Antriebstechnik geht der Trend offenbar auch in Europa weiter in Richtung Elektrik sowie generell in Richtung Servotechnik. „Neben den bewährten Hydrauliksystemen werden zunehmend elektromechanische Servomotoren eingesetzt“, schreibt Dr. Boy dazu. „Deren Effizienz und Dynamik punkten je nach Einsatzzweck mehr und mehr bei den Anwendern.“ Wittmann Battenfeld zufolge geben servohydraulische und servoelektrische Lösungen aufgrund der vielen Vorteile nach wie vor den Trend an. „Zusätzlich sind die Rekuperation – die Rückgewinnung von zum Beispiel Bremsenergie der Maschine und des Roboters (auch bei servohydraulischen Systemen) – sowie die Verbesserung des Wirkungsgrades und die Auswirkung auf die Netzinfrastruktur aktuelle und zukünftige Themen“, stellt das Kottingbrunner Unternehmen fest. Gemäß Sumitomo befindet sich der Spritzgießmaschinenbau schon lange in der „Phase der Elektrifizierung“. Durch das gestärkte Bewusstsein in Hinblick auf nachhaltige Lösungen – unterstützt durch staatliche Förderprogramme – sowie aufgrund des „sich stetig verbessernden Preis-/Leistungsverhältnisses“ nehme der Trend zum elektrischen Antrieb noch weiter zu, ist Sumitomo überzeugt.
Energieeffizienz bleibt im Fokus
Nicht überraschend bleibt die Steigerung der Energieeffizienz im gesamten Fertigungsprozess eine Herausforderung für die Hersteller von Spritzgießmaschinen. Laut Engel rückt hierbei die Werkzeugtemperierung verstärkt in den Fokus – „zum einen weil sich viele Qualitätsprobleme auf die Temperierung zurückführen lassen und zum anderen weil sie neue Chancen für eine höhere Energieeffizienz der Spritzgießproduktion eröffnet.“ Dabei setzen die Schwertberger auf das von ihnen angebotene System zum automatischen Ausgleich von Temperaturdifferenzen im Kühlwasserverteilerkreis.
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