Mit der stark gebündelten Laserstrahlung lässt sich die beim Laserdurchstrahlschweißen benötigte Energie sehr zielgerichtet in die Fügezone einbringen und kann so belastbare, hermetisch dichte und optisch ansprechende Schweißverbindungen erzeugen. Empfindliche Bauteile in der Umgebung werden weder einer Temperatur- noch einer Schwingungsbelastung oder Partikeln ausgesetzt, sodass das Verfahren zum Beispiel zum Verschließen von Gehäusen für sensible elektronische Hightechprodukte eingesetzt werden kann. Doch die hohe Leistungsdichte im Laserfokus bringt auch Gefahren mit sich. Ein Fügespalt zwischen den Komponenten verringert die Wärmeübertragung in der Fügezone und kann zu thermischer Werkstoffschädigung oder lokalen Verbrennungen im absorbierenden Bauteil führen. Ausgelöst wird solch ein Luftspalt beispielsweise durch Maß- oder Positionsabweichungen der Bauteile oder eine falsche Einstellung der Spannvorrichtung. Eine weitere Gefahr sind Verschmutzungen der Oberflächen des transparenten Bauteils oder der Spannwerkzeuge, da sie oberflächliche Verbrennungen hervorrufen können. Aber auch eine zu geringe Temperatur in der Fügezone, beispielsweise aufgrund von übermäßiger Absorption oder Streuung der Laserstrahlung im transparenten Fügepartner ist problematisch, da dies zu verringerten Verbindungsfestigkeiten führt.
Temperaturüberwachung mittels Pyrometer
Entscheidend für den Prozesserfolg ist deshalb eine präzise Temperaturführung. Beim Kontur- und Radialschweißen mit Festoptiken kann ein berührungslos messendes Infrarot-Strahlungsthermometer (Pyrometer) koaxial in den Strahlengang der Bearbeitungsoptik eingebracht werden. Es erfasst während des Schweißprozesses die aus der Fügezone emittierte plancksche Wärmestrahlung. So lässt sich die aktuelle Temperatur bestimmen und zur Regelung des Prozesses einsetzen, zum Beispiel durch Anpassen von Laserleistung oder Vorschubgeschwindigkeit. Für den Ausgleich eines Fügespaltes bietet sich aber vor allem das Quasisimultanschweißen an. Bei diesem Verfahren wird der Laserstrahl mithilfe eines Galvanometer-Spiegelscanners mit sehr hoher Geschwindigkeit mehrfach über die gewünschte Nahtkontur geführt. Bei jedem Scandurchlauf steigt die Temperatur im bestrahlten Bereich inkrementell an, bis die gesamte Nahtkontur praktisch gleichzeitig plastifiziert ist. Dies ermöglicht die Realisierung eines Abschmelzwegs und somit einen Ausgleich von Fertigungs- und Positionstoleranzen und das hermetische Verschweißen selbst im Falle eines Fügespalts. In scannerbasierten Strahlführungssystemen kann ein Pyrometer zur Temperaturmessung allerdings nicht ohne weiteres eingesetzt werden. Denn der große Arbeitsabstand zwischen Scanoptik und Werkstück führt dazu, dass die Intensität der Wärmestrahlung bei typischen Prozesstemperaturen nur noch sehr gering ist. Außerdem unterscheidet sich der Wellenlängenbereich, in dem typische Pyrometer messen, deutlich von dem des Bearbeitungslasers. Dies führt zum einen dazu, dass die auf die Laserwellenlänge optimierten Gläser und Antireflexbeschichtungen der Scanoptik das Temperatursignal weiter schwächen. Zum anderen werden die Laser- und die Wärmestrahlung von den Linsen unterschiedlich stark gebrochen, sodass der Messfleck des Pyrometers nur noch in der Mitte des Scanfelds mit der Fokusposition des Lasers übereinstimmt; im Randbereich liegen beide Punkte nebeneinander.
