Bunte Kunststoff-Behälter

Bild 1: Auswahl untersuchter Konsumgüterverpackungen. (Bild: Heubach)

Sie absorbieren die NIR-Strahlen, anstatt sie zu reflektieren. Eine Herausforderung für Rückgewinnungs- und Recyclingbetriebe. Heubach hat die NIR-Identifizierbarkeit schwarzer und eingefärbter Kunststoffe untersucht und zeigt Alternativen auf. Aufgrund ihrer Erschwinglichkeit, leichten Verarbeitbarkeit und Vielseitigkeit sind Polymere in Konsum- und Industriegütern weit verbreitet, und die Kunststoffproduktion ist heute ein bedeutendes Segment der Chemischen Industrie. So hat das Volumen der produzierten Kunststoffe von weniger als 2 Mio. t in 1950 auf jährlich rund 350 Mio. t (Stand 2017) zugenommen – und steigt weiter [1]. Angesichts dieses Wachstums muss jedoch auf die Optionen im Umgang mit „ausgedienten“ Kunststoffanwendungen hingewiesen werden, denn fast alle jemals verarbeiteten Polymere sind in der ein oder anderen Form bis heute noch immer vorhanden [4].

Nach Schätzungen eines Berichts sind aus den 8,3 Mrd. t an produzierten Kunststoffen von 1950 bis 2015 weltweit circa 6,3 Mrd. t Abfall entstanden. Wenngleich etwa 9 % davon recycelt und etwa 12 % verbrannt wurden, lagert die weitaus größte Menge in Deponien oder wurde in die Umwelt „entsorgt“, einschließlich der Ozeane [5]. Unsere moderne Art zu leben wäre ohne Kunststoffe nicht möglich. Es müssen jedoch auch zwingend geeignete Möglichkeiten zur Reduzierung des Rohstoffverbrauchs und zur Altmaterialverwertung sichergestellt werden. Der Schlüssel dazu ist die Optimierung der Polymere für das Recyceln. Derzeit ist das Sortieren der Altkunststoffe beim stofflichen Recycling ein kostenaufwändiger aber entscheidender Schritt, denn den größten Marktwert haben Materialien, die nach Polymertyp und Farbe getrennt sind.

Im industriellen Maßstab einer Materialrückgewinnungsanlage (MRA) werden vermischte Abfälle normalerweise auf Bändern zugeführt. Kunststoff wird dabei nach Identifizierung des jeweiligen Polymertyps separiert, zum Beispiel in PET- oder HDPE-Ströme. Nicht-trennbares Material landet auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen [7]. Um die Menge und Wertschöpfung der Rezyklate zu maximieren, kommt es entscheidend auf die Identifizierbarkeit der Polymertypen an.

Tabelle mit vier Spalten.
Tabelle I: PP mit organischen Pigmenten und Carbon Black (Bild: Heubach)

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Die Möglichkeiten der NIR-Spektroskopie und ihre Grenzen

Sensortechnologien wie Nahinfrarot- (NIR) Scanner helfen beim Unterscheiden der Polymertypen und werden in MRA häufig eingesetzt. Die NIR-Spektroskopie ermöglicht eine schnelle und zerstörungsfreie Identifizierung der Altkunststoffteile, indem sie die spezifische Reflexion der NIR-Energie misst und mit den Werten einer Datenbank vergleicht. Wirksame NIR-Spektroskopie erfordert dabei jedoch die Reflexion eines gewissen Mindestanteils der NIR-Energie. Das wird zum Problem, wenn Kunststoffteile die NIR-Strahlen absorbieren anstatt sie zu reflektieren, wie beispielsweise aufgrund NIR-absorbierender Farbstoffe. Farbstoffe absorbieren Strahlen im sichtbaren Spektrum des Lichts (380 bis 780 nm), einige jedoch auch im NIR-Bereich (780 bis 2.500 nm).

Ein typisches Beispiel für einen Farbstoff, der sowohl sichtbares als auch NIR-Licht absorbiert, ist Carbon Black (Rußschwarz). Ein mit Carbon Black eingefärbter Kunststoff führt zu Teilen, deren Polymertyp sich mittels NIR-Technologie nicht oder nur mit geringerem Erfolg identifizieren lässt, was die Recycelbarkeit beeinträchtigt [8]. Dies stellt ein besonderes Problem bei Verpackungskunststoffen dar, da sie den größten Anteil der Abfallströme ausmachen und Carbon Black der am weitesten verbreitete Farbstoff zur Formulierung schwarzer oder dunkelfarbiger Kunststoffe ist. Um dieses Umweltproblem aufzugreifen, hat das Shanghai Technical Application & Regional Center (Star) von Heubach, ein Projekt zur Beurteilung der NIR-Identifizierbarkeit schwarzer und eingefärbter Kunststoffe und zur Bestimmung alternativer Farbstoffe mit positiver NIR-Identifizierbarkeit durchgeführt.

