In seinen einleitenden Worten zur Ergebnispräsentation in der Georg-Friedrich-Händel-Halle zu Halle sagte Dr.-Ing. Patrick Hirsch, Leiter des Projektes und Gruppenleiter „Nachhaltige Werkstoffe und Prozesse“ am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS), dass Rohstoffe für Biopolymere aus Reststoffen, wie etwa Stroh oder Grünschnitt gewonnen werden sollten. Denn hierbei handele es sich um Werkstoffe der zweiten Generation (2G), die nicht in Konkurrenz zu Lebensmitteln stehen. Das hergestellte Polybutylensucchinat basiert auf Bernsteinsäure, die beispielsweise aus Holzabfällen gewonnen wird. PBS ist biologisch abbaubar und ähnelt in seinen Eigenschaften sehr dem Polyethylen, insbesondere dem LDPE.
Im Projektkonsortium Rubio (Regionales unternehmerisches Bündnis zum Aufbau von Wertschöpfungsketten für technische Biokunststoffe in Mitteldeutschland) waren sechs kleine und mittlere Unternehmen (KMU), sieben Großunternehmen sowie fünf Forschungseinrichtungen involviert, die die gesamte Wertschöpfungskette für Biokunststoffe abdecken. Das Projekt gliederte sich in die fünf Kompetenzfelder – Bio-, Synthese-, Aufbereitungs-, Verarbeitungs- und Recyclingtechnologien. Ein externer Beirat für die Strategieentwicklung sowie die kontinuierliche Beratung war angegliedert.
So werden 2G-Reststoffe aufgeschlossen
Im Kompetenzfeld Biotechnologie wurde das Verbundprojekt „Gewinnung von biobasierter Bernsteinsäure aus regionalen Ressourcen“ bearbeitet. Ein Teilprojekt widmete sich dem Aufschluss von verholzter Biomasse. Die Ligninhülle hindert die Mikroorganismen daran, die Cellulose zu Zuckern zu verarbeiten, die für das Herstellen der Bernsteinsäure benötigt werden. Um die Holzreste in Lignin sowie Zellulose aufzuspalten und letztere in Zucker umzusetzen, wurde die von der LXP Group entwickelte Technologie eingesetzt. Shamini Mahadevan, Projektingenieurin bei LXP, erläuterte, dass in 15.000 t 2G-trockener Biomasse 5.300 t Lignin, 8.800 t Zellulose/Hemizellulose und 900 t Mineralien enthalten sind. Daraus werden im Prozess 12.600 t LXP-Zellulose und 1.500 t LXP-Lignin gewonnen. Aus dem freigesetzten Zucker werden im Prozess verschiedene Rohstoffe erschlossen, unter anderem Bernsteinsäure über einen Fermentationsprozess, die zum Herstellen von PBS benötigt wird.
Um PBS im industrienahen Maßstab herstellen zu können, wurde am Fraunhofer PAZ eine kontinuierliche Polyesteranlage konzipiert, designt und aufgebaut. Die hierfür benötigten Reaktoren wurden vom Unternehmen Zettl, einem Maschinen- und Anlagenbauer für mechanische, chemische und thermische Verfahren, hergestellt und geliefert. Projektleiter Hartmut Schulte-Westenberg erläuterte die Konstruktion und den Bau einer sehr flexiblen Polymerisationsanlage für das PBS. Die Maschine wurde so ausgelegt, dass Durchsätze im Bereich von 10 bis 25 kg/h generiert werden können. Die Arbeiten gehören zum Kompetenzfeld Synthesetechnologie im Verbundprojekt „Polykondensationsverfahren für biobasierte PBS-Polymere“.
Wie der Werkstoff verarbeitbar wird
Das Kompetenzfeld Aufbereitungstechnologie beinhaltete das Teilprojekt „Doppelschnecken-Compoundierung und Spritzguss-Direktverarbeitung“, das von Exipnos durchgeführt wurde. Max Putsch, Vertrieb Exipnos, stellte das DCIM (Direct Compounding Injection Molding) Verfahren vor, mit dem die PBS-Compounds hergestellt worden waren. Die Vielfalt der aus PBS und seinen Compounds hergestellten Folgeprodukte nimmt stetig zu. Biocelain, so der Handelsname der Compounds, ist bioabbaubar und biobasiert, besitzt eine hohe Festigkeit und Steifigkeit, ist gut schweiß- und bedruckbar, für den Lebensmittelkontakt geeignet, leicht verarbeitbar, 100 % recyclingfähig und seine Eigenschaften sind vergleichbar mit Polyethylen.