Scannerbasierte Echtzeit-Pyrometrie
Um auch in scannerbasierten Anwendungen eine Online-Temperaturmessung zu ermöglichen, hat Evosys einen Bearbeitungskopf entwickelt, der drei Komponenten kombiniert: einen Galvanometer-Scankopf, ein Fokussiersystem, das vor den Scannerspiegeln angeordnet wird und ein hochempfindliches Hochgeschwindigkeitspyrometer. Der Scanner ist mit besonders großen Spiegeln mit optimierter Beschichtung ausgestattet, um möglichst viel Wärmestrahlung aus der Prozesszone zu erfassen und über einen Strahlteiler zum Pyrometer zu lenken. Durch die Platzierung des Fokussiersystems vor den Scannerspiegeln wird kein F-Theta-Scanobjektiv benötigt, sodass die koaxiale Ausrichtung des Messpunkts und des Bearbeitungslasers an jeder Position des Scanfeldes gewährleistet ist und die Temperaturmessung nicht durch Linsen-Transmissionseigenschaften beeinträchtigt werden kann. Das Pyrometer auf Basis eines InGaAs-Detektors (Indiumgalliumarsenid) weist eine hohe Empfindlichkeit und kurze Einstellzeiten auf und ermöglicht die Messung von Temperaturen bereits ab 50 °C. Mit dem System kann auch in sehr dynamischen Quasisimultanschweißprozessen eine Echtzeit-Temperaturregelung erfolgen.
Temperaturgeregelte Prozessführung
Das neue Bearbeitungsmodul (Bild 1) ermöglicht nun auch für den Quasisimultanschweißprozess eine vollautomatische, temperaturgeregelte Prozessführung. Die Integration in die Prozesssoftware Evolap erleichtert dabei die Prozesseinrichtung. Da die Temperatursignale stets an der Bearbeitungsstelle aufgenommen werden, entfällt eine Positionszuordnung, und die Messwerte können als einfache Zeit-Temperatur-Kurven ausgewertet werden (Bild 2). Anhand von Gutteilen kann ein Sollwert des Zeit-Temperatur-Verlaufs gespeichert und mit praktikablen Toleranzen als Hüllkurve versehen werden. Dies ermöglicht auch eine einfache Berücksichtigung von bauteilspezifischen Besonderheiten, wie zum Beispiel einer teilweisen Verschattung des Strahlengangs und Reflexionen der Wärmestrahlung, etwa an der Spannvorrichtung. Das Temperatursignal kann zusammen mit anderen Kriterien wie dem Setzweg als Regelgröße für den Quasisimultanschweißprozess genutzt werden. So können selbst bei größeren Schwankungen der Eigenschaften verschiedener Bauteile oder Chargen zuverlässige Schweißverbindungen erzeugt und auftretende Prozessfehler wie lokale Temperaturüberhöhungen erkannt werden. Die Echtzeitregelung verbessert nicht nur die Verbindungsfestigkeit, sondern reduziert auch die durchschnittlichen Prozesszeiten, da der Schweißvorgang für jedes Bauteil unmittelbar bei Erreichen der gewünschten Kombination aus Setzweg und Fügetemperatur beendet werden kann.
Anwendungsspezifische Systemauslegung
Durch eine anwendungsspezifische Anpassung der Laser- und Pyrometerwellenlängen sowie der Strahlteiler und Filter in den Strahlengängen auf die optischen Eigenschaften des transparenten Fügepartners lässt sich die Signalstärke verbessern und die Prozesssicherheit weiter erhöhen. Das gesamte optische System wird werkseitig kalibriert, sodass die optische Dämpfung aller Komponenten in den Messungen berücksichtigt ist. Für die Anwender kann dies geringen Einrichtaufwand, mehr Prozesssicherheit und eine erheblich geringere Ausschussquote auch in herausfordernden Anwendungen bedeuten.
Quelle: Evosys
Fakuma 2023: Halle A4, Stand 4306