Aufgrund seiner optischen Eigenschaften ist Glas traditionell das Material der Wahl für Komponenten wie Linsen oder Displays. Infolge des wachsenden Anwendungsspektrums mit steigenden Anforderungen an Größe, Form und Gewicht sehen die Hersteller jedoch zunehmend thermoplastische Kunststoffe als Option für die Großserienproduktion optischer Bauteile mit großer Designfreiheit. Obwohl konventionelle, transparente Kunststoffe zwar eine Lösung für viele der genannten Herausforderungen bieten, weisen sie aufgrund der durch die Ausrichtung der Molekülketten und die Eigenspannung nach dem Formgebungsprozess verursachten Doppelbrechung Mängel in der optischen Qualität auf.
Der transparente Kunststoff AZP des japanischen Technologiekonzerns Asahi Kasei kombiniert die Vorteile herkömmlicher optischer Polymere mit einer Doppelbrechung von nahezu null. Das Material ermöglicht damit auch bei polarisiertem Licht eine hohe Durchlässigkeit und klare Bilder ohne Leuchtdichteunterschiede, Farbverzerrungen und Unschärfe in optischen Elementen von beispielsweise AR/VR-Headsets oder Head-up-Displays.
Hohe Farbbeständigkeit bei Langzeittests
Tabelle 1 vergleicht die mechanischen und optischen Eigenschaften von AZP mit denen anderer optischer Polymere. Neben einer hohen Lichtdurchlässigkeit zeichnet sich das Material durch eine hohe thermische Stabilität, sehr gute Haze-Eigenschaften und einen niedrigen Brechungsindex aus. Die Vermeidung einer Langzeitverfärbung ist eine große Herausforderung für optische Polymere, da sie die Transparenz und Klarheit des Materials und damit seine Nutzungsdauer stark beeinträchtigt. Bild 1 zeigt die Alterung bei 110 °C, Bild 2 die Gelbverfärbung bei einer UV-Bestrahlung mit 83 °C. Im Vergleich zu COP zeigt AZP eine geringere Gelbverfärbung, was auf eine gute Hitze- und Lichtbeständigkeit hindeutet.
Ein weiterer Vorteil von Polymeren gegenüber Glas ist die Möglichkeit, optische Komponenten im hochpräzisen und kosteneffizienten Spritzgießverfahren herzustellen. Allerdings unterscheidet sich die optische Leistung von spritzgegossenen Kunststoffteilen je nach verwendetem Material teilweise deutlich. Bild 3 zeigt die Doppelbrechung von spritzgegossenen Linsen aus verschiedenen transparenten Kunststoffen. Die Linsen werden in einer parallelen Nicol-Anordnung zwischen zwei polarisierenden Platten betrachtet. Die Transmissionsachsen liegen dabei in einer Ebene. Im Vergleich zu herkömmlichen transparenten Kunststoffen wie Polymethylmethacrylat (PMMA), Cycloolefinpolymer (COP) oder Polycarbonat (PC) ist die Doppelbrechung von AZP äußerst gering. Damit können im Spritzgießverfahren Kunststofflinsen mit geringen Doppelbrechungseigenschaften hergestellt werden, die nicht mehr getempert werden müssen. Die Prozesszeiten werden damit erheblich verkürzt.
Kunststofflinsen werden beim Einbau in optische Geräte in der Regel durch Einpassen oder Verkleben mit dem Gehäuse des Geräts befestigt. Die in solchen Fällen aufgebrachte Spannung kann die optischen Eigenschaften des Materials beeinträchtigen. Bild 4 zeigt die beobachtete Doppelbrechung von AZP und Quarzglas unter einer Spannungslast von 10 N. Die guten photoelastischen Eigenschaften des Materials beschränken die durch die Belastung verursachte Doppelbrechung auf ein Minimum.
Welchen Einfluss hat die Materialdicke?
