Schaubild: Kontinuierlicher Produktionsprozess von Bernsteinsäure mithilfe von Mikrowellenstrahlung.

Kontinuierlicher Produktionsprozess von Bernsteinsäure mithilfe von Mikrowellenstrahlung. (Bild: TH Rosenheim)

In einem aktuellen Forschungsprojekt der TH Rosenheim zusammen mit dem Projektpartner Fricke und Mallah Microwave Technology wird ein neuartiger, kontinuierlicher Produktionsprozess von Bernsteinsäure untersucht, welcher Reaktivextrusion und Mikrowellenstrahlung kombiniert, um höhere Ausbeuten bei gleichzeitig kurzen Reaktionszeiten zu erzielen.
Die traditionelle Kunststoffproduktion basiert auf fossilen Rohstoffen, die erhebliche CO2-Emissionen verursachen. Bis 2050 könnten mehr als 20 % des weltweiten Erdölverbrauchs für die Kunststoffproduktion Verwendung finden, was 15 % des jährlichen CO2-Budgets ausmachen würde, welches zur Begrenzung der globalen Erwärmung erforderlich ist [1]. Biobasierte Kunststoffe wie PBS bieten eine vielversprechende Alternative zu den fossilbasierten Polyolefinen, da sie aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt und biologisch abgebaut werden können [2].

So wird Bernsteinsäure hergestellt

Die Fermentation von Zuckern aus nachhaltigen Quellen wie Sekundärpflanzen ist derzeit die am weitesten verbreitete Methode zur BA-Produktion, doch sie ist teuer und mit niedrigen Ausbeuten verbunden [3]. Chemische Methoden, insbesondere unter Verwendung von Holzabfällen, könnten eine kostengünstigere und effizientere Alternative darstellen. Bisher jedoch haben Herausforderungen wie niedrige Ausbeuten, Batchfahrweise und schwierige Skalierbarkeit dies verhindert.
Im Forschungsprojekt wird ein neuartiger, kontinuierlicher Prozess zum Herstellen von Bernsteinsäure aus Holzabfällen mittels Reaktivextrusion und Mikrowellenstrahlung erforscht. Eine speziell erarbeitete Druckschleuse ermöglicht das kontinuierliche Zuführen von Holzpartikeln in einen mit Druck beaufschlagten Doppelschneckenextruder (DSE). Dies führt zu kürzeren chemischen Reaktionszeiten und einer hohen Gesamtausbeute.

Mikrowellengenratoren: Der Einsatz von Mikrowellengeneratoren ermöglicht einen kontinuierlichen Produktionsprozess.
Der Einsatz von Mikrowellengeneratoren ermöglicht einen kontinuierlichen Produktionsprozess. (Bild: TH Rosenheim)

Die chemische Umwandlung beschleunigen

Links liegen Sägespäne und rechts steht eine kleine Flasche mit einer gelblichen Flüssigkeit und blauem Schraubverschluss. Produzierte Proben aus unbehandelten Sägespänen.
Produzierte Proben aus unbehandelten Sägespänen. (Bild: TH Rosenheim)

Die chemische Umwandlung von Holz in Bernsteinsäure wurde durch den Einsatz von Mikrowellenstrahlung erheblich beschleunigt. In den Vorversuchen im Batchverfahren wurden in einem Mikrowellenreaktor verschiedene Säurekatalysatoren, Mikrowellenstrahlung und erhöhte Temperaturniveaus getestet. Mit dem besten Katalysator wurde eine so hohe Gesamtausbeute bei kurzen Reaktionszeiten erzielt, sodass man vom vollständigen Umsetzen der Cellulose ausgehen kann. Diese Parameter sollen nun auf den Prozess übertragen werden, um die Gesamtausbeute in einem kontinuierlichen Setting zu bestätigen. Eine der Hauptinnovationen dieser Arbeit ist die Entwicklung einer Druckschleuse, die den Druck innerhalb des kontinuierlichen Extrusionsprozesses aufrechterhält und gleichzeitig das kontinuierliche Zuführen von Holzpartikeln ermöglicht. Die Druckschleuse wurde mit unterschiedlichen Druckniveaus und Rotationsgeschwindigkeiten getestet, um die optimale Leistung zu gewährleisten.
Um die Ergebnisse der Batch-Reaktoren auf den kontinuierlichen Prozess zu übertragen, wurde die Verweilzeit innerhalb des DSE durch verschiedene Maßnahmen erhöht. Dazu zählten das Verlängern des Extruders auf eine Prozesslänge von 80 D bei einem Schneckendurchmesser von 25 mm und der Einsatz von Mikrowellengeneratoren (für eine kürzere Reaktionszeit).
Zum Verbessern der Energieeffizienz wurden vier Wärmetauscher in das Prozessdesign integriert. Diese entziehen dem Produktstrom nach der Reaktivextrusion Wärmeenergie und nutzen sie, um den DSE erneut aufzuheizen. Dadurch kann nicht nur der Energieverbrauch des Prozesses reduziert werden, auch eine bessere Prozesssteuerung aller Parameter wird ermöglicht.