Unschöne Begleiterscheinung: Die im PBS enthaltenen niedermolekularen Bestandteile bilden einen weißlichen Belag auf den Bauteilen. Dieser Effekt wurde im Projekt von den Partnern untersucht und konnte so verbessert werden, dass sich kein Belag mehr bildet. Entwickelt wurden auch weiche, leicht fließende Typen sowie eine Extrusionstype für Flaschen und Folien und eine Standardspritzgießtype mit einem MFI von 20 und höher. Flammgeschützte Typen befinden sich derzeit in der Ausarbeitung.
Außerdem wurde in diesem Kompetenzfeld die Eigenschaftsmodifizierung von biobasierten PBS-Werkstoffen von der Byk-Chemie untersucht. Das PBS kann mittels Pfropfreaktion modifiziert werden, erläuterte Dr. Andre Rapthel, Leiter angewandte Entwicklung Kunststoff im Werk Schkopau der Byk-Chemie. Hierbei können verschiedene Monomere eingesetzt werden, um die gewünschten Eigenschaften über reaktive oder funktionelle Gruppen zu erzielen. Außerdem ist es gelungen, die Nachvernetzung der Schmelze in der Schnecke zu reduzieren. Hierfür wurde die Viskosität und Schmelzefestigkeit erhöht, indem die PBS-Kette mit reaktiven Gruppen ausgestattet und Langkettenverzweigung erreicht wurden. Diese sind notwendig, wenn aus dem Polymer beispielsweise Schäume hergestellt werden sollen. Weiterhin ist es gelungen, die Kerbschlagzähigkeit sowie die Dehnbarkeit von 40 auf über 200 % zu erhöhen. Dr. Rapthel betonte, dass der biobasierte Anteil der eingesetzten Modifikatoren bei größer 90 % liegt.
Warum beim Verarbeiten Umdenken gefragt ist
Im Teilprojekt Spritzgussverarbeitung präsentiert Mathias Vetter, Sales Director beim Industriepartner Gramß Kunststoffverarbeitung, die gewonnenen Erfahrungen. Der Kunststoffverarbeiter hat für den Großversuch für die Verarbeitung des Werkstoffs einen Verschlussdeckel für eine Shampooflasche mit Filmscharnier ausgewählt. Es standen mehrere Compounds zur Verfügung, die zum Teil schwierig in der Verarbeitung waren und von den mechanischen Eigenschaften nicht den an den Deckel gestellten Anforderungen genügten. Die Werkstoffe wurden angepasst, insbesondere deren Fließfähigkeit, sodass am Ende der Projektlaufzeit sowohl Verarbeitbarkeit, Thermostabilität und die mechanischen Eigenschaften auf allen getesteten Werkzeugen nah an der Produktionsreife sind. Vetter betonte, dass es ausgesprochen wichtig sei, die Mitarbeiter für die neuartigen Werkstoffe zu sensibilisieren und die Parameter der Maschine anzupassen. Weiterhin sei es notwendig aufgrund des MFIs PBS-spezifische Werkzeuge zu konzipieren. Auch beim Extrusionsblasformen der zugehörigen 300 ml Shampoo-Flasche beim Projektpartner Sauer Polymertechnik gab es „Startschwierigkeiten“, berichtete Vertriebsleiter Alexander Umlauf-Sauer. Das PBS war noch nicht auf die Zielanwendung hinsichtlich E-Modul und Siegelnahtfestigkeit angepasst. Außerdem zog die hohe Klebrigkeit der Schmelze Verfahrensprobleme nach sich und die Schmelzestabilität war für Blasformanwendungen zu gering. Auch hier wurde im Konsortium ein Compound entwickelt, mit dem ein produktionsreifes Verarbeitungsniveau sowie Produkte mit guter Mechanik und erfolgreichem Stapeldrucktest erreicht wurden.
