Wenn Rasensportplätze ganzjährig bespielt werden und dabei unabhängig von Umgebungseinflüssen gleichmäßige Nutzungseigenschaften und optisch ansprechende Qualitäten haben sollen, führt kein Weg am Kunststoffrasen vorbei. Insbesondere, wenn zusätzlich zu einer hohen Nutzungsintensität zunehmende Klimaextreme, wie lang andauernde Trockenperioden oder Starkregenereignisse einem Naturrasen zusetzen.
Seine Premiere hatte der Kunstrasen 1966 auf dem Spielfeld des Astro-Domes in Houston. Es war ein teppichbodenähnlicher Belag, hergestellt aus Polyamidgarnen, der ohne dämpfenden Unterbau beziehungsweise ohne Füllmaterial verlegt wurde und daher ein Verletzungsrisiko mit sich brachte. In den 1980er-Jahren wurde auf Polypropylen-Bändchen als Halmmaterial umgestellt und die Rasenflächen mit Sandverfüllungen verlegt. Dies reduziert das Verletzungsrisiko, doch es mangelte noch immer an Dämpfungseigenschaften. Die nächste Evolutionsstufe in den 1990er-Jahren kombinierte PP und HDPE-Grashalmmatte mit Sand und Gummigranulatverfüllungen, was die gewünschten Dämpfungseigenschaften bot und zur Zulassung der UEFA und der FIFA für Fußballstadien führte.
Zu Beginn der 2.000er-Jahre kam die 4. Kunstrasengeneration auf den Markt. Deren Kennzeichen ist die Kombination aus steifen, aufrecht stehenden und weichen, gekräuselten PE-Halmen auf einem PP-Grundgewebe. Zusammengefügt werden Halme und Trägergewebe auf einer sogenannten Tuftingmaschine. Dort werden die Halme als Garn von Rollen zugeführt, in das Trägergewebe eingestochen und danach üblicherweise auf 42 mm Länge geschnitten. Dauerhaft fixiert werden die Halme durch Beschichten der Geweberückseite mit einem Latex/PU-Kleber.
Nach dem Verlegen wird die Kunstrasenfläche bis auf eine Höhe von 30 mm mit Sand und stoßdämpfendem Gummigranulat aufgefüllt. Diese Kombination kommt einem Naturrasen sehr nahe, ohne dessen Empfindlichkeit gegen mechanische und klimatische Beanspruchungen aufzuweisen.
Wie der Stoffkreislauf nachhaltig wird
Erfahrungsgemäß kann ein Kunstrasensystem 12 bis 15 Jahre intensiv genutzt werden, bevor eine Erneuerung ansteht. Dann stellt sich die Frage nach der bestmöglichen Entsorgung. Das Deponieren oder die thermische Entsorgung in der Müllverbrennung sind durch die stark gewachsenen Mengen keine akzeptierten Optionen mehr. Deshalb führt am Recycling kein Weg mehr vorbei, vor allem, weil dafür laufend bessere und kostengünstigere Methoden zur Verfügung stehen, die es möglich machen, nahezu 100 % des anfallenden Kunststoffanteils der Wiederverwendung zuzuführen.
Warum Einstoff-Lösungen das Recycling erleichtern
Um die Attraktivität des Kunstrasenrecyclings weiter zu erhöhen, wird aktuell an der Verbesserung der Recyclingfähigkeit durch die Entwicklung von Einstoff-Systemen gearbeitet. Angestrebt wird, Halme und Grundgewebe aus gleichem Material (PE) zu fertigen und die Halme an der Basis nicht mehr durch Kleben zu fixieren, sondern durch Thermofixierung zu verankern. Dies wird den notwendigen technischen Aufwand zum Recycling deutlich vereinfachen, allerdings frühestens in 12 bis 15 Jahren, wenn auch die neuen Systeme an das Ende ihrer Ersatzfähigkeit kommen werden. Doch auch bis dahin lässt sich alter Kunstrasen in einen wertvollen Sekundärrohstoff rückführen.
