Juli 2010

Bevor die ersten Produktlösungen mit TPU-X auf den Markt gebracht werden konnten, musste das zu vernetzende Material und vor allem seine bislang nicht ganz einfache Verarbeitung in die Serienproduktion sicher und stabil integriert werden. Eine am Markt verfügbare, aber sehr kostenintensive Compoundertechnologie, wollte man nicht nutzen. Für den kleinen und mittleren Maschinenbereich, also für die Herstellung von Kleinst- und Kleinteilen aus vernetztem TPU, gab es bisher noch gar keine Verarbeitungslösung. Genau dafür sollte eine prozesssichere Lösung entwickelt werden, mit vertretbarem Aufwand für die Verarbeitung von TPU-X (Elastollan X-Flex von BASF Polyurethanes) und wenn möglich, dann sogar mit dem bestehenden Maschinenpark. Nach intensiver Entwicklungsarbeit fand der Kunststoffverarbeiter Hunold + Knoop die passende Lösung, um das TPU online im Spritzgießzyklus zu vernetzen. In der weiteren Entwicklung wurde der Prozess auf alle vorhandenen Maschinengrößen übertragen, so dass volumenspezifisch eine optimale Vernetzungsqualität erzielt wird. Durch die modular zu integrierende Zusatzausstattung der Spritzgießmaschine ist die Verarbeitung des vernetzten TPU seitdemauf allen konventio-nellen Spritzgießmaschinen, unddas schließkraftunabhängig, möglich. Auch auf Mehrkomponentenmaschinen kann dieses Vernetzungsverfahren eingesetzt werden und TPU-X somit auch direkt an andere Kunststoffe angebunden werden.

Vertretbare Zusatzkosten für die Verarbeitungstechnik in der Serie

Auf dem Weg zur Serienfertigung folgten Optimierungsschleifen, um die Anlagentechnik weiter zu entwickeln und den Vernetzungsprozess bei der Verarbeitung sicherer zu gestalten. Im Resultat hat die nun in der Serie laufende Zusatzausrüstung der normalen Spritzgießmaschine einen vertretbaren Einfluss auf den Maschinenstundensatz. Damit wurde das Entwicklungsziel erreicht.

Für die vollständige Integration der TPU-X-Verarbeitung in die Produktion benötigte der Kunststoffverarbeiter inklusive Entwicklungszeit knapp zwei Jahre. Ermöglicht wurde dies auch durch die enge Zusammenarbeit mit dem TPU-X-Hersteller und Entwickler des Vernetzungsprozesses, Klaus Hilmer, von der BASF Polyurethanes. Die Vorteile der Serienproduktion mit TPU-X nach dem Verfahren von Hunold + Knoop wiegt den geleisteten Aufwand in der Entwicklung und Produktionsablauf mehr als auf. Neben der flexiblen Fertigung auf allen Spritzgießmaschinengrößen gibt es zahlreiche Materialvorteile des vernetzten TPU im Vergleich zum Standard-TPU.

Vernetztes TPU bietet vorzügliche Materialeigenschaften

Die gummielastischen Eigenschaften und das hohe Rückstellvermögen in Verbindung mit einer hohen Reißfestigkeit des Werkstoffes ermöglichen den Einsatz im Automobil- und Maschinenbau. Das enorme Rückstellvermögen des vernetzten TPU ist durch Falttests nachgewiesen. Dazu wurde je ein Teststreifen aus EPDM beziehungsweise Gummi (oben), TPU unvernetzt (mittig) und TPU-X (unten) in der Mitte um 180° gefaltet und 24 Stunden lang bei 70 °C in dieser Stellung eingeklemmt gehalten. Anschließend wurde die Versuchsanordnung entspannt, und dann wurden die Unterschiede im Materialverhalten sichtbar.

