MedPLAST 14 2014

Technisch-medizinische Bauteile sind häufig sehr filigran oder geometrisch kompliziert. Mit der ICT lassen sie sich absolut zerstörungsfrei und berührungslos vermessen. (Bild: Wild & Küpfer)

Die industrielle Computertomographie (ICT) hält mehr und mehr Einzug im technisch-medizinischen Bereich. Insbesondere zukunftsgerichtete Unternehmen setzen in der Qualitätskontrolle auf die ICT zur Bauteilevermessung. Die Anforderungen an Entwicklung, Fertigung und Systemmontage werden stets komplexer, und wer da mithalten will, muss technologisch vorne dabei sein. Wild & Küpfer, Schmerikon, ein Schweizer Unternehmen im Kunststoff-Spritzguss-Bereich setzt deshalb schon seit zwei Jahren auf die ICT. Abstufungen in den verschiedenen Computertomographentypen werden meistens mit den Kilovolt (kV)-Angaben gemacht (kann von Hersteller zu Hersteller variieren). Diese reichen von kleineren Geräten mit einer Strahlleistung von 10-150 kV zu den am häufigsten vertretenen Modellen mit 200-300 kV und Modellen mit noch höherer Leistung. Wild & Küpfer setzt in ihrer ICT auf ein V|tome|x m von GE mit einer 300 kV Röhre, die auf 240 kV gedrosselt wurde.

Da viele Bauteile im technisch-medizinischen Bereich sehr filigran oder geometrisch kompliziert sind, stoßen die heutigen Messmittel an ihre Grenzen. Hier bildet die ICT eine ideale Ergänzung und stellt nicht nur für die Qualitätssicherung, sondern ebenso für die Entwicklung und den Werkzeugbau ein Messmittel zur Verfügung, das absolut zerstörungsfrei und berührungslos misst. Zudem ist sie auch in der Lage, kleinste Teile digital um ein Vielfaches zu vergrößern. Hinzu kommt, dass bereits vor der Herstellung der Bauteile die messtechnischen Kriterien im System erfasst werden können.

Reverse Engineering als weiterer Vorteil

Wo früher für Ausmessungen in mühsamer Arbeit Teile beispielsweise in Kunstharz gegossen werden mussten, anschließend zersägt und nassgeschliffen, um das Innenleben oder optisch nicht zugängliche Geometrien nach Zeichnung ausmessen zu können, ist die ICT heute die bequemere und vor allem: die schnellere und genauere Messtechnik. Die Messmethode am 3D-Modell im Vergleich zu taktilen 3D-Messmaschinen oder optischen Geräten lässt sich gut am Beispiel eines Würfels aufzeigen. Will man die Breite des Würfels messen, so liefert ein optisches System einen Wert, der sich als Abstand von zwei Linien zusammensetzt. Bei taktilen Messmaschinen wird der Abstand aus zwei Flächen mit begrenzter Punktzahl berechnet. Mit einem Tomographen jedoch kann der Abstand mit zwei Flächen ausgegeben werden, die pro Fläche tausende von Punkten aufweisen können.

Dies selbst auf kleinsten Flächen von unter 1 mm2 Nicht nur, dass durch die bereits erwähnte zerstörungsfreie Tomographie jederzeit eine Nachmessung am Teil durchgeführt werden kann, sondern auch, dass dank der heutigen Technologie die gewonnenen Daten aus der ICT in CAD-Daten umgewandelt und mit der Konstruktion in einem Soll-Ist Vergleich betrachtet werden können. Dabei werden in einer speziellen Software die tomographierten Daten über die CAD-Daten gelegt, ausgerichtet und anschließend mit der gewünschten Abstufung der Toleranz angezeigt. Die Skalierung der Abweichung wird farbig dargestellt. Das geht von Rot (positive Abweichung) über Grün (Soll) zu Blau (negative Abweichung). So kann bereits eine fundierte Aussage über die Maßhaltigkeit gemacht werden, ohne dass überhaupt eine manuelle digitale Messung stattgefunden hat. Zudem können mit den erzeugten Daten Lunker- und Defektanalysen erstellt werden. Dies ist eine der größten Neuerungen, welche dieses System dem breiten Anwenderfeld zugänglich macht. Materialeinschlüsse, Luftblasen, Haarrisse, Fremdmaterial mit anderer Dichte, all dies und mehr kann durch die Computertomographie sichtbar gemacht werden.

Der grundlegende Unterschied zu Röntgengeräten besteht darin, dass das CT keine zweidimensionalen Bilder liefert welche aus Pixeln, sondern dreidimensionale Konstrukte die aus sogenannten Voxeln bestehen. Dafür bedient sich der Tomograph derselben Methode wie das Röntgengerät, nur dass das zu tomographierende Bauteil sich auf einem luftgelagerten Rundtisch dreht und sich in einem Kegel-, anstatt Fächerstrahl befindet. So wird eine voreingestellte Anzahl von zweidimensionalen Projektionen gemacht und numerisch zu einem Volumen rekonstruiert. Anschließend können sogenannte STL-Daten (Punktewolken) ausgegeben werden, die bei der Rückführung zum Bauteil (Reverse-Engineering) verwendet werden können. Diese Art von Rückführung verwendet man auch für Bauteile, deren CAD-Daten inexistent, oder altersbedingt nur in Papierform vorhanden sind.

Die Einsatzmöglichkeiten sind breit

Die Technologie der Computertomographie wird nebst den bereits aufgeführten Arten wie Messen von Bauteilen bei Erstbemusterungen, Gefüge- und Materialanalysen, oder bei der Rückgewinnung von Daten für CAD-Modelle auch anderweitig genutzt. So zum Beispiel in der Kunststoffverarbeitung für Werkzeugkorrekturen basierend auf Schwunddaten. Hier gibt es wiederum verschiedene Möglichkeiten und Herangehensweisen. Eine besteht beispielsweise darin, durch verwenden einer speziellen Software, anhand dieser tomographierten Daten rekonstruiert werden können, wie die Formpartie eines Werkzeugs auszusehen hat, damit das gespritzte Kunststoffteil nach dem Schwinden die gewünschte Geometrie aufweist. Ein weiterer Ansatz ist, wie wir es hausintern machen, einen kompletten Werkzeugeinsatz mittels Lasercusing so herzustellen, dass die Temperierung im gewünschten Bereich ge-nau so angepasst wird, dass sie dem Schwund entgegenwirkt. Auch ganze Baugruppen können tomographiert werden. So lassen sich in bereits montierten, oder eventuell sogar verschweissten Teilen mit unzugänglichen Bereichen Formpartien, Berührungspunkte oder Defekte analysieren.

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