Darüber hinaus haben Gramß und Sauer gemeinsam eine 700 ml Sport-Trinkflasche aus PBS entwickelt. Sowohl das Deckel- als auch das Flaschenwerkzeug wurde auf das Verarbeiten von PBS-basierten Werkstoffen ausgelegt. Die Schwindung des Materials erforderte mehrere Abstimmschleifen von Spritzgussdeckel und Blasformflasche, jedoch kann die Trinkflasche zwischenzeitlich mit sehr guter Haptik und Optik hergestellt werden. Als nächster Schritt wird die Bedruckbarkeit der Flaschen untersucht. Erste Versuche PBS im Spritzstreckblasen und Spritzblasen einzusetzen waren erfolgreich.
Im Kompetenzfeld Verarbeitungstechnologien wurde das Biopolymer auch bei Polifilm Extrusion zu Blasfolien verarbeitet. Dr. Gottfried Weyhe, Senior Research & Development Manager, erläuterte, dass PBS-Folien beispielsweise für Verpackungs- und Etikettenfolien verarbeitet werden können, sodass die zuvor beschriebene Shampoo-Flasche vollständig recycelt oder abgebaut werden kann. Die durchschnittliche PBS-Molmasse ist mit 66.000 g/mol deutlich geringer als die von PE mit 300.000 bis 3.000.000 g/mol, weshalb das Verarbeitungsfenster bei der Folienherstellung schmaler ist. Technologische Anpassungen waren aufgrund der längeren Abkühlzeit und langsameren Kristallisation notwendig. Eine Vorkonditionierung des PBS ist erforderlich, da ein zu hoher Feuchtegehalt im Material zu einer schlechten Blasenstabilität bei der Folienproduktion und dadurch zu Dickenschwankungen führt. Siegel- und Kaschierfolien für flexible Verpackungen im Lebensmittelbereich befinden sich derzeit im Test.
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Mit diesen Verfahren wurde das PBS noch weiterverarbeitet
Bei Technitex Sachsen wurde das Biopolymer zu Bändchen, Vliesen und Geweben verarbeitet. Robert Hillig, Leiter Forschung und Entwicklung bei Technitex Sachsen, berichtete über die Erfahrungen mit PBS. Aus den produzierten Folien oder Spinnvliesstoffen wurden 5 mm breite Bändchen geschnitten und weiterverarbeitet. Das Ziel ist ein konstanter Inline-Prozess, der derzeit aufgrund der geringen Festigkeit und Verstreckbarkeit der Bändchen derzeit noch nicht möglich ist. „Dennoch machen die hergestellten Bändchen einen guten Eindruck“, so Hillig. Gefertigt wurden ein Netzschlauch, Gewebe mit Leinwandbindung sowie ein Demonstrator für Strohballennetze. Eine wichtige Ergänzung in diesem Teilprojekt war das Produzieren von PBS-Garn durch Saxa-Syntape. Es wurde ein Multifilamentgarn hergestellt, aus dem Kissen für alle Projektpartner gefertigt wurden.
Dr.-Ing. Martin Tazl, Leiter Technik vom Projektpartner Naue, einem Hersteller von Geokunststoffprodukten, hat das PBS ebenfalls getestet. Derzeit bestehen Wirrgelege als Oberflächenerosionsschutz aus PP, wenn diese aus PBS wären, so wären sie kompostierbar beziehungsweise würden sich an Ort und Stelle abbauen. Der Werkstoff stellt jedoch auch hier keine Drop-In-Lösung für das Polyolefin dar, und eine Massenproduktion ist aufgrund einiger spezifischer Rohstoffeigenschaften noch nicht gelungen. Jedoch sei die Nachfrage nach bioabbaubaren Geokunststoffen seitens des Marktes gegeben.
Und wie steht es um das Recycling von PBS?
