Eine zentrale Materialversorgung mit dezentraler Einfärbung sorgen für stabile Prozesse und niedrigen Energie- Materialverbrauch.

Eine zentrale Materialbeschickung mit dezentraler Einfärbung sorgen für stabile Prozesse und niedrigen Energie- Materialverbrauch (Bild: alle Motan-Colortronic)

Die 1989 gegründete Bergmann Spritzguss und Formenbau mit Hauptsitz in Telgte-Westbevern im Münsterland beliefert als Lohnspritzerei und Systemlieferant zahlreiche Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Das Angebot umfasst unter anderem die Entwicklung und Konstruktion der Kunststoffteile und der Werkzeuge, die Produktion sowie den Prototypenbau. Darüber hinaus enthält das Portfolio des Unternehmens mit dem Laserdurchstrahlschweißen sowie dem Metall-Lasersinterverfahren zwei Spezialitäten, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Bergmann betreibt an zwei Standorten – in Telgte und seit dem Jahr 2000 in Czaplinek (Polen) – aktuell 75 Spritzgießmaschinen mit 250 bis 10.000 kN Schließkraft, darunter auch zwei 2-Komponenten-Maschinen. Alle Maschinen sind mit Entnahmegeräten ausgerüstet. Derzeit beschäftigt das Unternehmen in Telgte 72 und insgesamt rund 290 Mitarbeiter, darunter zwölf Auszubildende. Hergestellt werden an den zwei Standorten auf jeweils rund 10.000 m² Produktionsfläche im Drei-Schichtbetrieb überwiegend technische Teile sowie montierte Baugruppen. Das Spektrum reicht von kleinten Präzisionsteilen mit 0,5 g Teilegewicht bis zu Großprodukten mit einem Gewicht von 5,8 kg. Verarbeitet werden jährlich rund 4.000 t Kunststoffe, ausschließlich Thermoplaste (ausgenommen PVC). Auffällig ist dabei die Materialvielfalt mit 50 Typen, die zu trocknen sind. Durchschnittlich fünf Werkzeugwechsel sind täglich durchzuführen. Mit 20 Beschäftigten fertigt der Werkzeugbau von Bergmann jährlich zwischen 80 und 100 Spritzgießwerkzeuge mit bis zu acht Tonnen Eigengewicht, ausschließlich für die eigene Produktion.

Produktionserweiterung mit zentraler Materialversorgung

Nachdem die Produktion in Telgte aus allen Nähten platzte, entschloss sich Herbert Bergmann, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, in eine umfassende Erweiterung zu investieren. Mit dem Ziel, den Materialfluss zu optimieren, ließ der Unternehmer zwei neue Hallen errichten, eine für die Produktion und eine weitere für eine zentrale Materialversorgung einschließlich Materiallager.

Bis dahin befand sich die Materialversorgung in der Produktion, verbunden mit den entsprechenden Nachteilen wie Platzmangel, Lärm und Wärme sowie Granulatresten auf dem Boden. Ziel war ein radikaler Schnitt, um die Produktion von Einzelgeräten, Säcken und Behältern mit Granulat und Farben zu befreien. Stattdessen sollten alle Maschinen mit neuen Fördergeräten und eigenen Farbdosiergeräten ausgerüstet werden sowie mit Adaptern, um die Geräte im Bedarfsfall austauschen zu können. Zudem band das Materialhandling bis dahin drei Beschäftige, die dringend an anderer Stelle gebraucht wurden.

Mit der Planung und Ausführung beauftragte Bergmann das KFW-Büro Nord von Kunststofftechnik Flink & Wortmann (KFW), dem Vertriebspartner von Motan-Colortronic in Friedrichsdorf. Vom ersten Kontakt bis zur Inbetriebnahme Mitte 2016 vergingen gerade einmal knapp sechs Monate.

Zentrale Materialversorgung: Herbert Bergmann (links) und Frank Wortmann vor der Trocknungsanlage.

Herbert Bergmann (links) und Frank Wortmann vor der zentralen Trocknungsanlage.

Bei der Planung spielten zwei Aspekte eine wichtige Rolle: So war eine direkte Materialversorgung der Maschinen vorzusehen und es war sicherzustellen, dass immer getrocknetes Material zur Verfügung steht. Es galt folglich, eine hinsichtlich Größe und Anzahl der Trockentrichter ausgewogene, wirtschaftliche Lösung zu finden. Zu versorgen waren zunächst 16 Spritzgießmaschinen, wobei sich zum Zeitpunkt der Planung bereits die nächste Erweiterung um vier weitere Maschinen abzeichnete.

Konzipiert und umgesetzt wurde schlussendlich eine Materialversorgung mit zehn Luxorbin-Trockentrichtern, davon sechs mit 400, und jeweils zwei mit 250 und 150 Litern Fassungsvermögen. Die Versorgung mit Trockenluft erfolgt über einen Trockenlufterzeuger Luxor 1200 mit Drying Organizer zum Schutz gegen Übertrocknung beziehungsweise unzureichende Trocknung von hygroskopischen Kunststoffen. Die Steuerung des Trockenlufterzeugers kann bis zu 16 Trockentrichter, dazu gehörende Fördergeräte und Leersaugventile sowie 24 Maschinenfördergeräte steuern und überwachen. Jedem Trockentrichter ist ein Vorlagebehälter zugeordnet.

