KI-generierte Grafik, das eine Verbrennungsanlage zeigt. Eine Studie des KIT zeigt: Fluorpolymere können in europäischen Verbrennungsanlagen unter etablierten Bedingungen nahezu vollständig abgebaut werden. Doch kann das thermische Verwerten auch nicht-polymere PFAS neutralisieren? Das KIT hat in einer Studie untersucht, ob sich das thermische Verwerten von Fluorpolymeren auf die Umwelt auswirkt.

Das KIT hat in einer Studie untersucht, ob sich das thermische Verwerten von Fluorpolymeren auf die Umwelt auswirkt. (Bild: Dalle3 / OpenAI)

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) finden aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften in unzähligen Produkten sowohl in der Medizin als auch im Konsumbereich Verwendung. Mittlerweile sind viele dieser Substanzen, vor allem nicht-polymere, kleine Moleküle, in der Umwelt und im menschlichen Körper nachweisbar. Deshalb stellt die Europäische Chemikalienagentur (Echa = European Chemicals Agency) ein umfängliches Verbot dieser Substanzen in Aussicht. In einer Studie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wurde untersucht, ob PFAS beim Verbrennen von Fluorpolymeren freigesetzt werden.

Was sind PFAS?

Die mehr als 10.000 unterschiedlichen Substanzen der PFAS bestehen aus organischen, fluorierten Kohlenstoffverbindungen. Die Beständigkeit und Langlebigkeit dieser Verbindungen ist von Nachteil: Aufgrund ihrer starken Kohlenstoff-Fluor-Bindung können sie in der Umwelt nicht vollständig abgebaut werden und sammeln sich in Grund- und Oberflächenwasser, Böden und Lebensmitteln an. Dadurch gelangen sie auch in lebende Organismen wie den menschlichen Körper. PFAS werden aufgrund dessen auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet.

Dabei gelten einige von ihnen als gesundheitsschädlich, können Organschäden und Krebserkrankungen verursachen und begünstigen ein vermindertes Geburtengewicht bei Neugeborenen. Aus diesem Grund schlägt die Echa eine grundlegende Beschränkung der Herstellung, des Verkaufs und der Verwendung von PFAS vor [3]. PFAS lassen sich vereinfacht in nicht-polymere und polymere PFAS einteilen.

Grafik zu PFAS: : 3D-Molekülschema des Alkans Methan (a), der polyfluorierten PFAS Difluormethan (b) und der perfluorierten PFAS Tetrafluormethan (c)
Bild 1: 3D-Molekülschema des Alkans Methan (a), der polyfluorierten PFAS Difluormethan (b) und der perfluorierten PFAS Tetrafluormethan (c). (Bild: KIT)

Der Unterschied zwischen per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen ist im obigen anhand des Alkans Methan (a), der polyfluorierten PFAS Difluormethan (b) und der perfluorierten PFAS Tetrafluormethan (c) schematisch dargestellt. Im Vergleich zu dem Alkan sind bei den perfluorierten Alkylverbindungen alle Verbindungen durch Fluoratome besetzt, während es bei den polyfluorierten Alkylsubstanzen nur einige sind.

Was Sie über PFAS wissen müssen

Übersichtsgrafik zu PFAS.
Wissenswertes zu PFAS finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: Francesco Scatena – Stock.adobe.com)

Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

PFAS im Alltag – Fluch und Segen zugleich

Die wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften der PFAS erfüllen Produktanforderungen in Outdoorjacken, als Pfannenbeschichtung (Teflon), in Kosmetika oder Lebensmittelkontaktmaterialien (To-Go-Verpackungen). Im Gegensatz dazu finden insbesondere polymere PFAS, die Fluorpolymere, hauptsächlich in systemrelevanten Branchen wie der Medizin, dem Verkehr, der Elektronik- und der Energiebranche Verwendung.

Im Vergleich zu PFAS im Allgemeinen gelten Fluorpolymere während ihrer Nutzungsphase als sicher. Bedenken bestehen jedoch hinsichtlich ihrer End-of-Life-Phase, in der Fluorpolymeranwendungen bei unvollständiger Verbrennung in Feuerungsprozessen zu mobilen, kurzkettigeren PFAS abgebaut werden können [2].

Was wurde untersucht?