Diagramm mit zwei Linien.
Bild 2: NIR-Reflexion von organischen Pigmenten und Carbon Black in Abhängigkeit von der Wellenlänge. (Bild: Heubach)

Welche Kunststofftypen wurden genau analysiert?

Zwei Reihen mit jeweils drei Plättchen-Abbildungen in schwarz/grauer Farbe.
Bild 3: Schwarze Kunststoffchips bei sichtbar reflektiertem (oben) und NIR-reflektiertem Licht (unten). (Bild: Heubach)

Spritzgegossene Plättchen aus sechs Polymertypen – PET, HDPE, PVC, LDPE, PP und PS – wurden mit einem Perkin Elmer Lambda 750 NIR-Spektrometer analysiert. Das Gerät stellt die Reflexion im NIR-Bereich zwischen 1.000 und 2.200 nm fest, in dem auch die meiste polymerspezifische Reflexion auftritt. Die NIR Identifizierbarkeit eines Kunststoffs basiert auf der Tatsache, dass jeder Polymertyp eine eigene chemische Struktur aufweist, die einen eindeutigen, charakteristischen NIR-spektralen „Fingerabdruck“ ergibt. Darüber hinaus wurde die polymertypische Identifizierbarkeit der Spritzgusschips mit einem Thermo Scientific Micro Phazir PC Analysator überprüft, der einen sehr hohen Korrelationskoeffizienten von bis zu 0,99 nachweisen kann. Dieser Handscanner für Kunststoffe arbeitet ebenfalls mit NIR-Technologie (1.500 bis 2.400 nm), um den Polymertyp zu bestimmen, und liefert das Ergebnis direkt auf sein Display, wie zum Beispiel „PE“ oder „nicht identifiziert“, mit einem Korrelationskoeffizienten von 0 bis 1. Der Schwellwert für eine präzise Messung ist >0.9.

Die Auswertung der spritzgegossenen Plättchen mit chromatischen Pigmenten, die das Licht nicht im gesamten NIR-Bereich absorbieren, ergab, dass die prozentuale NIR-Reflexion zwar von der Farbe abhängt, während die eindeutigen Merkmale des jeweiligen Polymers in der Kurve jedoch erkennbar bleiben. Bild 2 zeigt unter anderem die Reflexionskurve für PV Fast Orange H2GL. Der Kunststoffchip bleibt identifizierbar, und ein recyclinggerechtes Sortieren ist möglich. Dies wurde auch mit dem Micro Phazir PC Scanner bestätigt, der die eingefärbten Plättchen mit einem sehr hohen Korrelationskoeffizienten von 0,99 korrekt als Polypropylen (PP) erkannte. Die Auswertung der spritzgegossenen Plättchen mit NIR-absorbierendem Carbon Black ergab, dass dieses Pigment den größten Anteil der NIR-Energie absorbiert, was zu einer Reflexionskurve führt, die alle spektralen Fingerprintmerkmale zur Bestimmung des Polymertyps verloren hat, siehe Bild 2. Das spezifische Polymer ist folglich nicht erkennbar, und ein recyclinggerechtes Sortieren ist auf dieser Basis unmöglich. Dies wurde auch durch den Micro Phazir Scanner bestätigt, der den Polymertyp ebenfalls nicht identifizieren konnte.

Welche Verpackungen aus welchen Kunststoffen betrachtet wurden

Um eine praxisnahe Bestätigung der Unterscheidbarkeit von Kunststoffartikeln nach Polymertypen zu erhalten, wurden insgesamt 88 schwarze, weiße und farbige Konsumgüterverpackungsteile aus häufig verwendeten Kunststoffen in Supermärkten beschafft, darunter Flaschen und andere Behälter, Schalen, Deckel und Verschlusskappen. Typischerweise ist der Polymertyp (wie „HDPE“) und/oder der Recyclingcode („2“ für HDPE) in die Gegenstände eingeformt, sodass sich die Testergebnisse verifizieren lassen. Es wurde festgestellt, dass 41 schwarze, als HDPE, PP, PET und PS gekennzeichnete Teile keine klar unterscheidbaren Merkmale in ihrer NIR-Reflexionskurve aufwiesen. Auch mit dem Micro Phazir war es nicht möglich, den jeweiligen Polymertyp zu ermitteln. Nur bei einem Objekt, einer schwarze PET-Shampoo-Flasche, konnte das Polymer mit einem hohen Korrelationskoeffizienten eindeutig identifiziert werden.

