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SLS-PA12-Teil lackiert und stromlos mit Nickel beschichtet. (Bild: Fraunhofer IAP)

Heute kann kein 3D-Drucker, welcher Größe, Bauart oder Ausstattung auch immer, Objekte mit der gleichen Oberflächenqualität herstellen, wie herkömmliche Fertigungsverfahren. Beim Lasersintern (SLS) mit einem Pulver wie Polyamid ist die Rauigkeit der unbearbeiteten Produkte mit 100 bis 200 µm mittlerer Rautiefe (Rz) recht hoch. Nicht selten sind die Wände porös. Bei Prozessen, die mit einem UV-polymerisierbaren Harz arbeiten (Stereolithographie SLA, Photopolymer Jetting PJ), ist die Rauigkeit mit 80 µm Rz deutlich geringer. Dennoch führt der schichtweise Aufbau zu einer makroskopischen Struktur auf der Oberfläche. Wenn ein Polymer von einem Filament gedruckt wird, wie es bei der FDM-Technik (Fused Deposition Modelling) der Fall ist, ist auch der Übergang von einer gedruckten Linie zur anderen sehr ausgeprägt und ergibt Unebenheiten von 0,1 mm oder mehr. Die Rauheit kann durch Begrenzung der Schichtdicke während des Druckvorgangs reduziert werden. Der Druckprozess wird jedoch erheblich verlängert und die Produktionsgeschwindigkeit verringert.

Um eine gute Oberflächenqualität zu erreichen, ist eine Nachbehandlung notwendig. Für ein Prototyp-Produkt ist ein manuelles Finish akzeptabel. Geht die Industrie jedoch vom Prototyping zu einer kleinen Serie von Industrie- oder Konsumprodukten über, dann sind andere Techniken erforderlich, um Kosten und Zykluszeit zu reduzieren und eine gleichbleibende Produktqualität sicherzustellen.

Derzeit werden mechanische Techniken wie Polieren, Partikelstrahlen oder Vibrationsschleifen angewendet. Bei Werkstücken aus thermoplastischen Kunststoffen wird die Oberfläche auch durch die Behandlung mit Lösungsmitteldämpfen geglättet oder die Teile werden in eine das Polymer quellende Flüssigkeit getaucht. Alle diese Verfahren sind je nach Material mehr oder weniger aufwändig.

Wie kann nun die klassische Oberflächentechnik dazu beitragen, mit industrietauglichen Verfahren bessere Oberflächeneigenschaften bei additiv gefertigten Polymerteilen herzustellen?

Oberflächeneigenschaften bestimmen

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Verteilung der Werte der Wasserkontaktwinkel auf einer 10 x 15 cm großen PA12-SLS-Platte inklusive Mittelwerten (MW) und den mittleren Abweichungen (mit Abweichung). (Bildquelle: Fraunhofer IAP)

Die einleitend dargestellten Dimensionen der Rauigkeit verlangen, dass zum Glätten entweder eine dicke Schicht aufgebracht oder abgetragen werden muss. Für eine haftfeste Lackschicht ist häufig ein Aktivieren von Polymeroberflächen nötig. Um die Aktivierung zu charakterisieren und deren optimale Ausführung zu bestimmen, wurde die Benetzbarkeit und die chemische Zusammensetzung der Oberflächen von additiv hergestellten Platten vor und nach dem Aktivierungsschritt analysiert. Dabei zeigte sich eine recht hohe Variabilität der Daten an verschiedenen Stellen der Muster.

Bei den unbehandelten PA12 Platten (SLS) decken die Kontaktwinkel Werte zwischen 103° und 130° ab. Nach einer Reinigung mit Isopropanol wird die Streuung der Werte deutlich kleiner. Eine Plasma­behandlung mit Sauerstoff im Niederdruck führt zu einer sehr hydrophilen Oberfläche.

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XPS-Spektren der Kohlenstoff-C1s-Region von PA12 und SLS-PA12-Platten. (Bildquelle: Fraunhofer IAP)

Die Unterschiede in der Benetzbarkeit spiegeln sich auch in der chemischen Zusammensetzung der Oberfläche wieder. Die Oberfläche von mit SLS hergestellten Platten enthält 10 bis 12 at% Sauerstoff und 4 bis 7 at% Stickstoff (nach XPS [1]) und weicht damit deutlich von den Werten von PA12 ab (jeweils 7 at% Stickstoff und Sauerstoff). Die hoch aufgelösten Spektren der Kohlenstoff-C1s-Region weisen ebenfalls deutlich auf eine Oxidation der Oberfläche hin.