Um einen neuartigen Werkstoff im Markt einführen zu können, muss dessen Rezyklierbarkeit und Sortierbarkeit in den am Markt verfügbaren Anlagen möglich sein. Arne Volland, Projektleiter bei LLA Instruments, einem Unternehmen, das Sensortechnologie zur Sortierung herstellt, erläuterte die Voraussetzungen, um Kunststoffe sortieren zu können. Um Sortieren zu können, muss das IR-Spektrum des Werkstoffs bekannt sein, damit dessen Identifikation anhand einer signifikanten Schwingung möglich wird. Hierfür kommt ein Kamerasystem in Frage, das die Hauptschwingung berücksichtigt. Entwickelt wurde ein Klassifikator inklusive Objekterkennung und applikationsspezifischer NIR-aktiven Markersubstanzen – Kaolin und Talkum. Diese Marker sind gut voneinander erkennbar und beeinflussen den IR-Bereich von PBS nicht. Für einen Großversuch in einer Sortieranlage wurde eine pneumatische Düsenleiste mit 96 Ventilen im Raster von 13,5 mm für die Sortierbreite 1.296 mm entwickelt. Dieses System wird ergänzt durch eine Justagebrücke mit Beleuchtung und Hyperspektralkamera. Das Testsystem wird in Kürze in einer Serienanlage eingebaut und erprobt. Die PBS-Fraktion soll hierbei korrekt detektiert und in einen separaten Bunker transportiert werden. Das zu sortierende Testmaterial wird aus Leichtverpackungen der Gelben-Sack-Sammlung und einer Zumischung von PBS bestehen.
Um den Werkstoffkreislauf in Gänze bewerten zu können, darf eine Ökobilanz nicht fehlen. Diese wurde wie die Arbeiten von LLA im Verbundprojekt „Recyclingverfahren für bio-basierte PBS-Werkstoffe“ erstellt. Stefan Fischer, Leiter des Teilprojekts, von Global Solutions, einem Unternehmen der FAB Gruppe, und Sebastian Lüneburg, Doktorand am Fraunhofer IMWS, stellten deren Erstellung vor. Ein Life-Cycle-Assessment (LCA) umfasst folgende Schritte:
- Festlegung von Zielen und Untersuchungsrahmen: PBS mit herkömmlichen Kunststoffen vergleichen und gesamten Lebenszyklus Cradle-to-Cradle betrachten
- Sachbilanz: Ermitteln aller Material- und Energieströme der relevanten Prozesse – hoher Neuigkeitsgrad und zum Teil Labormaßstab einzelner Prozesse
- Wirkabschätzung: Ausbringung wird in geeignete Wirkkategorien wie Toxizität, GWP, Bodeneutrophierung überführt
- Auswertung: Interpretation der Ergebnisse, Schlussfolgerungen, Empfehlungen
Bei der Auswertung wurde das Global-Warming-Potential in CO2eq/kg des in Rubio hergestellten PBS mit dem am Markt verfügbaren PLA verglichen. Ergebnis: PBS liegt sehr nahe an PLA, das stimmt das Projektkonsortium zuversichtlich.
So könnte die Anlage zum Herstellen von Biopolymeren aussehen
So sieht das Zukunftsszenario aus
Zum Abschluss der Ergebnispräsentation teilte Peter Putsch als Bündniskoordinator seine Vision für das weitere Vorgehen mit den Anwesenden: In der Region Mitteldeutschland soll eine Anlage zum Herstellen von Biopolymeren entstehen, die rückwärtsintegriert ist, das heißt es soll zunächst der Bedarf an den Produkten und Produkte selbst generiert werden. „Hierfür ist es wichtig, dass die Rohstoffe zur Verfügung stehen“, so Putsch. Der Markt soll durch Import von PBS zunächst auf den Werkstoff vorbereitet werden, es sollen Anwendungen umgesetzt und am Markt eingeführt werden, die die Investoren motivieren in solch eine neuartige Anlage zu investieren. „Ich bin überzeugt, wenn der Bedarf an 7.000 bis 10.000 Jahrestonnen für den Biokunststoff PBS in Europa aufgebaut ist, dann sollten sich die Investoren finden lassen“, schließt Peter Putsch seine Ausführungen.
Alles zum Thema Biokunststoffe
Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.
Dank
Die vorgestellten Ergebnisse entstanden im Rahmen des Forschungsprojekts Rubio, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit dem Förderprogramm „Regionale unternehmerischen Bündnisse für Innovation“ (Rubin) gefördert wurde.
Halle/Stand B2/2108
Quelle: Fraunhofer IMWS
INTERVIEW: Nachgehakt bei Dr.-Ing. Patrick Hirsch, Projektleiter Rubio
Herr Hirsch, wer hat das Projekt Rubio initiiert und wie haben sich die Projektpartner „gefunden“?