Forscherinnen und Forscher des Instituts für Technische Chemie (ITC) des KIT befassten sich unter der Leitung von Dr.-Ing. Hans-Joachim Gehrmann mit der Fragestellung, ob Abfallverbrennungsanlagen unter Bedingungen der geltenden EU-Verordnungen zu der vollständigen Zerstörung von Fluorpolymeren beitragen können.

Vereinfachte schematische Darstellung der Pilotanlage Brenda des KIT.
Bild 2: Vereinfachte schematische Darstellung der Pilotanlage Brenda des KIT. (Bild: KIT)

Zum Klären dieses Sachverhaltes wurden entsprechende Versuche in der in Bild 2 schematisch dargestellten Verbrennungsanlage im Pilotmaßstab, der Brennkammer mit Dampfkessel (Brenda) des KIT, durchgeführt. Dem durch Erdgas- und Ölfeuerung beheizten Drehrohrofen kann stirnseitig fester Brennstoff zugeführt werden. In der Nachbrennkammer wird die Verbrennung noch nicht vollständig oxidierter Stoffe unter Zufuhr von Erdgas und Luft gewährleistet, bevor im Dampfkessel die Wärmeenergie in Form von Wasserdampf abgenommen wird. Nach der Rauchgasreinigung (RGR) wird das Abgas durch den Kamin entlassen.

Das sind die Einsatzstoffe und die Verbrennungsbedingungen

Einem konstanten Massenstrom von 100 kg/h Holzhackschnitzel wurden 320 g/h Fluorpolymere (entsprechend etwa 0,3 Gew.-%) zudosiert. Eingesetzt wurden Polytetraluorethylen (PTFE, auch bekannt als Teflon), Polyvinylidenfluorid (PVDF), Perfluoralkoxy-Polymere (PFA) und Fluorkautschuk (FKM), die von dem Projektpartner Pro-K (Industrieverband langlebige Kunststoffprodukte und Mehrwegsysteme e.V.) zur Verfügung gestellt wurden.

Untersucht wurden dabei die für Verbrennungsanlagen innerhalb der EU üblichen Einstellungen mit einer Temperatur T und Verweilzeit τ für die Abfallverbrennung (T = 860 °C, τ = 2 s) und für die Verbrennung von gefährlichen Abfällen (T = 1.095 °C, τ = 2 s) [1]. Ziel war die vollständige Mineralisierung der Fluorpolymere, die durch Spaltung der Moleküle zu Fluorwasserstoff (HF) und Kohlenstoffdioxid (CO2) erfolgt.

So wurde vorgegangen

Um den Verlauf einzelner PFAS-Spezies entlang des Reaktionswegs zu untersuchen, erfolgte die Gasprobenahme an den drei in Bild 2 gekennzeichneten Messstellen: Am oberen Ende der Nachbrennkammer (1), nach dem Dampfkessel, das heißt vor der Rauchgasreinigung (2), und am Kamin (3). Zusätzlich wurden die anfallenden festen und flüssigen Rückstände wie die Schlacke, die Kessel- und die Filterasche sowie das Abwasser jeweils einmal am Ende der Versuchseinstellung als Sammelprobe analysiert. Umweltrelevanz hatten die Messungen am Kamin und die PFAS-Konzentrationen in den festen und flüssigen Rückständen.

Die Probenahme erfolgte gemäß der OTM-45-Methode. Dabei wurden die kurzkettigen Verbindungen (C1 bis C3) mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS), die langkettigen Verbindungen (> C3) mittels Ultra-Performance-Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (UPLC-MS/MS) analysiert. Insgesamt wurden 40 verschiedene PFAS-Verbindungen untersucht.

Um einen quantitativen Vergleich des PFAS-Abbaus zu ermitteln, wurde die fluorbezogene Abbaurate (englisch Reduction Rate for Products of Incomplete Combustion = R2PIC) eingeführt. Sie gibt die Effektivität der Verbrennung an und berechnet sich aus der Summe des Fluoranteils der ein- und ausströmenden PFAS mit Hilfe der folgenden Formel: R2PIC = 1 – (ΣFPFAS,aus / ΣFPFAS,ein)

Die Summe des ausströmenden Fluors ΣFPFAS,aus wird aus den gemessenen PFAS-Konzentrationen im Abgas, der festen Rückstände und des Abwassers berechnet. Die Summe des einströmenden Fluors ΣFPFAS,ein kann aus der Masse der zugeführten Fluorpolymere berechnet werden, unter der Annahme, dass diese keine zusätzlichen nicht-polymeren PFAS enthalten. Zusätzlich dazu gibt die Wiederfindungsrate an, wie viel Fluor in Form von HF im Vergleich zu dem eingegebenen Fluor aus den Polymeren detektiert wird.