AZP eignet sich für Anwendungen mit variierenden Materialdicken oder langen Strahlengängen. Die Materialhomogenität ist hierbei ein Schlüsselfaktor, da ein ungleichmäßiger Brechungsindex im Formgebungsprozess die optische Leistung beeinträchtigen kann. Bild 5 zeigt die Messergebnisse von Proben, die an verschiedenen Stellen eines 100 mm x 40 mm x 20 mm großen, spritzgegossenen Blockstücks mithilfe der V-Block-Methode geschnitten wurden. Unabhängig von der Materialdicke wird bei jeder Wellenlänge ein konstanter Brechungsindex aufgezeigt. Das Material eignet sich aber auch für dünnwandige, großflächige Formteile. Bei der Herstellung dieser Komponenten mit herkömmlichen transparenten Polymeren im Spritzgussverfahren kommt es aufgrund der starken Ausrichtung der Molekülketten häufig zu Doppelbrechungen. Dieser Effekt kann mit AZP vermieden werden.
Warum die Materialoberfläche beschichtet wird
Bei der Verwendung optischer Komponenten wie Linsen kommt es aufgrund des unterschiedlichen Brechungsindexes zwischen der Luft (Medium) und dem Material zu Oberflächenreflexionen. Diese führen zu einer verminderten Durchlässigkeit und erzeugen Streulicht, was die Sicht beeinträchtigt. Um dies zu verhindern, wird die Oberfläche des optischen Materials mit mehreren anorganischen Schichten von einigen zehn bis einigen hundert Nanometer Dicke versehen. Beim Auftragen einer anorganischen Schicht auf eine Kunststoffoberfläche ist die Haftung zwischen dem Basismaterial und der anorganischen Schicht jedoch schlechter als bei einem Basismaterial aus Glas. Dies ist auf den unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten vom Kunststoff und der anorganischen Schicht sowie auf die eingeschränkten Ablagerungsbedingungen zurückzuführen. Durch die schlechtere Haftung neigt die Beschichtung daher dazu, sich leichter vom Kunststoff abzulösen.
Um weitere Anwendungsbereiche für AZP als optisches Material zu erschließen, hat Asahi Kasei gezielt die Haftfähigkeit von unterschiedlichen Beschichtungstechnologien analysiert. Tests zeigten, dass auf einer hartbeschichteten AZP-Testplatte eine Antireflexionsbeschichtung (AR) mit guter optischer Anmutung und guter Haftung auch nach Tests bei 85 °C / 85 % RH für 1.000 Stunden oder bei 110 °C für 1.000 Stunden gebildet werden konnte (Tabelle 2). Darüber hinaus bestätigten die Testergebnisse, dass die Durchlässigkeit des Materials nach diesen Zuverlässigkeitstests kaum beeinträchtigt wurde (Bild 6).
Oberflächenreflexionen vermindern die Durchlässigkeit und erzeugen Streulicht.
Anwendungsfeld Smartglasses
VR (Virtual Reality) Head-Mounted Displays werden in den letzten Jahren vermehrt für die Darstellung digitaler Räume (Metaversum) benutzt. Für eine angenehme Nutzung über einen längeren Zeitraum müssen Größe und Gewicht der Displays jedoch weiter optimiert werden. Ein gefalteter Strahlengang, der polarisiertes Licht verwendet, kann zur Reduzierung von Größe und Gewicht und damit zu einem angenehmeren Tragekomfort und Kundenerlebnis beitragen. Dabei wird anstelle der herkömmlichen Vorrichtung mit Kopfband ein kompaktes, brillenartiges Head-Mounted Display verwendet (Bild 7).
Um dieses Display zu realisieren, wird ein Material ohne Doppelbrechungseigenschaften als Linsenkomponente benötigt. Glas ist als traditionelles Material der Wahl jedoch schwerer und nur unter hohem Aufwand in eine asphärische Form zu bringen, sodass die Verwendung von Kunststoffen erforderlich ist. In Bild 8 wird die Sichtbarkeit bei Verwendung von AZP und COP als Linsenmaterial für den gefalteten Strahlengang verglichen. Bei der Verwendung von COP-Linsen konnten Artefakte und Lichtreflexe beobachtet werden, die durch Streulicht und verringerten Kontrast aufgrund von Doppelbrechung verursacht wurden. Diese Effekte traten bei der Verwendung von Linsen aus AZP nicht auf.
Quelle: Asahi Kasei Europe