Rezyklat

Der Standard sorgt für eine nach Informationstiefe abgestufte und einheitliche Beschreibung der Rezyklate aller Polymerarten und deren Qualität. (Bild: Redaktion)

Riesige Mengen Kunststoff schaffen es nicht in den Recycling-Kreislauf, sondern landen in der Verbrennung. Hinzu kommt: hochwertige Kunststoffrezyklate sind teilweise nicht verfügbar und der Einsatz ist in einigen Fällen noch teurer als Neuware. Kunststoffabfälle zu Rezyklaten aufzubereiten, die sich erneut in gleich- oder höherwertigen Produkten einsetzen lassen, ist bis heute eine Herausforderung. Denn die Materialqualität schwankt und bislang fehlte eine nach Informationstiefe abgestufte und einheitliche Beschreibung der Rezyklate aller Polymerarten und deren Qualität. Das soll sich jetzt ändern – mit der neuen DIN SPEC 91446 „Klassifizierung von Kunststoff-Rezyklaten durch Datenqualitätslevel für die Verwendung und den (internetbasierten) Handel“.

Die DIN SPEC 91446 ermöglicht es, Kunststoffrezyklate nach vier unterschiedlich umfangreichen Datenqualitätsstufen zu klassifizieren. Der neue Standard soll den Akteuren entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine konsistente Kommunikation erleichtern. „Eine gemeinsame Sprache und klare Definitionen sind wesentlich, um funktionierende Kreisläufe zu schaffen und so eine Circular Economy im Bereich Kunststoffe aufzubauen“, sagt Professor Dr. Hans-Josef Endres vom IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität Hannover, der gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Madina Shamsuyeva das Konsortium zur Erarbeitung der DIN SPEC 91446 geleitet hat. „Die neue DIN SPEC steht dafür allen Akteuren im Bereich Kunststoff zur Verfügung: Anwendern, Verarbeitern, Recyclern und Entsorgern. Aber auch Forschung und Politik können sie nutzen.“

Christian Schiller, Co-Founder und CEO Cirplus und Initiator, zur DIN SPEC 91446

Portrait Christian Schiller
Christian Schiller, Co-Founder und CEO Cirplus und Initiator (Bild: Cirplus)

„Die DIN SPEC 91446 ist eine entscheidende Wegmarke auf dem Weg hin zu echter Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe. Der Ansatz dahinter: mittels digital unterstützer Standardisierung Masse und Klasse in den Rezyklatmarkt bringen. Dann reden wir 2030 nicht mehr von „PCR-Blumentopfqualitäten“, sondern von begehrtem Material für den Automobil-, Verpackungs- und Bausektor, das der Neuware in keiner Weise nachsteht, weder in Qualität noch in mengenmäßiger Verfügbarkeit. Das mag sich im Jahr 2021 noch wie Träumerei anhören. Nach meinem Dafürhalten ist es aber der einzig gangbare Weg für eine Kunststoffwirtschaft, die sich an dem eigenen Anspruch ehrlich wird messen lassen müssen, Lösungsindustrie für das 21. Jahrhundert zu sein. Ich bin überzeugt: wenn wir alle es wirklich wollen, dann schaffen wir das auch."

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Wie können Kreisläufe geschlossen werden?

Die DIN SPEC 91446 liefert umfassende Vorgaben zu Datenmenge und -qualität für die Materialklassifizierung. Sie legt ein System fest, um Kunststoff-Rezyklate entsprechend der Datentiefe ihrer Beschreibung einzustufen. So baut sie bestehende Hindernisse für ihren industriellen Einsatz ab. Zudem definiert sie, wie sich Rezyklate und Rezyklatanteile von Kunststoffmaterialien eindeutig kennzeichnen lassen. Der Standard enthält grundsätzliche Regelungen für nicht klar definierte oder unterschiedlich verwendete Begriffe bei Inputmaterial, Recyclingprozessen und Kunststoffrezyklaten als Werkstoffen.

„Standards für Kunststoff-Rezyklate sind für einen hochwertigen Einsatz in der Industrie zentral – alle Akteure der Wertschöpfungskette brauchen verlässliche Informationen darüber, was in den Materialien steckt, damit ein internationaler Markt für Rezyklate möglich wird. Der neue Standard liefert eine wichtige Grundlage, um die Kreislaufströme im Bereich Kunststoff zu schließen und den breiten und wirtschaftlichen Einsatz hochwertiger Rezyklate voranzutreiben“, erklärt Christian Schiller, Initiator der DIN SPEC und Geschäftsführer von Cirplus, einer Internetplattform für den Handel mit Rezyklaten und Kunststoffabfällen. Die DIN SPEC 91446 dient zunächst als Basis für den Handel und den Einsatz von Kunststoffrezyklaten, bietet aber auch Spielraum für künftige anwendungsspezifische Normen und Standards. Zudem soll sie die Grundlage für eine Europäische Norm bilden. Ein Antrag wird demnächst eingebracht.

Wer war an der Ausarbeitung der DIN SPEC 91446 vertreten?

Ein Konsortium aus Wirtschaft und Forschung hat die DIN SPEC 91446 erarbeitet. Die 16 Mitglieder bilden den gesamten Recycling-Wertschöpfungskreislauf ab. Beteiligt waren mit der Steinert und Tomra Systems Hersteller von Sortiersystemen, die Abfallverwerter Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland und Remondis Recycling, die Recycler MKV Kunststoffgranulate und MRS Materials Recycling Solutions und die Kunststoffverarbeiter Greiner Packaging sowie Polifilm Extrusion. Ebenfalls mit dabei waren die Verbände Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser-, und Rohstoffwirtschaft (BDE), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), und das IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik – Leibniz Universität Hannover; außerdem das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen als Forschungseinrichtungen, die Prüflabore Kunststoff-Institut Lüdenscheid und SKZ - Testing, der Maschinenbauer Krauss Maffei Group sowie die Cirplus als Beschaffungsplattform.

Die DIN SPEC 91446 steht als kostenloser Download zur Verfügung.

Quelle: Beuth Verlag

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