Ähnliche heterogene Oberflächeneigenschaften wurden bei durch Stereolithographie (SLA) hergestellten Epoxidharzen und durch Photopolymer Jetting (PJ) gefertigten Acrylharzplatten festgestellt. Die Vermutung liegt nahe, dass die Oberflächen von additiv gefertigten Polymerteilen offensichtlich Belastungen erfahren haben, die deren chemische Struktur veränderten. Dies macht ein Aktivieren zur Haftungsverbesserung der Lackschicht nur bedingt nötig. Treten jedoch Fehler auf, wie etwa eine mangelnde Haftfestigkeit der Beschichtung, sollten die heterogenen Oberflächeneigenschaften als mögliche Ursache betrachtet werden.

Aktivieren poröser Oberflächen

Für eine optimale Haftfestigkeit von Lackschichten auf Kunststoffteilen ist im Allgemeinen eine Aktivierung notwendig. Es wurde geprüft, welche Aktivierungstechnologien für die Anwendung im Bereich der Additiven Fertigung geeignet sind. Zunächst wurde die Spaltgängigkeit der Methode untersucht. Niederdruckplasmen gehören zu den Technologien, die am besten für komplexe Strukturen, Löcher, Gräben und andere Vertiefungen geeignet sind. Basierend auf Erfahrungen aus früheren Arbeiten [2] wurde das Durchdringungsvermögen von Aktivierungsagenzien für poröse Materialien mit unterschiedlichen nominellen Porengrößen untersucht. Als Modellmaterialien wurden Formkörper aus gesintertem Polyethylenpulver verwendet. Eine Aktivierung kann sichtbar gemacht werden, indem Polyethylenimin angekoppelt wird und die Amine mit einem Farbstoff angefärbt werden.

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Sinterkörper aus PE-Pulver nach Behandlung im Sauerstoffniederdruckplasma (links 30 s, rechts 60 s) und Anfärbung der aktivierten Bereiche. (Bildquelle: Fraunhofer IAP)

Bei Porengrößen von 80 µm und 40 µm wird nach 10 s beziehungsweise 30 s die komplette Aktivierung der Porenoberflächen von 5 mm großen Sinterkörpern erreicht. Selbst 10 mm große Teile mit 80 µm-Poren werden in 60 s praktisch komplett aktiviert. Bei Sinterkörpern mit kleineren Poren (7 µm) dringt die Vorbehandlung etwa 1 mm ein und auch nach 1.200 s Prozesszeit wird nur eine unvollständige Aktivierung erhalten.

Das Penetrationsvermögen von Sauerstoff-Niederdruckplasmen in additiv gefertigte Teile ist einerseits relevant für die Aktivierung komplexer Strukturen und andererseits für Poren in Bereichen, die eigentlich geschlossenen sein sollen. Die Strukturgrößen liegen bei additiv gefertigten Teilen normalerweise bei > 100 µm. Bei dieser Größenordnung ist von einer guten Aktivierung aller offenen Bereiche bis zu einer Tiefe von vielen Millimetern auszugehen. Bei größeren Weiten sollten auch Zentimeter möglich sein. Poren können hingegen Durchmesser von einigen wenigen µm aufweisen. Eine gute Haftfestigkeit des Lackes, der die Löcher schließen soll, kann auch bei relativ geringem Durchdringungs­vermögen der Aktivierung erzielt werden.

Als Alternative zum Niederdruckplasma wurden Mikroflammen untersucht. Sie werden über die zu aktivierende Oberfläche geführt, wobei sie entweder stetig brennen oder in Intervallen gezündet werden. So ist die lokale Aktivierung möglich.

Das Penetrationsvermögen ist deutlich geringer als beim Niederdruckplasma. Bei 3D-gedruckten Polymerteilen, deren Poren eher größer sind als 40 bis 80 µm, dringt die Beflammung wenigstens einige Millimeter in das Porensystem ein. Bei den verschiedenen Varianten von Atmosphärendruckplasmen kann mit ähnlichen Eigenschaften gerechnet werden.

