Mechanophore, die sich ändernde Bauteilspannungen durch Farbänderungen sichtbar machen.

In Abhängigkeit von der Kraft ändert sich die Farbe der Probe. Verantwortlich dafür sind Farbstoffmoleküle aus dem Bereich sogenannter Mechanophore, die sich ändernde Bauteilspannungen durch Farbänderungen sichtbar machen. (Bild: Jacob Müller)

Ein Forschungsteam der Technischen Universität Chemnitz, geleitet von Prof. Michael Sommer, hat neue Mechanophore entwickelt – Farbstoffe, die in der Lage sind, mechanische Spannungen in Kunststoffen sichtbar zu machen und deren Stärke optisch anzuzeigen. Diese Farbstoffmoleküle agieren wie „molekulare Federn“ und verändern ihre Farbe, wenn Kräfte auf den Kunststoff wirken. Sobald die Belastung nachlässt, kehren die Farbstoffe in ihren ursprünglichen Zustand zurück.

Wie funktionieren „molekulare Federn“ zur Spannungsanzeige?

Das grundlegende Konzept der Mechanophore ist zwar bekannt, jedoch beschränkte sich deren Funktion bisher darauf, Spannungen lediglich anzuzeigen. Die Polymerchemie-Forschung in Chemnitz hat jedoch Moleküle entwickelt, die es erlauben, die Stärke der Kräfte innerhalb eines Kunststoffs präzise zu messen. Mechanische Belastungen werden damit nicht nur durch das Auftreten einer Farbe angezeigt, sondern auch quantitativ dargestellt. Diese Eigenschaft könnte speziell für die Echtzeit-Schadensanalyse von Kunststoffbauteilen neue Möglichkeiten eröffnen.

Raphael Hertel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Polymerchemie, führt eine Zug-Dehnungs-Messung an einer Probe im Labor durch.
Raphael Hertel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Polymerchemie, führt eine Zug-Dehnungs-Messung an einer Probe im Labor durch. (Bild: jacob Müller)

Welche Rolle spielt die Kalibrierung bei der Kraftmessung?

In einer kürzlich veröffentlichten Studie in der Zeitschrift Angewandte Chemie beschreibt das Team eine experimentelle Kalibrierung der „molekularen Torsionsfedern“. Hierdurch wird die Größe der Kräfte, die auf verschiedene Kunststoffmaterialien wirken, präzise bestimmt. Prof. Sommer betont, dass dies ein wichtiger Schritt ist: „Von der rein theoretischen Berechnung der Spannungen hin zur experimentellen Messung der tatsächlichen Kräfte – diese Weiterentwicklung ermöglicht tiefere Einblicke.“ Dank verschiedener Mechanophore, deren Verhalten bei unterschiedlichen Spannungen verglichen werden konnte, lassen sich nun molekulare Kräfte bestimmen. Gegenwärtig fokussieren sich die Forschungen auf Zugkräfte, wobei künftige Arbeiten untersuchen sollen, inwieweit auch äußere Druckkräfte optisch und quantitativ erfasst werden können.

Welche Perspektiven eröffnet die neue Methode für die Schadensanalyse?

Diese Forschungsergebnisse schaffen eine Basis für ein erweitertes Verständnis von Kräften in polymeren Werkstoffen. In einem neuen DFG-Projekt sollen die Wissenschaftler zusammen mit den Teams von Prof. Günter Reiter (Polymerphysik) und Priv.-Doz. Michael Walter (Theorie) der Universität Freiburg untersuchen, wie mikroskopische Kräfteverteilungen in Kunststoffen dargestellt werden können. Hierbei wird auch der Einsatz von 3D-gedruckten Bauteilen vorgesehen. Die experimentelle Methode verspricht, zeit- und ortsaufgelöste Kräfteverteilungen erstmals anschaulich darzustellen und könnte dabei die Analyse der Materialalterung und -schäden revolutionieren. Prof. Sommer sieht in den neuen Mechanophoren und ihrer Kalibrierung ein Potenzial für detaillierte, mikroskopische Einblicke in die Spannungsverteilung, die bisher nur theoretisch modellierbar waren.

Besonders hervorzuheben ist der Beitrag von Doktorand Raphael Hertel, der maßgeblich an der Konzeption und Umsetzung dieser Forschung beteiligt war. Prof. Sommer lobt die Arbeit des Erstautors: „Es ist eine Freude, solch eigenständiges Arbeiten in der Gruppe zu erleben.“

Originalpublikation

Veröffentlichung: Raphael Hertel, Maximilian Raisch, Michael Walter, Günter Reiter, Michael Sommer: Mechanistically Different Mechanochromophores Enable Calibration and Validation of Molecular Forces in Glassy Polymers and Elastomeric Networks, Angewandte Chemie International Edition, e202409369

Quelle: TU Chemnitz

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