Hand hält Recyclingzeichen hoch

Way2K-Brancheninterview mit Peter Steinbeck, CEO Windmöller & Hölscher. (Bild: Ourteam - stock.adobe.com)

Peter Steinbeck, CEO Windmöller & Hölscher
Peter Steinbeck: "In Ländern wie Indonesien oder Vietnam, wo Kreislaufwirtschaft noch nicht gedacht wird, geht es darum, Leuchtturm-Kunden aufzubauen, die auch motiviert sind, das Thema Kreislaufwirtschaft anzugehen." (Bild: Windmöller & Hölscher)

Herr Steinbeck, was kann ein Maschinenbauer wie Windmöller & Hölscher tun, um Kunststoffkreisläufe zu schließen?

Peter Steinbeck: Wir können sicherstellen, dass die Maschinen mit den aus dem Kreislauf kommenden recycelten Materialien umgehen können und sie bestmöglich zu neuen Produkten verarbeiten. Aber es geht auch darum, Produkte so zu gestalten, dass sie überhaupt erst recyclingfähig werden. Ein Beispiel wäre der Einsatz von einfach zu recycelnden Mono-Materialien, die aber dieselben Eigenschaften wie mehrlagige Folien haben. Wir können Kunden eine Maschinenausstattung geben, die mit den Herausforderungen der Rezyklatverarbeitung optimal umgehen kann. Vor allem aber auch die richtige Beratung, damit unsere Kunden in ihren Ländern mit den Anforderungen ihrer Endkunden optimal umgehen können. Nachhaltigkeit ist in jedem unserer Gespräche mit Kunden ein wichtiges Beratungsthema.

Einige Länder in Asien oder Afrika haben oft nicht einmal eine Müllabfuhr. Wo muss man da ansetzen?

Steinbeck: Da sind unsere Möglichkeiten mit eigenen Maschinen begrenzt - Müllsysteme und Recyclinganlagen gehören nicht zu unserem Portfolio. Aber wir sind ja überall in der Welt unterwegs. Wir können den Unternehmen dort helfen, sich zu vernetzen. Wir können ihnen aufzeigen, wie man das verschmutze Material zurückbekommt, wie man es recycelt und wo man recycelte Ware herbekommt. Wir sehen auf unseren Reisen vielversprechende Projekte und können anderen in den Regionen davon berichten. Wir haben die Rolle eines Botschafters. In Ländern wie Indonesien oder Vietnam, wo Kreislaufwirtschaft noch nicht gedacht wird, geht es darum, Leuchtturm-Kunden aufzubauen, die auch motiviert sind, das Thema Kreislaufwirtschaft anzugehen. Und diesen dann die richtige Technologie für Ihre Anforderungen zu bieten.

 

maßgeschneiderte Hochleistungs-Blasfolienanlage
Windmöller & Hölscher ist unter anderem für seine maßgeschneiderten Hochleistungs-Blasfolienanlage bekannt. (Bild: Windmöller & Hölscher)

Aber muss man nicht mehr tun, wenn die Müllteppiche auf den Meeren kleiner werden sollen?

Steinbeck: Auf jeden Fall. Das Tolle ist, das gerade ganz viel in Bewegung ist. Ich fände es auch gut, wenn man die Kreislaufwirtschaft über Städtepartnerschaften in den Entwicklungs- und Schwellenländern fördern würde. Schließlich hat jede Stadt hierzulande heute Partnerstädte. Aber das sind meist westliche Städte. Warum sollte man nicht eine Partnerschaft mit Surabaya in Indonesien eingehen mit dem Ziel, dort ein kommunales Entsorgungssystem aufzubauen. Mit einem solchen Engagement erreichte man viel mehr als durch das Verbieten von Einwegtrinkhalmen.

Wie ist W&H mit eigenen Maschinen in diesen Ländern vertreten?