Das sind die Ergebnisse

Die Wiederfindungsrate von Fluor betrug 80 % bei der Temperatur von 860 °C und 70 % bei 1.095 °C. Da bei Messungen ohne Fluorpolymerdosierung ein Massenstrom von Fluor unterhalb von 0,01 kg/h gemessen wurde, kann davon ausgegangen werden, dass es keine Verschleppung von HF zwischen den Versuchsdurchläufen gab. Die Konzentrationen der analysierten PFAS im Kamin, dem Abwasser und den festen Rückständen der Temperatureinstellungen sind für zwei Auswerteverfahren in den folgenden beiden Bildern dargestellt. Das Auswerteverfahren berücksichtigt den Medianwert bei drei Messungen der PFAS-Konzentrationen c im Abgas, einmal für den Fall, dass Werte unterhalb der Bestimmungsgrenze (LOQ) zu Null gesetzt werden, im zweiten Fall mit 50 % des LOQ berücksichtigt werden.

 

Grafik zu Fluormassenströmen und spezifischen Konzentrationen der untersuchten PFAS; c = ½ LOQ bei c < LOQ.
Bild 3: Fluormassenströme und spezifische Konzentrationen der untersuchten PFAS (oben: c = 0 bei c < LOQ, unten: c = ½ LOQ bei c < LOQ). (Bild: KIT)

Die R2PIC-Zahl beider Auswerteverfahren unterscheidet sich erst ab der zweiten Nachkommastelle (R2PIC > 99,99 %, wenn c = 0 bei c < LOQ, R2PIC > 99,93 %, wenn c = ½ LOQ bei c < LOQ), was auf die insgesamt sehr geringen detektierten PFAS-Konzentrationen zurückzuführen ist. Im austretenden Rauchgas am Kamin wurde lediglich PFOA bei 1.095 °C mit einer Konzentration von 0,20 ng/m³ im Versuch mit Fluorpolymerzugabe (Run 5) detektiert. Aber auch ohne Fluorpolymerzugabe konnte PFOA am Kamin gemessen werden.

Im Unterschied dazu wurde bei 860 °C im Abgas am Kamin kein PFOA detektiert (Run 2). Da die Zerstörung der PFAS in der Abfallverbrennung bei steigender Temperatur zunehmen sollte, wird bei dem Wert für PFOA aus Run 5 von einer externen Kontamination ausgegangen. Bei dem Versuch mit niedrigerer Temperatur (860 °C, Run 2) wurde eine Konzentration von 0,53 µg/kg PFBS in den festen Rückständen und 0,03 µg/l PFOS in dem Abwasser der Rauchgaswäsche gemessen.

Eine der zentralen Fragen der Studie war, inwieweit die Temperatur bei konstanter Verweilzeit in der Nachbrennkammer den Abbau der Fluorpolymere beeinflusst. Eine Temperaturerhöhung von 860 °C auf 1.095 °C kann die R2PIC beim Verbrennen von Fluorpolymeren den Ergebnissen zufolge nicht signifikant steigern.

Was zukünftig untersucht werden soll

Um zu überprüfen, ob Abfallverbrennungsanlagen zukünftig auch Senken für nicht-polymere PFAS unterschiedlicher Gruppen darstellen können, folgen im Jahr 2025 Messungen an einer Abfallverbrennungsanlage in industriellem Umfeld.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie

Literatur

[1] H.-J. Gehrmann, P. Taylor, K. Aleksandrov, P. Bergdolt, A. Bologa, D. Blye, P. Dalal, P. Guna-sekar, S. Herremanns, D. Kapoor, M. Michell, V. Nuredin, M. Schlipf, D. Stapf, Mineralization of Fluoropolymers from Combustion in a Pilot Plant under Representative European Municipal and Hazardous Waste Combustor Conditions, Chemosphere, 365, 14303, Karlsruhe, 2024.

[2] Korzeniowski, Stephen H., u. a., A Critical Review of the Application of Polymer of Low Concern Regulatory Criteria to Fluoropolymers II:   Fluoroplastics and Fluoroelastomers, Integrated Environmental Assessment and Management, Bd. 19, Nr. 2, S. 326–54, 2023.

[3] European Chemicals Agency Echa, Assessment of Regulatory Needs List – Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS), 2020.

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