Das sind die nächsten Schritte

Zweri Männer mit kurzen braunen Haaren und eine Frau mit braunen längeren Haaren in der Mitte, die den Preis in der Hand hält. Die glücklichen Gewinner Vitus Zenz, Prof. Dr-Ing. Nicole Strübbe und Prof. Dr. rer. nat. Dirk Muscat (von links) des zweiten Platzes beim Biopolymer Innovation Award 2024.
Die glücklichen Gewinner Vitus Zenz, Prof. Dr-Ing. Nicole Strübbe und Prof. Dr. rer. nat. Dirk Muscat (von links) des zweiten Platzes beim Biopolymer Innovation Award 2024. (Bild: TH Rosenheim)

Die entwickelte Versuchsanlage soll zeigen, dass die Kombination von Reaktivextrusion und Mikrowellenstrahlung eine vielversprechende Methode zur kontinuierlichen Produktion von Bernsteinsäure aus Holzabfällen darstellt. Diese Herangehensweise kann eine Verschiebung in der Bernsteinsäureproduktion hin zu chemischen Methoden bedeuten, die sowohl kostengünstiger als auch effizienter sind.
In den letzten 1,5 Jahren wurden erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung der Versuchsanlage erzielt. Die enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Fricke und Mallah Microwave Technology hat wesentlich zu diesen Erfolgen beigetragen. Gemeinsam wurden technische Herausforderungen gemeistert, die ein solcher Versuchsaufbau mit sich bringt. Dazu zählen unter anderem die präzise Steuerung der Reaktivextrusion und die Integration der Mikrowellenstrahlung in einen DSE für einen kontinuierlichen Produktionsprozess. Die aktuellen Arbeiten am Demonstrator wurden kürzlich abgeschlossen und die ersten Proben der Bernsteinsäureproduktion hergestellt. Damit wurde ein Meilenstein erreicht, der die technische Machbarkeit der Versuchsanlage zeigt.
In der nun folgenden Optimierungsphase wird durch gezielte Anpassungen und Feinabstimmungen der Schwerpunkt auf das Verbessern der Ausbeute und das Erhöhen des Durchsatzes gelegt.
Das Forschungsprojekt wird sich in Zukunft außerdem mit der Frage beschäftigen, ob der vorgestellte Prozess auf andere Plattformchemikalien angewandt werden kann und ob unterschiedliche Holzarten einen Einfluss auf die Ausbeute und Art der Plattformchemikalien besitzen.

Dank

Die Autoren danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die finanzielle Unterstützung dieser Studie im Rahmen des Programms KMU-Innovativ: Bioökonomie im Forschungsprojekt Woporex (FKZ: 031B1334B). Das Forschungsprojekt Polarex (FKZ: VAL-2209-0006) wurde durch das Bayerische Programm zur Förderung der Validierung von Forschungsergebnissen und Erfindungen des Freistaates Bayern unterstützt. Unser Dank gilt allen beteiligten Institutionen und Unternehmen.

Quelle: TH Rosenheim

Literatur

[1] Zheng, Jiajia, and Sangwon Suh. “Strategies to reduce the global carbon footprint of plastics.” Nature climate change 9.5 (2019): 374-378.

[2] Patel, Martin K., et al. “Second‐generation bio‐based plastics are becoming a reality–Non‐renewable energy and greenhouse gas (GHG) balance of succinic acid‐based plastic end products made from lignocellulosic biomass.” Biofuels, Bioproducts and Biorefining 12.3 (2018): 426-441.

[3] Lu, Jiasheng, et al. “Recent progress on bio-succinic acid production from lignocellulosic biomass.” World Journal of Microbiology and Biotechnology 37 (2021): 1-8.

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