Die Vicat-Erweichungsprüfung nach DIN EN ISO 306 zeigt, dass TPU-X (lila) deutlich später erweicht als das unvernetzte TPU (blau).
Auch die Prüfung auf den Druckverformungsrest nach DINISO 815 (24 h / 70°C / 30 min) zeigt für ein normales TPU (Elastollan C90 A55) einen Verformungsrest von 40 Prozent, während er für das vernetzte TPU (Elastollan X-Flex C90 A55) bei nur 23 Prozent liegt.
Ganz ohne Weichmacher erreicht das TPU-X die niedrige Härte von 60 Shore-A und hält je nach Typ im Dauergebrauch Temperaturen bis 120°C stand.
Weitere positive Eigenschaften des Werkstoffes sind seine Öl-, Fett- und Ozonbeständigkeit, die Geruchsneutralität, die vielfältigen Möglichkeiten für das Produktdesign in Farbe und Form, die hohe Qualitätskonstanz des Materials und seine Lagerstabilität (im Gegensatz zu Gummi).
In der Summe aller Materialeigenschaften kann man daher sagen: Überall, wo Schwingungsdämpfung und ein hohes Rückstellvermögen erforderlich ist, kann TPU-X eine kostengünstige Alternative zu Gummiwerkstoffen sein. Das mögliche Anwendungsspektrum für das nun serienreife Verarbeitungsverfahren ist nahezu grenzenlos.
Für einen Kunststoffverarbeiter ergeben sich durch Verwendung von TPU-X mehrere Vorteile:

  • Die thermoplastische Verarbeitung ermöglicht kurze Zykluszeiten.
  • Die drastisch verkürzte Prozesskette senkt die Fertigungskosten.
  • Die aufwändige Vulkanisation entfällt.
  • Mit anderen technischen Kunststoffen und Metallen ist ein 2K-Werkstoffverbund möglich
  • Es ist leicht zu recyclieren.
  • Das Fertigteil muss nicht nachgearbeitet werden.

Die ersten Bauteile mit TPU-X sind in der Serienfertigung angekommen

Die ersten Produkte aus dem TPU-X-Material in Serienfertigung werden nach erfolgreicher Testphase in den ersten Maschinen und Geräten eingesetzt, als Bauteile für den Papiertransportin Druckern, Kopierern und Geld-automaten sowie in anderen Bauteilen der Maschinenindustrie. Ein 3K-Bauteil für den Maschinenbau aus einem Polyamid, welches durch ein vernetztes TPU mit einem Metall verbunden ist, befindet sich derzeit in der Erprobungsphase. Eine Serieneinführung soll noch in diesem Jahr erfolgen.

Erhöhte Marktchancen
Vernetztes Polyurethan in der Serienfertigung

Der Einsatz von vernetztem thermoplastischem Polyurethan mit gummielastischen Eigenschaften (TPU-X) bietet Fertigteilproduzenten die Möglichkeit, den Produktionsablauf vom Werkstoff zum Fertigteil erheblich zu verkürzen und Fertigungskosten zu senken. Aufwändige Vorarbeiten, wie sie bei vulkanisierten Produkten nötig waren, entfallen ganz und werden durch das thermoplastisch verarbeitbare TPU-X in kürzeren Zykluszeiten ersetzt. Im Vergleich zur Gummiverarbeitung mit einer üblicherweise langen Prozesskette ist die des TPU-X wesentlich kürzer.
Der Kunststoffverarbeiter Hunold + Knoop hat mit diesem Werkstoff, der 2007 erstmals vorgestellt wurde, die ersten 2K-und sogar 3K-Serienteile entwickelt. Bestehende Kunststoffteile werden so kostengünstiger und qualitativ höherwertiger ersetzt; zudem können ganz neue Produktlösungen und Werkstoff-Kombinationen angeboten werden. Positive Eigenschaften des TPU-X sind unter anderem die vorzügliche Schwingungs- und Vibrationsdämpfung, die hohe Qualitätskonstanz, eine sehr gute Haftung zu technischen Kunststoffen sowie eine gute Performance bei höheren Temperaturen. TPU-X bietet ein enormes Potenzial, bestehende Bauteile kostengünstiger und zugleich qualitativ höherwertig herzustellen oder ganz neue Produktlösungen und Werkstoffkombinationen zu kreieren.

Kontakt
Klaus Hilmer, BASFPolyurethanes, Lemförde, klaus-l.hilmer@basf.com

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