Eine aus PLA spritzgegossene 96-Well-Platte.

Eine aus PLA spritzgegossene 96-Well-Platte. (Bild: Green Elephant Biotech)

In Laboren dominiert derzeit die Nutzung von Einwegmaterialien aus Kunststoff. Es kommen Röhrchen, Petrischalen, Pipettenspitzen und diverse andere Laborartikel – meist aus Polystyrol – zum Einsatz. Jährlich entstehen so in Laboren weltweit 5,5 Mio. t Plastikmüll, die nicht recycelt werden. Insbesondere das Personal, das die Artikel aus Einmalkunststoff verwendet, erkennt das Umweltproblem, das durch das Entsorgen beziehungsweise Verbrennen des Mülls entsteht. Doch die Verwendung der Einwegartikel hat einen guten Grund: Labore müssen hohe Sicherheits- und Reinheitsstandards erfüllen. Eine Mehrfachverwendung ist meist kaum sinnvoll oder praktikabel. Denn die dafür notwendigen Reinigungsprozesse sind so ressourcenintensiv, dass sie in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Eine thermische Verwertung von erdölbasierten Kunststoffen setzt erhebliche Mengen an Kohlenstoffdioxid frei. So tragen Einmalprodukte aus fossilen Kunststoffen zu den ohnehin hohen Emissionen des globalen Gesundheitssektors bei: sie machen 4,4 % der weltweiten CO₂-Emissionen aus. Zum Vergleich: Das Land Brasilien ist nur für 2 % des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich.

Ergebnis mit 96-Well-Platten aus PLA: zuverlässig und nachhaltig

Labore spielen in der Forschung und bei diagnostischen Verfahren eine entscheidende Rolle. Lange lag das Augenmerk bei Labormaterial ausschließlich auf guten, zuverlässigen und wiederholbaren Ergebnissen. Genau wie in der gesamten Gesellschaft spielt das Thema Nachhaltigkeit aber auch im Laborbereich eine zunehmend wichtige Rolle. Um Labore in die Lage zu versetzen, diesen Anspruch adressieren zu können, hat Green Elephant Biotech im Januar 2024 als weltweit erstes Unternehmen ein Standard-Laborprodukt aus dem pflanzenbasierten Kunststoff Polymilchsäure (PLA) auf den Markt gebracht: die 96-Well-Platte. Somit ist ein Produkt, das in Laboren weltweit für eine ganze Reihe verschiedener Tests eingesetzt wird, in einer nachhaltigeren Ausführung verfügbar. Ein bekanntes Anwendungsbeispiel für die 96-Well-Platte ist der Elisa-Test (Enzyme-linked Immunosorbent Assay). Dieser wird für eine ganze Reihe diagnostischer Verfahren im großen Maßstab eingesetzt, um bestimmte Proteine in einer Probe nachzuweisen. Dazu wird ein Antikörper, der das gesuchte Protein bindet, in allen der 96 Vertiefungen auf der Platte fixiert. 96 unterschiedliche Proben können dann gleichzeitig auf der Platte untersucht werden. Ist das gesuchte Protein in einer der Proben vorhanden, bindet der Antikörper spezifisch an das Protein. Alle anderen Proteine werden in einem danach folgenden Schritt aus den Vertiefungen ausgewaschen. Im letzten Schritt kann über eine enzymatische Reaktion die Konzentration des gesuchten Proteins in den einzelnen Vertiefungen photometrisch bestimmt werden.

Balkendiagramm. Der CO2-Fußabdruck einer Platte aus Polystyrol ist doppelt so hoch, wie der einer Platte aus PLA.
Der CO2-Fußabdruck einer Platte aus Polystyrol ist doppelt so hoch, wie der einer Platte aus PLA. (Bild: Green Elephant Biotech)

