Was waren die bisherigen Höhepunkte Ihrer Firmengeschichte?
Wolfgang Grimme: Eigentlich war für uns jedes Jahr gleich wichtig. Wir sind 1987 als Huber und Grimme im Garagenbetrieb in Wiedergeltingen gestartet und waren zwei Jahre später bereits auf der K-Messe in Düsseldorf. Da wir uns noch keinen eigenen Stand leisten konnten, haben wir einen Barhocker bei einem befreundeten Unternehmen dazugestellt und dort ein Video von uns vorgeführt. Interessierte Besucher haben wir dann zu unserer ersten Rundtisch-CNC-Maschine gebracht, die in einer Lagerhalle in der Nähe stand. Die Maschine gibt es heute noch als RT-F 1400. Wir sind die ganze Zeit gut gewachsen. Anfangs ging es so schnell, dass wir alle zwei, drei Jahre eine neue Halle bauen mussten. Seit Ende der Neunziger verkaufen wir auch ins Ausland, zuerst nach Österreich und in die Schweiz, dann kam der Rest Westeuropas hinzu. Später haben wir auch Kunden in Ländern wie Polen, Rumänien und Kroatien gewonnen. Um für unsere Maschinen weltweit Vertrieb und Service anbieten zu können, haben wir 2017 die italienische SCM Group durch eine Beteiligung ins Boot geholt. Jetzt ist der Zeitpunkt für die Übergabe des Unternehmens an die nächste Generation gekommen. Damit der Übergang langfristig und in geregelten Bahnen innerhalb der Familie verläuft, haben wir den Wechsel gut vorbereitet.
Wie haben Sie die Kunststoffindustrie in den vergangenen Jahrzehnten wahrgenommen – und wie auf Veränderungen reagiert?
Wolfgang Grimme: In der Tiefziehbranche hat über die Jahre die Größe der Teile immer mehr zugenommen, analog dazu wuchsen natürlich die Werkzeuge und die Tiefziehmaschinen. Auch die Anforderungen an die CNC-Maschinen zur Nachbearbeitung veränderten sich entsprechend. Auf den Trend zu Faserverbundwerkstoffen in Verbindung mit Glasfaser oder Carbon haben wir ebenfalls reagiert und zwischen 2004 und 2010 die ersten Anlagen ausgeliefert, die speziell hierfür konzipiert waren. Die größte Herausforderung war es, den aggressiven Staub, der sich auf Bauteile und die Elektronik legt, in Schach zu halten. Heute liegt ihr Anteil bei mehr als der Hälfte aller Bestellungen, wobei man natürlich mit jeder dieser Anlagen auch Tiefziehteile nachbearbeiten kann.
Wohin entwickelt sich die Kunststoffindustrie momentan aus Ihrer Sicht?
Philipp Grimme: Ich sehe vor allem drei Entwicklungen, die ich hervorheben möchte: Die wichtigste betrifft Faserverbundstoffe. Ihr Einsatz – egal, ob mit Carbon oder Glasfaser verstärkt – wird weiter zunehmen. Dann ist die Mobilitätswende zu nennen: Sie erfordert sehr viele Leichtbauteile und wird stark zur Nachfrage in der Kunststoffindustrie beitragen. Als dritten wichtigen Trend sehe ich den 3D-Druck. Er wird sich gewiss noch eine ganze Zeit im Aufwind befinden. Auch wenn Kunststoffe in mancherlei Hinsicht in der Kritik stehen: Wir glauben daran, dass sie langfristig genutzt werden, denn ihre Vielfalt an Eigenschaften ist einzigartig. Nur mit ihnen kann man so tolle, dreidimensional konturierte Teile fertigen.
Welche aktuellen Bearbeitungstrends sind für Ihr Unternehmen besonders relevant?
Philipp Grimme: Da ist zum einen die Automatisierung zu nennen, auf die wir von Kunden häufig angesprochen werden. Sie ist nicht zuletzt angesichts des Fachkräftemangels für viele Unternehmen interessant. Daher werden mit Robotern bestückte Anlagen zunehmen. Darüber hinaus erwarte ich, dass in den kommenden Jahren künstliche Intelligenz in sehr vielen Bereichen verstärkt genutzt wird. Die vermehrte Verwendung von Recyclingmaterialien ist im Hinblick auf unsere Maschinen kein Thema. Denn sie sind bereits heute hierauf vorbereitet und ohne Modifikationen einsetzbar.
Die große Übersicht zum Studium der Kunststofftechnik
Die Kunststoffindustrie sucht händeringend nach Fachkräften. Und auch die Hochschulen melden immer weniger Einschreibungen für ein Studium der Kunststofftechnik. In unserer Übersicht gehen wir für alle Interessierte den Fragen nach:
- Was macht eigentlich ein Kunststoffingenieur?
