Sei es für die Luft- und Raumfahrt oder den Automotivebereich, für Windkraftanlagen oder Schienenfahrzeuge: Der Forschungsbereich Polymermaterialien und Composite PYCO des Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung IAP entwickelt entsprechende Leichtbautechnologien – im Fokus stehen Faserverbundwerkstoffe auf der Basis von duromeren Reaktivharzen sowie thermoplastischen Kunststoffen, die sehr hohe Ansprüche erfüllen müssen. Waren die Technologien zu Synthese, Harzformulierung und Bauteilherstellung bisher auf zwei verschiedene Standorte in Teltow und Wildau aufgeteilt, sind sie neuerdings unter einem Dach vereint. In dem Neubau arbeiten bereits etwa 30 Forscherinnen und Forscher. Die Büro- und Laborgebäude umfassen rund 2.700 m². Herzstück des Wildauer Technikums ist unter anderem eine Imprägnieranlage, die modular aufgebaut ist und für Beschichtungen, Imprägnierungen und Prepreg-Herstellung genutzt werden kann. Finanziert wurde der Neubau zu 80 % aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und zu jeweils 10 % vom Bund und dem Land Brandenburg.
„Vom Monomer bis zum Bauteil – alles aus einer Hand“
War der Forschungsbereich bislang stark auf die Materialwissenschaften fokussiert, fließt nun auch die ingenieurstechnische Sichtweise des Leichtbaus mit ein: Die reine Materialentwicklung wurde um die Fertigungskette erweitert. Von diesem neuen Bezug zu den Bauteilen profitieren vor allem die Industriekunden.
Diese Erweiterung findet sich auch im Organigramm wieder: Prof. Christian Dreyer hat in der Gruppe „Maßgeschneiderte Materialien“ die Werkstoffentwicklung im Blick, Herr Seidlitz nimmt in der Gruppe „Konstruktion und Fertigung“ die ingenieurtechnische Sichtweise ein – widmet sich also Leichtbaukonstruktionen, Berechnungen und Fertigungstechnologien sowie Testszenarien an Komponenten im großskaligen Format.
Standort Teltow: Eine Ära geht zu Ende
Der Standort in Teltow, der nun zugunsten des Neubaus in Wildau geschlossen wurde, kann gut und gerne als Traditionsstandort bezeichnet werden: Zu DDR-Zeiten gehörte er als Institut für Faserforschung zur Akademie der Wissenschaften, 1976 wurde er komplett umstrukturiert zum Institut für Polymerchemie. Nach der Wende hat die Fraunhofer-Gesellschaft einen Teil des Instituts übernommen. Der Bereich PYCO wurde zunächst an das Fraunhofer IFAM angegliedert, später wechselte er zum Fraunhofer IZM, war dann eine eigenständige Fraunhofer-Einrichtung, bis es in 2016 schlussendlich als Forschungsbereich in das Fraunhofer IAP integriert wurde.
Diese gesamte Entwicklung aus eigener Erfahrung kennt Katarina Padaszus, sie ist in Teltow 45 Jahre tätig gewesen und war somit die „Standortälteste“. Sie war es auch, die symbolisch im alten Institutsgebäude das Licht ausmachte und die Tür abschloss. „Die Forschungsprioritäten sind ähnlich geblieben – auch in der DDR haben wir uns bereits der Harzentwicklung gewidmet, allerdings vorwiegend für die Verwendung als Klebstoff und Haftvermittler. Der jetzige Fokus liegt dagegen mehr auf deren Modifikation und Verarbeitung für zahlreiche technische Anwendungen“, fasst Padaszus zusammen. „Stark geändert haben sich allerdings die Forschungsbedingungen und die Technologien: Während wir es in der DDR schon toll fanden, wenn wir einen Taschenrechner hatten, bin ich erstaunt auf welch komplexen und hocheffizienten Gerätepool wir heutzutage zurückgreifen können.“ (sf)