Weitere 46 eingefärbte, graue und weiße Kunststoffartikel zeigten eindeutige Merkmale im NIR-Spektrum, um sie nach ihrem jeweiligen Polymertyp zu differenzieren. Dies deckt sich mit den in Tabelle I zusammengefassten Ergebnissen der vorausgegangenen Laborprüfungen. Chromatische Farben stellen für die Identifizierung des Polymertyps und somit für das Recyceln kein Hindernis dar. Bei der Mehrzahl der schwarzen Kunststoffartikel, die typischen Konsumgüterverpackungen entsprechen, war der Polymertyp hingegen nicht identifizierbar, was ihrem Recyceln im Wege steht. Es ist anzunehmen, dass all diese Teile Carbon Black als Farbstoff enthielten. Carbon Black oder Pigment Black 7 ist ein effektiver schwarzer Farbstoff mit hoher Farbstärke und Dunkelheit. Die eine, identifizierbare schwarze Shampoo-Flasche war vermutlich nicht mit Carbon Black eingefärbt.

Tabelle mit vier Spalten.
Tabelle II: Testergebnisse mit Verpackungsmaterialien (Bild: Heubach)

Warum es alternative schwarze Farbstoffe zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft braucht

Um die Recycelbarkeit schwarzer Kunststoffe zu fördern, braucht es alternative schwarze Farbstoffe. Heubach hat nach entsprechenden Lösungen geforscht und zur schwarzen Einfärbung einer Vielzahl von Polymeren – einschließlich der in Verpackungsanwendungen am häufigsten eingesetzten – unter anderem die Produkte der Marken Graphtol Black CLN, Solvaperm Black PCR und Polysynthren Black H entwickelt. Die Auswertung spritzgegossener Chips mit diesen alternativen Farbstoffen ergab, dass die eindeutigen Merkmale der Polymere in den Kurven erkennbar bleiben (Bild 2, Graphtol Black CLN). Auch mit dem Micro Phazir Scanner ließen sich die Polymere klar identifizieren, siehe Tabelle II. Das menschliche Auge ist nicht empfindlich genug für Licht im NIR-Bereich, daher sind wir auf Geräte wie NIR-Spektrophotometer und den Micro Phazir angewiesen, um NIR-Reflexion zu messen und erhaltenenDaten auszuwerten.

Die technische Weiterentwicklung von Hyperspektralkameras ermöglicht eine immer schnellere und höherauflösende Bildgebung im NIR-Bereich. Mit Hilfe des We Optics Spectra Eye 2D Spek-tradiometers kann das menschliche Auge indirekt erkennen, wie Gegenstände bei einer spezifischen NIR-Wellenlänge aussehen. Die obere Reihe in Bild 3 zeigt drei sichtbar schwarz eingefärbte Chips. In der unteren Reihe aber ist der mit Carbon Black eingefärbte Kunststoff auch im NIR-Bild noch schwarz. Das weist auf eine hohe NIR-Absorption oder eine sehr geringe NIR-Reflexion hin. Die mit Graphtol Black CLN und Solvaperm Black PCR eingefärbten Kunststoffe sind in der unteren Reihe weiß, was für einen hohen Anteil an reflektiertem NIR-Licht spricht. Derartige NIR-Bilder sind eine weitere Möglichkeit, um zu dokumentieren, dass sich schwarz oder dunkel eingefärbte Kunststoffe herstellen lassen, die mittels NIR-Spektroskopie identifiziert und recycelt werden können.


Danksagung

Der Autor bedankt sich bei der Clariant Geschäftseinheit Pigments – A Heubach Company, bei Thermo Fisher Scientific und bei We Optics sowie deren Teams für ihre freundliche Kooperation.

Literatur

1.      Statista - Production of plastics worldwide from 1950 to 2017.

2.      Plastics – The Facts 2017, PlasticsEurope publication.

3.      Planet or Plastic?, June 2018 issue of National Geographic.

4.      Greenpeace publication by Diego Gonzaga • 6 January 2017.

5.      Production, use, and fate of all plastics ever made, Roland Geyer1,
                                    Science Advances 19 Jul 2017.

6.      Ocean Conservancy, https://oceanconservancy.org.  

7.      Understanding Plastics Recycling, 2017, Carl Hanser Verlag.

8.      Recyclability of black packaging, Zero Waste Scotland.

9.      Development of NIR detectable black plastic Packaging, WRAP 2011.

 

 

Quelle: Clariant

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