Glätten durch Lackieren

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Rauigkeit von SLS-PA12 Platten vor und nach verschiedenen Behandlungen zum Glätten der Oberfläche (Spray-Beschichtung mit 2K-Acryllack, 1 Minute Nassschleifen). (Bildquelle: Sirris)

Beschichtungen werden in der Regel nach dem Polieren verwendet, um der Oberfläche ihr endgültiges Aussehen zu verleihen. Sie können auch verwendet werden, um die Objektoberfläche zu glätten, ohne dass vorher geschliffen oder poliert wird. Durch das mehrschichtige Aufbringen eines geeigneten Lackes auf das additiv gefertigte Teil kann eine deutliche Reduktion der Rauigkeit erzielt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass nach dem Aufsprühen eines Lackes in vier Schichten die Rauheit halbiert wird. Die vier Schichten werden zügig aufgetragen, da keine lange Trocknung erforderlich ist. Das Hinzufügen weiterer Schichten reduziert die Rauheit noch weiter. Allerdings wird die Rauigkeitsreduktion von Schicht zu Schicht geringer.

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SLS-PA12 Teil mit Spray-Beschichtung (2mal 4 Schichten 2K-Acryllack, nach Lackieren jeweils 1 Minute Nassschleifen, kratzfester Decklack). (Bildquelle: Sirris)

Viele der in der additiven Fertigung verwendeten Polymermaterialien, insbesondere PA12, aber auch zum Beispiel ABS, sind schwer polierbar. Wird ein gut polierbarer Lack verwendet, kann das Polieren deutlich effizienter gestaltet werden.

Funktionelle, beschichtete Oberflächen

Neben dem Abdichten und Glätten von Oberflächen können Lacke auch Zusatzfunktionen verleihen. Sie sind zum Beispiel häufig weniger empfindlich gegen Kratzer als die Polymermaterialien, die für die Additive Fertigung benutzt werden. Es gibt auch Lacke mit antimikrobiellen Eigenschaften oder zum Schutz vor UV-Strahlung. Die Oberflächen können auch über Bedampfen oder galvanisch mit Metall beschichtet werden. Das Produkt erhält dadurch einerseits ein metallisches Aussehen und wird andererseits elektrisch leitfähig. Gezeigt wurde dies an mit SLS aus PA12 hergestellten Teilen, die direkt nach dem Herstellen, nach dem Lackieren sowie nach Lackieren und Polieren metallisiert wurden. Nach einer Plasmaaktivierung wurde mit Nickel reduktiv beschichtet. Die Nickelbeschichtung bestand den Gitterschnitttest in allen Fällen ohne Abstriche. Einige Probeplatten wurden anschließend bei Atotech, Berlin, galvanisch mit Kupfer beschichtet. Die Kupferbeschichtung wurde beispielhaft ausgewählt. Mit Nickel oder auch Kupfer als Grundschicht können beliebige weitere Metallschichten galvanisch aufgebracht werden. Die Haftfestigkeit der Kupferschicht wurde mit einem 90°-Peeltest bestimmt. Bei 60 µm dicken Kupferschichten wurden Abzugskräfte von etwa 4 N/cm ermittelt. Es trat ein kohäsiver Bruch im Lack auf, das heißt, nach dem Abziehen der Kupferschicht waren Lackschichten auf beiden Seiten der freigelegten Oberflächen deutlich zu erkennen. Auch Teile mit komplexerer geometrischer Struktur konnten im Projekt des Fraunhofer-Instituts für angewandte Polymerforschung, Potsdam, haftfest metallisiert werden.

Ausblick

Das Glätten der Oberfläche von additiv gefertigten Bauteilen durch Lackieren kann auch für das Einbringen weitere Eigenschaften genutzt werden. Dieser innovative Ansatz kann zu einer deutlichen Steigerung des Gebrauchswertes dieser Bauteile führen und erschließt neue Anwendungsbereiche, die bisher aufgrund der mangelhaften Oberflächeneigenschaften der Produkte nicht zugänglich waren. Die Kombination von Lackieren mit Polieren stellt meist den effizientesten Weg zu glatten Oberflächen dar. Für beide Prozesse sind industriell eingeführte Verfahren verfügbar, die auch von Dienstleistern angeboten werden.

 

Literaturhinweise

[1] XPS: X-ray photoelectron spectroscopy, Röntgenphotoelektronenspektroskopie analysiert eine ca. 10 nm dicke Oberflächenschicht und liefert die Konzentrationen der chemischen Elemente (außer Wasserstoff und Helium) und Informationen über Bindungspartner.

[2] A. Holländer. Surface oxidation inside of macroscopic porous polymeric materials, Surface and Coatings Technology, 200 (2005) 561 – 564. doi: 10.1016/j.surfcoat.2005.01.091

ist Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam.

ist Projektleiter bei Sirris in Diepenbeek in Belgien.

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Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung IAP

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