Dr. Konrad Kiefer begrüßte die Teilnehmer zu der Informationsveranstaltung und erläuterte das neuartige Veranstaltungskonzept aus Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops. Bereits während der Vorträge hatten die Teilnehmer vor Ort und virtuell die Möglichkeit via Mentimeter ihre Fragen zu stellen, die dann am Ende der Vortragsblöcke an die Referenten weitergegeben wurden.
Der Fokustag rund um die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) widmete sich in drei Vortragsblöcken den Themen Analytik und Regularien, Werkstofftechnik und Regularien sowie Oberflächenmaterialien und -verfahren.
Die Eigenschaften der fluorhaltigen Substanzen wie chemische Beständigkeit, wetterbeständig, öl- und wasserabweisend, temperaturstabil, hoher elektrischer Widerstand, schwer oder nicht entflammbar sind einzigartig und basieren auf der stabilen Kohlenstoff-Fluor-Bindung. Und genau diese ist der Grund weshalb die Verbindung in der Natur nicht oder nur sehr schwer abbaubar ist.
Was Sie über PFAS wissen müssen
Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.
Warum das PFAS-Verbot weitreichende Konsequenzen hätte
Was in den Diskussionen und den Vorträgen mehrfach angesprochen wurde ist, dass es die flüchtigen PFAS mit 8 oder weniger Kohlenstoffatomen in der Polymerkette sind, die überall nachgewiesen werden. Die Fluorpolymere mit ihren langen Polymerketten gehören deshalb streng genommen nicht den PFAS an, sodass eine Differenzierung und kein generelles Verbot seitens der EU angebracht sei.
Thema war auch die Schließung des 3M Werks in Gendorf Ende 2025, die große Auswirkungen nach sich zieht. Denn in vielen Spezifikationen sind die Produktnamen dieses Herstellers vorgegebenen, wodurch der Einsatz von Alternativprodukten nicht möglich ist. Ein PFAS-Verbot würde eine Einzelbetrachtung von Armaturen, Baugruppen und anderen nach sich ziehen und diese müssten neu geprüft werden. Würden Fluorpolymere vom Verbot ausgenommen, so wären diese durch die Werkschließung in Gendorf am Markt nicht mehr in ausreichenden Mengen verfügbar. Weiterhin ziehen anwendungsspezifische Alternativlösungen mit angepassten Materialien in kleinen Tonnagen höhere Preise nach sich.
Aus dem Kreis der Teilnehmer war zu hören, dass sich zahlreiche Materialen mehr oder weniger erfolgreich im Test befinden. So erfüllen beispielsweise Alternativwerkstoffe den Medienkontakt im Gebrauch, jedoch nicht mit dem Reinigungsmittel, das zum Spülen oder Reinigen eingesetzt wird. Als Werkstoffe im Dichtungsbereich werden häufig PEEK und UHMWPE genannt. PEEK ist häufig zu hart und bricht, UHMWPE ist nicht ausreichend temperaturbeständig. Es könnte daher notwendig werden, dass aus 1K-Bauteilen 2K-Bauteile mit einer Weich- und einer Hartkomponte werden, um beispielsweise die erforderliche Druckbeständigkeit zu erreichen. Dies erfordert eine Neukonstruktion der Teile und möglicherweise ein Vergrößern des Bauraums sowie in jedem Fall die Neudiskussion der Spezifikationen mit den OEMs.
Interessant ist auch der Punkt, dass ein PFAS-Verbot nicht nachhaltig ist. Denn bewährte Systeme müssen überarbeitet werden und es kommen anschließend Werkstoffe zum Einsatz, die die Lebensdauer des Produkts reduzieren, da sie schneller verschleißen. Die Wartungszyklen bei Maschinen erhöhen sich, es können neue Betriebsmittel und Werkzeuge notwendig werden oder gar eine Änderung des Produktionsprozesses.
Nachgehakt beim Veranstalter der PFAScon
Die PFAScon war die erste Veranstaltung zum Thema PFAS und im neuen Konferenzformat – Vorträge, Diskussionen, Workshop. Wie waren die Rückmeldungen der Teilnehmer?