Warum PLA für das Labor geeignet ist

In der Medizintechnik hat sich PLA bereits als beliebter Kunststoff etabliert, beispielsweise als Träger von Medikamenten, chirurgisches Nahtmaterial, für Stents oder Knochenimplantate. Seine Anwendbarkeit in diesem Bereich resultiert aus der biologischen Abbaubarkeit im Körper und der biologischen Verträglichkeit seiner Abbauprodukte. Auch Green Elephant Biotech konnte mit ihrem ersten Produkt, der Cellscrew, positive Erfahrungen für den Einsatz von PLA im Labor gewinnen. Bei der Cellscrew handelt es sich um eine Zellkulturflasche für die Kultivierung von adhärenten Zellen. Bereits bei diesem Produkt hat sich das Unternehmen die Biokompatibilität des Biopolymers PLA zunutze gemacht: Es ist nicht zytotoxisch, also nicht schädlich für lebende Organsimen, und bietet Zellen einen geeigneten Untergrund, um darauf anzuheften und zu wachsen. Die Zellkulturflasche wird im 3D-Druck gefertigt und ist insbesondere für Anwendungen in der Zell- und Gentherapie geeignet.  

Diese Anforderungen werden an 96-Well-Platten gestellt

So groß die Bandbreite der Anwendungen solcher 96-Well-Platten, so hoch auch die Anforderungen, die an ein solches Produkt gestellt werden. Einerseits ist im Labor eine herausragende mechanische und chemische Belastbarkeit unerlässlich. Eine 96-Well-Platte kommt mit einer Vielzahl von Reagenzien in Kontakt, und es ist entscheidend, dass gängige Chemikalien die Qualität und Integrität der Platte nicht beeinflussen. Die Temperaturbeständigkeit ist ein weiterer entscheidender Faktor, da Proben oft eingefroren werden. Die Platte aus PLA hält Temperaturen zwischen -80 und +50 °C stand. Darüber hinaus darf eine solche Platte bei hohen Fliehkräften wie bei der Zentrifugation nicht beschädigt werden. Die Platte aus Biopolymer erträgt Zentrifugalkräfte bis zu 4.000 x g, ohne dabei Schaden zu nehmen. Eine der wichtigsten Anforderungen an den Werkstoff ist die hohe Transparenz. Diese darf über alle Vertiefungen der Platte nur geringfügig variieren, da viele der Anwendungen, wie beispielsweise die Elisa-Tests, auf optischen Messungen beruhen.

Transparent durch Spritzguss

Um diese hohe Transparenz zu erreichen, werden die Platten spritzgegossen. Dabei konnte Green Elephant Biotech einen neuen Prozess entwickeln und erstmalig ein solches Produkt aus PLA im Spritzgussverfahren herstellen. Die Charakterisierungsversuche zeigen: Die Platten aus PLA können es bei Fluoreszenz- und Lumineszenz-Anwendungen als auch bei optischen Messungen mit ihren „fossilen Zwillingen“ aufnehmen. Die Werte für Absorption und Fluoreszenz sind über ein breites Wellenlängenspektrum vergleichbar mit denen einer 96-Well-Platte aus Polystyrol.

Ein erster Schritt zu nachhaltigeren Labor-Einwegmaterialien

Die 96-Well-Platte aus PLA verursacht über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg 50 % weniger CO₂-Emissionen als eine aus Polystyrol. Das liegt insbesondere daran, dass CO₂ aus der Atmosphäre während des Pflanzenwachstums gebunden und der Kohlenstoff schließlich in Form von Biokunststoff verarbeitet wird. Bei der Entsorgung und Verbrennung wird daher kein zusätzliches Kohlenstoffdioxid fossilen Ursprungs freigesetzt, sondern nur die Menge, die die Maispflanzen zuvor der Atmosphäre entzogen haben. Diese transparente Platte ist aber erst der Anfang, denn durch Oberflächenbehandlungen oder Ausführungen in anderen im Labor gängigen Farben kann die Produktpalette erweitert werden. Das Ziel des Unternehmens ist es, weitere Laborprodukte, für die das Biopolymer gut geeignet ist, auf den Markt zu bringen. Diese klimaschonenderen Alternativen sollen die gleiche Qualität und Zuverlässigkeit besitzen wie die fossilbasierten Gegenstücke.

Quelle: Green Elephant Biotech

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