Um eine dauerhafte, optimale Leistung zu gewährleisten, war in der Entwicklung von Eisenbahnkomponenten jahrzehntelang Metall das Material der Wahl. Im Streben nach einer höheren Energieeffizienz, etwa durch Gewichtseinsparungen, aber auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Leistungsfähigkeit von technischen Kunststoffen, ist dieses Paradigma im Wandel begriffen. Dabei beschleunigt der Einsatz von neuen Entwicklungswerkzeugen und Herangehensweisen, wie moderne Simulationssoftware, diesen Wandel.
X-Plast ist ein Design- und Engineering-Unternehmen mit Sitz in Ungarn, das sich auf die Entwicklung und Herstellung von Kunststoff-Spritzgussprodukten spezialisiert hat. Als Entwicklungspartner zahlreicher internationaler Organisationen, von Start-ups bis hin zu Großunternehmen, werden Komplettlösungen vom ersten Entwurf bis zur Endmontage hochwertiger Produkte angeboten. Ein Großteil der Entwicklungsaufgaben werden dabei im eigenen Haus gelöst. Das Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, Anwendern möglichst nachhaltige Kunststofflösungen anzubieten. Bei der Entwicklung des Designs wird auf ausgereifte Software gesetzt. So können sämtliche Entwicklungsanforderungen erfüllt und eine produktspezifische Entwicklungsstrategie aufgebaut werden. Dazu gehört das gesamte Spektrum hochkomplexer, funktionsgesteuerter Designmethoden, die Nichtlinearität, Prozesssimulation und Anisotropie umfassen und einen vollständig gekoppelten Analyse-Workflow ermöglichen. Da in vielen Fällen neben der digitalen Validierung auch die Durchführung physischer Komponententests vor der Serienproduktion unerlässlich sind, hat X-Plast in sein hauseigenes 3D-Drucklabor investiert, um funktionale Prototypen und Kleinserien zu erstellen. Um mit den steigenden Anforderungen am Markt Schritt zu halten, setzt das Unternehmen für Struktursimulationen Altair-Lösungen ein. Zusammen mit Knorr-Bremse Rail Systems, ein führender Anbieter von sicherheitskritischen Systemen für den Schienenverkehr und andere Anwendungen, wurde in mehrjähriger Zusammenarbeit daran gearbeitet, Metallteile durch Kunststoffteile zu ersetzen. So konnten Kosten eingedämmt und das Gewicht der Eisenbahnkomponenten reduziert werden.
Die Rolle der Simulation in der Entwicklung
Bei einem kürzlich durchgeführten Projekt beauftragte Knorr-Bremse das Unternehmen mit der Neukonstruktion eines Metallteils, das leichter werden und gleichzeitig die Leistungs- und Steifigkeitsziele des ursprünglichen Bauteils erfüllen sollte. Auf Basis eigener Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Finite-Elemente-Methoden und der Simulation im Allgemeinen, entstand ein simulationsgetriebener, integrierter Entwicklungsprozess, der es ermöglicht, die optimale Struktur zu finden. Als Ausgangspunkt für die Topologieoptimierung in Altair Inspire kam ein Bauraummodell zum Einsatz, welches das ursprüngliche Metallteil umfasste. In der Inspire-Oberfläche lassen sich Fertigungshilfsmittel, Designeinschränkungen und Randbedingungen einfach auf das Modell anwenden. Diesem Ablauf folgend wurde eine vorläufige Rippenstruktur ermittelt. Das Simulationswerkzeug
Altair Simsolid ermöglichte es, verschiedene Designvarianten in sehr kurzer Zeit zu evaluieren. Die Simulationsabteilung führte eine Finite-Elemente-Analyse durch, um die Struktur und die Geometrie des Einlegers zu optimieren und die mechanische Festigkeit der Baugruppe zu überprüfen. Mithilfe der Simulationswerkzeuge Simlab und Optistruct war es zudem möglich, reale Bedingungen und Nichtlinearitäten zu berücksichtigen, wie beispielsweise Kontaktkräfte und Reibung, die Auswirkungen des Anziehens der Schrauben sowie unterschiedliche Betriebstemperaturen. Darüber hinaus konnten Details wie das Auftreten von Spannungskonzentrationen in den Metalleinlegern analysiert werden. Im letzten Schritt der isotropen Phase des integrierten Entwurfsprozesses erfolgte die spannungsbasierte Lebensdauerbewertung.
Hier wird eine Lücke geschlossen
Um die anisotropen Eigenschaften des Bauteils zu berücksichtigen, wandte sich X-Plast an Part Engineering, einem Entwickler der Softwarelösungen Converse und
S-Life Plastics, der auch Mitglied der Altair Partner Alliance (APA) ist. Durch die Integration der Fähigkeiten von Converse in den hauseigenen Entwicklungsprozess konnte die Lücke zwischen der Spritzgießsoftware und dem Finite-Elemente-Simulationsmodell geschlossen werden. Den Ingenieuren war es aufgrund von S-Life Plastics möglich, eine auf Materialdaten basierende Festigkeitsbewertung durchzuführen und dadurch eine hohe Simulationsgenauigkeit und eine zuverlässigere Lebensdauervorhersage zu erreichen.
Die Spritzgießsimulation liefert dem Bauteil- und Werkzeugkonstrukteur wichtige Erkenntnisse, da Schwindungs- und Verzugseffekte identifiziert und entsprechend korrigiert werden können. Es gibt zahlreiche prozessbezogene Faktoren, die das physikalische Verhalten des Bauteils beeinflussen. Verschiedene Spritzgießsimulationstools wie Altair Inspire Mold können ebenfalls verwendet werden, um die Faserorientierungen für die komplexe anisotrope Analyse zu erhalten. Inspire bietet mit den Standardwerten einen guten Kompromiss zwischen Simulationszeit und Genauigkeit und ebnet so den Weg zu einem anisotropen Simulationsmodell. Converse hilft im nächsten Schritt durch Mapping und Export der Faserorientierung und anderer ausgewählter Spritzgießergebnisse, das homogene, isotrope Finite-Elemente-Modell in ein eigenständiges und einsatzbereites anisotropes Optistruct-Modell zu überführen. Neben einer elementbezogenen Orientierung wird auch ein orientierungsabhängiges Materialmodell benötigt. Mit dem in Converse integrierten Matscape kann ein solches anisotropes Materialmodell in wenigen Minuten auch anhand vorhandener Literaturwerte erzeugt werden. Nach dem Mapping kann dann die anisotrope Analyse durchgeführt werden. S-Life Plastics bietet anschließend eine vollautomatische, auf der Faserorientierung basierende Lebensdauervorhersage unter Berücksichtigung verschiedener Einflussfaktoren und schließt den Kreislauf des integrierten Designprozesses. Das mechanische Bauteilverhalten konnte für die Abdeckung unter verschiedenen Temperaturbedingungen verifiziert und die gewünschte Lebensdauer gewährleistet werden. X-Plast erreichte die Serienproduktion innerhalb von acht
Monaten, sparte 35 % der Produktkosten und reduzierte das Gewicht um 25 %, während gleichzeitig eine Lebensdauer von 30 Jahren gewährleistet werden konnte.
Dem Unternehmen ist es gelungen, sowohl die Gewichtsziele für das Kunststoffbauteil von Knorr-Bremse zu erreichen, als auch alle anderen Leistungsziele zu erfüllen. Das Kunststoffdesign ist sogar kostengünstiger als das ursprüngliche Metallbauteil.
Quelle: Altair
K 2022: Halle 8b, Stand H28