Konrad Kiefer: Die Rückmeldungen der Teilnehmer zur PFAScon 2024 waren sehr positiv. Die Organisation ist uns sehr gut gelungen, der zeitliche Ablauf war einwandfrei und das Interesse an den präsentierten Inhalten spürbar groß. Das neue Format hat besonders mit seiner Interaktivität punkten können. Ein Online-Abstimmungstool hat die Teilnehmer im Laufe der gesamten Veranstaltung eingebunden und Möglichkeiten geboten, Fragen zu stellen. Der Workshop hat den Austausch zwischen den Teilnehmern so richtig in Schwung gebracht und dazu beigetragen, dass jeder Teilnehmer die Dinge einbringen und loswerden konnte, die ihn bewegten. Besonders für das Thema PFAS, das ja bekanntermaßen ein sehr weites Feld ist, schien dies für das Netzwerken genau die richtige Herangehensweise gewesen zu sein.
An dieser Stelle möchte ich auch die Referenten lobend erwähnen, die sich in den Diskussionsrunden mit vereinten Kräften den Fragen der Teilnehmer gestellt und maßgeblich zur guten Atmosphäre des Fokustages beigetragen haben.
Welchen Branchen brennt das Thema PFAS unter den Nägeln?
Kiefer: Während der Veranstaltung hat sich gezeigt, dass es – wie zu erwarten – natürlich zahlreiche Branchen gibt, die im Hinblick auf die PFAS einen großen Handlungsdruck spüren. Lösungen wurden insbesondere im Bereich der Dichtungen und Schmierstoffe gesucht. Auch auf dem Bereich der (Gleit-)Beschichtungen und dem großen Anwendungsfeld der Fluorpolymere lag ein besonderer Fokus der Teilnehmer. Dabei geht es sowohl um den Einsatz der Materialien in eigenen Produkten als auch in Produktionsanlagen. Spannenderweise wurden tatsächlich auch bereits einige aussichtsreiche Materialalternativen für bestimmte Anwendungen vorgestellt. Nachgefragt wurden Einblicke in den Bereich der Medizintechnik, die in diesem Jahr nicht in den PFAScon Vortragsreihen thematisiert wurde. Dies wird im kommenden Jahr umso mehr berücksichtigt werden – aufgrund des positiven Feedbacks und dem großen Interesse an einer Fortführung der Veranstaltung wird am 20. Februar 2025 die zweite PFAScon stattfinden.
Pünktlich zur Veranstaltung hat sich die Echa seit Langem wieder zum Thema PFAS geäußert. Wie steht das KIMW zu diesen Aussagen?
Kiefer: Die Neuigkeiten der Echa zur Sache haben unsere Referenten dankenswerterweise direkt aufbereitet und einfließen lassen – an diesem Tag waren die PFAScon-Teilnehmer absolut am richtigen Ort. Die Echa hat am 14. März die nächsten Schritte im Verfahren bekanntgegeben. Im Wesentlichen wird das Beschränkungsdossier nun gemeinsam mit den Kommentaren aus der öffentlichen Konsultation durch die Ausschüsse für Risikobewertung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) wissenschaftlich bewertet. Auch die internationalen Behörden, die das Dossier eingereicht haben, erhalten Gelegenheit zur Aktualisierung und anschließenden Diskussion mit den Ausschüssen. Es wird in den kommenden Monaten immer wieder Sitzungen zu speziellen Themen geben, zu denen Stellungnahmen erarbeitet und verabschiedet werden. Aus Sicht des KIMW ist das Vorgehen strukturiert und umfassend. Bis das Dossier allerdings inklusive der Stellungnahmen und Kommentare an die Europäische Kommission weitergeleitet werden wird, damit diese mit den EU-Mitgliedstaaten über eine mögliche Beschränkung diskutieren kann, wird noch einige Zeit vergehen. Natürlich ist weiterhin nicht klar, wie zu bestimmten Stoffgruppen entschieden werden wird und damit wird auch die Unsicherheit für die Unternehmen der Kunststoffbranche und anderen Wirtschaftszweigen weiter im Raum stehen.
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