Welche technischen Recycling-Optionen es gibt
Das österreichische Maschinenbauunternehmen MAS-Maschinen- und Anlagenbau Schulz in Linz/Pucking, Österreich ist auf Extrusions- und Recyclinglösungen spezialisiert. Dessen Kernkompetenzen sind Alt-Kunststoff-Aufbereitungsanlagen, insbesondere die DRD (Double Rotor Disc-System)-Trockenreinger zur wasserlosen Abtrennung von körnigen Verunreinigungen von Kunststoff-Flakes. Jedoch die zentrale Position im Angebot nehmen die konischen Doppelschneckenextruder mit gleichrotierenden Schnecken ein, die homogen und schonend plastifizieren. Ergänzend dazu finden sich auch Scheibenfiltersysteme zur effizienten, kontinuierlichen Schmelzefiltrierung im Angebot.
Die Erneuerung beginnt mit dem Ausbau der verschlissenen Rasenbahnen. Doch bevor diese ausgebaut und aufgerollt werden können, ist das Füllmaterial (Gummigranulat und Sand) abzusaugen. Je besser und gründlicher dieser Fremdstoffanteil abgetrennt werden kann, umso vorteilhafter für die weitere Verarbeitung des Altrasens. Der nächste Recyclingschritt ist das Schreddern bis zu Partikeln mit 10 bis 40 mm Länge.
Deren Schüttdichte beträgt unverdichtet circa 50 bis 100 g/l und besteht aus:
- circa 40 % PE (die eigentliche Rasenfaser),
- circa 20 % PP (Grundgewebe),
- circa 40 % Latex/Naturkautschuk/PU (Backing auf dem Grundgewebe).
Darin enthalten sind bis zu 15 Vol.-% an Verunreinigungen, bestehend aus:
- bis zu 8 % körnige Fremdstoffe (Staub, Sand, Erde),
- bis zu 1 % Gummi (Altreifengranulat) oder EPDM, als Staub (Abrieb) bis circa 2 mm,
- 3 bis 5 % Feuchtigkeit.
Materialversuche haben gezeigt, dass die Anlagentechnik in der Lage ist, dieses PE/PP-Fasergemisch zu einem qualitativ hochwertigen Kunststoffgranulat aufzubereiten. Deren Basiskomponente ist der DRD-Trockenreiniger.
Bearbeitungsstufe Eins: Die Trockenreinigung
Das Schreddergut wird dem DRD-Trockenreiniger zugeführt. Dieser trennt den Großteil aller körnigen Verunreinigungen und am Fasermaterial anhaftende Feuchtigkeit effektiv ab. Dessen zentrale Komponente ist ein Zentrifugengehäuse mit darin laufendem Doppelrotorsystem. Doppelt deswegen, weil die Rotorscheibe auf der Unter- und Oberseite unterschiedlich ausgeformte Rotorflügel aufweist.
Die Anlage wird batchweise betrieben. Die Rotorunterseite saugt das Schreddergut aus einem Pufferbehälter und transportiert es in die Prozesskammer. Dabei bewirkt die Schwerkraft, dass größere und schwere Verunreinigungen, wie Metallteile, Steine und so weiter gar nicht in die Prozesskammer befördert werden, sondern in den Schwergutabscheider abgesondert werden. Simultan dazu wird das vorgereinigte Material vom Rotor in einen turbulenten Warmluft-Kreislauf gezwungen.
Die Warmluft nimmt die Feuchtigkeit auf und transportiert sie im Austausch mit der Außenluft ab. Die Warmluft wird über ein zentrales Heizstabregister erzeugt. Zusätzlich bewirkt der sinkende Feuchtigkeits-gehalt und die von der Turbulenz erzeugte Reibung zwischen den Kunststoffpartikeln, dass anhaftender Restschmutz abgetrennt wird und zwar tangential durch die Zentrifugalkraft über seitliche Separationssiebe. Das gereinigte Kunststoffbatch wird anschließend in periodischen Abständen von der Zentrifugalkraft nach Öffnen einer pneumatischen Klappe ausgeleitet und einem Materialsilo zugeführt.
