Die Kreislaufwirtschaft gilt als Schlüssel, um globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltzerstörung und begrenzten Ressourcen zu begegnen. Covestro, Hersteller von Polycarbonat (PC) und seinen Blends, richtet sich deshalb auf zirkuläre Stoffkreisläufe aus. Der Weg zur Kreislaufwirtschaft führt dabei über alternative, meist biobasierte Rohstoffe und Altkunststoffe, erneuerbare Energien sowie Recyclingtechnologien. Dazu kooperiert man mit Akteuren der Wertschöpfungskette von Kunststoffen.
Kunststoffrecycling: Der große Überblick
Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
Produkte von heute als Rohstoffe von morgen
Die Produktion hochwertiger Rezyklat-Compounds ist insbesondere mit Kunststoffen aus dem Post-Consumer-Recycling (PCR) anspruchsvoll und setzt selektierte, möglichst typen- oder sortenreine Abfallströme in hohen Mengen voraus. Hinzu kommen ein strenges Lieferantenmanagement und ein striktes internes Qualitätskontrollsystem, um eine hohe Qualität der Rezyklate, ihre chemische Unbedenklichkeit etwa mit Blick auf die RoHS- und REACH-Richtlinien und die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards in der Lieferkette sicherzustellen. Um bei Polycarbonat und seinen Blends an selektierte PCR-Abfallströme zu kommen, unterstützt Covestro aktiv die Verwertung von ausgedienten Kunststoffprodukten, die Materialien des Unternehmens enthalten. Beispiele sind hier optische Datenträger, Stegplatten oder auch Automobilscheinwerfer. In China kooperiert man beispielsweise mit dem Getränkehändler Nongfu Spring und dem Wiederaufbereiter Ausell. Die Partner optimieren das Recycling großer 5-Gallonen (19 l)-Wasserflaschen aus PC. Die Kooperation besteht schon seit vier Jahren, dadurch sind mehr als fünf Mio. Wasserflaschen recycelt worden. Ein zurückgewonnener Kunststoff wird im Sinne eines geschlossenen Recyclings (closed loop) für die gleiche Anwendung verwendet oder, wenn es sinnvoller ist, anderen Anwendungen zugeführt (open loop). Zu letzteren zählen etwa leichte Koffer der chinesischen Marke Nine-tygo. Das bei der Fertigung der Kofferaußenschale eingesetzte PC Makrolon R Typ mit Anteilen von End-of-Life-Wasserflaschen-Rezyklat hat einen um etwa 35 % niedrigeren CO2-Fußabdruck als rein fossiles Polycarbonat.
Closed-Loop-Recycling in der Praxis
Wie positiv sich ein geschlossenes Recycling von hochwertigen Kunststoffen auf die Nachhaltigkeit auswirken kann, zeigt eine gemeinsame Studie mit dem Technologie-Unternehmen Dell, die ein PC-ABS-Blend Bayblend für Komponenten von Laptops und Notebooks beleuchtet. Das Compound enthält 30 % PCR-Material und erfüllt die entsprechenden technischen Spezifikationen von Dell. Die daraus hergestellten Geräteteile wurden geschreddert und das Mahlgut in jedem folgenden Recyclingschritt mit weiterem Rezyklat angereichert, sodass der Anteil an wiederverwertetem Kunststoff im Compound nach dem dritten Kreislauf bei 72 % lag. Selbst nach diesen drei Recyclingläufen entsprach das Material noch den technischen Anforderungen. Laptops sind durchschnittlich drei bis acht Jahre in Gebrauch. Bei einem dreimaligen geschlossenen Recycling könnten Anteile des Kunststoffs 12 bis 32 Jahre im Umlauf bleiben und somit deutlich Emissionen und Ressourcen einsparen.