- Wie viel verdient ein Kunststoffingenieur?
- Wo kann ich Kunststofftechnik studieren?
Zahlreiche Unternehmen, die Bauteile aus Faserverbundstoffen nachbearbeiten, setzen auf Maschinen von HG Grimme Systech. Was zeichnet diese aus?
Philipp Grimme: Hierfür sind vor allem vier Gründe verantwortlich: Erstens sind wir sehr innovativ und entwickeln ständig neue Lösungen. Wir beobachten nicht nur die Marktentwicklung, sondern stehen in engem Kontakt mit unseren Kunden. Für sie und oft auch mit ihnen entwickeln wir neue Anwendungen, die sehr spezifisch ihren Anforderungen entsprechen. Zweitens haben wir ein sehr großes Produktspektrum mit zahlreichen unterschiedlichen Maschinentypen, das CNC-Bearbeitungszentren in Rundtisch-, Portal- und in Gantry-Bauweise umfasst. Drittens bieten wir eine große Vielfalt an Varianten und Konfigurationsmöglichkeiten. Am Ende können wir unseren Kunden für fast jede Anwendung die passende Lösung anbieten. Viertens haben wir in unserem Familienbetrieb kurze Wege. Wir können sehr schnell entscheiden: Können wir etwas machen? Wollen wir es machen? Wenn ja, wie machen wir es?
Welchen Schutz bieten Ihre Bearbeitungszentren bei der CFK-Bearbeitung vor den allgegenwärtigen Stäuben?
Wolfgang Grimme: Besonders bei der CFK-Bearbeitung entstehen viele hartnäckige Stäube, die sich überall verteilen. Daher bedarf es effektiver Maßnahmen, mit denen sowohl der Mensch als auch die Maschine geschützt werden. Denn ohne sie würde nicht nur der Werker stark gesundheitlich belastet, auch in Schaltschränken kommt es sonst zu Kurzschlüssen, da sich die Partikel elektrisch aufladen. Wir bieten CNC-Anlagen mit einem geschlossenen Maschinenraum – der gleichzeitig den Lärm vermindert – und einer umfassenden dreifachen Absaugung. Diese haben wir beispielsweise bei BMW in Landshut installiert. Der erste Sauger befindet sich direkt am Fräskopf, er führt Späne gleich am Entstehungsort ab. Dazu gibt es eine Raumabsaugung, die im Maschinenraum Schwebestaub entfernt. Eine dritte Absaugung führt Partikel von hinten durch die Spannvorrichtung ab. In Kombination mit der richtigen Maschine – beispielsweise einer Schrägbettanlage mit vertikalem Drehtisch – werden Stäube besonders effektiv entfernt. Der Werker kommt hierbei so gut wie gar nicht mehr in Kontakt mit Staub.
Viele kleine und mittelgroße Maschinenbauunternehmen aus dem ländlichen Raum haben Schwierigkeiten, Fachkräfte und Nachwuchs zu finden. Wie gelingt Ihnen das?
Philipp Grimme: Wir fördern unseren eigenen Nachwuchs und bieten ihm interessante Aufstiegschancen. Unser jetziger Betriebsleiter hat beispielsweise als Auszubildender angefangen und ist über viele Stationen in die heutige Position hineingewachsen. Außerdem ist die Arbeit bei uns abwechslungsreich, weil wir viele unterschiedliche Maschinen herstellen. Darüber hinaus herrscht in unserem Familienunternehmen eine familiäre Atmosphäre, die unsere achtzig Mitarbeiter, darunter fünf Auszubildende, sehr schätzen. Das ist einer der Gründe, warum es Beschäftigte gibt, die seit über 30 Jahren bei uns arbeiten. Umgekehrt sind wir auch unseren Mitarbeitern treu: Wir haben noch niemanden aus betrieblichen Gründen entlassen. Die große Wertschätzung der Belegschaft zeigen auch gute Bewertungen auf Personalportalen wie Kununu, von dem wir als einer der fünf Prozent besten Arbeitgeber Deutschlands 2024 mit dem „Top Company-Siegel“ ausgezeichnet wurden. Das persönliche Umfeld und Werte wie Beständigkeit, Wertschätzung, das Streben nach Qualität sowie die Übernahme von Verantwortung will ich auch als Geschäftsführer vorleben. Und für jeden, der ein Anliegen hat, steht meine Tür offen.
Herr Grimme, geben Sie Ihrem Sohn einen Rat mit auf den Weg?
Wolfgang Grimme: Den braucht er nicht, er ist gut vorbereitet. Wichtig war mir immer, Entscheidungen in Ruhe zu treffen, denn jedes Ding muss wohlüberlegt sein.
Halle/Stand A1/1417
Quelle: HG Grimme Systech
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