Bearbeitungsstufe Zwei: Plastifizierung, Filterung und Entgasung
Die vom DRD-Trockenreiniger über den Puffersilo zum Extruder geführte Kunststofffraktion besteht aus den oben erwähnten Komponenten PE (Halme), PP (Basisgewebe) und Latex/PU (Klebeschicht) sowie marginalen Restmenge von Gummigranulat. Zum Weiterverarbeiten dieses Eingangsmaterials ist eine Extrusionskaskade bestehend aus einem MAS-Extruder, einem anschließenden kontinuierlichen Schmelzefilter, einem Einschneckenextruder und einer Granulierstation vorgesehen.
Der Vorteil des konischen Extruders ist der systemspezifisch große Querschnitt der Aufgabeöffnung. Damit eignet er sich besonders für Materialien mit geringer Schüttdichte, wie es die Kunstrasenfaserflakes sind.
Das gleichlaufende Doppelschneckenprinzip zeichnet sich durch eine hohe Gleichmäßigkeit des geförderten Materialstroms und eine Plastifizierung auf einem vergleichsweise niedrigeren mittleren Druck- und Scherungsniveau aus und damit durch größtmögliche Materialschonung und eine hervorragende Homogenisierung. Letzteres ist besonders für Recyclinganwendungen von Bedeutung. Denn sie ist die Voraussetzung für das Freisetzen unerwünschter Kunststofffraktionen in Gasform und anschließendes Absaugen.
Vom Extruder wird die Kunststoffschmelze über eine von Hersteller entwickelte CDF (Continuous Disc Filter)- Schmelzefiltereinheit geführt. Die Kernkomponente aller CDF-Filter ist eine im zulaufenden Schmelzestrom rotierende Filtrationsscheibe. Sie hält die Verunreinigungen zurück, im konkreten Fall zurückgebliebene Gummipartikel oder nicht aufgeschmolzene Kunststoffpartikel. Die Filterscheiben sind aus gehärtetem Stahl und je nach Anwendungsfall für Filtrationsfeinheiten von 90 bis 1.000 µm erhältlich. Die Verunreinigungen werden vom rotierenden Filter durch einen im Filtergehäuse stillstehenden Schaber abgestreift und zusammen mit einer Minimalmenge an Kunststoff einer Förderschnecke zugeleitet, die sie nach außen abführt. Die Schmelzefilter-Baureihe ist auf die Extruder des Herstellers und Durchsatzleistungen bis zu 2 t/h abgestimmt.
Vom CDF-Filter aus fließt die Schmelze über einen speziellen Verteilerblock seitlich in den nachfolgenden Einschneckenextruder. Dieser Schmelze-Verteilerblock bietet eine verfahrenstechnische Neuerung. Es ist die Aufteilung des Schmelzestroms in eine Reihe von Einzelströmen. Diese Aufteilung bewirkt, dass das vorgereinigte Polymergemisch durch die so vergrößerte Schmelzeoberfläche anschließend effizienter entgast werden kann. Vom Einschneckenextruder wird die Schmelze entweder einer Granulierung zugeführt oder inline weiterverarbeitet.
Das Endprodukt ist ein hochwertiges Ausgangsmaterial für eine Vielzahl unterschiedlicher Qualitätsprodukte, zum Beispiel Folien, wie durch eine Reihe von Plastifizierversuchen dokumentiert werden konnte.
Dies eröffnet verschlissenem Kunstrasen das Poten-zial, in sinnvollen Anwendungen und Produkten den Ressourcenverbrauch zu senken.