Klimaneutrale Compounds
Covestro setzt den Fokus auch auf emissionsarme Compounds, deren Rohstoffe sich anteilig von nachwachsenden Rohstoffen ableiten. Diese RE-Reihen bei den Polycarbonaten Makrolon und Apec sowie den Blends Bay-blend und Makroblend werden teils mit erneuerbarem Strom produziert und haben einen um etwa 80 % niedrigeren CO2-Fußabdruck als ihre Pendants aus fossilen Rohstoffen. Einige der RE-Typen sind sogar klimaneutral. Die Aussage „klimaneutral“ bewertet hier einen Teilabschnitt aus dem gesamten Produktlebenszyklus – nämlich den Abschnitt von der Ressourcengewinnung (Cradle) bis zum Werkstor (ISO-Norm 14040/14044, mit einem GWP kleiner oder gleich null; TÜV Rheinland). Die Herkunft der Rohstoffe ist nach ISCC Plus (International Sustainability and Carbon Certification) zertifiziert und massenbilanziert. Die RE-Typen sind chemisch und physikalisch identisch mit ihren rein fossilen Pendants und entsprechen daher den gleichen technischen Spezifikationen und Zertifizierungen. Sie können daher ihre fossilen Pendants direkt als Drop-in-Lösung ersetzen. Bei den nachwachsenden Rohstoffen, die den RE-Compounds über Massenbilanzierung zugeordnet werden und Erdölprodukte substituieren, handelt es sich um Bioabfälle und -rückstände. So belieferte etwa Borealis Covestro mit Phenol, das auf biozirkulären, ISCC Plus-zertifizierten Kohlenwasserstoffen von Neste basiert.
Nachhaltig im Serieneinsatz
Die RE-Compounds werden bereits vermarktet. So wird etwa für das Gehäuse der Wallbox Evbox Livo ein Makrolon RE-Typ verwendet, mit mehr als 80 % zugeordneten biozertifizierten Rohstoffen. Er ist flammwidrig und UL-zertifiziert, ermöglicht die Fertigung des Gehäuses bei markant verringertem CO2-Fußabdruck und zeichnet sich durch eine hohe Witterungsbeständigkeit aus. Die Deutsche Telekom nutzt für ein Festnetzgerät der nächsten Generation ebenfalls ein Makrolon RE-Produkt mit 88 % zugeordneten nachwachsenden Rohstoffen und einem um mehr als 80 % geringeren CO2-Fußabdruck als herkömmliche Polycarbonate. Für den Einsatz des Compounds sprach auch dessen hohe IR-Transparenz. Diese Eigenschaft eröffnet den RE-Polycarbonaten grundsätzlich gute Chancen in Smarthome- und IoT-Anwendungen – wie etwa Sensoren oder Routern. Großes Potenzial besteht für die RE-Produktreihe auch in der Beleuchtung, wie das Beispiel von Gehäusen für Notleuchten der Firma Famostar zeigt. Das eingesetzte RE-Polycarbonat reduziert den CO2-Fußabdruck pro Leuchte um 2 kg und trägt dadurch zu etwa 8 % zum CO2-Reduktionsziel von Famostar bei. Transparente Makrolon RE-Typen könnten ihre Nachhaltigkeit auch als Drop-in-Lösung in der CO2-armen Fertigung von filigranen Optiken für LED-Leuchten ausspielen. Aktuelles Anwendungsbeispiel eines emissionsarmen Makrolon RE-Materials ist das Sagatm-Sortiment an Schaltern, Steckern und Multimediadosen des international führenden Energie- und Automatisierungstechnikkonzerns ABB. Das Material senkt deutlich die CO2-Emissionen, ist in signalweißer Einfärbung sehr UV-stabil und wird mit seinen elektrischen Eigenschaften allen Vorgaben zur elektrischen Sicherheit gerecht.
Chemisches Recycling – Abfall wird Wertstoff
Beim chemischen Recycling verfolgt das Unternehmen eine mehrgleisige Strategie. Zum einen geht es darum, Monomere chemolytisch zurückzugewinnen. So hat Covestro im Labormaßstab einen Prozess entwickelt, der es erlaubt, selektiv aus vorsortierten Abfallströmen, die mehr als 50 % Polycarbonat enthalten, Vorprodukte des Kunststoffs zu rezyklieren. In Leverkusen soll im nächsten Schritt eine Pilotanlage für den Prozess errichtet werden. Das Verfahren zielt vor allem auf Abfallströme, die für ein mechanisches Recycling nicht sortenrein genug oder qualitativ ausreichend sind. Darüber hinaus kooperiert man mit Herstellern von ISCC Plus-zertifizierten zirkulären Chemikalien wie dem US-Unternehmen Encina, um langfristige Liefervereinbarungen für chemisch recycelte zirkuläre Rohstoffe aus Altkunststoffen zu schließen. Diese Technologien eignen sich besonders für Abfallströme aus minderwertigen, mehrfarbigen, mehrschichtigen oder stark vermischten Kunststoffen, die bisher eher verbrannt oder deponiert wurden. Die Produkte des chemischen Recyclings können wiederum mittels Massenbilanzierung hochwertigen technischen Kunststoffen wie dem Makrolon RP CQ Polycarbonat zugeordnet werden und somit fossile Rohstoffe durch Kunststoffabfälle ersetzen.
Quelle: Covestro