Steinbeck: W&H Maschinen sind weltweit im Einsatz. Unsere Kunden schätzen die Innovationskraft eines deutschen Maschinenbauers und die partnerschaftliche Beratung von W&H – aktuell besonders zum Thema Kreislaufwirtschaft. Gerade in Indien, China und vielen anderen Ländern gibt es aber auch Betriebe, die wir mit unseren Hochtechnologie-Maschinen noch nicht erreichen. Dennoch werden unsere Entwicklungen auch diesen zugutekommen. Das ist vergleichbar mit den Autos. Technische Neuerungen findet man zuerst im gehobenen Segment. Mit der Zeit aber auch in der Mittelklasse und schließlich bei jedem Kleinwagen. So kann am Ende deutsche Technologie auch hier einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung der gesamten Branche leisten.

 

Die Way2K-Interviewreihe:

Bis zur K-Messe 2022 sind es zwar noch einige Monate, nichtsdestotrotz können Sie die verbleibende Zeit investieren und einen Blick in die bisherigen Interviews aus der Way2K-Reihe des VDMA werfen. Hier gelangen Sie zur Übersicht.

Ein Problem der Kreislaufwirtschaft ist die unzureichende Verfügbarkeit und der noch niedrigere Verbrauch von Rezyklaten. Was ist hier zu tun?

Steinbeck: Wir in Deutschland oder auch in Europa müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu gehört auch, dass die Gelben Säcke, die wir alle so fleißig sammeln, nicht mehr exportiert werden, sondern tatsächlich im Land bleiben. Wenn es günstiger ist, sie nach Malaysia zu verkaufen, dann muss man das verhindern, auch auf EU-Ebene. Die Politik muss hier einen Riegel vorschieben. Im Übrigen befassen sich alle großen Folienhersteller, unsere Kunden, schon länger mit PCR, also Material, das aus Kunststoffverpackungsmüll gewonnen wird. Sie brauchen Maschinen, die auch bei Materialien geringerer Qualität wirtschaftlich betrieben werden können.

Die Digitalisierung ist eng verwoben mit der Kreislaufwirtschaft. Wie sind Sie hier positioniert?

Steinbeck: Mit Ruby haben wir eine IoT-Plattform entwickelt, die die Maschinen unserer Kunden innerhalb unserer Prozesskette verbindet. Sie stellt die Daten unserer Maschinen bereit. Über Apps können die Kunden Auswertungen machen oder auch Hilfestellungen für die Bediener bekommen. Das wird immer wichtiger, weil es immer schwieriger wird, hochausgebildete Fachkräfte zu finden. Wir helfen dem Kunden bei der internen Vernetzung und dabei, seine Daten über eine Cloud-Lösung auszuwerten. Kreislaufwirtschaft braucht Transparenz und Digitalisierung ist die Basis für mehr Transparenz. Nicht nur für die Kreislaufwirtschaft, sondern auch für Nachhaltigkeit allgemein: Sie hilft zum Beispiel durch Automatisierung effizienter zu arbeiten, weniger Material oder weniger Energie zu verbrauchen.

Ist die Bereitschaft da, über Unternehmensgrenzen hinweg zu agieren?

Steinbeck: Das gemeinsame Ziel Nachhaltigkeit hat der Branche einen Entwicklungsschub gegeben. Es entstehen aktuell mehr Kooperationen als je zuvor. Wir haben bestehende langjährige Partnerschaften beispielsweise mit Rohstoffherstellern, in denen wir jetzt auch diese Themen schnell gemeinsam angehen. Und wir profitieren davon, dass wir mit Extrusion, Druck und Verarbeitung gleich drei Verarbeitungsschritte im eigenen Portfolio haben. So können wir beispielsweise die Auswirkungen von neuen, nachhaltigeren Rezepturen auf den Druck direkt testen. Nachhaltigkeit geht nur zusammen, entlang der Wertschöpfungskette. Das gilt für die Digitalisierung, Effizienz und Kreislaufwirtschaft.

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