
Bild 1: Infrarot-Wärmebild des beheizten Becherhalters aus Luvocom TC (links) im Vergleich zum Becherhalter aus nichtwärmeleitfähigem Kunststoff. (Bild: Powerlyze)
Die Luvotech Eco-Produktlinie der Lehvoss Group basiert auf Rohstoffen aus dem werkstofflichen Recycling und wird mit 100 % Strom aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt. Die Produktpalette beinhaltet technischen Kunststoffe, wie Polyamide sowie die Hochleistungskunststoffe PPS, LCP und PEEK. Neben klassischen Compounds, verstärkt mit Glas- und Carbonfasern, werden auch funktionalisierte Compounds wie beispielsweise thermisch und elektrisch leitfähige Compounds angeboten. Schon bevor der Einsatz von Rezyklaten zum „grünen Trend“ respektive regulatorisch vorgeschrieben wurde, hatte das Unternehmen entsprechende Materialien im Portfolio.

Neben der Möglichkeit des Einsatzes von 100 % rezyklierten Rohstoffen, werden auch Produkte aus Mischungen von Neuware und Rezyklat angeboten. Mit diesen Produkten ist nahezu das Eigenschaftsniveau von Neuware erreichbar (Bild 3) und, abhängig vom Anteil Mahlgut, eine deutliche CO2-Reduktion möglich (Bild 2). Insgesamt unterliegen alle Materialien der Luvotech Eco-Produktlinie strengen Qualitätsrichtlinien, welche in entsprechenden Spezifikationen festgeschrieben sind.

Für sämtliche Materialien wird, unter Anwendung der international gültigen Standards DIN EN ISO 14040, DIN EN ISO 14044 sowie DIN EN ISO 14067, der jeweilige CO2-Fußabdruck mit der Gabi-Professional-Software ermittelt und auf Wunsch in Form eines Zertifikates dokumentiert. Als Beispiel in Tabelle 1 ein Vergleich von Luvotech Eco PA 6 GF M55 TC, ein thermisch leitfähiges Compound auf Basis von zurückgewonnenen Rohstoffen, mit einem Produkt auf Basis PA 6-Neuware. Aluminiumdruckguss liegt im Vergleich, je nach Legierung, Herstellerangaben und Strommix bei 8 bis 12 kg CO2 eq/kg. Die Daten in Tabelle 1 zeigen, dass die Luvotech Eco-Variante ein zu Neuware vergleichbares Eigenschaftsniveau aufweist und durch den deutlich geringeren CO2-Fußabdruck gegenüber Neuware-Compounds sowie Aluminiumdruckguss eine interessante Möglichkeit für nachhaltigere Anwendungen ist.

Was sind wärmeleitfähige Kunststoffe auf Rezyklatbasis?
Wärmeleitfähige Kunststoffe auf Rezyklatbasis sind Polymermaterialien, die aus recycelten Kunststoffen hergestellt werden und gleichzeitig die Fähigkeit besitzen, Wärme effizient zu leiten. Diese Materialien bieten eine umweltfreundliche Alternative zu wärmeleitfähigen Kunststoffen auf Basis von Neuware. Durch die Integration von Rezyklaten in die Materialformulierung wird die Abhängigkeit von primären Rohstoffen reduziert und gleichzeitig Abfall reduziert.
Wärmeleitfähige Kunststoffe auf Rezyklatbasis bieten eine Reihe von Eigenschaften und Vorteilen:
- Der Einsatz von recycelten Kunststoffen und auch Additiven hat keinen oder nur geringen negativen Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit der entsprechenden Compounds.
- Die Einarbeitung von funktionalen Füllstoffen ist gut möglich.
- Die Abhängigkeit von primären Rohstoffen ist reduziert und Umweltauswirkungen sind reduziert.
- Unternehmen können durch den Einsatz nachhaltiger Materialien neue Märkte erschließen und damit ihr Geschäft ausweiten.
Welche Einsatzgebiete eröffnen sich?
In der Industrie werden wärmeleitfähige Kunststoffe zunehmend für eine Vielzahl von Bauteilen eingesetzt. Darunter sind Anwendungen in den Bereichen Elektronik, Automobilbau, LED-Beleuchtungstechnik und erneuerbare Energien. Die eingesetzten Materialien ermöglichen die effiziente Ableitung der Wärme von Wärmequellen, was dazu beiträgt, die Lebensdauer und Leistung von elektronischen Geräten und anderen thermischen Systemen zu verbessern. In jüngster Zeit hat die Nachfrage nach nachhaltigen Materialien zugenommen, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern und Ressourcen zu schonen. In diesem Kontext gewinnen auch wärmeleitfähige Kunststoffe, die auf Rezyklaten basieren, an Bedeutung. Zudem bieten Kunststoffe gegenüber Metallen mehr Designfreiheit, ermöglichen die Miniaturisierung und gerade bei hohen Stückzahlen Kostenvorteile. In der Regel sind werkzeugfallende Kunststoffbauteile unmittelbar einsetzbar. Metallteile erfordern oft eine mechanische Nachbearbeitung.
Die Anwendungen wärmeleitfähiger Kunststoffe auf Rezyklatbasis sind vielfältig und umfassen unter anderem:
- Elektronik: Gehäuse und Kühlkörper für Computer, Mobiltelefone, Tablets und Wärmesenken für Leistungselektronik in der Steuerungstechnik.
- Automobilindustrie: Komponenten für Motoren, Batterien, Beleuchtungssysteme, die aktive Beheizung von Sensoren im Außenbereich und Systemen für den Innenraumkomfort.
- New Mobility/E-Bikes: Komponenten für Motoren, Batterien, Beleuchtung, Passagierkomfort.
- LED-Beleuchtung: Wärmeableitende Komponenten für LED-Lampen und Leuchten.
- Erneuerbare Energien: Wärmeableitende Materialien für Solarzellen, Windturbinen und andere nachhaltige Energiequellen sowie konturnahe Kühlkörper zur Sensor- und Elektronikkühlung.
Welche Anwendungen werden konkret umgesetzt?
In Kooperation mit Anwendern und Entwicklungspartnern wird an der Funktionsintegration und der damit einhergehenden Reduktion von Montageschritten gearbeitet, um den Einsatz von thermisch leitfähigen Compounds noch effektiver und wirtschaftlicher zu gestalten. So wurde in Zusammenarbeit mit den Unternehmen Powerlyze und Weber ein beheizbarer Becherhalter für den PKW-Innenraum konzipiert und umgesetzt (Bild 4). Der funktionale Becherhalter sorgt für ein länger warmbleibendes und sicher aufbewahrtes Heißgetränk während der Fahrt.