Das Konzept beruht auf einem maschinenbezogenen Fördersystem. Das heißt, jeder Verarbeitungsmaschine ist eine eigene Förderleitung zugeordnet. Dieses Prinzip eignet sich insbesondere für Produktionen mit vielen Materialien, häufigen Materialwechseln und vielen Maschinen. In Verbindung mit einer Trockenluftförderung und einer Leersaugung der Förderleitungen eignen sich maschinenbezogene Systeme besonders für die Versorgung mit getrockneten Materialien. Bei langen Strecken hat die Trockenluftförderung mit Leersaugung zudem den Vorteil, das eventuelle Rückfeuchten des Materials in den Leitungen zu vermeiden.

Die Anbindung der Trockentrichter sowie einiger separater Tagesbehälter an die Materialleitungen zu den Maschinen erfolgt über einen Kupplungsbahnhof, mit dem sich mehrere Maschinen gleichzeitig versorgen lassen. Für Kleinmengen stehen am Bahnhof angeschlossene Sauglanzen zur Verfügung, die bei Bedarf in einen zusätzlichen Beistelltrockner oder in Tagesbehälter gesteckt werden. Ein Trockentrichter sowie zwei Leitungen sind für glasklares und weißes Material reserviert. Dieser Trockentrichter ist überdies zusätzlich mit einem Hepa-Feinstaubfilter zwischen Heizung und Trichter ausgerüstet.

Die Bedienung des Kupplungsbahnhofs, das heißt das Umstecken der Anschlüsse, erfolgt durch das Personal. Zur Sicherheit ist die Anlage ist mit einer Materialwegevorwahl (Ziel-Quelle-Zuordnung) ausgerüstet. Das Personal muss an der Steuerung die Adressen von Quelle (Trockentrichter) und Ziel (Maschine) eingeben. Vorausgesetzt es ist richtig gekuppelt fließt auch Material. Stimmt eine der beiden Adressen nicht, fließt kein Material, denn nur der Materialschieber des richtigen Trockentrichters wird geöffnet. Das Prinzip sorgt dafür, Materialverwechslungen zu vermeiden.

Ausgehend vom Kupplungsbahnhof wurden bei Bergmann rund 1.000 Meter Rohrleitungen verlegt. Die Rohre zu den Maschinen bestehen aus verschleißfestem Edelstahl; die Rohrbögen auf diesen Strecken aus Borosilikatglas. Für die erforderliche flexible Verbindung der Materialleitungen mit den Maschinen wurden hochwertige PUR-Schlauchleitungen installiert.

Produktivität verbessert – Energieverbrauch reduziert

Für das Vakuum sind in der Anlage zwei miteinander gekoppelte, frequenzgeregelte Gebläse installiert, eines für die Versorgung der Trocknungsanlage, das zweite für die Beschickung der Maschinen. Um die Produktion abzusichern, ist die Leistung beider Gebläse so gewählt, dass eines allein die komplette Förderung der Anlage übernehmen kann, falls das andere ausfällt oder gewartet werden muss. Das Umschalten erfolgt in diesem Fall automatisch.

Um das Material schonend zu fördern, lassen sich die Gebläse mit variablen Drehzahlen betreiben, wodurch die Materialgeschwindigkeit zu beeinflussen ist. Damit lässt sich jeder Maschine und deren Fördergerät – sowie jedem Material – eine optimale Fördergeschwindigkeit zuordnen. Diese Lösung dient zum einen dem Verschleißschutz der Anlagenkomponenten und zum anderen dem Schutz des Materials selbst.

Dank der durchsatzabhängigen Trocknung und in Verbindung mit den frequenzgeregelten Pumpen arbeitet die Anlage spürbar energieeffizient. Auch wenn der tatsächliche Strombedarf noch nicht im Detail erfasst wurde, lässt eine erste grobe Abschätzung auf deutliche Energieeinsparungen schließen. Zudem trägt die automatisierte Materialversorgung zu stabileren Prozessen und Materialeinsparungen bei.

Unterstützt wird die Bedienung durch eine in der Trocknersteuerung hinterlegte Datenbank mit den Trocknungsparametern für mehr als 70 Standardmaterialien. Es ist letztlich nur das richtige Material anzuwählen. Die entsprechenden Informationen werden überdies auch auf einem Terminal in der Produktion angezeigt. Falls erforderlich, lässt sich die Anlage mit Passwörtern für verschiedene Bedienebenen absichern.

Rüdiger Kissinger ist Leiter Marketing bei Motan-Colortronic, Friedrichsdorf, ruediger.kissinger@motan-colortronic.de

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