Hier gab es mehrere parallele Aktivitäten, die durch das Projekt zusammengeführt wurden. Sowohl bei Exipnos, dem Fraunhofer IMWS und dem Fraunhofer IAP gab es Vorarbeiten, die den Einsatz von PBS für eine Vielzahl an Anwendungen sehr aussichtsreich erschienen ließen. Darauf haben wir aufgebaut und das Projektkonsortium in der Region Mitteldeutschland auch relativ schnell für das Projekt gewinnen können.
Aus welchen Gründen fiel die Wahl auf das Biopolymer PBS?
Gegenüber anderen Biokunststoffen, wie etwa PLA oder PHB, zeigt PBS ein wesentlich besseres Verarbeitungsverhalten. Wie im Projekt gezeigt, können damit sowohl Extrusions-, Spritzguss- als auch Textilprodukte hergestellt werden. Gleichzeitig sind die resultierenden Eigenschaften ähnlich den bekannten Kunststoffen PE und PP, sodass sich viele Möglichkeiten zur Markteinführung bieten.
Aus welchen Quellen stammt das im Projekt verarbeitete PBS? Die hierfür benötigte Bio- und Synthesetechnologie steht noch am Anfang.
Wir haben im Projekt parallel sowohl mit kommerziellem PBS aus Asien als auch mit unserem eigenen PBS aus Mitteldeutschland gearbeitet. Das PBS aus Asien ist dabei nur teilweise biobasiert, da nur die Bernsteinsäure aus Zuckerrohr hergestellt wird. Das ebenfalls benötigte Butandiol wird aktuell noch aus petrochemischen Quellen gewonnen. Unser eigenes PBS war demgegenüber vollständig biobasiert aus regionalen Reststoffen der Landwirtschaft. Hier konnten wir bis zum Technikumsmaßstab zeigen, dass dies geht und wollen nun in die Skalierung der Prozesse gehen.
Was sind aus Ihrer Erfahrung heraus die Gründe, weshalb noch nicht mehr Produkte aus Biopolymeren im Markt vorhanden sind, und wie könnte sich dies ändern?
Ein wesentlicher Hinderungsgrund ist natürlich die für viele Anwendungen noch nicht gegebene Wirtschaftlichkeit. Teilweise ist biobasiertes PBS eben noch um den Faktor 3 bis 4 teurer als die konventionellen Materialien PE oder PP. Dies liegt aber vor allem an der deutlich niedrigeren Produktionsmenge und daran, dass die Produktion nicht in Europa sondern in Asien passiert. Hier wird es wichtig sein, dass wir auch in Europa signifikante Mengen an Biokunststoffen selbst herstellen. Darüber hinaus gibt es natürlich auch regulatorische Hindernisse, beispielsweise im Bereich der Einwegverpackungen. Hier werden wir den Nachweis der Rezyklierbarkeit der eingesetzten Biokunststoffe erbringen müssen, bevor diese dort eingesetzt werden. An diesem Thema arbeiten wir aber mit Hochdruck.
Wo könnte die von Herrn Putsch angesprochene Anlage zur Produktion von Biopolymeren in Deutschland entstehen?
Hierfür ist die Region Mitteldeutschland mit der vorhandenen Infrastruktur der Chemieparks und dem dortigen Know-how ein idealer Ort. Mitteldeutschland ist nicht nur eine traditionelle Chemieregion, sondern auch ein europäisches Zentrum für die gerade entstehende Bioökonomie. Mit den vorhandenen Reststoffen aus der Land- und Forstwirtschaft stehen zudem genügend Ressourcen für die Skalierung der Produktion in einen wirtschaftlichen Maßstab zur Verfügung.
Wie geht es nach Ende der Projektlaufzeit weiter?
Wir haben bereits einen Businessplan für die Ansiedlung einer PBS-Produktion in Mitteldeutschland erarbeitet und sind in Gesprächen mit interessierten Partnern. Das Ziel ist klar die Verstetigung der im Projekt aufgebauten Wertschöpfungskette von regionalen Rohstoffen bis zum Produkt aus PBS. In einer ersten Abschätzung halten wir dafür eine Produktion von etwa 10.000 Jahrestonnen als einen realistischen nächsten Schritt.
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