Ziel des Gemeinschaftsprojektes war die Verbesserung der Komponentenleistung, der Recyclingfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit. Powerlyze brachte hierbei seine umfangreiche Kompetenz in der Elektronikvalidierung ein. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Spritzgießer und Systemlieferant der Automobilbranche komplettierte Weber das Projektteam.
Für den ersten Entwicklungsschritt kam ein Luvocom PPS TC zum Einsatz. Das Material hat mit 4,8 W/mK eine 16-mal höhere Wärmeleitfähigkeit als ein Standardpolymer mit rund 0,3 W/mK. Die sonst üblicherweise eingesetzten Standardplatinen, segmentiert und verbunden über Flexleiter, zur Beheizung wurden in diesem Fall durch ein speziell entwickeltes Verfahren ersetzt, das auch eine 2,5-D-Kontur ermöglicht. Die Leiterbahnen werden hierbei mit einer elektrisch leitfähigen Silbertinte im Piezo-Jet-Verfahren gedruckt. Dabei ist eine Vorbehandlung des Substrats nicht erforderlich. Diese Technologie führt zu weniger Montageschritten und einer optimalen Wärmeübertragung, da keine Ausgleichspaste oder sogenannte Gap-Pads erforderlich sind. Temperaturspitzen werden dabei durch den wärmeleitfähigen Kunststoff vermieden und die Beheizung erfolgt schneller und gleichmäßiger (Bild 1). In der konkreten Anwendung wurde die Temperaturspitze von 98 °C auf 64 °C und die Temperaturdifferenz von 48 K auf 17 K reduziert. Dies ist insbesondere von Bedeutung, um die Temperaturbelastung elektronischer Komponenten wie LEDs, MSFET oder E-Chips zu reduzieren und die Vermeidung von Hautverbrennungen sicherzustellen. Für die direkte Bedruckung gelten die gleichen Einschränkungen hinsichtlich Bauteilgestaltung wie bei LDS (Laserdirektstrukturierung). Stellen die der Laser bei LDS nicht erreicht, sind auch durch die Druckdüsen nicht erreichbar.

Darüber hinaus kann durch das Verfahren die Recyclingfähigkeit, insbesondere im Vergleich zu Lösungen aus Aluminium, verbessert werden. Ein gewichtiger Grund hierfür ist, dass bei der Kunststofflösung keine Klebstoffe zum Einsatz kommen, die das Recycling erheblich stören würden. Das Verfahren stellt auch eine Alternative zu LDS dar, bei welchem sonst Compounds mit laseraktivierbaren Additiven versehen werden müssen. Diese führen im LDS-Compound zu hohen Kosten und limitieren die Möglichkeiten der thermisch leitfähigen Additive. Auch ist bei LDS-Compounds die Polymerauswahl sehr eingeschränkt, da diese die elektrolytischen Metallisierungsprozesse zum Abscheiden der Leiterbahnen überstehen müssen. Des Weiteren ist die Gesamtökobilanz eines LDS-Prozesses mit nachgelagerter Nasschemie und den jeweiligen Vortrocknungsschritten zur Vermeidung von Blistern, im Vergleich zum Druckprozess, als eher nachteilig zu bewerten. Der Druckprozess erhöht, wie generell das LDS-Verfahren auch, die Designflexibilität und bietet Möglichkeiten der Miniaturisierung. Die Bandbreite wärmeleitfähiger Werkstoffe von Lehvoss, in Verbindung mit dem Druckprozess, erlaubt Wirkkombination mit einer Wärmeleitfähigkeit von bis zu 30 W/mK. Das ist in einer LDS-Anwendung nicht umsetzbar. Weitere mögliche Anwendungsbereiche für dieses Konzept sind beispielsweise Fahrradgriffe, Skistockgriffe, Haushaltsgeräte, wie Wärmeplatten von Kaffeemaschinen sowie Kühlkörper für Beleuchtung oder auch IT-Anwendungen.
Quelle: Lehvoss Group